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Feuer durchglüht; und uns zur Anbetung z wingt; allein mit aller ihrer Gewalt ist sie nicht im Stande, die stille Kritik zu verdrängen. Diese bleibt ewig auf ihrem Plate. Sie schweigt so lange das Genie tobt; aber sie giebt ein heimliches unbestechliches Gefühl, das wohl auf die Seite drücken aber niemals verdrängen läßt, und wenn jenes Feuer verflogen ist, oder uns aufgezehrt hat, übt noch die Kritik ihr Richteramt ehrbar und unbescholten. Sie giebt zulegt ihren Seegen, drückt ihre Siegel auf, und wo sie es thut, da ist Natur und Unsterblichkeit.

Glucks Arien, daß ich sie so nenne, sind über mein Lob hinaus, und was ich Ihnen sagen mag: sie sind das schönste was ich mir dencken kann, wenn auch mein Gefühl bei Einzelnheiten anstoßen follte. So kann ich mich z. E. nicht in Reis chardts Apologie der Arie; no crudel! hineinden: den. *) Das tu lo sai in dieser Arie ist ein matter Lückenbüßer im Text, und ich begreife kaum, wie Gluck diese leeren Worte hat komponiren und viermal in dem kurzem leidenschaftlichen Stücke wiederholen können. Reichard nehmlichy meint der zweite Theil dieser Arie in C dur, kónne auf dem Papiere scheinen, als wenn

er wider

*) Diese Arie ist im zweiten Stück des Kunstmagazins auf der 15ten Seite abgedruckt und beurtheilts

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die Leidenschaft wäre; allein Gluck habe durch ei uen chromatischen Gang auf den Worten: d'una vita cosi misera und durch schnell abwechselndes forte und piano dafür gesorgt, daß es nicht zum Ausdruck der Freude werde. Qui s'excuse, s'accuse! Mich dünckt die Tonart C dur mache hier nichts aus; Gluck hätte nur nicht in der nehmlie chen Tonart schließen sollen. Denn ob ich gleich den Ausdruck der Freude darin, nicht finde; so scheint sie mir doch leer und ohne Gehalt, statt just bei dieser Stelle die Leidenschaft den höchsten Ausdruck hätte erreichen müssen, und dazu wäre eine steigende Modulation nach einer weichen Tons art vielleicht das geschickteste, wo nicht das einzige Mittel gewesen. Dagegen sind die Worte: non mi salvi ma m'uccidi vortreflich komponirt, und die Wiederholung des Crudel! ein so großer Zug, daß man darüber alle andre Flecken vergißt, die ein Werk haben kann.

Glucks Sah ist nicht so nachläßig, als diejeni gen glauben, die ihn deswegen verachten; er ver dient sogar mehr Aufmerksamkeit, als viele seiner Nachfolger ihn würdigen, die sich wohl gar vorstellen, Gluck's Vorzug liege in feiner Unkorrekt heit. Was Glucken hie und da an Reinigkeit ab. geht, erfest ein Zusammenfluß von Umständen, die das Ohr in die Empfindung überleiten und`

womit er überaus glücklich feine Ohren zu beste chen weiß. Was seine Musik auch für Kenner in teressant macht, ist sein guter Gebrauch der Dissor nanzen; das Leidenschaftliche feiner Melodien, die einen deutschen ernstaften Gang haben, beruht grossentheils auf dem Gebrauch der Dissonanzen, die er wahrscheinlich nach deutschen Mustern ge brauchen lernen. Die Regeln der Harmonie hat er genommen wie er sie gefunden, und so ausge übt wie es die Zeit zulassen wollen, ohne zu un tersuchen, warum ein obligates Interwall so oder anders refolviren müsse. Man kann ihn also von dieser Seite keiner Beurtheilung aussehen. Dem ungeachtet ist ihm das Bielstimmige sehr gelungen, und man sieht aus seinen Chören und andern vielstimmigen Sachen, daß dieser Sah wirklich von großer Bedeutung sei, wenn er gehörig gebraucht wird. Von seinen Melodien scheint keine ganz original zu seyn, man findet sie Stellenweise beim Kaiser Leo und Händel, auch bei alten französischen Komponisten. Eine Vergleichung mit irgend einem Komponisten ist deshalb so unmöglich, weil er unter allen der erste gewesen, der auf eine schöne Zusammenstimmung des ganzen Drama mit solchem Glücke hingearbeitet hat. Er steht auf seiner Stelle ganz allein, und wenn ihn auch irgend ein Zeitalter von der Zahl der musterhaften Komponisten aus.

schließen

schließen wollte, so bleibt er doch für Leute von allgemeinem und feinem Kunstgeschmack in seiner Art ein Mann von unverkennbarem Genie,

Das Orchester war Stellenweise vortrefflich. Man läßt dabei, dünckt mich, zuviel aufs Gera= thewohl ankommen. Die vielen Proben helfen

nichts, wenn sie nicht Schaden thun, und das Ori chester kalt und gleichgültig gegen die ganze Sa che' machen. Und so komme ich auf mein altes Lied, daß nehmlich der Kapellmeister das Orchester ordentlich orientiren, ihnen deutlich aus einandersezs zen müsse, was auf dem Theater vorgeht, und wie es ausgedrückt werden soll. Es ist kein großer Gewinn für die Oper, daß dem Kapellmeister fast alle Autorität fehlt. Algerotti mags recht gut meinen, wenn er verlangt, daß der Poet allein alles ohne Ausnahme und also auch den Kapellmeis fter dirigiren solle, aber er mag sich auch einen Po eten suchen, der das kann. Ein bloß guter Kapellmeister wird eher in die feinsten Feinheiten eines trefflichen Gedichtes eindringen, ehe man einem Poeten begreiflich macht, was eine Dissonanz ist. Es müßte also dem Kapellmeister das Ruder des ganzen Schiffs, das ihm mit Unrecht genommen ist, ohne Einschränkung wieder in die Hände gege ben werden, um so mehr, da die Musick die Haupts fache beim ganzen Genre ist, und in der Oper' Deutschl. 5s St.

schlechterdings nicht entbehrt werden kann.

Für

den Poeten, den Maler, Maschinisten u. f. w. bleibt doch noch Arbeit genug übrig, und wenn diese Herren bloß das ihrige recht machen wollen, haben sie alle Hände voll zu thun, und am Ende nur zu Ehre und Dank davon, da es so, wie es oft ist, das Mitleiden ernsthafter Leute erregt, die sich überzeugt halten, daß das Vergnügen der Menschen keine Sache sei, mit der die Künstler ihren Spas treiben dürfen.

Die Sinfonie wird ein gut Theil zu geschwind gespielt, so daß man bejm forte die Violinen nicht heraus finden konnte. Es hat mir schon jemand die Einwendung gegen diesen Vorwurf gemacht: daß Gluck selbst sie so geschwind haben spielen lassen; dann mag er aber auch selber Unrecht ha. ben, wenns wahr ist. Dagegen wurden viele Stellen mit aufferordentlicher Genauigkeit gespielt, besonders fast alles was Madam Marchetti fang. Ein Beweis, daß sie das Orchester zu len: ken und seine Aufinerksamkeit auf ihr bedeutendes Epiel zu ziehen wußte, und so auch ein Beweis, daß es am Orchester nicht liege wenn nicht alles so ist wie es seyn soll, wenn er nur weiß was es eigentlich zu spielen hat. Ritter akkompagnirte besonders mit ungemeiner Genauigkeit, dem es doch wohl zu er seinen schönen verzeihen gewesen wäre, wenn

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