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HIS, Entwickelung des Hühnchens.

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gestossenen Epithel als secundärer Process vor sich zu gehen, und
darf somit wohl nicht als ein wesentliches Moment der Krankheit
angesehen werden. -

W. HIS, Untersuchungen über die
die erste
erste Anlage des
Wirbelthierleibes. Die erste Entwicklung des Hühnchens
im Ei.

(Fortsetzung zu S. 24.)

Nach H. (Anmerkung pag. 225) liefert nun das obere Keim-
blatt das cerebrospinale Nervensystem, die animalen Muskeln (durch
seine Nebenplatte) und die Epidermis mit ihren unmittelbaren Fort-
setzungen und Abkömmlingen (Epithel und Drüsen der Mundhöhle und
des Cloakenzuganges). Das untere Keimblatt liefert die glatte Mus-
culatur des Körpers, sowie die Epithelien und Drüsen der inneren Schleim-
häute. Der Axen strang entsteht durch die Verbindung beider Blät-
ter, und zwar enthält er unzweifelhaft reichlichere Bestandtheile des
oberen als des unteren Keimblattes, vielleicht gehört er sogar jenem
ausschliesslich an. Aus ihm sind abzuleiten: Das System des Nervus
sympathicus, die WOLFF'schen Körper, die Sexualdrüsen, die blei-
benden Nieren, die Chorda dorsalis und die Hypophysis cerebri.“
Alles übrige stammt, wie vorhin angegeben, vom Nebenkeime ab.

Das Wachsthum und die Gliederung des Embryo hat H.
auf ein mechanisches Problem zurückgeführt, das Problem der Form-
veränderung einer ungleich sich dehnenden elastischen Platte. *) Die
Keimscheibe stellt in der That eine elastische Platte mit ungleich
vertheiltem Wachsthume dar. Sie wächst im Centrum rascher als in
der Peripherie. Die Peripherie bildet somit für den Mitteltheil der
Scheibe einen Ausdehnungswiderstand und die Folge davon ist, dass
die Scheibe sich blasenartig wölbt und nach bestimmten Rich-
tungen sich faltet. Die Elasticität der Keimscheibe ist freilich weder
sehr gross, noch sehr vollkommen. An den Stellen der stärksten
Spannung sieht man Knickungen eintreten, die sich nie wieder
ausgleichen, sondern mitunter zu wirklichen Continuitätstrennungen
führen. Die meisten der sogenannten Abschnürungen, die der Chorda
des Medullarrohrs, der Linse etc., gehören dahin. Der Biegungs-
widerstand der Keimscheibe ist an verschiedenen Stellen verschieden,
z. B. grösser im dickeren Centrum als an der verdünnten Peripherie.
Beim unteren Keimblatt ist er von Anfang an geringer, daher die
geringere Ausbildung der Faltensysteme desselben.

Das Wachsthumsgesetz der Keimscheibe lässt sich etwas ge-
nauer studiren, als die Verhältnisse ihrer Elasticität. Wir können

*) Pag. 191 ist die allgemeine mathematische Entwickelung dieses Problems

nach Professor E. HAGENBACH mitgetheilt.

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hier in der Einzelbetrachtung, die später, pag. 183 ff., noch genauer ausgeführt wird, nicht eingehen und nur als allgemeines Resultat angeben, dass anfangs das Maximum der Wachsthumsintensität in das Centrum der Keimscheibe fällt, von da nach allen Richtungen, aber ungleich abnimmt, symmetrisch nach den Seiten, unsymmetrisch nach vorn und hinten.,,Somit ist das Wachsthum der Keimscheibe eine Function von Ort und Zeit, welche zu gegebener Zeit räumlich nur ein Maximum besitzt, von diesem dem Wachsthumcentrum ausgehend, nimmt die Function nach allen Richtungen stetig ab, und zwar symmetrisch mit Bezug auf eine durch das Centrum gelegte Axe (die Längsaxe) unsymmetrisch mit Bezug auf 2 andere senkrecht zu einander und zu jener gestellten Axen (die Queraxe und die Tiefaxe).“ Wenn eine präcise mathematische Formulirung des Wachsthumsgesetzes auch wohl stets unerfüllt bleiben wird, so ist doch ausdrücklich zu betonen, dass ein verhältnissmässig einfaches Wachsthumsgesetz das einzig Wesentliche bei der ersten Entwickelung ist. Alle Formung, bestehe sie in Blätterspaltung, in Faltenbildung, oder in vollständiger Abgliederung, geht als eine Folge aus jenem Grundgesetz hervor". Da das Wachstum der Keimscheibe eine stetige Function ist, keine Sprünge macht, so müssen alle Substanzhäufungen, welche den Anschein localer Wucherungen haben, auf eine besondere Art der Keimscheibenfaltung, alle localen Verdünnungen, Abschnürungen etc. auf Zerrungen einzelner Abschnitte der gefalteten Platte zurückgeführt werden. Aus dem Princip des stetigen Wachsthums folgt ferner, dass der Organismus auch anatomisch nur als Ganzes angesehen werden darf, die Entstehung und Ausbildung irgend eines Theiles muss zur Entstehung und Ausbildung aller übrigen Theile in nothwendiger Beziehung stehen, weil die Bildung aller auf ein und dasselbe Grundgesetz des Wachsthums sich zurückführt. So meint H. S. 56., dass sich die Stellung derjenigen Organe, wie Schilddrüsen und Hypophysis, denen man bisher keine physiologische Rolle hat zuertheilen können, aus diesem Princip ergiebt. „Es sind embryologische Residuen, den Abfällen vergleichbar, welche beim Zuschneiden eines Kleides auch bei der sorgsamsten Verwendung des Stoffes sich nicht völlig vermeiden lassen". In dieser mechanischen Auffassung der Formung des Embryo, von der sich Andeutungen schon bei PANDER finden, und ihrer consequenten Durchführung liegt die zweite durchgreifende Neuerung, welche H. in die Embryologie einführt. Auf die Durchführung dieses Princips im Einzelnen kann hier nicht eingegangen werden, da eine leicht verständliche Darstellung in der knappen Form eines Referats ohne Abbildungen nicht zu ermöglichen ist; nur die wesentlichsten Punkte sollen im Nachfolgenden mitgetheilt werden. Ref. will die Gelegenheit wahrnehmen, hier auf die nach den Angaben von H. gefertigten vorzüglichen ZIEGLER'schen Wachsmodelle aufmerksam zu

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machen, die wesentlich zum Verständniss der vielfach ganz neuen Anschauungen beitragen dürften.

Als zuerst auftretende constante Faltenbildungen und dadurch bedingte Abtheilungen der Keimscheibe sind zu betrachten: 1) die centrale Längsrinne, 2) die centrale Querrinne, senkrecht zur Längsrinne dicht vor dem Kopfende des Primitivstreifens durchschneidend (Grenze von Kopf und Rumpftheil), 3) die vordere und hintere*) und die beiden seitlichen Grenzrinnen, wodurch die Keimzone von der Aussenzone (dem durchsichtigen nicht zur Embryonalanlage gehörenden Theile des Fruchthofes) sich abscheidet. Die Keimzone, die mehr und mehr, ebenso wie der ganze Fruchthof, die bekannte lang gestreckte eiförmige Gestalt annimmt, kann wieder in einen mittleren Abschnitt, die Stammzone, und in einem peripherischen, die Parietalzone, geschieden werden. Die Stammzone enthält die Rückenplatten v. BAER's, die sich wieder aus der Medullarplatte und dem Stammtheil der oberen Muskelplatte (Urwirbelplatte) zusammensetzen. Zwischen den Rückenplatten liegt die Medullarrinne (Rückenrinne). Den Abschnitt des animalen Blattes, welcher der Parietalzone angehört, nennt H. mit v. BAER die Bauchplatten, sie bestehen also aus der v. BAER'schen Hautplatte (REMAK'S Hornblatt) und dem Parietaltheil der oberen Muskelplatte. Stammzone und Parietalzone werden beim ersten Auftreten durch eine frühzeitig sich schliessende schmale Rinne, die dem oberen Grenzblatt angehört, geschieden, Zwischenrinne. Ihr medialer Längsrand ist die Medullarnaht, ihr lateraler die Naht des Hornblattes; die zugehörige Zellenmasse des oberen Grenzblattes, der Zwischenstrang wird zur Anlage der sensiblen Ganglien, zur Substantia gelat. Rolandi, zum Gehörbläschen und zur Auskleidung der Riechgruben. Die mechanische Bedeutung der Zwischenrinne liegt darin, dass längs derselben obere Muskelplatte und oberes Grenzblatt inniger an einander haften, welches, wie sich später ergeben wird, mancherlei Formgestaltungen zur Folge hat. Aus dem Grenzblattantheil der Parietalzone geht hervor: die Epidermis und die Epithelien der angrenzenden Schleimhäute; aus der parietalen oberen Muskelplatte die Muskulatur des Herzens, der oberflächlichen und tief liegenden Theile von Gesicht und Hals, der Rumpfwand, der Extremitäten, des Beckens und der unteren Schwanzfläche. Die Stammzone (Gehirn und Rückenmark mit der Rückenmuskulatur) prävalirt daher mit Gebilden des Nervensystems, die Parietalzone mit dem Muskelsystem.

In der Aussenzone zeigt das obere Grenzblatt noch die vier Aussenfalten, die vordere, hintere und die beiden seitlichen; letztere bilden später das Amnion. Die Parietalzone bildet ursprünglich

*) S. 44 ist es wohl ein Versehen, wenn von 2 vorderen Grenzrinnen die Ref.

Rede ist.

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ebenfalls 4 Bergfalten, die Keimfalten oder Parietalfalten. Der Umschlag dieser 4 Falten unter die Stammzone, zuerst der vorderen, später der seitlichen und hinteren, vergleichbar mit Faltung eines Briefes, bedingt die Abschnürung des Embryo; dabei entstehen wieder eine Reihe von Duplicaturen, die für die Bildungsgeschichte des Gesichtes, Halses, der Extremitäten, sowie der Becken- und Schwanzgegend von grösster Bedeutung sind. Es ist zu bemerken, dass alle diese Faltungen auf das obere Keimblatt, besonders auf das obere Grenzblatt zu beziehen sind; das untere Keimblatt nimmt daran wenig Theil. Auch treten sie nicht alle gleichzeitig auf.

Spezielle Verfolgung der ersten Entwickelungsvorgänge. H. hat die Entwickelung des Hühnchens nur bis zum Auftreten der Allantois genauer verfolgt. Bis zur Bildung des Dotterkreislaufs werden 6 Stadien der Entwickelung aufgestellt: 1) Bildung des unteren Keimblattes aus den subgerminalen Fortsätzen und Beginn seiner Lösung; 2) erste Faltung der Keimscheibe, Bildung der Primitivrinne, der centralen Querrinne und der Keimfalten; 3) schärfere Sonderung von Keimzone und Aussenzone, Scheidung der Muskelplatten, beginnende Organisation des inneren Keimwalles; 4) beginnende Abschnürung des Kopfendes des Keimes, Scheidung der Keimzone in einen Stammtheil und einen Parietaltheil, Erhebung der Medullarplatte und Bildung der ersten Urwirbel; 5) fortschreitende Abschnürung des Keimes, weitere Schliessung des Medullarrohrs und Gliederung der Urwirbel, Bildung des Herzens, Hereinwachsen der Producte des Nebenkeims in die centralen Abschnitte der Keimscheibe; 6) Vollendung des ganzen primitiven Gefässystems, beginnende Thätigkeit des Herzens, Bildung des Urnierenganges, Hervortreten der Augenblasen. Man kann bis zur Bildung der Allantois 4 weitere Stadien abtheilen; es muss aber zu allen bemerkt werden, dass eine scharfe zeitliche Fixirung, wegen der ungleichen Entwickelung der Eier, die von H. eingehender besprochen wird, nicht möglich ist. Vom ersten Stadium schildert H. ausführlich die Bildung des unteren Keimblattes aus den subgerminalen Fortsätzen und die Lösung beider Blätter von einander in der Aussenzone in Folge ihres ungleichen Wachsthums. Beim zweiten Stadium heben wir die Bildung der REICHERT'schen Primitivrinne hervor, welche den hinteren Theil der centralen Längsrinne ausmacht. Letztere entsteht durch Erhebung des animalen Blattes zu beiden Seiten des Axenstranges. Im Mittelpunkte der centralen Querrinne sind beide Blätter der Keimscheibe ebenfalls zu einem kurzen queren Axenstrang verwachsen. Bei der fortschreitenden Blätterspaltung folgen im vorderen Theile der Area pellucida die zwischenliegenden Zellen fast ganz dem unteren Blatte, im hinteren Abschnitte bleiben sie als obere resp. untere Muskelplatte, theils dem oberen, theils dem unteren Blatte anhaften. Die Dotterkörner beginnen aus den Keimblattzellen zu schwinden; der innere Theil

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des Keimwalles löst sich vom oberen Keimblatte ab, so dass man einen inneren und äusseren Keim wall unterscheiden kann. Im dritten Stadium beginnt die Bildung der Chorda dorsalis durch Verlängerung des Axenstranges über das vordere Ende des Primitivstreifens heraus. (Vgl. DURSY, der Primitivstreif des Hühnchens, Lahr 1867.) Am vorderen Ende der Keimzone löst sich die Chorda vom oberen Blatte und folgt dem unteren, in dessen verdickten mittleren Theil sie übergeht. Die Bildung der centralen Längsrinne mit einem vorderen seichten und hinteren tiefen Theile (Primitivrinne), die Erhebung des vorderen und hinteren Abschnittes der Stammzone, werden an den Gestaltveränderungen erläutert, welche ein halbrinnenförmiger Streifen erleidet, wenn er durch 2 an seinen Endpunkten angreifende entgegengesetzt gerichtete Kräfte gebogen wird.

Bemerkenswerth ist noch das histologische Verhalten der Zellen der Keimscheibe in dieser Periode. Gleichzeitig mit ihrer Aufhellung sieht man ein vom Kern ausgehendes Fadennetz den Zellenkörper durchziehen, welches von mehr körniger Protoplasmamasse in der helleren Zellsubstanz gebildet wird. Eine netzförmige Anordnung der Dotterkörner geht dieser Bildung voran. Am deutlichsten sieht man sie in den grossen archiblastischen Zellen des Keimwalles, am frühesten tritt sie in der Axe der Keimscheibe auf.

Wir werden nunmehr der leichteren Uebersicht wegen die Ausbildung der einzelnen Organe, soweit sie H. geschildert hat, kurz im Zusammenhang vorführen.

I. Die Muskeln. Die Bildung der Muskelplatten aus den zwischen beiden Keimblättern liegenden Zellen, ihre Scheidung in animale (obere) und vegetative (untere) Platte haben wir schon vorhin erwähnt. Am vollständigsten vollzieht sich die Trennung im Schwanztheil der Keimzone. Im Kopftheil ist das Verhältniss beider Platten zu einander und zu den übrigen Blättern ein viel verwickelteres. Die untere (vegetative) Muskelplatte verschmilzt hier in der Parietalzone mit der unteren Grenzplatte; die obere theilt sich wie der in 2 dünne Lagen, welche also beide animalen Character besitzen; zwischen beiden bildet sich eine spaltförmige Höhle aus, die Parietalhöhle. Die untere dieser beiden animalen Platten, welche nun ebenfalls das untere Grenzblatt begleitet, liefert die quergestreifte Muskulatur des Pharynx und seiner Adnexa, sowie die des Herzens; die obere bildet die äusseren Kopfmuskeln. Dies Verhalten setzt sich auch noch auf den Anfang des Rumpfes fort.

Ueber die Entstehung der einzelnen Muskeln kann hier nicht besonders berichtet werden, zumal die Angaben von H. darüber zum Theil sehr kurz sind. Eine besondere Erwähnung verdient indessen die Bildung des Zwerchfelles. Die hinteren Herzschenkel, die wie das ganze Herz aus der unteren animalen Muskelplatte entstehen, treten mit ihrer oberen (dorsalen) Wand mit der oberen animalen Muskel

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