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das G. et des Ganzen aus der Masse kar hervor. treten, und sich dem Auge leicht darbieten; der Eran. Geist, innre Zusammenhang des dargestellten Wes fens muß aus ihm selbst hero'orleuchten.

Aber selbst die reichhaltigste philofophische Cha rakteristik ist doch nur eine einzelne Merkwürdigkeit für den Verstand, eine bedingte Erkenntniß, das Stück eines Ganzen, welches die stræbende Vernunft nicht befriedigt. Der Instinkt der Vernunft strebt stets nach in sich feibst vollendeter Vollständigkeit, und schreitet unaufhörlich vom Bedingten zum Une bedingten fort. Das Bedürfniß des Unbedingten und der Vollständigkeit ist der Ursprung und Grund der zweiten Art der didaktischen Gattung. Dies ist die eigentliche philosophische Poesie, welche nicht nur den Verstand, sondern auch die Vernunft in: terefsirt. Ihre eigne natürliche Entwicklung und Fortschreitung führt die charakteristische Po sie zur philosophischen Tragödie, dem vollkommen Gegensahe der ästhetischen Tragödie. Diese ist die Vollendung der schönen Poesie, besteht aus lauter Iyrischen Elementen, und ihr endliches Resultat ist die höchste Harmonie. Jene ist das höchste Kunstwerk der didaktischen Poesie, besteht aus lauter dharakteristischen Elementen, und ihr endliches Rejule tat ist die höchste Disharmonie. Ihre Katastrophe ist tragisch; nicht so ihre ganze Masse: denn die durchgängige Reinheit des Tragichen (eine nothe wendige Bedingung der ästhetischen Tragödie) würde der Wahrheit der charakteristischen und philosophi. schen Kunst Abbruch thun. «

Der Verfasser geht nun zu Shakespear über, und entwickelt im Hamlet auf eine portreffliche Art seinen Begriff von philosophilcher Tragödie.

Man verkennt den Hamlet oft so sehr, daß man ihn ftückweise lobt. Eine ziemlich inkonsequente Toleranz, wenn das Ganze wirklich so un, usam menhängend, so sinnlos ist, als man stillschweigend voraussest! Überhaupt ist in Shakspears Dramen der Zusammenhang jelbst zwar jo einfach und klar,

daß er offnen und unbefangnen Sinnen sichtbar und von selbst einleuchtet. Der Grund des Zusam, menhanges aber liegt oft so tief verborgen, die unsichtbaren Bande, die Beziehungen sind so fein, daß auch die scharfsinnigste kritische Analyse misglücken muß, wenn es an Takt fehlt, wenn man falsche Erwartungen mitbringt, oder von irrigen Grundsäz zen ausgeht. Im Hamlet entwickeln sich alle eine zelnen Theile nothwendig aus einem gemeinschaftli chen Mittelpunkt, und wirken wiederum auf ihn zurück. Nichts ist fremd, überflüssig, oder zufällig in diesem Meisterstück künstlerischer Weisheit..

»Es giebt vielleicht eine vollkommnere Darstele lung der unauflöslichen Disharmonie, welche der eigentliche Gegenstand der philosophischen Tragödie ist, als ein so gränzenloses Mißverhältniß der den= kenden und thätigen Kraft, wie in Hamlets Char rafter. Der Totaleindruck dieser Tragödie ist ein Maximum der Verzweiflung.•

•Shakespear ist unter allen Künstlern der jenige, welcher den Geist der modernen Poesie über haupt am vollständigsten und am treffendsten charať terisirt. In ihm vereinigen sich die regendsten Blü then der Romantischen Phantasie, die gigantische Größe der gothischen Heldenzeit, mit den feinsten Zügen moderner Gefelligkeit, mit der tiefsten und reichhaltigsten poetischen Philosophie. In den beis den letzten Rücksichten könnte es zu Zeiten scheinen, er hätte die Bildung unsers Zeitalters antizipirt.«

»Man darf ihn ohne Übertreibung den Gips fel der modernen Poesie nennen.«

»Dennoch wußten viele gelehrte und scharfsinnige Denker nicht, was sie mit Chakespear ma men sollten. Der inkorrekte Mensch wollte ihrea konvenzionellen Theorien gar nicht recht zuiagen. Eine unwiderstehliche Sympathie befremder nehmlich den Kenner ohne Takt und treffenden Blick, mit den ordentlichen Dichtern die zu schwach sind, um ause schweifen zu können. Es ist daher wenig mehr als die Mittelmäßigkeit derjenigen Künstler, die weder

'warın noch kalt sind, welche unter dem Nahmen der Korrektheit gestempelt und geheiligt worden ist. Das gewöhnliche Urtheil, Shakespears Inkorrekt heit fündige wider die Regeln der Kunst, ist, um wenig zu sagen, sehr voreilig, so lange noch gar keine objektive Theorie existirt.«<

Wer seine Poesie als schöne Kunst beurtheilt, der geräth nur in tiefere Widersprüche, je mehr Scharfsinn er besitzt, je besser er den Dichter kennt. Wie die Natur Schönes und Häßliches durcheinans der mit gleich üppigem Reichthum erzeugt, so auch Shakespear. Keine seiner Dramen ist in Masse fchon; nie bestimmt Schönheit die Anordnung des Ganzen. Auch die einzelnen Schönheiten sind ein in der Natur nur selten von häuslichen Zusās Hen rein, und sie sind nur Mittel eines andern Zweckes; sie dienen dem charakteristischen oder phis losophischen Interesse.

Seine Darstellung ist nie objektiv, sondern durchgängig manierirt Unter Manier vers stehe ich in der Kunst eine individuelle Richtung des Geistes uud eine individuelle Stimmung der Sinnlichkeit, welche sich'in Darstellungen, die ideas lisch, seyn sollen, äußern.

Aus diesem Mangel der Allgemeingültigkeit, aus dieser Herrschaft des Manierirten, Charakteris stischen und Individuellen, erklärt sich von selbst die durchgängige Richtung der Poesie, ja der gans zen ästhetischen Bildung des Modernen aufs Ine teressante. Interessant nehmlich ist ein jedes originelle Individuum, welches ein größeres Quan tum von intellektuellem Gehalt oder ästhetischer Energie enthält.«

Da alle Größen in das Unendliche vermehrt werden können, so ist es klar, warum auf diesem Wege nie eine vollständige Befriedigung erreicht werden kann; warum es kein höchstes Interess fantes giebt.

>>Was die Theorie versprach, was man in der Natur suchte, in jedem einzelnen Idol zu finden Deutschl. 6s St.

hoffte; was war es anders als ein ästhetisches Höchstes? Nur das Allgemeingültige, Beharrlithe und Nothwendige. das Objektive kann diese große Lücke ausfüllen; nur das Schöne kann diese heiße Sehnsucht stillen. Das Schöne ist der all gemeingültige Gegenstand eines uninteressirten Wol gefallens, welches von dem Zwange des Bedürf nisses und des Gesezes gleich unabhängig, frei und dennoch nothwendig, ganz zwecklos, und dennoch unbedingt zweckmäßig ist. Das Übermaß des Individuellen führt also von selbst zum Objektiven, das Interessante ist die Vorbereitung des Schönen, und das lezte Ziel der modernen Poesie kann kein andres seyn als das höchste Schöne ein Mari: ximum von objektiver ästhetischer Vollkommenheit.

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Und nun folgt die schöne Stelle über Gö: the, die die Leser im zweiten Stücke dieses Jours nals gefunden haben. In diesem Zusammenhange ist sie natürlicherweise gehaltvoller und gedanken. reicher.

»>Göthe, dieser große Künstler, eröffnet die Aussicht auf eine ganz neue Stufe der ästhetis fchen Bildung. Seine Werke sind eine unwiderleg. liche Beglaubigung, daß das Objektive möglich, und die Hoffnung des Schönen kein leerer Wahn der Vernunft sey. Das Objektive ist hier wirk lich schon erreicht, und da die nothwendige Gewalt des Instinkts jede stärkere ästhetische Kraft aus der Krise des Interessanten dahin führen muß: so wird das Objektive auch bald allgemeiner, es wird öffentlich anerkannt, und durchgängig herrs schend werden. Dann hat die ästhetische Bildung den entscheidenden Punkt erreicht, wo sie sich selbst überlassen nicht mehr sinken, sondern nur durch außre Gewalt in ihren Fortschritten aufge halten, oder völlig zerstört werden kann..

»Den Gang und die Richtung der modernen Bildung bestimmen herrschende Begriffe: eben fo giebt es auch ästhetische Vorurtheile, von

denen die am gefährlichsten sind, welche die fernere Entwicklung von selbst hemmen. Es ist die heiligste Pflicht aller Werke der Kunst, solche Irrthümer, welche der natürlichen Freiheit schmeicheln, und die Selbstkraft lähmen, indem sie die Hoffnungen der Kunst als unmöglich, die Bestrebungen derselben als fruchtlos darstellen, ohne Schonung zu bekāmpfen, ja wo möglich ganz zu vertilgen

Co denken viele: »Schöne Kunst sey gar nicht Eigenthum der ganzen Menschheit; am wenigsten eine Frucht künstlicher Bildung. Sie sen die uns willkührliche Ergießung einer günstigen Natur; die lokale Frucht des glücklichsten Klima's; eine mo mentane Epoche, eine vorübergehende Blüthe, gleichsam der kurze Frühling der Menschheit. Da fen schon die Wirklichkeit selbst edel, schön und reizend, und die gemeinste Volkssage ohne alle künstliche Zubereitung bezaubernde Poesie. Jene frische Blüthe der jugendlichen Phantasie, jene mächtige und schnelle Elasticität, jene höhere Ges sundheit des Gefühls könne nicht erkünstelt, und einmal zerrüttet nie wieder geheilt werden. Am wenigsten unter der Nordischen Härte eines trüben Himmels, der Barbarei gothischer Verfassungen, dem Herzensfrost gelehrter Vielwisserei.«

Bielleicht kann dies unter manchen Einschränkungen, wenigstens für einen Theil der bildenden Kunst gelten. Es scheint in der That daß für schöz ne Plastik der Mangel einer glücklichen Organisa= tion, und eines günstigen Klima's weder durch eis nen gewaltsamen Schwung der Freiheit, noch durch die höchste Bildung ersetzt werden könne. Mit Un recht und wider alle Erfahrung dehnt man dies aber auch auf die Poesie aus.. Wie viel große Barden und glückliche Dichter gab es nicht unter allen Zonen, deren ursprüngliche Feuerkraft durch die ausgesuchteste Unterdrückung nicht erstickt wer den konnte? Die Poesie ist eine universelle Kunst: denn ihr Organ, „die Phantasie ist schon ungleich näher mit der Freiheit verwandt, und unabhängie

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