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Bibliographie und Bibliothek wissenschaft.

Herausgegeben von Dr. J. Petzholdt.

August.

1871.

Inhalt:

Zur Neubegründung der Strassburger Bibliothek. (Schluss.) Die Fürstl. Oettingen-Wallerstein'schen Kunst- und wissenschaftlichen Sammlungen in Mayhingen und Freiherr Löffelholz. Verzeichniss einer Bibliothek im fränkischen Reiche aus dem IX. Jahrhundert. - Die Litteratur des DeutschFranzösischen Krieges 1870. Litteratur und Miscellen. Bibliothek.

Allgemeine

[482.] Zur Neubegründung der Strassburger Bibliothek.

(Schluss.)

In Vorstehendem habe ich zwei Pläne mitgetheilt, nach denen, wie man vorgeschlagen hat, die Stadt Strassburg an Stelle der durch das Bombardement zerstörten Bibliothek mit einer neuen beschenkt werden soll. Der zuzweits angeführte, von mir herrührende Plan hat, wahrscheinlich weil grossartiger entworfen und desshalb schwieriger ausführbar, keinen Anklang gefunden, während der erste, unter Leitung des Hofbibliothekars Dr. Barack in Donaueschingen, sowie der Buchhändlerfirmen Duncker & Humblot in Leipzig und F. A. Perthes in Gotha, mit rührigem Schritte seiner Ausführung entgegengeht. Gleichviel die Stadt Strassburg erhält jedenfalls in möglichst kurzer Zeit für die verlorene Bibliothek einen, wennschon nicht vollständigen, doch sehr reichen Ersatz, an dessen Herbeischaffung ein Jeder, der für die alte Deutsche nun wiedergewonnene Stadt nur irgend Sympathie fühlt, nach allen Kräften sich betheiligen möge.

In wahrhaft hervorragender Weise hat sich mit seiner so oft und vielfach schon in Anspruch genommenen und stets bewährten Opferfreudigkeit der Deutsche Buchhandel an der Herbeischaffung des Ersatzes betheiligt: nicht weniger als drittehalb hundert Firmen, darunter auch einige ausserdeutsche, haben, nach dem Wortlaute der im,,Börsenblatte für den Deutschen Buchhandel" veröffentlichten Quittungen 1), bereits die Zusicherung von Gratislieferungen aus ihrem Verlage resp. Antiquarlagern gegeben. In London, von wo die Opferwilligkeit des Buchhandels bereits durch die Zusicherung mehrer Verlagshandlungen repräsentirt ist, hat sich auf Anregung des angesehenen Buchhändlers Trübner, eines Deutschen, sowie des Redakteurs des Athenäums W. Hepworth

1) S. Nr. 41. S. 473; Nr. 67. S. 815; Nr. 131. S. 1723.

Dixon ein eigener Comité gebildet, der, neben dem Deutschen Centralcomité, sich die Aufgabe gestellt hat, Ersatz für die vernichtete Strassburger Bibliothek herbeizuschaffen: dieser Comité, dem der Herzog v. Manchester, Lord Bulwer-Lytton, Lord Houghton, Sir Tollemache Sinclair, Professor Huxley und Dixon als Mitglieder angehören, ist durch eine vom Civilcommissariat ausgestellte Vollmacht der Englischen Regierung in aller Form besonders legitimirt, und hat bereits einen so ausserordentlichen Erfolg seiner Bemühungen aufzuweisen, dass auf ein wahrhaft glänzendes Ersatzcontingent wohl gerechnet werden darf.

Nächst dem Buchhandel haben, sich an der Herbeischaffung des Ersatzes in reichem Maasse zu betheiligen, viele Bibliotheken, Akademien, gelehrte Gesellschaften und wissenschaftliche Vereine zugesagt und in Aussicht gestellt 2). Unter den Bibliotheken: die Königlichen in Dresden und Stuttgart, die Grossherzoglichen in Karlsruhe und Oldenburg, die Fürstliche in Donaueschingen und die Gräflich Stolberg'sche in Wernigerode; ferner die der Universitäten Basel, Erlangen, Göttingen, Greifswalde, Heidelberg, Jena, Königsberg und Tübingen; sodann noch die städtischen in Bremen, Elbing, Hamburg, Heilbronn, Lüneburg, Mainz, Thorn, Trier und Zittau; endlich auch die der Gymnasien Johanneum in Lüneburg und in Thorn, sowie des Klosters Loccum. Von diesen Bibliotheken hat die Karlsruher bereits 2000 Bände bereit gelegt, wogegen die Königsberger nach amtlichem Berichte sogar circa 40,000 Doublettenbände zur Verfügung stellen kann. Unter den Akademien und gelehrten Gesellschaften: die zu Erfurt, Leipzig, München und Wien, welchen sich die Berliner, Göttinger und die Leopoldinisch-Carolinische Akademie der Deutschen Naturforscher in Dresden anschliessen dürften. Unter den historischen, naturwissenschaftlichen und sonstigen litterarischen Vereinen und Anstalten: die in Aarau, Augsburg, Basel, Berlin, Bonn, Bremen, Donaueschingen, Dresden, Erfurt, Frankfurt a. M., Freiberg, Freiburg, Giessen, Graz, Halle, Hannover, Hermannstadt, Hohenleuben, Karlsruhe, Klagenfurt, Klausenburg, Lausanne, Leisnig, Luzern, Nürnberg, Prag, Pressburg, Schaffhausen, Schwerin, Sigmaringen, Speier, Stuttgart, Tettnang, Thorn, Trier, Tübingen, Ulm, Wernigerode, Wien und Würzburg.

In nicht minder reichlichem Maasse steht zu erwarten, dass auch einzelne Personen an der Herbeischaffung des der Stadt Strassburg zu bietenden litterarischen Ersatzes sich betheiligen werden: wenn sich auch die Ausdehnung der Betheiligung von dieser Seite erst später wird gehörig übersehen lassen, so berechtigen doch schon die zur Zeit eingegangenen Beiträge und Zusagen zu den schönsten Hoffnungen. Es dürfte indessen vorläufig erwähnt und hervorgehoben zu werden verdienen, dass von Ludolph St. Goar in Frankfurt a. M. eine 178 Nrr.

2) S. Beil. z. Augsb. allg. Zeitung Nr. 127. S. 2251.

starke,,Bibliotheca Theocritea" und ebenso von Theodor Müllensiefen auf Theodorshof bei Rheinfelden,,eine vollständige Sammlung deutscher Werke von und nach Swedenborg" geschenkt worden ist, auch der kürzlich in Grossenhain verstorbene Rentamtmann a. D. Karl Preusker nahe vor seinem Tode noch einen Theil seiner Bibliothek für Strassburg bestimmt hat. Auf noch andere derartige Schenkungen hat Strassburg Aussicht.

Allein mit Hilfe aller solcher, selbst der reichlichsten Bücherspenden, wie sie von Seiten des Buchhandels, der Bibliotheken und litterarischen Corporationen, sowie einzelner Personen in Aussicht gestellt oder bereits erfolgt sind, kann, wie die Strassburger Zeitung 3) sehr richtig bemerkt, eine systematische Herstellung der Bibliothek keineswegs bewirkt werden, dieselbe erfordert auch besondere Ankäufe. In dieser Beziehung ist denn auch schon ein wichtiger Schritt von Seiten des Civilcommissariates gethan worden, welches mit Genehmigung des

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Reichskanzlers die gesammte Bibliothek des berühmten Pandektisten Geheimrath und Professor Karl Adolph v. Vangerow in Heidelberg († 1870) angekauft hat: dieselbe,,,die Frucht vierzigjährigen Sammelns, besteht aus circa 3350 Bảnden, zahlreichen Brochuren und 140 Mappen, welche eine werthvolle Sammlung systematisch geordneter Dissertationen enthalten." Auch ist der Strassburger Zeitung zufolge von dem Ankaufe der Bibliothek des verst. Geh.

Justizrathes Professor Eduard Böcking in Bonn, ,,namentlich der Huttensammlung und des reformationsgeschichtlichen Theiles") die

3) Abgedr. im Börsenbl. f. d. Deutsch. Buchh. Nr. 114 S. 1480.
1) S. oben Nr. 362.

Rede gewesen, eine Entscheidung darüber jedoch bis jetzt noch nicht getroffen. Von der Stadtbibliothek in Colmar, die einen 975 Nrr. enthaltenden Katalog ihrer Inkunabel doubletten behufs Verkaufes oder Austausches derselben veröffentlicht hat, wird, wie die Strassburger Zeitung ebenfalls noch mitgetheilt hat,,,wahrscheinlich eine interessante Auswahl Inkunabeln käuflich oder durch Tausch für Strassburg erworben werden können."

,,Um die Erinnerung an die Entstehungsweise der neuen Strassburger Bibliothek besser zu erhalten," hat im Auftrage des Deutschen Centralcomités der Hofrath Albert v. Zahn in Dresden, unter Verwerthung von Gedanken des Direktors Julius Friedländer in Berlin, vorstehendes Bücherzeichen entworfen, welches, vom Professor Hugo Bürkner in Dresden in Holz geschnitten, dazu bestimmt ist, jeder einzelnen Bücherspende mit Angabe des Namens des Gebers eingeklebt zu werden 5).

Der neuesten Nachricht des Deutschen Centralcomités zufolge hat das Kaiserl. Generalgouvernement in Elsass und Deutsch-Lothringen,,die Zeit für gekommen erklärt, um den Schwerpunkt der ferneren Arbeit für den gedeihlichen Fortgang des Unternehmens nach Strassburg zu verlegen." Demgemäss begiebt sich das geschäftsleitende Vorstandsmitglied des Centralcomités, Hofbiliotheker Dr. Barack, nach Strassburg, um,,die Leitung der jetzt dort erforderlichen bibliothekarischen Arbeiten zu übernehmen."

J. Petzholdt.

[483.] Die Fürstl. Oettingen-Wallerstein'schen Kunst- und wissenschaftlichen Sammlungen in Mayhingen und Freiherr Löffelholz.

Es sind nunmehr nahezu drei Jahrzehende, seit der Fürstl. Domänialcanzleirath Wilhelm Freih. Löffelholz von Kolberg die Obhut über die Fürstl. Oettingen-Wallerstein'schen Kunst- und wissenschaftlichen Sammlungen übernommen hat: es war im Herbst 1842 und theilweise später, als derselbe die einzelnen zu den Sammlungen gehörigen Bestandtheile übernahm, um sie zu einem geordneten Ganzen im Kloster Mayhingen zu vereinigen. Diese einzelnen Bestandtheile befanden sich damals, mit einer kaum nennenswerthen Ausnahme, sämmtlich in ungeordnetem Zustande, so dass dem neuernannten Hüter die Aufgabe gestellt war, zuerst die miteinander verwandten Bestandtheile und dem Aehnliches innerhalb bestimmt abgegrenzter Abtheilungen zu vereinigen, dieselben sodann im Sinn eines einheitlichen Ganzen miteinander in Zusammenhang zu bringen, und endlich eine jede innerhalb ihrer Grenzen zu ordnen. Eine solche Aufgabe war, da die Samm

5) S. Leipz. Illustrirte Zeitung Nr. 1459 S. 422.

lungen an Zahl der Stücke eine sehr ansehnliche Grösse hatten, keineswegs eine leichte, und es dürfte daher wohl von Interesse sein zu sehen, wie seitdem die Aufgabe gelöst worden ist. Günstige Verhältnisse haben mir Gelegenheit gegeben, mir von dem Mayhinger Organisationswerke eine eingehendere Kenntniss zu verschaffen, so dass ich den Lesern darüber in Nachstehendem nähere Mittheilungen machen kann. Ich nehme aber dabei auch gern hier Anlass, dem Freiherrn Löffelholz in Betreff seines Organisationstalentes und des Eifers, womit er sich der Ordnung der Sammlungen im Ganzen sowie im Einzelnen angenommen hat, öffentlich meine besondere Anerkennung auszusprechen.

Die im Kloster Mayhingen vereinigten Sammlungen sind nach der vom Freiherrn Löffelholz getroffenen Scheidung in folgende Abtheilungen abgegrenzt worden:

I. die Bibliothek, welche A. aus der Handschriften-Sammlung, B. der Sammlung der alten Drucke bis zum J. 1500 und C. der allgemeinen Bibliothek besteht;

II. die Sammlung von Werken der zeichnenden Künste, und zwar A. der Handzeichnungen, B. von Kupferstichen, Holzschnitten, Eisen- und Stahlstichen und dergleichen, sowie C. von Todtentänzen;

III. die Sammlung von Oel- und Glasgemälden;

IV. die Sammlung von Gegenständen der plastischen Kunst;

V. die Münzsammlung;

VI. die Sammlung von verschiedenen Anticaglien;
VII. die Sammlung verschiedener Geräthe;

VIII. die Sammlung physikalischer Instrumente;

IX. die Naturaliensammlung, und zwar 1. von Mineralien, 2. von Käfern, 3. von Conchylien und 4. von verschiedenen anderen Naturalien;

X. die Sammlung von landwirthschaftlichen und technologischen Modellen;

XI. das Depot von musikalischen Instrumenten;

XII. das Oettingische Museum, welches in zwölf Unterabtheilungen zerfällt, nämlich 1. die Bibliothek, 2. das Geschichts-Album, 3. die Sammlung von Portraits und historischen Bildern, 4. von topographischen Bildern, 5. von Handzeichnungen von Familiengliedern des Hauses, 6. von verschiedenen bildlichen Darstellungen, 7. von Münzen, 8. von Münz- und anderen Stempeln, 9. von Siegeln, 10. von Siegelstöcken, 11. von Geräthen und verschiedenen Gegenständen, 12. von alterthümlichen Fundstücken aus dem Ries und anderen Oettingischen Besitzungen.

Von allen diesen zwölf Abtheilungen, die hinsichtlich ihres

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