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meln für die unendliche Vielgestaltigkeit reichbewegter Perioden, vag, und doch nicht hinreichend dehnbar, alles einzuschließen. Auf mittelalterliche Stoffrichtung und Phantasiefärbung darf man seinen Begriff nicht einschränken; der Medievalismus ist wohl ein Leitmotiv der Romantik von Chatterton bis Morris, aber nicht ihr einziges sonst müßte selbst Byron aus der literarischen Begriffssphäre der Romantik ausscheiden, von Shelley und Wordsworth zu schweigen. Die Romantik des Colorits, des Temperaments, der Empfindung des Lebensmysteriums, im Gegensatze zu dem philosophisch-abstrakten, raisonnierenden, durch Theorie und Konvention gebundenen Kunsttypus des 18. Jahrhunderts müssen mit einbezogen werden, soll der Name wenigstens einigermaßen die Hauptrichtung der dichterischen Strömungen bezeichnen, die das 19. Jahrhundert durchfluten. Er ist für die erste Dichtergruppe des Jahrhunderts literarhistorisch längst eingebürgert; in der Unmöglichkeit, seinen Geltungsbereich auf sie einzuschränken, offenbart sich sprechend der organische Zusammenhang der ganzen Periode. Bedeutsamer aber als in literarischen Stilrichtungen prägt sich ihre Einheit aus in der Höhe ihrer größten dichterischen Leistungen, im Charakter einer großen Kunstepoche. Die Steigerung in der Intensität dichterischer Intuition, in der Fähigkeit, das Charakteristische unmittelbar, mit der Frische eines ersten Eindruckes individuell zu empfinden, im Alltäglichen das Geheimnis, hinter der tast- und greifbaren Realität «die höhere Realität, die wir das Ideale nennen» (E. Dowden), zu ahnen und schauen - diese Steigerung, die der englischen Poesie des 19. Jahrhunderts den Wert einer Kunsterneuerung gibt, deren Bedeutung sich mit der Elisabethanischen Kunstrenaissance getrost messen kann, ist aber sicher nicht allein das Werk der Frühromantiker; die führenden Dichter der Viktorianischen Zeit haben daran in gleichem Maße teil. Keineswegs durch alle ihre Schöpfungen; mit Ausnahme D. G. Rossettis,

bei dem sich künstlerisches Schauen und Schaffen, die Meisterschaft von "Hand and Soul", in seltener Gleichmäßigkeit decken, bleiben sie in dieser oder jener Beziehung häufig unter der höchsten Spannweite ihrer eigenen Kunst zurück. Allein das gilt von Byron und Wordsworth, ja selbst von Shelley und Keats nicht minder. Der Einsatz, den sie zu bieten haben, will bei diesen wie bei jenen als Totalität gewürdigt sein. Er ist bei den Dichtern, die in dieser Anthologie vertreten sind, verschieden bedeutend; bei keinem jedoch wird man Kennzeichen der großen Kunst vermissen, keinen könnte man ausscheiden, ohne die Symphonie der Viktorianischen Dichtung einer charakteristischen Klangfarbe zu berauben. Was jeder einzelne von ihnen für die Erschließung neuer Sphären von Schönheit, Bereicherung der poetischen Ausdrucksmittel, Verfeinerung und Vergeistigung der Empfindung geleistet hat, spricht am besten unmittelbar durch ihre Kunst zum ästhetisch empfänglichen Leser.

A thing of beauty is a joy for ever:
Its loveliness increases; it will never
Pass into nothingness; but still will keep
A bower quiet for us, and a sleep

Full of sweet dreams, and health, and quiet breathing...
Spite of despondence, of the inhuman dearth
Of noble natures, of the gloomy days,

Of all the unhealthy and o'er-darkened ways
Made for our searching: yes, in spite of all,
Some shape of beauty moves away the pall
From our dark spirits.

(Keats)

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