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Rändigkeit, im glücklichsten Gleichgewicht und ohne einseitige Richtung oder übertriebene Abweichung das Ganze der menschlichen Natur. Ihr gold. nes Zeitalter erreichte den höchsten Grad der Ideas lität und der Schönheit, welche in irgend einer na: türlichen Lage möglich ist. Die Geschichte der Griechischen Dichtkunst ist eine allgemeine Naturgeschichte der Dichtkunst; eine vollkommne und geseg gebende Anschauung.«<

In Griechenland wuchs die Schönheit ohne künstliche Pflege und gleichsam wild. Unter diefem glücklichen Himmel war die darstellende Kunst nicht erlernte Fertigkeit, sondern ursprüngliche Na. tur. Ihre Bildung war keine andre als die freieste Entwickelung der glücklichsten Anlage. «<

Die glücklichsten Umstände vereinigten sich, um diese Bildung fortzuführen.

Schon im heroischen Zeitalter der mythischen Kunst vereinigt die griechische Naturpoesie die schön ften Blüthen der edelsten Nordischen und der zar testen Südlichen Naturpoesie, und ist die vollkom menste ihrer Art:«

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Vielen gefällt Homerus, von wenigen aber wird seine Schönheit eigentlich ganz gefaßt. Worin er einzig ist, wird selten bemerkt. Die treue Wahrheit, die ursprüngliche Kraft, die einfache An. muth, die reizende Natürlichkeit sind Vorzüge, welche der Griechische Barde vielleicht mit einem oder dem andern seiner Indischen oder Celtischen Brüder theilt. Es giebt aber andre charakteristische Züge der Homerischen Poesie, welche dem Griechen allein eigen sind.

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Ein solcher Griechischer Zug ist die Vollstän digkeit seiner Ansicht der ganzen menschlichen Nas tur, welche im glücklichsten Ebenmaaß, im voll. kommnen Gleichgewicht von der einseitigen Be fchränkung einer abweichenden Anlage, und von der Verkehrtheit künstlicher Mißbildung so weit entfernt ist.

Die Homerischen Helden, wie den Dichter

selbst unterscheidet eine freyere Menschlichkeit von allen nicht- Griechischen Heroen und Bar

den."

Die Griechische Schönheit war ein Gemeingut des öffentlichen Geschmacks, der Geist der gan. zen Masse. Auch solche Gedichte, welche wenig künstlerische Weisheit und geringe Erfindungskraft verrathen, sind in demselben Geiste gedacht, ent: worfen und ausgeführt, dessen Züge wir im Homer und andern Dichtern vom ersten Range nur, bestimmter und klarer lesen. Sie unterscheiden sich durch dieselben Eigenheiten, wie die besten, von allen nicht Griechischen Gedichten.«

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Die Griechische Pocsie hat ihre Sonderbarkei ten welche oft ekzentrisch genug sind. Die meis sten dieser ästhetischen Paradoxien sind nur fcheinbar und enthalten einen großen Sinn. Go das Satyrische Drama, der Dithyrambus, der lys rische Chor der Dorier, und der dramatische Chor der Athener.«.

Das epische Zeitalter der griechischen Poefie läßt sich noch mit andern Nationalpoesien verglei chen. Im lyrischen Zeitalter steht sie allein. Nur sie hat in Masse die Bildungsstufe der Selbstständig Feit erreicht; nur in ihr ist das idealische Schöne öf fentlich gewesen.«

»Die griechische Kunst hat wirklich den höchsten Gipfel der Vollkommenheit erreicht, der Genuß der Werke ihres goldenen Zeitalters ist vollständig und selbstgenugsam: sie sind das Urbild der Kunst und des Geschmacks.

»Der einzige Maßstab, nach dem wir den höchs ften Gipfel der Griechischen Kunst würdigen föns nen, sind die Schranken aller Kunst. >>Aber wie, wird man fragen, ist die Kunst nicht einer schlecht: hin unendlichen Vervollkommnung fähig? Giebt es Gränzen ihrer fortschreitenden Bildung? « «

»Die Kunst ist ist unendlich perfektibel und ein absolutes Maximum ist in ihrer steten Entwicke: lung nicht möglich: aber doch ein bedingtes relas

tives Maximum, ein unübersteigliches fires Pros ximum. (Der Verfasser sest hier diesen Gedans ken weitläuftig und mit großem Echarfsinne aus. einander; da er selbst sagt, daß er hier viele Grunde säge problematisch voranschicke, von denen er den Beweis nachher liefern wolle, so enthalten wir uns hier jedes Auszugs, der dem Leser am Ende doch Der Verfasser, nur unverständlich seyn würde. fagt endlich; Der Gipfel der natürlichen Bildung der schönen Kunst bleibt daher für alle Zeiten das hohe Urbild der künstlichen Fortschreitung).

»Von den übrigen Künstlern ist unbeschränk ter Umfang der eine große Vorzug der Poesie, dessen sie vielleicht sehr nothwendig bedarf, und die durchgängige Bestimmtheit des Beharrlichen, wels che die Plastik, und die durchgängige Lebendigkeit des Wechselnden, welche die Musik vor ihr voraus hat, zu ersehen. Die einzige eigentliche reine Kunst ohne erlangte Kraft ist Poesie.«<

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»Keine Kunst kann in einem Werke einen so großen Umfang umspannen, wie die Poesie. Aber keine hat auch solche Mittel, Vieles zu Einem zu verknüpfen, und die Verknüpfung zu einem unbedingt vollständigen Ganzen Eine vollendete poetische Handzu vollenden. lung ist ein in sich abgeschloßnes Ganzes, eine technische Welt. «

>>Die trefflichste unter den griechischen Dichts arten, ist die Attische Tragödie. Alle einzelnen. Bollkommenheiten der frühern Arten, Zeitalter und Schulen bestimmt, läutert, erhöht, vereinigt und ordnet zu einem Ganzen,

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» Mit ächter Schöpferkraft hatte Aschylus die Tragödie erfunden, ihre Umrisse entworfen, ihre Gränzen, ihre Richtung und ihr Ziel bestimmt. Was der Kühne entwarf führte Sophokles aus. Er bildete feine Erfindungen, milderte seine Härten, ergänzte seine Lücken, vollendete die tragische

Kunst, und erreichte das äußerste Ziel der griechie schen Poesie!«<

»Die technische Richtigkeit seiner Darstel lung ist vollkommen und die Eurythinie die regels mäßige Verknüpfung seiner bestimmt und reich ges gliederten Werke ist so kanonisch, wie etwa die Proportion des berühmten Doryphorus vom Po. Lytlet.<<

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»Die Einheit seiner Dramen ist nicht mechanisch erzwungen, sondern organisch entstanden.. Diese Bildungen scheinen nicht gemacht oder geworden, son, dern ewig vorhanden gewesen, oder von selbst ents standen zu seyn, wie die Göttinn der Liebe leicht und plöglich vollendet aus dem Meere emporstieg.<<

»Sophokles, gewaltig im Rührenden wie im Schrecklichen, ist dennoch nie gräßlich. — Wunders bar groß ist seine Überlegenheit über den Stoff, feine glückliche Auswahl desselben, seine weise Be nuhung der gegebenen Umrisse. Unter so vielen, vielleicht zahllosen möglichen Auflösungen immer ficher die beste zu treffen, nie von der zarten Gränze zu weichen und selbst unter den entwickeltsten Schrane ken, mit geschickter Fügung in das Nothwendige, feine völlige Freiheit behaupten; das ist das Meis sterstück der künstlichen Weisheit.«

»Der Attische Zauber seiner Sprache vereinigt die rege Fülle des Homerus, und die sanfte Pracht des Pindarus, mit durchgearbeiteter Bestimmtheit, «

Das Ideal der Schönheit, welches in allen Werken des Sophokles, und deren einzelnen Theilen durchaus herrscht, ist ganz vollendet. Sein Styl ist vollkommen.

Die sittliche Schönheit aller einzelnen Handelnden ist so groß, als diese Bedingungen jedesmahl nur immer verstatten. Der Begeben: heiten, im Gegensaß der Handlungen, sind so we

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nig als möglich, und diese werden alle aus Schick. fal hergeleitet. Die Betrachtung, dieser nothwendige innre Nachklang jeder großen äußern That oder Begebenheit, trägt, und erhält das Gleichgewicht des Ganzen. Der Schluß des ganzen Werks gewährt endlich jederzeit die vollste Befriedigung.«

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Und hiemit seys genug. Jeder Freund def Kunst und der Litteratur wird gemäß der Ers scheinung dieses wichtigen Werkes mit Sehnsucht entgegensehn.

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