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ral MENU V. MINUTOLI. Nur im letztern Fall pflegt er beim Grufs sich etwas zu erheben 1).

MEHEMED ALI PASCHA ist in der Stadt Cavala, unweit der Küste am griechischen Archipelagus, im ehemaligen Macedonien, geboren und gegenwärtig, im Jahre 1827, 60 Jahr alt, mithin fällt seine Geburt auf das Jahr -1767 2). Sein Vater, IBRAHIM AGA, war Polizeichef der Stadt. Der Sohn liebte das militairische Leben, allein aus Speculation ergab er sich dem einträglichen Tabakshandel. Zur Zeit der französischen Expedition kam er mit den aus seiner Landschaft requirirten Truppen nach Aegypten und ward Officier in der türkischen Armee, welche, durch den Einfluss der Engländer begünstigt, die französischen Pläne zerstörte. In allen Verhältnissen wusste er sich beliebt zu machen, und sein lebhafter Geist und kühner rücksichtsloser Muth stellten ihn immer an die Spitze der Unternehmungen. Er war Chef seiner Landsleute, der Albaneser, und dieses Corps, welches vor allen andern muthig und ausgelassen war, unterstützte kräftig seine Pläne, so wie er den Bedürfnissen desselben rücksichtslos zu Hülfe zu kommen suchte. Anfangs scheinen sich seine Pläne blofs auf dieses Interesse beschränkt zu haben, und nur die Leichtigkeit, mit welcher es möglich war, in den zügellosen Verhältnissen höher zu steigen, liefs ihm davon Gebrauch machen. List und Gewalt waren zur Erreichung seiner Zwecke ihm immer gleichgeltende Mittel. Von ihm den Gegnern angebotene Vergleiche waren nie aufrichtig, und wenn die Schwäche oder Unklugheit derselben sie benutzte, so war diefs ihr unvermeidlicher Fall. Aber auch friedliche Leute und Corporationen, deren Rechte seinen Zwecken hinderlich waren, wufste er zu entfernen,

1) Diels steigert sich noch im gewöhnlichen Leben der Orientalen durch völliges Aufstehen zum Gruss. Ueberlassen des eignen Platzes an den Fremden aber, in ausserordentlichen Fällen, würde ausgezeichnete Rücksicht oder Devotion anzeigen.

2) Herr MENGIN giebt das Jahr 1769 an. Sein Aeusseres stimmt sehr mit diesem Alter überein.

unter sich zu stellen, zu vernichten, je nachdem das Eine oder das Andere zweckmässiger oder leichter war. Gegen Leute von geringerer Bedeutung hat er sich nie hart, ungerecht oder grausam gezeigt. So ist gegenwärtig ganz Aegypten, Nubien und Dongola nicht bloss unter seiner Herrschaft, sondern grofsentheils sein wirklicher Besitz und Eigenthum, indem er von den Einwohnern, welche die Auflagen nicht bezahlen konnten, allmälig das Land als Bezahlung an sich genommen, und sie durch Schmälerung der Subsistenzmittel genöthigt hat, vieles culturfähige wüste Land zu bebauen, dessen Boden er verpachtet.

MEHEMED ALI hat vielfache Zeichen von finanzieller Uneigennützigkeit gegeben. Er brütet nicht über den zusammengehäuften Schätzen. Seine freiwilligen Abgaben nach Constantinopel betragen mehr als doppelt so viel, als je von Aegypten dorthin abgegeben worden ist, und seine besondern Geschenke betragen noch weit mehr. Sein stets reger Geist ist darauf gerichtet, die Festigkeit seiner Macht durch deren Ausdehnung zu begründen, und jede im Lande aufkeimende Unzufriedenheit oder deren Schein sucht er sofort im Keime zu ersticken. Er ist, als Beherrscher Aegyptens, eigenmächtiger Nachfolger von KURSCHID Pascha im Jahre 1804, und erst nachdem er durch seine Albaneser Besitz von Cahira genommen, bestätigte ihn das schwache Gouvernement von Constantinopel, welches sich immer auf die Seite des Stärkern neigt. Er hat seit seiner Ernennung zum Befehlshaber und Pascha von Aegypten jeden Schein vermieden, dem Gouvernement von Constantinopel entgegen zu seyn, seine Dienstleistungen für dasselbe aber immer mit den eignen Plänen in Uebereinstimmung gebracht. Der rechnende Handelsgeist ist diejenige seiner Eigenschaften, welche ihm seine politische Stellung gegeben, die Aegyptens Kräfte zu Tage förderte und in beständiger Doppelwirkung belohnend und anregend ihm zur Seite steht. Unumgängliche Bedingung zur Blüthe und Kraft Aegyptens ist jetzt, bei der geringen Cultur des Innern Afrika's, ein rascher beständiger Absatz und Umtausch seiner so reichlichen Producte im

westlichen Europa. Stockung im Handel könnte plötzlich Aegyptens Zustand und dann wohl auch MEHEMED ALI's Ansichten und Handlungen vielfach abändern. Bevor es aber zum Aeufsersten kommt, scheint er sich in der Consequenz zu gefallen.

MEHEMED ALI hat bisher jeden Schein der Begünstigung der christlichen Religion bestimmt vermieden. Es wurden ihm während unsers Aufenthaltes durch das Consulat unterstützte Anträge von englischen Missionären gemacht, ihre Absichten, die Bekehrung der Juden zum Christenthum, zu begünstigen; sie erhielten aber blofs die sehr tolerante Weisung, dafs er die Juden nicht zwinge, zum Islamismus überzutreten, und eben so wenig etwas über diese Angelegenheit bestimme. Im Jahr 1823 liefs er in allen Dörfern Aegyptens, wo es an Moscheen fehlte, dergleichen auf eigne Kosten neu aufführen ). MEHEMED ALI verschmäht den Rheinwein nicht, aber eben so wenig setzt er die Ceremonien des muhamedanischen Cultus ganz bei Seite. Im Jahre 1824 hatten, wahrscheinlich auf Anstiften von Europäern, einige katholische Kopten in Aegypten ein Schreiben, im Namen MEHEMED ALI's abgefasst, an den Papst nach Rom gesendet, worin Ersterer sich bereit erklärte, den Wünschen der Kopten, in Oberägypten einen aus Rom bestätigten Bischof ihres Ritus zu besitzen, nachzugeben. Mit mehr als gewöhnlichen Ceremonien war ein koptischer Mönch, welcher dazu vorgeschlagen war, in Rom eingesegnet, zum Bischof von Said ernannt und mit einem sehr verbindlichen lobreichen Schreiben an den Pascha nach Alexandrien abgesendet worden. MEHEMED ALI war aufgebracht über diesen mit ihm getriebenen Scherz, und verbot dem neuen Bischof bei Todesstrafe, nicht das Land weiter zu betreten. Christ wird MEHEMED ALI seinem Character gemäfs nie, wohl aber könnte er aufhören Muhamedaner zu seyn. Bis jetzt ist er nicht ganz vorurtheils

1) Ich fragte gelegentlich einen Fellah-Araber (Bauer): Jetzt seyd ihr ja wobl mit dem Pascha zufrieden, da das Land wie ein Garten ist, und alle eure Dörfer Thürme haben? Er antwortete: Gott ist grofs! (Allah kerihm!) Unser Herr (Effendina) giebt mit einer Hand und nimmt mit zweien.

frei gewesen, eine Art von Religiosität hat ihn vielfach geleitet und gehemmt.

MEHEMED ALI hat keine wissenschaftliche Bildung; er spricht keine occidentalische Sprache, aber türkisch, albanesisch und arabisch, und hat erst spät Schreiben und Lesen gelernt, wovon er wenig Gebrauch macht. Ein natürliches Gefühl für das Zweckmässige hat ihn zu allen Zeiten empfänglich für gröfsere Pläne, und Rücksichtslosigkeit ihn glücklich in ihrer Ausführung gemacht. Liebe zur Wissenschaft zeigt sich bei ihm durch Auszeichnung wissenschaftlich gebildeter Leute, und ist Folge der Einsicht in die politische Nützlichkeit derselben; eben so oft aber gründet sie sich bei ihm auf die Liebe zum Sonderbaren. Seine Zuneigung für Europäer ist blofs auf ihre Wissenschaftlichkeit und Geistesgewandtheit gegründet, und die Grade seiner Zuneigung bestimmen sich immer durch die Grade der letztern Eigenschaften, deren Nützlichkeit er in der neuern Zeit mehr als früher berechnet.

Die Rivalität der ihn umgebenden, gröfstentheils gewinnlustigen Europäer, welche ihn immer mit neuen Plänen bestürmt und von den gefassten ihm Licht und Schatten immer schroff vorhält, erleichtert ihm sein eignes Nachdenken viel und bildet um ihn einen sehr förderlichen, wohlfeilen und ganz untergeordneten Staatsrath. Sein eigner, meist vorurtheilsfreier und energischer Geist übersieht mit raschem Blick die verschiedenen Farben und wählt. Was er anfängt wünscht er vollendet zu sehen, und je gröfser die Schwierigkeiten sind, welche im Laufe des Unternehmens sich entgegenstellen, desto kräftiger und rücksichtsloser sind seine Mafsregeln, so lange noch irgend Hoffnung zur Erreichung bleibt. Ganz characterisirt ihn folgender, an Unklugheit grenzender Vorfall:

Als die Griechen im Jahr 1825 einen Brander im Hafen von Alexandrien anzündeten, war er eben in seinem Fallast, ganz in der Nähe. Kaum war durch den Schufs der am Eingang des Hafens vor Anker befindlichen französischen Corvette die feindliche Tendenz des brennenden Schiffes errathen, als er sogleich selbst

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zur Batterie eilte und selbst eine Kanone abgebrannt haben soll. Aber nicht genug. Er gab sogleich Befehl, dafs sein Schwiegersohn, der Commandant der Stadt, auf einem seiner Schiffe dem auf einer kleinen Barke in's hohe Meer entflohenen Griechen nachsetzen solle. Als dieser, nachdem er ohne Vorbereitung bis vor den Hafen gefahren, weil er nichts bemerken konnte, wieder umgekehrt war, so eilte der Pascha sofort selbst auf ein leichtes Kriegsschiff und befahl, dafs es mit ihm augenblicklich in See gehen solle. Er hatte weder den Proviant revidirt, noch Bett und Küche mit sich genommen, noch einen Interims - Regenten bestimmt, und fuhr in's hohe Meer der griechischen Barke nach. Er war 11 Tage abwesend aus seinem Reiche, und nach vergeblichem Umherkreuzen stieg er bei der Rückkehr nicht in Alexandrien, sondern in Abukir an's Land, und kam unerwartet zu Lande in seine Residenz zurück, vor welcher indessen der Kapudan-Pascha, einer seiner frühern Gegner, mit der türkischen Flotte angekommen war.

Glücklich führt MEHEMED ALI im kräftigen türkisch-orientalischen Character aus, was NAPOLEON im Anfange seiner Laufbahn im christlich-europäischen Sinne auszuführen, leider durch Europäer verhindert wurde. Die Bewohner Aegyptens seufzen, aber das Land blüht, unglücklich und unbewusst, einer geistreicheren Zukunft entgegen. Auf den Schultern des Systems von MEHEMED ALI erwuchs die Reform in Constantinopel, und NEDSCHIB EFFENDI war der Träger derselben. Mit MEHEMED ALI beginnt eine neue Periode für den Orient, die der Toleranz und Wiedervereinigung der Wissenschaft mit dem Islamismus, und wären die Mittel nicht immer zu loben, so bleibt es ein erfreuliches Resultat, was seinem Gründer ein bleibendes Denkmal setzt.

MEHEMED ALI hatte drei Söhne: IBRAHIM, TUSSUN und ISMAEL, und drei Töchter, von denen zwei verheirathet sind. Zu Ende des Jahres 1816 starb TUSSUN PASCHA an der Pest in Aegypten, nachdem er den Krieg gegen die Wechabiten lange geführt hatte. ISMAEL PASCHA ward während meiner Anwesenheit an der

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