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Eine zweyte Claffe machen diejenigen von Aristo, phanes Lustspielen aus, in welchen er zwar nicht besondere politische Vorfälle, aber doch den Staat überhaupt und dessen Unvollkommenheiten und Mängel vor Augen hat. Zu ihr gehören, meines Bedünkens, die Wespen, die Vögel und die Ekklesia. susen. Die Wespen, die in das neunte Jahr des peloponnesischen Krieges (Dl. 89, 2.) fallen, züchtigen bekanntlich die Gewinnsucht der atheniensis schen Sachwalter und Richter und verdanken vielleicht ihr Entstehen zunächst der durch Kleon bewirkten Erhöhung des richterlichen Soldes f) und folglich einem eigenthümlichen Umstande. Indeß eignen sie sich dars um doch nicht für die erste Classe, da sie ein schon seit Jahren bestehendes und gleichsam einheimisches Uebel des Staates rügen. Eben dieses gilt von den Vögeln, die in das achtzehnte Jahr (Ol. 91, 2.) gesetzt und, höchst gezwungen, ja so gar gegen alle Chronologie, auf die Befestigung von Decelea gedeutet und mit ihr in Verbindung gebracht werden. So reich auch immer dieß Stück an Beziehungen und Anspielungen ist, so liegt ihm doch schwerlich irgend eine bestimmte politische Veranlassung zum Gründe. Vielmehr scheint der Hauptgedanke desselben, wie der

f) Man' vergl. in Equit. . 255. 256. und in Vefp. . 593. u. f.

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neueste Herausgeber g) bemerkt, kein anderer zu seyn, als der: Die Bürger, die Gerichtsverfassung, die Religion, die Sitten, mit einem Worte, ganz Athen ist so verderbt, daß hier an eine Umformung und Verbesserung nicht zu denken ist. Nichts bleibt übrig, als die Stadt åufzugeben und anderwårts eine neue zu gründen. Die Ekklesiazusen, die fünf oder sechs Jahre nach dem Schlusse des pelo. ponnesischen Krieges (O. 97, 1. 2.) geschrie, ben wurden, haben so wenig, als die beyden eben genannten Stücke, einen festen Punkt, von dem sie ausgehen und zu welchem sie hinstreben. Was vor Augen liegt, ist die allgemeine Absicht, die Mångel und Gebrechen des atheniensischen Staates, durch den Mund der Weiber, die sich seiner Verwaltung unterziehen wollen, aufzudecken und zu bespötteln. Will man neben dieser allgemeinen noch eine besons dere annehmen, so kann es keine andere gewesen feyn, als die, auf die Republik Plato's ein lächerli ches Licht zu werfen und die Grundsäße dieses Philosophen durchzuziehn h). Aber auch nach dieser Ansicht

g) Beck in Praef. ad Aves. h) Für die einzige oder Haupt-Absicht erklären sie Le Beau in den Mémoires de l'académie des infcript. et de belles lettres, Tom. 30. und die Herausgeber des Théâtre des Grecs par Brumoy, Tom. 13. p. 288. Der Mittelweg geht Clodiùs in seinen bekannten Vers fuchen, S. 513. u. f.

würden die Ekklesiazusen nicht in der ersten, sondern allenfalls in der folgenden dritten Classe ihre Stelle finden.

Ich ordne nähmlich in diese dritte Classe diejenis gen Dramen des Aristophanes, deren hervorstechenbe Seite, benn man den Ausdruck erlauben will, die litterarische ist, also die Wolken (Dl. 89, 1.), die Thesmophoriazusen (Ol. 92, 1.), und die Frösche (Ol. 93, 3.), oder, mit andern Wor ten, die, in denen Aristophanes seine muthwilligen `Spöttereyen über den Sokrates, über den Euripides, vorzüglich in Beziehung auf seinen Weiberhaß, und über eben denselben als Tragiker ausgießt. Daß auch in diesen Luftspielen politische Ideen in Menge verwebt find, ja die Ausfälle, die sich der Komiker gegen die genannten Männer erlaubt, mit den politi schen, wahren oder geglaubten Wirkungen ihrer Lehren und Schriften zusammenhängen i), leuchtet jedem aufmerksamen Leser von selbst ein. Indeß sind die Angriffe auf Staat und Verfassung doch nur gelegentlich angebracht, der eigentliche Gegenstand aber, auf welchen der Dichter seine Pfeile abdrückt, so viel ich einsehe, kein anderer, als die Sitten, Meinungen

i) So gründet sich unter andern der Tadel des Euripides mit auf die Beschuldigung, daß er die Weichlichkeit und Erschlaffung der Sitten befördere.

und Verdienste jenes trefflichen Weisen und des in seiner Schule erzogenen Dichters.

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Zu keiner von allen diesen Claffen gehört der Plutus (Ol. 92, 4. und 97, 4.), ein Lustspiel, in welchem die moralische Wahrheit, daß das Glück nach blinder Willkühr seine Güter vertheile und die ganze Welt, wenn es sich von Wahrheit und Gerech tigkeit leiten ließe, eine andere Gestalt gewinnen müßte, scenisch ausgeführt wird. Bekanntlich ist dieses Stück unter allen aristophanischen das von Persön lichkeiten reinste und kommt in so fern dem Begriffe, den man sich gewöhnlich von der mittlern Komödie der Griechen bildet, am nächsten k)......

k) Wie gar verschieden die Ansicht der Gelehrten, in Bes treff der Stücke des Aristophanes, und die Urtheile über den Zweck des Dichters ausfallen, beweisen ganz vorzüglich die Réflexions, die der vorhin schon angezos genen neuen Ausgabe des Théâtre des Grecs par Brumoy beygefügt sind. In den Rittern (Tom. XI. p. 145.) soll der Saß ausgeführt seyn: Die Freyheit, den erften Eingebungen seines Willens zu folgen, ist die größte aller Sklavereyen. Den Vögeln wird (Tom. XII. 583.) der Zweck untergelegt, den proceßsüchtigen Charakter der Athenienser in seiner Blöße darzustellen und zu zeigen, wie nachtheilig und verderblich er für die innere und äußere Nuhe des Staats werde. Die Wolken, heißt es Tóm. XI. p. 369, find eigentlich eine Schule für die Våter und sollten billig die Våterschule überschrieben seyn. Die Philosophen spielen hier in der That nur die zweyte Rolle. Von den Fröschen wird Tom. XII. p. 149. behauptet, fie ftånden durch

Wenn schon in der Wahl des Stoffes der Dichter fich beynah ausschließend von dem Individuellen und Gegenwärtigen bestimmen und leiten läßt, so ist dieß noch weit mehr der Fall in der Darstellung seiner Personen, der Zeichnung ihrer Sitten und dem Gebrauche, den er von der Geschichte des Tages macht. Es giebt unter allen Komikern keinen, deffen Gemåhlde 'ein so vollendeter Abdruck der Wirklichkeit wåren, als es die Gemählde des Aristophanes sind. Der Demos, den er auf die Bühne bringt, gleicht den Atheniensern Zug für Zug. In ihrer ganzen Veränderlichkeit, Leichtsinnigkeit und Verkehrtheit stehen sie vor uns, ohne alle dichterische Uebertreis bung und Verunstaltung. Ihre Beschlüsse, Aeußerungen und Handlungsweise sind genau aufgefaßt

und durch mit der Politik in Beziehung und wären gegen die zu Athen herrschende Staatsmaxime, Skla ven und Fremden das Bürgerrecht zu ertheilen und unfähigen Leuten die Verwaltung der Geschäfte anzus vertrauen, geschrieben worden. Der Plutus endlich wird Tom. XII. 425. für eine Satire auf die einges wurzelte dira cupido habendi der Athenienser erklärt.

Ich gebe gern zu, daß von dem Verfasser der Réflexions zur Bestätigung dieser Hypothese manche scharfs finnige Bemerkungen beygebracht und mehrere Stellen des Dichters glücklich genug angewandt worden sind: aber darum werden sie doch schwerlich Jemanden übers zeugen, der die Stücke des Aristophanes nicht nach einzelnen Theilen und Versen, sondern nach dem Eindrucke, den sie als Ganze hervorbringen, beurtheilt.

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