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dem Ausdruck: Mann vor Mann und mehréren dergleichen einerlei. Die Präpofition vor ist hier ganz richtig gebraucht; allein wenn wir eine Reihe mustern, und entweder die Reihe hinunter ge hen, oder die Reihe vor uns vorbei gehen lassen, um jedes Glied einzeln zu betrachten, so denken wir nicht sowohl daran, daß wir ein Glied vor dem andern, als daß wir das eine nach dem ans bern sehen. So wahr und richtig also der Aus druck an sich ist, so sagt er nicht eigentlich das, was wir sagen wollen. Mit dem Ausdruck: Mann für Mann sagen wir, daß indem die Reihe vor uns vorübergeht, der zweite in die Stelle des ersten, der dritte in die Stelle des zweiten u. 1. w. tritt, daß, so lange das Vorübergehen der Reihe dauert, unser Auge auf einerlei Art beschäf« tigt bleibt, daß nur die Gegenstände wechseln, und wir für den einen immer wieder einen andern ́èrş halten.

In den Sprachuntersuchungen dieses Hefts kommt außer der Fortseßung des im ersten Heft angefangnen Aufsatzes von Hr. Campe gegen Hrn. Adelung mit der Überschrift: was ist hoch. deutsch? noch ein andrer gleichfalls gegen Hr. Adelung gerichteter Aufsaß von Hen. Cludius vor, der die Frage beantwortet: Können und dürfen Sprachgelehrte etwas zur Verbesserung der Spra che beitragen? Hier wird behauptet, daß aus den mittlern Zeitalter die Sprachlehren der neuern Epras chen noch mancherlei lateinischen Sauerteig enthal ten, daß wir aber diesen abschaffen sollten, und daß gebildete Personen schon jetzt, abweichend von der lateinischen Grammatik, aber dem Geiste, dem Regeln in den ähnlichen Fällen der deutschen Spra che gemäß, sprechen und schreiben: mir träumt, mie deucht u. f. w. ferner mir hungert, mit dürftet. Von den letzten beiden Wortfügungen haben wit noch nicht bemerkt, daß gebildete Leute fie brauchen. Die angegebne Regel, »daß die Perfon nur im Gegenstandsfalle (accufatio) genannt

werden kann, wenn sie der Gegenstand (das Ob. ject) ist, und der Gegenstand im Personenfall, wenn er als Person angesehen wird, ist ganz rich. tig; aber die Ausdrücke: mich hungert, mich dürs ftet, mich wundert, mich verdrießt, mich freut, u. I. w. lassen sich damit vereinigen. Sie entstehen nemlich bloß durch Auslassung des Subjects, nemts lich des unbestimmten Fürworts es, und wir wollen in solchen Fällen entweder blöß die Wirkung ohne Rücksicht auf die Ursach anzeigen, z. B. mich dürstet, oder es dürftet mich; oder auch wit inachen einen ganzen Zusammenhang von Worten zum Subject; als: Ich bedaure, daß Sie während dieser Reise so viel zu leiden gehabt; mich freut nur, daß Sie sie so gut überstanden ha Беп.

In eben diesen Auffah wird der Ausdruck: dieser Entschluß kostet mich viel, als fehlers haft angegeben, und mit Recht; denn die gewöhnfiche Unterscheidung: es kostet mich viel im bildlichen Sinn, oder es kostet mir viel im buchstäblichen, beruhet auf einer ganz falschen Regel, und wenn dergleichen in den Sprachgebrauch eingeschlichen ist, so müssen wir suchen, ihn davon zu reinigen. Die Unrichtigkeit dieser Regel verDiente eine weitere Ausführung, als hier mög lich ist.

S. 181 heißt es in einen andern Aufsatz: bei der Geberdensprache lehrt die Natur dem Mens schen. Im vorhergehenden G. 138 war gesagt wor den, daß verschiedne Echriftsteller schon den Anfang gemacht, das Zeitwort lehren mit dem Dativ der Person zu brauchen. Das könnte aber doch nur in dem Fall geschehen, wenn der Gegenstand im Accusativ dabei steht. Bloß mit dem Dativ der Person halten wir diese Bortfügung für ganz unzuläffig.

Das dritte Heft der vorliegenden Schrift ist das reichhaltigste. In dent Fache der Sprachun tersuchungen kommen vorzüglich lesenswerthe Auf,

fäße vor. Noch mehr als die beiden ersten Hefte muß dieses dritte, das dem Protokoll einer debat tirenden Gesellschaft nicht unähnlich ist, bei den Sprachfreunden den Wunsch erwecken, daß die Fort fehung dieser Schrift möglich werde. Wenn einer der Mitarbeiter ein übereiltes Urtheil gefällt hat, so kann man ziemlich sicher darauf rechnen, daß ein anderer in den folgenden Auffäßen dasselbe prüft und berichtigt: und überhaupt kann aus der Art, wie die Mitarbeiter sich einander und ihre Materie behandeln, nichts anders als reiner Gewinn für die Sprache erwachsen.

Wir heben abermals unter den Bemerkungen, die wir beim Durchlesen dieses 3ten Hefts, ge= macht haben; nur die wichtigern aus.

Ein sehr gedachter Aufsatz von Hrn. Mertian in Augsburg, der hier unter den Sprachunterfus chungen vorkommt, hat die Überschrift: Über das Bedürfniß eines neuen Kunstwörtersy = stems für die Sprachkunde. Man hatte nem lich den Uebelstand fremder und noch dazu größten theils unpassender Kunstwörter der deutschen Sprachlehre gefühlt, und versucht, ächt deutsche an deren Stelle einzuführen. Der Verfasser prüft die bishe rigen und stellt ein neues Kunstwörtersystem auf. Ob dieses, so wie es da ist, aufgenommen wer den wird, daran zweifeln wir. Unter die deutschen Kunstwörter, die man bisher einzuführen versucht hat, gehört auch der Ausdruck Eigenschaftswort für Adjectiv. Es ergiebt sich sehr bald, daß dieser Ausdruck gar nicht glücklich gewählt ist; denn es ist Bedürfniß der Sprache, außer den Eigenschaften im metaphysischen Sinne, eviel andre Begriffe durch Adjective zu bezeichnen. Aus diesem Grunde ist uns dieser Ausdruck immer anstößig gewesen. Hier findet sich nun ein auffallendes Beispiel, wie leicht ein unrichtiges Kunstwort zu unrichtigen, Urtheilen verleitet. Einer der Mitarbei ter erklärt es für einen Fehler unfrer Sprache, daß sie den Umstand der Zeit und des Ortes auch durch

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Beiwörter bezeichnet, und vermittelst derselben sit Eachen als Eigenschaften beilegt; daher nennt er denn die Ausdrücke: die jesigen Zeiten, der na he Krieg, der morgende Lag, wahre Barbas rismen. * In dem 4ten Auffage unter den Spracy untersuchungen vom Hrn. Prof. Wagner in Brauns schweig und dem Sten Aufias vom Hrn. Prof. Lo we wird diese Art von Adjectiven mit Recht in Schutz genommen und sehr gut vertheidigt. Zus gleich sieht man an diesen Beispiele, wie in dieser Echrift selbst, die übereilten Urtheile, dergleichen einigen allzurafchen Berichtigern zuweilen entfah ren, nicht nur nicht gefährlich sind, sondern bloß dazu dienen, daß neues Licht über die Sache vers breitet wird.

Der 'leste Auffah der Sprachuntersuchungen heißt: Klopstocks Bemerkungen über die Wortvereinung, mit Zusäßen von Campe, Hier bemerkt Hr. Campe es mit Recht als eine Lücke in unsrer bisherigen Sprachlehre, daß man für die zusammengefesten Wörter nur die äußern Merkmale ihrer Aechtheit und nicht die innern angegeben. Er selbst giebt solcher innern Merk male viere an, und entwickelt sie mit einem bes kannten Talent aus dem Zweck aller Zusammen. sehungen. Das vierte Merkinal besteht darin, daß zwei zu verbindende Begriffe von der Art seyn möchten, daß sie leicht in Einen zusammenfließen können. Sollte es mohl überflüßig seyn, és is dies Merkmal ausdrücklich mit qufzunehmen, (dena Hr. Campe hat es hinzugedacht, wie aus den Beis spielen erhelle,) daß die beiden Begriffe überhaupt vereinbar fegn möchten? Da diese innern Merkma le zugleich die Regeln für ächte Zusammenses. gen werden, so würde sich sogleich ergeben, was um hinaufläutern, fortbilden u. f, w. un ächte Zusammenfesungen find. Beide sind von Hen. Campe selbst. Ueber hinaufläutern haben wit uns schon erklärt. Bon Fortbildung ist in den Gegen urtheilen diefes Hefts die Rede. Er

hatte das Wort in den Titel diefer Schrift braus then wollen, und verwirft es nachher wieder, jes doch nicht aus diesem sehr einfachen Grunde. In der Folge werden die (graumatischen) Regeln, nach welchen unsre Sprache zusammengefeßte Wör ter bildet, zum Theil mit Klopstocks Worten, ane gegeben. Wir sollen wohl lieber fagen, mit Klop: stocks Wörtern, denn sie sind oft in ganz andere Verbindungen gestellt, und daher erscheinen hier eis nige Aussprüche als Klopstocksche, die man in seis nen Gesprächen wirklich nicht findet. Sehr ungern bemerken wir diese Seite an dem übrigens schäßt baren Auffah. Zwar sagt Hr. Campe, daß es seiz ne Absicht gewesen, aus der dichterischen Einkleis dung in die Sprache des gemeinen Lehrvortrags zu übersehen, und aus Klopstocks Bemerkungen den reinen Ertrag als treuer Berichterstatter auszuzies hen. Allein dies ist ein mißliches Geschäft und bei der Vergleichung findet sich, daß ihm einige Abweichungen von der Regel, die er sich selbst ovre geschrieben hatte, entfahren sind.

E. 134 fragt Hr. Campe, warum wir in Res chenkunst den ganzen Ableitungslaut en beibehal ten, da wir doch nicht Brechenmittel, sondern Brechmittel sagen. Wir dhtworten: in Rechenr kunst, Rechenbret, Zeichen kunst ist der Abr leitungslaut wirklich nicht beibehalten, denn mit Beibehaltung dieses Lauts mußten wir sagen: Neth. nenkunst, Zeichnenkunst. Nnn würden wir freilich nach Wegwerfung des en sagen und schreiben? Rechnkunst, Zeichnkunst. Weil aber keine menschliche Zunge in dieser Folge von Buchstaben unmittelbar vom ch zum n jübergehen kann, son: dern sich ganz unwillkührlich das in der Ableitung schon da gewesene e (zeichenen von Zeichen) wies der einschiebt, so find wit ja wohl berechtigt, obie ge Substantive so zu schreiben."

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S. 176. Die Zusammenfeßungen: ohnbe. rührt, ohnbeschwert, ohnbefugt, ohnstreje tig, die hier vertheidigt, und von unberührt u

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