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III.

Brave Tyrolermenschen.

Wenn

Ein Familiengemählde.

Senn ihr aus dem gesegneten Baiern durch die Porta Claudia in mein liebes schönes. Tyrol eintretet, und, die Ebene lang, von hohen, schneebedeckten Felsenwänden eingeschlossen, in eurem stil len Herzen des edlen Medicäerweibes, *) dem diese Felsenfeste ihren schönen Nahmen danket, mit Rührung und Bewunderung gedenket dann so über anmuthige Wiesen, von einem hellgrünen Fluß durchströmt, durch manches lustigumpflanzte Dorf in schöne Waldung kommt, die, immer größer, im: mer reicher, endlich euch ganz umgibt, und euer Auge sich nicht satt siehet an dem lustigen mannichfachen Gemische von köstlichen Tannen und

*) Claudia aus dem edlen Florentinischen Hause Mes dicis, ward 1625 Gemahlinn des Erzherzogs Leopold, 1632 Wittwe und Vormünderinn ihrer Kinder, als solche regierte sie bis zur Volljährigkeit ihres ältesten Sohnes Ferdinand vierzehn Jahre lang das von Feinden angefallne und bedrückte Land mit großer Klugheit und Standhaftigkeit nnd legte unter andern festen Pläßen auch die ihr zu Ehren Porta Claudia benannte Grenzfeste an, die noch jezt unter demselben Rahmen von Baiern her der Schlüssel des Landes ist.

Fichten und Lerchenbäumen und Birken und Espen, und ihr nun allmählich; erst bequem, bald steil und immer steiler hinabsteigt, und der herrliche Wald um euch her immer schöner und reicher wird, sich noch köstliche Buchen und Ahorn und Eschen und Linden zu jener reichgemischten Holzung gesellen und es nun endlich unaufhaltsam schnell ins schöne Oberinnthal hinab geht: dann kommt ihr zuerst in das liebliche Dorf Ziel.

Der frohmüthige Gastwirth, ein ächter Tyros ler, an männlicher Gestalt und frohsinniger Ger bährde, bewirthet euch sogleich mit lieblichem feuris gen Tyrolerwein, mit schneeweißem Brodte und wunderschönen Tyroleräpfeln. Beim lustigen Mahl erinnert er euch, die wundervolle Martinswand jæ nicht unbesucht zu lassen. Er gibt euch dann einen braven und flinken Führer, dieser geleitet euch auf einem lieblichen Fußpfade, über anmuthige Wiesen, dann durch angenehmes Gesträuch von gelbblühen. dem Bosel, Wachholders und rothbesamten Hunds. beeren, der Boden bedeckt mit süßduftender Reseda, und gelben und violetten Aurikeln. Nach und nach verliert sich das Gesträuch. Der Weg wird steiler, es rollt das lose Gestein unter euren Tritten das steile Bette des versiegten Felsstroms lang hinunter. Euer Führer tritt nun vor euch, reicht euch den knotigen Stab und heißt euch anfassen; so kommt

ihr leichter die steile Höhe hinan, wo sich der Fußpfad bald ganz zu verlieren scheint, und wo sich hervorragende Felsstücken zum geschickten Sprunge darbieten. Der Führer räth euch, nicht rechts in die jähe Tiefe zu blicken, nur auf ihn zu sehen und ihm jeden wohlgewählten Schritt getreu nachs zuklettern. Euer Muth wächst, und ihr würdet eure Geschicklichkeit zu bewundern anfangen, wenn der felsgeübte Führer euch nicht lächelnd erzählte, wie dieser Fußweg vor wenig Jahren für den Kaiser Joseph so gut gebaut worden wäre; wie man in die ganz schroffe Felswand hie und da Öffnungen sprengte, um dem Fuße den sichern Tritt, der Hand die schüßende Haltung zu geben, hier auftüste, dort ausfüllte. Kaiser Maximilian, der hatte es nicht so gut! Im höchsten Eifer der Jagd verfolgte er einen Hirsch und, ohne zu wiffen wie, gerieth er da oben in die Höle, die wir nun bald erklettert haben werden. Der Hirsch that vor seinen Augen den tödtlichen Sprung über die steile Felswand in die jähe Tiefe hinab. Da stand der Kaiser am schaurigen Absturz. Nach allen Seiten war der Fels verschlossen. Tag und Nacht suchte er ver geblich nach einem Auswege. Er rief, er jammerte laut ins Thal hinab. Alles Volk versammelte sich, niemand konnt' ihm helfen; alle Versuche waren vergeblich. Mit innbrünstiger Gebährde verlangte

er endlich nur nach dem Allerheiligsten. Singende Priester brachten es herbei, flammende Kerzen, die die Nacht erhellten, in emporgehobnen Händen ; und konnte es ihm gleich nicht körperlich gereicht werden, so genoß er es doch mit den Augen des Leibes und Geistes. Darauf ergab er sich seinem Geschick. Und als keine Furcht und keine Begier mehr sich in ihm regte, trat ein freundlicher Knabe zu ihm, bot ihm die Hand, hieß ihn folgen, und geleitete ihn einen schmalen steilen Weg ins jene seitige Land hinab, wo keiner ihn gesucht hatte, und auch keiner ihn wiederfand. « So sagt die Legende.

Nun seid ihr in der Höhle: ein hohes majer stätisches Gewölbe, von der Natur tief in die Fels wand hineingegraben. Ihr wendet euch um und mit frohem Staunen seht ihr das Thal entlang. Vor euch der schöne Innstrom, in sanften Krümmungen hinabfließend; abwärts eine künstlich bedeckte Brücke; Felder voll türkischem Waißen und Roggen, von Erdäpfeln, Bohnen und Erbsen durchstreift. Die schön gebaute Landstraße von Innspruck her, das ihr zur Linken habt, läuft durch diese anmuthigen Felder hindurch und verliert sich rechts hin in dem lieben Dorfe, das ihr eben verließet. Jenseits des schönen Stromes seht ihr köstliche Wiesen, bes lebt von stattlichen grauen und buntgefleckten Kühen

und Ochsen. Schön bewachsne Hügel und Berge schließen die Wiese weitumfassend ein, und werden wieder von steilen Felswånden, deren höchste Häupe ter selten ohne Schnee sind, entfernt eingeschlossen. Gerade vor euren Augen bilden zurücktretende Berge ein liebliches Amphitheater. Erst erhebt sich die freie Wiese, hie und da erscheinen kleine Büsche von Hasel, und Hollundergesträuch, auch Klumps von schlanken Erlen und Espen, andre von dick belaubten Linden und Ahorn, wie nur immer der Naturergreifende Engländer sie in seinen Gärten glücklich nachbilden mag. Einzeln stehen hie und da prächtige Wallnuß- und schlanke rundumkleidete Lerchenbäume. Bauerhöfe liegen lustig zerstreut herum mit ihren Gärten, gepropft voll schönen Kirschen und Äpfeln und Birnbäumen, und den gedrängten Krautfeldern, rund mit zierlicher Ein fassung umgeben. Ganz im Hintergrunde liegt das Dorf Oberberfuß, das durch seinen braven Per ter Anich, dem treflichen geographischen Bauern berühmt ward. Da wallet ihr gerne hin, wenn ein fröhliches Mahl euch gestärkt, der feurige Wein aufs neu' euch belebt hat.

Vor allen fällt euch zur Seite eine schöne zierliche Landwohnung ins Auge. Ihr fragt nach dem Nahmen des edlen Besizers und erfahrt von eurem Führer: sie gehöre einem Manne, der durch

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