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die Augen fallende zweideutige Bearbeitung ein schiefes, unklares Wesen bekommen, und es ist gar nicht leicht seine Tendenz zu errathen. Bis gegen die Mitte scheint es, als heiße Homer dem V. ein Günstling der Zeit so fern er, nach Wolfs Forschungen, als aus verschiedenen, sogar ganze Menschenalter, jüngern Gesängen mehr entstanden als zu künstlichen Epopäen angelegt erscheint. Ünverkennbar sind darin mehrere höchst auffallende Zusammentreffungen mit jes nem lateinischen Meisterwerke; besonders gleich §. 1. die so ganz unvorbereitete Behauptung daß die Odyssee einen andern Verfasser habe als die Iliade, wovon in den Prolegg. kürzec und in der Vorrede zum zweiten Bande von S. 14 18. in einem zwar bescheidenen aber doch bestimmten Tone gehandelt wird: vergl. Prolegg. G. 158. Eben so giebt das was S. 59 u. f. vorkommt fast nur einen Auszug aus Prolegg. §. XII XXII. vergl. XXV. u. s. m.

Gleichwohl dreht sich nachher das Rasonne ment wenn wir des Verf. Worte recht verstehen, dahin, daß wahrscheinlich werden foll: Homer has be altere Sagen benußt und selbst den Gesängen seiner Vorgänger Umrig und Form gegeben; die Einheit seiner Haupthandlung sei sogar Hülfe für sein Gedächtniß gewesen; die Textur der Ges fänge sei aus Einem Knoten und Einem Geist und Ton und bleibe unverkennbar. scheint der B. also der gewöhnlichen Meinung beis zupflichten. Wie sich das aber mit andern Vors stellungen in demselben Aufsage reime, vermögen wir nicht einzusehen.

Hier

Doch wir vergessen über die Wichtigkeit des Gegenstandes die Eingeschränktheit unsers Raums. Mit allen, denen die Ehre der deutschen Litteratur am Herzen liegt, hoffen wir daß dieser Aufsak und Wolfs Erklärung weiter keine litterarische Feh de zur Folge haben wird und wünschten lieber beis de ächte Berehrer Homers in dem Capitolinischen

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und Vaticanischen Museum Hand in Hand unter den Herven der Vorzeiten herumwandeln als in Intelligenzblättern gegen einander angehen zu sehen. Aus dem neunten Auffage welcher die wiss fentschaftliche, populäre und schöne Diction und ihre rechtmäßige Anwendung mit gründlicher Eins sicht, Geschmack und Gefühl abhandelt können wir uns nicht enthalten unsern Lesern einige treffs liche Stellen vorzulegen.

Nachdem der V. gezeigt hat daß es etwas unmögliches verlangen hieße, wenn ein Werk, daß den Denker anstrengt, zugleich dem bloßen Schöne geist zum leichten Spiele dienen sollte; sagt er:

Aus diesem Grunde halte ich es für schädlich, wenn für den Unterricht der Jugend Schriften ges wählt werden, worin wissenschaftliche Materien in schöne Form eingekleidet sind. Ich rede hier ganz und gar nicht von solchen Schriften, wo der Inhalt der Form aufgeopfert worden ist, sondern von wirklich vortrefflichen Schriften, die die schärfste Sachprobe aushalten, aber diese Probe in ihrer Form nicht enthalten. Es ist wahr, man erreicht mit solchen Schriften den Zweck, gelesen zu wer den, aber immer auf Unkosten des wichtigern Zwek fes, warum man gelesen werden will. Der Ver stand wird bei dieser Lektüre, immer nur in seiner Zusammenstimmung mit der Einbildungskraft ge= übt, und lernt also nie die Form von dem Stoffe scheiden, und als ein reines Vermögen handeln. Und doch ist schon die bloße Übung des Verstandes ein Hauptmoment bei dem Jugendunterricht, und an dem Denken selbst liegt in den meisten Fällen mehr, als an dem Gedanken. Wenn man haben will, daß ein Geschäft gut besorgt werde, so mag man sich ja hüten, es als ein Spiel anzukündigen. Vielmehr muß der Geist schon durch die Form der Behandlung in Spannung gefeßt und mit einer gewissen Gewalt von der Passivität zur Thätigkeit fortgestoßen werden. Der Lehrer foll seinem Schüler die strenge Gefeßmäßigkeit der

Methode keineswegs verbergen, sondern ihn viel mehr darauf aufmerksam und wo möglich darnach begierig machen. Der Studirende soll lernen, eis nen Zweck verfolgen und um des Zwecks wil len auch ein beschwerliches Mittel sich gefallen Lassen. Frühe schon soll er nach der edlern Lust streben, welche der Preiß der Anstrengung ist. «

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Wer nur einigermaßen die für den ächt deut schen Geist verderblichen Folgen der Gallo-anglo: manie beachtet hat, mit welcher einige Genie's un: ter den Pedanten in den letzten zwanzig Jahren Philantropie trieben; der wird dieser scharfsinnigen Bemerkung gewig beipflichten.

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Eben so richtig scheint uns auch folgende zu fenn. Es ist bedenklich dem Geschmack seine völlige Ausbildung zu geben, ehe man den Berstand als reine Denkkraft geübt und den Kopf mit Begriffen bereichert hat. Denn da der Geschmac nur immer auf die Behandlung und nicht auf die Sache sieht, so verliert sich da, wo er der allei nige Richter ist, aller Sachunterschied der Dinge. Man wird gleichgültig gegen die Realität und seht endlich allen Werth in die Form und in die Er fcheinung. Daher der Geist der Oberflächlichkeit und Frivolität, den man sehr oft bei solchen Stânden und in solchen Zirkeln herischen sieht, die sich sonst nicht mit Unrecht der höchsten Verfeinerung rühmen. Einen jungen Menschen in diese Zirkel der Grazien einzuführen; ehe die Musen ihn als mündig entlassen haben, muß ihm nothwendig verderblich werden, und es kann gar nicht fehlen, daß eben das, was dem reifen Jüngling die auße re Vollendung giebt, den unreifen zum Geden macht. «<

Vortrefflich schließt der Aufsaß mit folgenden Bemerkungen.

»Das Schöne thut seine Wirkung schon bei der bloßen Betrachtung, das Wahre will Studium. Wer also bloß seinen Schönheitssinn übte, der bes gnüge sich auch da, wo schlechterdings Studium

nöthig ist, mit der superfiziellen Betrachtung und will auch da bloß verständig spielen, wo Anstrengung und Ernst erfordert wird. Durch die bloße Betrachtung wird aber nie etwas gewonnen. Wer etwas Großes leisten will, muß tief eindringen, fcharf unterscheiden, vielseitig verbinden und standhaft beharren. Selbst der Künstler und Dichter, obgleich beide nur für das Wohlgefallen bei der Betrachtung arbeiten, können nur durch ein_an strengendes und nichts weniger als reizendes Stus dium dahin gelangen, daß ihre Werke uns spie lend ergößen.

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Dieses scheint mir auch der untrüglichste Pros bierstein zu seyn, woran man den bloßen Dilettan ten von dem wahrhaften Kunstgenie unterscheiden kann. Der verführerische Reiz des Großen und Schönen; das Feuer womit es die jugendlime Jma. gination entzündet und den Anschein von Leichtigs keit, womit es die Sinne täuscht, haben schon manchen Unerfahrnen beredet, Palette oder Leyer zu ergreifen und auszugießen in Gestalten oder Lönen was in ihm lebendig wurde. In seinem Kopfarbeiten dunkle Ideen, wie eine werdende Welt, die ihn glauben machen, daß er begeistert fen. Er nimmt das Dunkle für das Tiefe, das Wilde für das Kräftige, das Unbestimmte für das Unendliche, das Sinnlose für das Übersinnliche und wie gefällt er sich nicht in seiner Geburt. Aber, des Kenners Urtheil will dieses Zeugniß der warmen Selbstliebe nicht bestätigen. Mit ungefälli ger Kritik zerstört er das Gaukelwerk der schwärz menden Einbildungskraft und Leuchtet ihm in den tiefen Schacht der Wissenschaft und Erfahrung hine unter, wo, jedem Ungeweihten verborgen, der Quell aller wahren Schönheit entspringt. Schlum mert nun ächte Geniuskraft in dem fragenden Jüngling, so wird zwar anfangs seine Bescheis denheit stußen, aber der Muth des wahren Talents wird ihn bald zu Versuchsen ermuntern. Er stu diert, wenn die Natur ihn zum plastischen Künst→

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Ter ausstattete, den menschlichen Bau unter dem Meffer des Anatomikers, steigt in die unterste Tiefe um auf der Oberfläche wahr zu seyn, und frägt bei der ganzen Gattung herum, um dem Individuum sein Recht zu erweisen. Er behorcht, wenn er zum Dichter gebohren ist, die Menschheit in seiner eigenen Brust, um ihr unendlich wechseln= des Spiel auf der weiten Bühne der Welt zu verstehen, unterwirft die üppige Phantasie der Disci plin des Geschmackes und läßt den nüchternen Verstand die Ufer ausmessen, zwischen welchen der Strom der Begeisterung brausen soll. Ihm ist es wohl bekannt, daß nur aus dem unschein bar Kleinen das Große erwächst, und Sandkorn für Sandkorn trägt er das Wundergebäude zufammen, das uns in einem einzigen Eindruck jest schwindelnd faßt. Hat ihn hingegen die Natur bloß zum Dilettanten gestempelt, so erkältet die Schwierigkeit seinen kraftlosen Eifer und er vers läßt entweder, wenn er bescheiden ist, eine Bahn, die ihm Selbstbetrug anwies, oder wenn er es nicht ist, verkleinert er das große Ideal nach dem kleinen Durchmesser seiner Fähigkeit, weil er nicht im Stande ist, seine Fähigkeit nach dem großen Maaß. stab des Ideals zu erweitern. Das ächte Kunstge= nie ist also immer daran zu erkennen, daß es bei dem glühendsten Gefühl für das Ganze, Kälte und ausdauernde Geduld für das Einzelne behält, und, um der Vollkommenheit keinen Abbruch zu thun, lieber den Genuß der Vollendung aufopfert. Dem bloßen Liebhaber verleidet die Mühseligkeit_des Mittels den Zweck, und er möchte es gern beim Hervorbringen so bequem, als bei der Betrachtung.

Unter den Gedichten, welche die übrigen Num mern dieses Stückes erfüllen interessirt das 1. durch sein malerisches Helldunkel und IV. durch einige vortreffliche Naturschilderungen. Vorzüglich schön ist folgendes Nachtgemälde:

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