zwischen der Ilias und Aeneis rührt, warum jene ein beynah fortlaufender Dialog ist, der so gar mitten im Gewühle der Schlacht sich fortspinnt, während in dieser ein Einziger ziemlich ununterbrochen erzählt und vortrågt. Die Natur beyder Dichter und die eigenthümliche Richtung ihres Geistes ist die Ursache, dieser so ungleichartigen Behandlung ihres Gegenftandes. Vor Homers Phantasie stehen alle Gestalten in scharf begrånzten bestimmten Umriffen. Wie fie in dieser oder jener Lage, unter diesen oder jenen Umstånden empfinden, denken, handeln, sprechen werden, darüber ist er keinen Augenblick unsicher oder unentschieden. Die lebendigste Anschauung beglei tet ihn allenthalben, und die Erscheinungen, die sie ihm vorführt, drücken sich seiner Seele aufs tiefste ein. Dichter, die so wenig sich selbst und so innig ihren Gegenstand fühlen, stellen diese am liebsten und mit Leichtigkeit außer sich dar. Sie sehen, hören und denken in andern. Alles wird für sie Gegenwart, Handlung, Gespräch. So Homer, Richten wir unsern Blick auf Virgil, so kann es uns unmög. lich entgehn, daß er sich selbst weit stärker und leb. hafter fühlt, als der Grieche, die menschliche Natur beffer im Allgemeinen kennt, als fleißig im Einzelnen beobachtet, und mehr die Wirkungen von Gefin. nungen zu zeigen als diese mitzutheilen geschickt ist. Bey einer solchen Stimmung des Geistes ist es sehr natürlich, daß man öfter in eigner Person redet, als andere redend einführt, von dem Gespräche weniger zur Entfaltung der verborgenen Triebfedern der Handlung, als zur Belebung der Erzählung und zur Abwechselung des Tones Gebrauch macht, und, wenn andere sprechen, mehr von seiner eigenen Persönlich. keit durchschimmern läßt, als nöthig und nüßlich ist. Belege hierzu finden sich, wo man die Aeneis auf schlägt. Ein wirkliches Zweygespräch ist in dem Ges dichte eine feltne Erscheinung, und wenn ein Einzel ner redet, so glaubt man immer etwas von den feyer. lichen, kunstreichen, gewählten Dichter zu verneh men. In dem ganzen zweyten und dritten Buche spricht in der That Niemand, als der in Aeneas verkleidete Virgil; auch hat man es auf der vierten Seite schon vergessen, daß der trojanische Held das Wort führt, und würde sich dessen schwerlich bewußt werden, wenn nicht das wiederkehrende Ich und Wir von Zeit zu Zeit an den Sprecher erinnerte. So einen entschiedenen und nichts weniger als günstigen Einfluß indeß das geringere plastische Ta. lent des Römers auf der einen Seite in feine Dar stellung gehabt hat, so ist dieser Mangel auf der andern doch nicht ohne alle Vortheile für sie gewer fen; ja vielleicht ist er es eben, der dem Gedichte Virgils so manche herzliche Freunde erworben und ihm seinen Werth neben der Ilias stets gesichert hat. Der Dichter, der mehr in sich hinein, als aus sich herausschaut, greift freylich die Natur nicht so lebendig auf und giebt sie in seinen Werken, nicht so wahr, kräftig und treu wieder, als man erwartet: da er aber die empfangenen Eindrücke desto fleißiger auf sich selbst bezieht, sorgfältig über sie denkt, sie bearbeitet und in sein Eigenthum verwandelt, so hålt er uns gewöhnlich durch die Mittheilung eigener Empfindungen, Ansichten und Beobachtungen für jene Einbuße schadlos, und gewährt durch sich, was er uns in seinen Personen nicht zu gewähren weiß. Dieß ist der Fall Virgils. Er mischt sich allerdings oft in die Handlung, tritt oft mit seinen Gefühlen und Bemerkungen zwischen seine Helden, leiht ihnen oft und viel von dem Seinigen: allein er ist nie eine unwillkommene Erscheinung. Men rühren nicht die prophetischen Worte, die er (IV. 65.) der opfern. den Dido zuruft b): Heu vatum ignarae mentes! quid vota furentem, b) Ach, wie wenig erkennt des Schers Gemüth! wie fo wenig Nugen der Thörinu Gelübd' und Tempel! Wen erfreut nicht die ungemein feine Schilderung der verliebten Unruhe der Königinn (7489), un geachtet allerdings vieles aus dem Dichter, vie. les aus dem Zeitalter in das Gemählde eingeflossen ist ? c) Nunc media Aenean fecum per moenia ducit e) Iho durchstreift sie die Straßen der Stadt, ven Aeneas begleitet, Zeigt ihm die torische Pracht und die stolz auffteigenden Mauern, Wendet sich sprechend zu ihm und vergißt die begon nene Rede. Jho ladet zum Mahl, beym schwindenden Tag, die Bethörte Wiederum ein und verlangt von neuem das traurige Schicksal Troja's zu hören und hångt von neuem am Mund des Erzählers. Drauf wenn fpåt in der Nacht sie scheiden, Luna das bleiche Luna premit, fuadentque cadentia fidera fomnos: Sola domo moeret vacua, ftratisque relictis videtque, Aut gremio Afcanium, genitoris imagine capta, Detinet, infandum fi fallere poffit amorem. ventus Exercet; portusue aut propugnacula bello naeque Antlig birgt und die Stern', hingleitend, zum Klagt sie allein im öden Gemach und ruht auf ver laknem Lager und sucht und vernimmt, getrennt pon ihm, nur den Getrennten. Oder sie hält den Askan auf dem Schooß, dem Bilde des Vaters Huldigend, cb sie vielleicht der Liebe Schmerzen versöhne. Nicht mehr steigen die Thürm' empor; die Waffen der Jugend Fenern; Keiner betreibt den Bau der Håfen und |