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scripte von ihnen ein, und brachte uns durch seinen sorglosen Eifer nahe an eine grofse Gefahr. Ein alter, sehr frommer Scheech mit silberweissem Barte interessirte sich viel dafür, dafs ein Christ wie Herr SCHOLZ geläufig seinen Koran lesen könne und doch ein Christ sey, und war begierig, dessen gedruckte arabische Bücher (er hatte einige mit sich) kennen zu lernen. Unglücklicherweise hatte Herr SCHOLZ ein christliches arabisches Buch hervorgezogen, und seinen unschuldigen Anfang dem Scheech zu lesen gegeben, welcher aber weiter las, und bald auf einige Ausfälle gegen die Muhamedaner stiefs, die als Ungläubige und Heiden bezeichnet waren. Der alte Mann war ganz entrüstet und stiefs Flüche gegen die Christen aus, und, um die anstöfsige Scene noch zu erhöhen, kam gerade der bis dahin abwesend gewesene Dolmetscher, ein unbesonnener junger Mensch (und syrischer Christ) hinzu, und lachte laut auf, als ihm der Scheech die gelesenen Schimpfwörter mittheilte. Die Wuth des Alten brach zunächst darin aus, dass er mit Steinen nach dem Dolmetscher warf, und sich im fortwährenden Erguls von Flüchen über die Christenhunde entfernte. Die Wirkung dieser unglücklichen Scene war im Voraus nicht zu berechnen, und wenn sie auch für den Augenblick keine gröfsere war, so hatten wir als Beleidiger der Religion jetzt einen weit schwierigeren Stand und wenigstens an dieser Tribus gewifs keinen Rück

halt mehr.

Unsere Beduinen hielten häufige Versammlungen und zogen sich immer mehr von uns zurück.

Dr. HEMPRICH litt schon seit unserer Ankunft in Aegypten häufig an Zahnschmerz, und in diesen Tagen machte ihn das Uebel fast untüchtig zur Beschäftigung. Herr Prof. LIMAN kränkelte sammt Herrn BOLDRINI ebenfalls.

Ein unglücklicher Zufall hätte in einer dieser Nächte uns Allen auf eine gräfsliche Art das Leben rauben können. Wir hatten einen halben Centner Pulver zum eigenen Verbrauch und zu Geschenken bei uns in einem Fälschen, das in einem Sacke verwahrt blieb, und

um besser in Aufsicht zu stehen, immer mitten unter uns im Zelte befindlich war. Am Abend hatte einer unserer Gefährten die Laterne innerhalb an's Zelt gehängt, und war dann eingeschlafen, indem noch mehrere Andere vor dem Zelte wach waren. Das in die Laterne nur mit einem Haken eingeklemmte Wachslicht war herabgefallen, und als zufällig Dr. HEMPRICH in's Zelt trat, fand er in geringer Entfernung vom Pulverfasse mehrere Effecten in Flammen; einige Augenblicke später wäre das Zelt unauslöschlich in Brand gewesen, und ohne Zweifel das Pulver entzündet worden. Der Schaden, durch zeitige Hülfe gemindert, betraf nur Herrn LIMAN'S Sonnenschirm und einige Effecten des Herrn BOLDRINI.

Am 13ten November theilten wir unsern Arabern den Entschlufs mit, dafs wir gesonnen wären, noch heut nach Siwa aufzubrechen, und dadurch zugleich ihren und unsern Bedürfnissen abzuhelfen. Diese ganz den früheren Wünschen der Araber entsprechende Erklärung hatte eine ganz andere Wirkung, als wir hätten erwarten sollen. ABUBRICK zeigte uns an, dafs er mitgegangen sey, um uns nach Derna zu begleiten, aber nicht nach Siwa, und verlangte 30 span. Thaler, die der Herr General ihm habe für die Ankunft in Ben Ghasi zusichern lassen, hier ausgezahlt. Wir weigerten uns anfangs, ihm, der uns überall hin begleiten sollte, und seine Bezahlung in Alexandrien und nicht von uns, sondern von HADJ ENDAUI zu erwarten hatte, in dieser unbilligen Forderung nachzugeben. Ganz erhitzt und im Ausbruch der heftigsten Verwünschungen aller Christen, und unter Drohungen ging er zu den Beduinen, und verrieth diesen einiges, was wir früher im Vertrauen zu ihm über ihre Unredlichkeit gesprochen hatten, um dieselben gegen uns aufzureizen. Da wir den Beduinen noch nicht alles im Contracte Bewilligte vorläufig ausgezahlt hatten, so hielten wir für klüger, den rohen erhitzten Menschen zu befriedigen, und uns dadurch theils unsere Achtung, theils unser überhaupt nur sehr unsicheres Verhältnifs zu den Arabern aufrecht zu erhalten, indem wir ja doch späterhin diese Auslage den Beduinen wieder abziehen konnten.

Auch der beleidigte Imam mischte sich mit in den Streit, und zeigte, wie wenig er uns gewogen war. Um nicht glauben zu lassen, dafs wir Baarschaft bei uns führten, erklärten wir nun, dass, wie ihnen Allen schon in Alexandrien bekannt gewesen sey, wir kein Geld zu grösseren Ausgaben mit uns genommen hätten, und die Zahlung in unserem Contract blofs auf Alexandrien laute, dafs wir aber, im Fall sie hier uns das nöthige Geld verschaffen könnten, dem Führer vorläufig zur Heimreise die Summe vorschiefsen wollten. Nach einigen Berathungen erbot sich Scheech MUHAMMED, uns gegen einen Wechsel von seinem Reisegelde 30 Collonaten zu leihen, die wir in Siwa zurückzahlen sollten, mit welchen ABUBRICK befriedigt wurde, und wogegen dieser durch den Imam eine Quittung auszustellen hatte.

Als nun die Araber unsern festen Entschlufs deutlich genug erkannt hatten, und dieser, ihren früheren Aeufserungen zufolge, ganz ihren Wünschen gemäfs seyn sollte, so waren sie doch plötzlich ganz entgegengesetzter Meinung und versicherten uns, dafs wir ihretwegen hier noch länger bleiben könnten. Dieser Inconsequenzen müde, beharrten wir nachdrücklich bei unserm Vorsatz, und trieben sie an, die Kameele zur Abreise bereit zu halten. Hierauf verlangten sie von uns eine schriftliche Erklärung durch den Imam, dafs wir aus freien Stücken umgekehrt wären, ohne welche Legitimation sie nicht mit uns nach Alexandrien zurückkehren würden.

Unter diesen Verhandlungen war der Tag verstrichen. Während der Nacht gab es wieder einen sonderbaren Vorfall. Der Dolmetscher hörte während seiner Nachtwache ein Geräusch, und instructionsgemäfs wurden wir Alle zur Berathung und Vertheidigung geweckt. Wir vernahmen alsbald ein sehr deutliches Stöhnen in der Ferne, wie von einem Kranken oder Sterbenden. Es wurden wieder einige Beduinen abgesandt, um vorsichtig zu forschen, was es gäbe, und diese brachten einen erwachsenen Negersclaven mit sich, welcher durch fünf, theils Hieb-, theils Stichwunden an Kopf und

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Körper sehr übel zugerichtet war. Die Wunden, welche von einem erlittenen Ueberfalle in unserer Nähe herrühren sollten, waren alle nur oberflächlich, und der Neger war von Durst und Hunger sehr abgemattet und klagte über Schmerz im Unterleibe. Nach, beim Licht der Laterne, geschehener Untersuchung seines Zustandes, den wir als nicht gefährlich erkannten, hielten wir es für's Beste, ihm eine leichte Reissuppe zu bereiten und ihn in warme Decken zu hüllen, und das umständlichere Verbinden seiner Wunden auf den Morgen zu verschieben. So lag er eine Zeit lang neben uns stöhnend am Zelte, dann aber kroch er zu den Arabern, und am Morgen -war er uns wieder entlaufen. Hatte den Neger nach längerer Ueberlegung, dafs er sich in der Gesellschaft von Weissen befinde, solch ein panischer Schreck ergriffen? Hatte er vielleicht, zu einer vorüberziehenden Caravane gehörig, selbst stehlen wollen, war ertappt und übermannt worden, und fürchtete aufgesucht und erkannt zu werden? War diefs eine Art, die Stärke unserer Mannschaft und Bewaffnung auszukundschaften?

VI.

Reise vom Katabathmus magnus zur Oase des Jupiter Ammon. Natürliche Falkenjagd. Dichter Nebel auf dem hohen Wüstenplateau. Farbenbogen im Nebel.

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Carneolgeschiebe.
Pflanzenoasen.

Alte Strafse von Katabathmus
Todte Wüstenebene. Gräber

der Erschlagenen. Eintritt in die Oase. Feindliches Benehmen der Siwaner. - Doch einige Ausbeute.

Am 14ten nach ausgefertigtem Zeugnisse für die Araber und Wechsel für Scheech MUHAMMED, und nach übernommener Quittung von ABUBRICK, zogen wir Vormittags um 111⁄2 Uhr von Kasr eschdaebie ab. In südwestlicher Richtung durchwanderten wir anfangs die fast ebene Wüste in der Nähe des alten Denkmals. Nach vierstündigem Marsch erreichten wir einen von Westen nach Osten uns quer vorliegenden Hügelrücken, nach dessen Uebersteigung wir in eine andere etwas höhere Ebene eintraten, in welcher wir 24 Stunden in gleicher Richtung weiterzogen ); und vor uns lag nun der hohe Bergabfall Akabet el kebire (Katabathmus). Diese

1) Wir waren auf diesem heutigen Marsche wiederholt Zeugen von einer natürlichen Falkenjagd, welche uns angenehm belustigte. In der Luft schwebende Falken stiefsen auf die durch unsere fortrückende Caravane aufgescheuchten, ziemlich zahlreichen Hasen der etwas mit niedrigem Gestrüpp bewachsenen Gegend. Ein Falk erfasste einen Hasen in nicht gar grofser Entfernung. Die Beduinen liefen hin, verjagten den Falken und erbeuteten den frisch getödteten, seiner Augen beraubten Hasen. Wohl mögen diese freien, grofsen Ebenen in Asien und Afrika die Wiege der Idee von der Falkenjagd seyn, die sich nach den Kreuzzügen in Frankreich und England bis zur Thorheit ausgebildet hatte, im Orient aber viel allgemeiner, natürlicher und des grofsen Sehfeldes halber genufsreicher ist.

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