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Herders Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit, und mit Zusäßen von Hrn Campe.

Wir halten es mit Hrn Campe für etwas ver: dienstliches, den Ausdruck eines trefflichen Schrift: stellers in Hinsicht auf Sprachrichtigkeit zu prüfen, obgleich wir nicht sehr darauf rechnen, daß irgend ein Schriftsteller, der einmal im Besitz einer gewis fen Schreibart ist, die ihm, wie sich voraussehen läßt, unter allen die beste und feiner Denkart sowohl, als dem bearbeiteten Gegenstande die anges nehmste zn seyn scheint, geneigt seyn dürfte, Be merkungen dieser Art für die Zukunft zu nusen. Cher läßt sich hoffen, daß sie denen zu Gute kommen, die erst künftig in unsrer Sprache schreiben wollen; nnd wenn sie nur diesen die Veranlassung werden, Sprachrichtigkeit und wahres Verdienst der Schreibart zum Gegenstand ihres Nachdenkens zu machen, und an dem Ausdruck des trefflichsten Schriftstellers die Flecken von den Schönheiten zu unterscheiden, so ist das Verdienst nicht unbedeu= tend.

S. 4 und 5 erklärt sich Herr Anton, unsrer Meinung nach mit großem Recht, gegen die Wörter Organisation und Humanität. Cie sind nicht nur undeutsch, sondern auch so vieldeus tig, daß sie dem Leser oft den Sinn des Echriftstellers dunkel machen müssen. Grade diese Wörter, denen fast jeder Echriftsteller einen andern Ginn unterlegt, machen dem, der gleichgeltende ächtdeutsche Ausdrücke vorschlagen will, das Geschäft sehr schwer; denn man ift unbillig genug, alle die so mannigfaltig begrenzten Begriffe, die man in das fremde Wort willkührlich hineingetra= gen hat, in dem deutschen Ausdruck auf einmal wiederfinden zu wollen. Aber das ist nur ein Grund mehr, sie aus unsrer Sprache durchaus, zu vers bannen.

E. 7. Statt Sphäre schlägt Herr Campe.

vor: Wirkkreis; wer kann aber das doppelte k zwischen zwei r aussprechen?

S. 15. Bei den Herderschen Worten: » Was physisch vereinigt ist, follte es nicht auch geistich und moralisch seyn?« sind die fremden Wörter physisch und moralisch gerügt. Allein so wie die Worte stehen, geben sie auch nicht den Sinn, den sie geben sollen. Unstreitig will Herder fragen; Was physisch vereinigt ist, sollte es nicht auch geis ftig und moralisch vereinigt seyn? Das Wort vers einigt mußte also wiederholt werden. Aber wir vermuthen, der Verf, wollte das es zweimal vers ftanden wissen, einmal als Subject und das ans dremal als Prädikat, und fürchtete mit Recht den unleidlichen Lebellaut der Wiederhohlung. So braucht er auch in einer spätern Schrift (in den Briefen über Humanitát, das sich, wo es zweimal verstanden werden muß, wenn die Stelle einen Sinn haben soll. Aber die Sprache gestats tet dergleichen Freiheiten nicht.

S. 15. wird ein Doppelsinn gerügt, der bloß durch eine Inversion (Versehung der Worte) enta stand. Bei dieser Gelegenheit erlaube man uns eine allgemeine Bemerkung über die Versesun. gen, womit wir weder auf diesen noch irgend ei pen einzelnen treflichen Schriftsteller hinweisen. Man kann unsrer Eprache das Verdienst nicht absprechen, daß fie so wohl für die ruhige als für die leidenschaftliche Stimmung der Seele, nicht nur eigenthümliche Ausdrücke, sondern auch Wortfüz gungen und Wortstellugen hat. Zu den Ausdrucks. orten der leidenschaftlichen Stimmung gehört nug auch die Inversion. Selbst die Franzosen, deren Sprache die Biegsamkeit der unsrigen nicht hat, fühlen den Werth und Nothwendigkeit dieser Worts stellung, und helfen sich durch eine Umschreibung. 3. B. c'est à vous que je parle, statt je vous parle. Wenn nun ein. Schriftsteller in dem Zustande wahrer Begeisterung schreibt, so wird er diese Wort. stellung, so wie die übrigen Ausdrucsarten, der Deutschl. 48. SN I

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Leidenschaft oft brauchen; und der Lehrer wird da bei gar nicht anstoßen, und es nicht einmal wise sen, daß er einen andern als den alltäglichen Aus: druck lieset. Denn diese Ausdrucksarten sind alsi dann völlig so natürlich, als die ganz gewöhnlithen für die ruhigere Stimmung sind. Wenn aber der Leser öfter in Versuchung geräth, sich zu fra gen: Warum stehen hier die Worte so und nicht anders? so erweckt der Schriftsteller den Verdacht, daß er nicht in dem Zustande wahrer Begeisterung fchrieb, sondern etwas dem ähnliches in sich erkün stelte, und jene Ausdrucksarten, die zu seiner Zeit nicht bloß erlaubt, sondern die einzigen wahren und guten find, absichtlich auffüchte. Es ist wohl nicht zu leugnen, daß verschiedene unserer Schrift: steller zu diesem Berdacht oft Gelegenheit geben.

S. 21. Der Ausdruck: das Meer uferte one ders wird ein artiges neues Wortgepräge genannt. Was heißt ein artiges Wortgepräge?

Einen großen Theil dieser Bemerkungen über Herder füllen die Angaben deutscher Wörter statt der von ihm gebrauchten aus. Wenn man in ei nem deutschen Buche, das doch schwerlich bloß für Gelehrte bestimmt war, Ausdrücke, wie folgende: Demonstration, Luftregion, Analogon Einer Organisation, Haupttyrus, Haupts plasma, Epigenesis, Extension, Unison, efflorescirt, variiren, u. w. findet, so mögte man den Verfasser doch fragen, ob er alle diejenigen, denen folche Wörter nicht bekannt senn können, zB selbst die gebildetere, weibliche Welt, aus dem Kreise feiner Leser, ausgeschlossen wissen will, oder ob man billigerweise verlangen kann, daß diese, wenn sie ein geistreiches Buch lesen will, fich mit allen diesen Wörtern erst bekannt mache.

S. 39. berichtigt Hr. Campe das Wort Vervollkommnung und verlangt mit Recht, daß es, Bervollkommnung heiße. Und da Herder selbst es andere Orten so schreibt, so ist es unstreitig hier. nichts weiter als Druckfehler. Aber wie kann Hr.

Campe S. 34 Perfektibilität durch Bérboll kommlichkeit übersehen, wenn er das n in dem Zeitworte vervollkommnen für so unentbehrlich hält, als es wirklich ist. Aus glauben, zerrei ben, wiederbringen bilden wit die Beiwörter glaublich, zerreiblich, unwiederbring lich, u. s. w. Bon vervollkommnen könnten wir also nur vervollkommnlich (durch Weg werfung der Sylbe en) bilden. Weil das aber Niemand aussprechen kann, so müssen wir uns dieses Worts ganz enthalten. Wir haben der Zeit wörter mehr, von denen wir diese Art Beiwörter nicht bilden dürfen;' z. B. zeichnen, rechnen, ebe nen, u. f. w. Zu wünschen ist es freilich, daß statt Perfektibilität und Corruptibilität ächtdeutsche Aus drücke eingeführt werden. Gegen Verderblich, keit statt Corruptibilität ist etwas weniger einzuwenden, doch verdient bemerkt zu werden, daß das Beiwort, wovon das Substantiv gemacht ist, im Sprachgebrauch schon einen andern Sinn hat, nemlich nicht des Verderbens fähig, sondern überhaupt schlimm, oder was schlimme Folgen hat, z. B. eine verderbliche Gewohnheit. Ferner. verliert der Sinn des Worts auch dadurch etwas an Klarheit, daß das Zeitwort verderben auf doppelte Weise gebraucht wird, nemlich bald als Thatzeitwort (Verbum activum) und bald als Mittelzeitwort (Verbum neutrum). Wollten wir, wo der obige Gegensatz gebraucht werden soll, uns nicht lieber bequemen zu sagen: Verbesserungs Verschlimmerungsfähigkeit?

und

G. 38 erklärt Hr. Campe mit Recht das neus geprägte Wort Geschlankigkeit für verwerflich, und erseht es durch Schlankheit, wogegen wes der die Sprachähnlichkeit noch der Wohlflang et. was einzuwenden haben. Aus welchen Gründen. könnten wir in Gefchlankigkeit den Ballast der ersten und dritten Silbe aufnehmen, wenn das Beiwort nicht gefchlankis, fondern schlank heißt? Zwar haben wir leider im Sprachgebrauch

mehrere auf diese fehlerhafte Art gebildete Sub. ftantive, z. B. Leichtigkeit, Seichtigkeit, Reinigs keit, Gerechtigkrit, Schnelligkeit, Geschwindigkeit, Schlauigkeit u. s, w. Allein wir sollten sie nach und nach zu perdrängen suchen, oder wenn das etwa mit denen die allzuverjährt sind, wie Gerech tigkeit, nicht mehr geschehen kann, uns doch vor allen Dingen enthalten, neue Ilmformen der Art einzuführen. Für manche der angegebnen Wörter find wenigstens schon hin und wieder die besseren: Schlauheit, Reinheit, Seichtheit im Ges brauch. Daß diese Bemerkung sich auf die Wörter: Schwierigkeit, Richtigkeit, Flüchtige teit, Schuldigkeit, Geschmeidigkeit, Măfigkeit, u. f. f. nicht erstrecken könne, braucht hoffentlich keiner Erinnerung.

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wird sublimiren durch hinaufläu tern überfest. Gegen dieses Wort haben wir fol. gendes einzuwenden. Hinaufläutern kann der Sprachähnlichkeit zufolge (in hinaufstoßen, hine aufrücken, hinaufführen) nicht anders heißen, als durch Läuterung in die Höhe treiben; fubli miren aber heißt: durch Erhebung läutern: es ist also in der Bildung dieses Worts eine Verwechses lung von Sweck und Mittel vorgegangen. Ferner gehört diese Zusammensetzung deswegen unter die unächten, weil darin zwei ungleichartige Begriffe, das Ortsverhältniß und die Läuterung, verbunden werden. Eine ähnliche Bemerkung macht Hr. Came pe S. 22 mit Recht gegen das Zeitwort sich niederbreiten. Im vorhergehenden Hest überfest Hr. Rödiger sublimiren durch Emportreiben.

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S. 92 wird der Ausdruck Glied für Glied verworfen, und ohne Angabe der Gründe in Glied vor Glied verändert. Da der Begriff welcher hier ausgedruckt werden sollen, nothwen dig sehr oft vorkommen mnß, so verdienen beide Ausdrücke eine nähere Prüfung. Der Ausdrück Glied vor Glied, erinnert an eine geordnete Reihe, und ist in Ansehung der Wortfügung mit

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