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Die Gråser Heu gemacht, die schattenreichen Wälder
Vom Grunde fortgeführt, und die Phiegråers Felder
Sind nichts als lauter Glut; das alte Herculan,
Das lustige Castell, genannt Octavian,

Viel Flecken voller Frucht und Dörfer stehn im
Brande,

Die Wasser fürchten sich, und fliehen vor dem Lande,
Das Volk, so nicht erstickt, und gar wird fortgerafft,
Kömmt athemlos daher, beraubet aller Kraft,
Lahm, nackend, und halbtodt, und füllt mit Weh und
Zagen

Den ganzen Himmel an, der gleichsam mit ihm klas
gen,

Und auch sich kümmern muß. Wie etwan ein Sols
dat,

Wann daß er Feind und Todt vor seinen Fäusten hat,
Und ihm der blinde Staub gleich unter Augen stehet,
Erhißer Feuer giebt, und da er meint, er gehet
Indessen aus Gefahr, so rennt er mehr hinein:
Nicht anders laufen sie auch über Stock und Stein
Von Staub und Asche blind: der giebet seinen Wåns

den

So brennen, gute Nacht; der reißt mit beiden Håns

den

Den armen Vater fort, der nunmehr alt und schwach,

Gar kaum zu folgen weiß, und zeucht den Stab hers

nach;

Der kann sein treues Weib und Kinder nicht verlass

Fest,

Und jeder ist bemüht mit sich etwas zu fassen,
Das ihm vor allen lieb: doch folgt der Raub nicht

gar,

Und mancher kömmt durch Geiz in Jammer und Ge:

fahr,

Bleibt selber, wo sein Geld. Die Glut muß aber weis

chen

Dem, den der Himmel liebt; sie giebet fast ein Zeis

chen

Opitz.

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Opitz. Der Gunst zur Gottesfurcht. So ward vor dieser

Beit

Der frommen Brüder Paar vor Etna auch befreyt,
Die, als die andern zwar ihr Geld und Gåter trugen,
Der Eltern süße Last um ihre Schultern schlugen,
Das Reichthum ihrer Pflicht. Deine schöne Waar,
Der Mutter krummer Hals, des Vatern graues
Haar,

Ein Feuer wahrer Treu, versichert vor den Flammen,
Wohin sie beide gehn, da laufen sie zusammen,
Sind schamroth, ihnen nur zu thun ein kleines Leid,
Und machen freye, Bahn. Wie ist die Frömmigkeit
Dem Menschen fort und fort sein bester Schirm und

Schatten!

Indem die Felder nun mit Pech und Schwefel bras
ten,

Die Luft im Feuer steht, die Büsche hin und her
Zu Grund' und Boden gehn, und das beskürzte
Meer

Die Wellen in sich schluckt, indem des Nachts die Ster,

nen,

Die Sonn' im Tage zagt: steht alle Welt von fernen,
Und weiß nicht, wessen sie nunmehr gewärtig sey;
Nach vieler Meinung rückt der große Tag herbei,
An dem der höchste Vogt soll Recht und Urtheil hes
gen;

Wir haben diesen Wahn, es sei der Feuerregen,
Der aus den Wolken her viel Stådte hat verzehrt,
Wo ist noch der Gestank des Asphaltites währt,
Den Wild und Bogel fleucht, den keine Luft beweget,
Der selber weder Fisch, noch Frucht am Ufer tråget,
Und nur das Pech gebiehrt, aus welchem man erkiest,
Wie Gott das Lafter straft, das nicht zu sagen ist.
Es ist das arme Voik im Zweifel aller Sachen;
Man sieht ganz Stabia, Salern und Nola wachen:
Es bebet Capua; die Königinn der See,
Des Landes bester Ruhm und Zier, Parthenope,
Bermeinet durch cen Bliß und Donner zu zersplits

tern;

Die Thiere fürchten sich; des Volkes Herzen zittern.

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Der klagt die Seinigen, und jener fremde Noth,
Biel wünschen ihnen auch aus Todesangst, den Tod,
Und sehen, was nicht ist. Der allermeiste Haufen
Kommt auf die Tempel zu mit heißer Brunst gelaufen,
Sagt seine Sünden auf, spricht theiles etwas an,
Das selbst im Feuer steht, und wenig rathen kann,
und theiles weiß den Sinn doch besser zu erhöhen,
Zu dem, der einig hilft: so pflegt es' herzugehen;
Wenn böser Zustand ist, da nimmt man Gottes wahr,
Wo gutes Glücke wohnt, raucht selten ein Altar.

Opitz.

v. Haller.

von Haller.

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S. B. II. S. 359. Die didaktischen Stellen seines berühmten Gedichts, die Alpen, haben freilich mehr Werth, als die mahlerischen, obgleich jene nur zur Hebung und Verschönerung dieser leztern bestimmt waren. Der Dichter fühlte selbst die Unbehülflichkeit des Ganzen, und den Zwang, den er sich durch die Wahl der zehnsylbigen Strophen, und durch den Vorsaz auferlegt hatte, in jede dieser Strophen ein besondres Gemåhlde einzufassen, und ihrem Schluffe jedesmal einen besondern Nachdruck zu geben. Auch fürchtet er, daß man in der Diktion dieses Gedichts noch manche Spuren des Lohensteinischen Geschmacks wahrs nehmen werde. Ist dieß der Fall, so haben doch freilich diese Spuren das Gepräge der bessern, und nicht ganz ver: werflichen lohensteinischen Manier. Vdlig frei davon aber ift folgende Stelle, die eine schöne Schilderung der Alpenbewohner und ihrer Lebensart, in den verschiednen Jahrszei. ten, enthält.

Aus dem Gedicht: Die Alpen.

Entfernt von eitlen Tand der mühsamen Ges
schäfte,

Wohnt hier der Seelen Ruh, und flieht der Städte
Rauch.

Ihr thatig Leben stärkt der Leiber reife Kräfte,
Der tråge Müssiggang schwellt niemals ihren Bauch.
Die Arbeit weckt sie auf, und stillet ihr Gemüthe,
Die Lust macht sie gering, und die Gesundheit leicht;
In ihren Adera fließt ein unverfälscht Geblüte,
Darin kein erblich Gift von siechen Våtern schleicht,
Das Kummer nicht vergållt, kein fremder Wein befeus

ret,

Kein geiles Eiter fåult, kein welscher Koch versäuret.

"

S

So bald der rauhe Nord der Lüfte Reich verlies v. Haller.

ret,

Und ein belebter Saft in alle Wesen dringt,

Wann sich der Erde Schooß mit neuem Schmucke zies
ret,

Den ihr ein holder West auf lauen Flügeln bringt;
So bald flieht auch das Volk aus den verhaßten Grüns
den,

Woraus noch kaum das Eis mit trüben Strdmen
fließt,

Und eilt den Alpen zu, das erste Gras zu finden,
Wo kaum noch durch den Schnee der Kräuter Spiße
sprießt *)

Das Vieh verläßt den Stall, und grüßt den Berg mit
Freuden,

Den Frühling und Natur zu seinem Nußen kleiden.

Wenn kaum die Lerchen noch den frühen Tag bes
grüßen,

Und uns das Licht der Welt die ersten Blicke giebt,
Entreißt der Hirt sich schon aus seiner Liebsten Küssen,
Die seines Abschieds Zeit zwar haßt, doch nicht vers
schiebt,

Er treibt den trågen Schwarm, von schwer beleibten
Kühen

Mit freudigem Gebrüll, durch den berhauten Steg,
Sie irren langsam um, wo Klee und Muttern **)
blühen,

Und måhn das zarte Gras, mit scharfen Zungen weg;

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*) Im Anfange des Maimonats brechen, aus den Städten und Dörfern, die Hirten mit ihrem Vieh auf, und zie: hen mit einer eigenen Fröhlichkeit erst auf die niedrigen, und im Brachmonat, auf die höhern Alpen.

**) Ein Kraut, das in den Weiden allen andern vorgezo: gen wird. Sefeli foliis acute multifidis umbella purpurea. Enum, Helv. p. 431.

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