Imagens da página
PDF
ePub

geltungsrecht oft auf eine grausame Art auszuüben, kann es einem großen Volke nie fehlen. Was kann es also helfen, da die Rolle des Oberherrn spielen zu wollen, wo man weder zugestandenes Recht noch hinlängliche Macht hat?

4) Wenn eine Person, es sei eine natürliche oder künstliche, im Besitz der Souveränität ist, und ein Unterthan übt entweder als Organ auf ihren Befehl, oder als bloßer Unterthan aus der allgemeinen Pflicht eines Unterthanen, Gewalt ges gen einen andern aus, geseßt, es sei dieses auch die Person des unterdrückten Souverains felbft; so kann der lettere, im Fall er wieder in seine Würde eingesetzt wird, oder andere, die sein Recht vertheidigen, den, der in einem solchen Verhältniss fe solche Gewalt gegen ihn gebrauchte, wozu ihn fein Souverain berechtigte oder verpflichtete, nicht strafbar finden. Denn er gehorcht dem Re genten, der im Besize ist; mit welchem Nechte, darum hat er sich als Unterthan nicht zu beküm. mern. Thut jener Unrecht, so hat er es zu verant worten, nicht der Unterthan, der einem Gebote, das jeder rechtmäßige Regent ebenfalls geben könns te, gehorcht. Sehet, der französische Nationalkon; vent, der damals im Besik der souverainen Ges walt war, fand es für nöthig Ludwig den 16ten gefangen zu halten; so hat dieser allein seine Hande Deutschl. 4s St. C

lung zu verantworten, und keiner derer, die als Organ von ihm zu dieser Gefangenhaltung ge braucht worden. Die Wachen, die ihn entschlüp, fen lassen, werden mit Recht bestraft, und Nie: mand, auch Ludwig selbst nicht, wenn er wieder König von Frankreich geworden wäre, würde be rechtigt gewesen seyn, sie für ihre Treue gegen iht ren damaligen Souverain zu bestrafen. Eehet nun, Ludwig entwische seinem Gefängnisse; der Natios nalkonvent giebt in allen Städten Befehl, alle vers dächtige Personen anzuhalten, und den entflohenen König auszuspüren; so wird jede Municipalität vere pflichtet seyn, eben so genau nachzuforschen, als ob ein Steckbrief sie aufforderte; und sehet, es fange den Flüchtling-ein Unterthan auf, der nicht ausdrücklich dazu aufgefordert ist, bloß um der alle gemeinen Pflicht willen, die ihm obliegt, die Zwekk ke seines Souverains auf alle rechtliche Art zu beför dern; so ist sowohl die Obrigkeit, welche geno nach dem Flüchtigen forscht, als auch der Mann, der aus Patriotismus den Entflohenen in die Hän de des Souverains zurückliefert, nicht nur völlig schuldlos; sondern beide handeln auch ihrer Pflicht ge mäß, und das Ünrecht, welches dem unglücklichen König der Souverain zufügt, kann diesen Werkz zeugen seiner Macht schlechterdings nicht zugerech net werden, und sie können deshalb auf keine

Weise strafbar seyn, sondern müssen vielmehr wer gen ihrer Treue. auch von dem, der darunter leis det, gelobt werden, Wenn Drouet Postmeister in Athen gewesen wäre, und Sokrates, von dem er wußte, daß er in Athen von den Archonten gez fangen gehalten werden sollte, wäre entflohen, und hätte von ihm verlangt, daß er ihn forthelfen soll: te; so hätte er die Verbindlichkeit gehabt, dem Staate den Sokrates wieder in die Hände zu lies fern, gesest, er hätte auch gewußt, daß er diesen tugendhaften Mann unschuldig hinrichten würde. Denn daß der Souverain seine Pflicht perlegt, das hat der Unterthan nicht zu verantworten; und wenn er auch gleich durch die Beobachtung seiner Pflicht dazu beiträgt, daß jener sein Unrecht desto eher thun kann; so hört doch seine Handlung um dieser übeln Folge willen, die er jedoch gar nicht will, darum nicht auf, Pflicht zu seyn. Die Pflicht des Unterthanen ist aber, dem Souverain in allen Stücken, die ein Souverain nur immer von ihm verlangen kann, zu gehorchen, und sich übrigens um das, wozu der Souverain das, was er ihm leistet, gebrauchen mag, nicht zu bekümmern, weil er es nicht zu verantworten hat.

In diesem letzteren Pankte sind die gemeinen Urtheile über Recht und Unrecht außerordentlich unrichtig, welches wieder daher kömmt, daß maŋ

[ocr errors]

das eigentliche Kennzeichen der Pflicht, nemlich die Allgemeinheit der Maxime vergißt, und die Fol gen der Handlungen. das Nüßliche oder Schädlie che dazu erhebt, wo denn natürlich, der Unsicher heit dieses Kriteriums nicht zu gedenken, der eine das seinen Absichten sehr zuwider, d. h. sehr schåd. lich findet, was der andere den feinigen sehr ge= mäß, d. i. für sehr nüglich hält; and somit wird denn hier das bis in den Abgrund der Hölle verflucht, was dört bis im Himmel erhoben wird. André wird in Amerika als ein Verbrecher hingerichtet, während daß mân ihm in England Ehrensäulen errichtet. Drouet wird in Österreich um derjeni gen Handlung willen schimpflich behandelt, west halb màn ihn in Frankreich als einen Patrioten preiset. Prüft man das Verfahren beider Männer nicht nach den Folgen, sondern nach den Maximen, die ihnen zum Grunde lagen, so wird man bald das Wahre in der Sache finden, und richtig beurtheilen können, ob sie recht oder unrecht handelten. Wenn z. B. jeder Unterthan nach der Marime verführe: dem machthabenden Couver rain in allen Stücken Folge zu leisten, die ein rechtmäßiger Souverain von ihm nur fordern kann, und alle seine Zwecke, die als Recht gedacht wer den, zu befördern, öhne darüber zu raisonniren, ob der Souverain auch selbst recht daran thue; so

würde es offenbar ganz wohl um den Staat ste= hen, und alle Souveraine können picht minder, als alle Unterthanen mit einstimmen, Wenn man also Drouets famöse Anhaltung des flüchtigen Königes, welche doch aus dieser Maxime floß, für unrecht hält; so geschieht dieses nur deshalb, weil sie einer Neigung widerspricht, der zu Gunsten man sich gern eine Ausnahme vom Rechte erlauben möchte. Eben so erhellet das Unrechtmäßige der Andréischen Berräthererei augenblicklich), so bald, man nur die Maxime, nach der er handelte, darstellt, welche keine andere seyn konnte, als: »Ich will meinem » Vaterlande einen Dienst, mit Verlegung der all.

gemeinen Pflicht der Ehrlichkeit gegen andere, er » weisen ;« oder: »Ich will unter dem Schein eines Unterthanen des Feindes die Feinde betrügen, um dadurch meinem Vaterlande Vortheil zu schaffen.. Die erste Marime ist offenbar unmoralisch, und die lettere verräth ihre Ungerechtigkeit, und zugleich das Befugniß des Feindes, ihn als Verbrecher zu ftrafen. Denn wer die Maske eines Unterthanen annimmt, untęṛwirft sich eben dadurch auch den Staatsgesehen, und wenn er daher unter dieser Maske Verrätherei treibt; so wird die Strafe, wel che das Landesgeseh bestimmt, mit Recht an ihm vollzogen.

Im Kriege vertheidigen Staaten gegen einan:

« AnteriorContinuar »