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I.

Zum neuen Jahr.

Freiheit für alle! Für Alle —

welche in vollem Ernste wahre Freiheit wollen. Mit drei wohlver. standnen, ehrlich beherzigten Worten sollt Jhrs haben.

Ihr nicht, die ihr euch noch beschränkt glaubt, wenn ein weises Gesetz neben euch besteht, das euch und andere gegen leichtsinnigen oder boshaf. ten Mißbrauch der Gewalt sichern soll; die ihr an dem weisegefundenen, auf ewigem Rechte begrüne deten Gesetze so lange meistert, bis ihr aus dem Coder der allgemeinen Sicherheit ein System der Despotie erzwungen habt; ihr seid geborne Scla ven, zur Blindheit und Verstocktheit verdammit. Ihr begreift nicht, daß dies feste und weise Gesek. nicht Euch allein, sondern auch die tausend Hände beschränkt, in welche ihr die Ausübung jener Gewalt geben müsset. Ihr begreift nicht, daß auf. jenem Gesetz eben so sehr Eure eigne Sicherheit beruht, als die Sicherheit aller Uebrigen; mehr noch!

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Auch Ihr nicht, die Ihr alle Gewalt gerne

vernichtetet, nicht um das Geseß an dessen Stelle

zu erheben, sondern um nur ungehindert Euren zügellosen, zerstörenden Leidenschaften freien Spielraum zu verschaffen, unbekümmert ob rechts oder links alles zu Grunde gehe und ihr selbst am Ende taumelnd in den Abgrund stürztet; auch Ihr seid blinde Sclaven Und ob der Maulwurf auf dem fonnigen Gipfel oder am fumpfigen Fuße des Berr ges hervorgräbt, er bleibt derselbe beschränkte Maulwurf.

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Doch wär' es möglich die Menschheit ermannte sich noch in Euch, Ihr hörtet nach Freundesrath, der nah genug Eurem Ohr erschölle, sich Eurer Sinne bis zur Beherzigung des guten Worts be= mächtigte! O daß Ihr hörtet! Denn Ihr steht mehr dem Guten im Wege als jene dort oben. Wer mag den Einsturz-drohenden Thurm wege räumen, wenn er weiß, es bewohnen ihn Tausende giftigen Ungeziefers, die sich in die umliegenden Wohnungen verbreiten würden? wer mag das thun, eh' er nicht die Brut vertilgt oder doch sichre Mittel zu ihrer Bezähmung in Händen hat? Lie. ber besteh' ich doch noch die mögliche, zu berech nende Gefahr, von dem Knopfe des fallenden Thurmes - der sich auch wohl noch mit Klugheit abtragen ließe mein Dach zerschlagen, als mein ganzes Haus von jenem giftigen Geschmeiß umė ringt, angefüllt und vergiftet zu sehen.

Aber ihr guten Menschen alle, Jhr, die ihr wahre Freiheit ernstlich wollet, höret meine drei Worte, faßt sie wohl, beherzigt sie ganz! Hier sind sie: Geht recht ehrlich mit Eurem Verstande und Herzen von vorn an zu Rathe!

Lernet Eure Irrthümer und Vorurtheile gang kennen und verachten!

Legt Eure übeln und eiteln Gewohnheiten ab! Das wär' alles? Ja wohl alles! Uebt ihr dieses ganz und treu aus, so habt ihr alles gethan was der Mensch vermag; und alles was dem Menschen frommen und ihn wahrhaft beglücken kann, wird und muß euch zu Theil werden. Die ganze Natur steht euch dann offen und ihr der ganzen Natur. Es horcht die Welt alsdann auf Euer Geheiß, was sie euch seyn soll, und ihr gebt ihr ungehindert die Gestalt, die eure wahre Glückfeligkeit sichert. Ihr fühlt dann in euch die Würs digkeit frei und glücklich zu seyn, und seid es schon in diesem Gefühl; könnt' es dann auch äußerlich auf jede euch beliebige Art werden, wollt' es dann nur auf die Weise sein, die mit der Sicherheit Aller bestehen kann; und so nur könnt ihr wahrhaft frei sein und bleiben.

Aber versteht mich recht! Es liegt gar viel in dem Worte: geht ehrlich mit eurem Verstande, und eurem Herzen von vorn an zu Rathe.

nur in

Nur in Stunden ruhiger Eingezogenheit, wenn dás Gemüth, weggewandt von allem eitlen Weltgeräusch, in sich kehrt und in voller Sinnenruhe mit festem heiterm Blick über sich selbst schwebet, so jede Bewegung treu beachtet, ihr sorgfältig nachspürt woher und wohin, und jeden Anklang vergangener Zeiten auffaßt und erwäget folchen seligen Stunden vermag der gute, sich selbst getreue Mensch mit sich ehrlich zu Rathe zu gehen. Wie weniger Menschen Leben gedeiht aber zu sole cher Ruhe! Millionen vergeuden ihr ganzes Leben, ohne nur je zu dem Gedanken daran zu kommen! Wie wenige unter den Laufenden, denen sich der Gedanke wohl einmal aufdringt, haben den reinen guten Willen recht ehrlich dabei zu Werke zu gehen! Und die, welchen auch dieser Wille nicht fehlt, von wie viel eiteln kleinen Dingen sind sie so eben umringt! »Das ist ein schlimmer Umstand, antwortete der naive, ehrliche Moriß, als einst bei einer Unterredung über diesen wichtigen Punkt in frühern Jahren seines ungestümen Treis bens ein treuer Freund ihm sagte: »Du möchtest wohl, du schiebst es aber stets auf übermorgen, weil du morgen erst noch eine Thorheit auszuführen hast. Das ist ein schlimmer Umstand, erwies derte treuherzig der ehrliche Mann. Wie wenige gelangen nur bis zu dieser Ehrlichkeit!

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Ist es dem guten Menschen aber einmal gelungen dies eitle Hin- und Her-Schwanken zu enden, die tausendfach kreiselnden Wellen auf der Oberfläche fest zu halten, und blickt er nun mit ruhigent, sichern Blick in die Tiefe seines Herzens durchdrungen von dem süßen Ahnungschauer einer neuen, bessern Existenz, dann ruft er gewiß: ich will! Und mit jedem Rückblick in die Tiefe, mit jedem Ueberblick über die verworrene Lebensfläche wird sein Wille sicherer und fester. Gelangt er aber erst zu diesem reinen guten Willen, dann geht er muthig mit sich zu Werke und kämpft willig gegen alle die tausend Hindernisse, die jedes Lebensverhältniß, fast jeder Moment den er mit andern, verlebt seinem edlen Geschäft in den Weg stellt. Erschreckt ihn anfangs auch das unabsehlich ver worrene Gewebe von Neigungen und Lüften, er kehrt doch wieder in sich zurück und wird bald gewahr, daß jene Neigungen alle auf Liebe und Ane hänglichkeit an geliebte Wesen hintreiben, und daß wenn er nur erst die eines liebenden Gemüths würdigen Gegenstände deutlich erkannt hat, sein Herz sich gerne nur an sie hängen wird.

Aber wie nun mit dem Verstande zu einer von Grunde aus treuen Untersuchung und Erforschung des wahren Werthes der Dinge um mich her, und des innern Zustandes meines Gemüths

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