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Güterquelle, das Naturalkapital, vernichtet ist. Ein verschwenderischer Unternehmer also, der ja nur Consumtionsgüter, also nur einen Theil des reinen Gütereinkommens der Gesammtheit verschwendet, schadet nicht sowohl dieser, als sich selbst.

Den Ursachen der Entstehung und Vernichtung der beiden Kapitalarten entsprechen die Ursachen ihrer Vermehrung oder Verminderung. Die Vergrösserung des Nationalkapitals hängt davon ab, ob die Gesammtheit von ihrem Bruttogütereinkommen mehr Güter als früher ihrem unversiegbaren Güterstamm hinzufügen will; die Vergrösserung und die vermehrte Zahl der Werthkapitale aber davon, ob die Unternehmer ihr arbeitendes Kapital durch Ansparungen vergrössern wollen und ob mehr Unternehmer oder Unternehmergruppen in dem Lande durch neue Ansparungen entstehen. Jede Vergrösserung des Nationalkapitals hat nothwendig die der nationalen Production zur Folge; nicht aber auch jede Vergrösserung oder Vermehrung des Unternehmerkapitals; denn diese Vermehrung kann in der Weise eintreten, dass in dieselbe Summe nationaler Production sich mehr Unternehmer theilen und sich nur eine grössere Concurrenz bieten; oder es kann selbst bei denselben Productionsverhältnissen eine Vergrösserung einzelner Unternehmerkapitale und des Unternehmereinkommens dadurch entstehen, dass Andere Einbusse erleiden.

Das Unternehmerkapital also vermag nach zwei Richtungen hin sich auszudehnen: nämlich durch Zunahme an Betrag in der Hand des Einzelnen und durch Zunahme der Zahl der Unternehmerkapitale überhaupt. Nach beiden Richtungen hin können verschiedene Umstände wirken. Da wo das Fabrikwesen noch in seiner Kindheit schlummert, werden die Kapitale noch sehr klein, und da wo Zunftzwang und Monopolien herrschen, der Zahl nach noch wenige sein. In hervorragend industriellen Ländern mit wohlhäbigem

Mittelstande und vielen Städten aber wird sowohl die Zahl als auch die Grösse der Unternehmerkapitale weit ansehnlicher sein, als in wesentlich Ackerbau treibenden Ländern. Das Nationalkapital dagegen vermag sich nach drei Richtungen auszudehnen; es kann sich nämlich, ausser durch Vergrösserung und Verbesserung, auch noch durch Vervielfältigung der Kapitalspecies vermehren. Vergrössert wird es, wie wir bereits gezeigt haben, durch grösseren Abzug an dem Brutto-Gütereinkommen und dessen Hinzufügung zum Güterstamm; verbessert, wenn die einzelnen Kapitalspecies veredelt werden, z. B. durch das Propfen der Obstbäume, durch Raçemischungen der Viehheerden u. s. w. Eine Vervielfältigung des Nationalkapitals findet statt durch Acclimatisation ausländischer Naturerzeugnisse und Einführung neuer Productenarten; so z. B. ist die von Amerika eingeführte Tabaks- und Kartoffelpflanze eine Vergrösserung des europäischen Kapitals.

Das verminderte Bruttoeinkommen durch eine Kapitalspecies kann die Quantitätverminderung derselben oder auch einer andern Kapitalspecies zur Folge haben. Ersteres z. B. ist der Fall, wenn die Fruchternte so schlecht ausfällt, dass sie zur Subsistenz der Bevölkerung nicht hinreicht und dadurch wenig Saatfrucht übrig bleibt; Letzteres, wenn in Folge eingetretenen Futtermangels der Viehstand reducirt wird.

Das Werth- oder Unternehmerkapital unterscheidet sich also auch darin vom Kapital der Nation, dass es nicht, wie dieses, seiner Qualität nach verbessert oder seiner Species nach vervielfältigt zu werden vermag; denn es gibt keine verschiedenen Qualitäten und keine verschiedenen Species des Tauschwerths.

Wichtig ist es, die Grenze der Vergrösserung des Nationalkapitals von der des Unternehmerkapitals zu unterscheiden. Diese Unterscheidung ist ein Kardinalpunkt in der Kapitalienlehre und bildet den Schlüssel zu vielen wirthschaftlichen Fragen.

Die Grenze der Anwendung des Kapitals, als einer der drei nationalen Güterquellen, ist durch die Grösse und Wirksamkeit der beiden andern, durch die der Güterbasen und die der productiven Kräfte, bestimmt. Es kann daher ein besonderes Land nicht mehr Nationalkapital anwenden, als die Ausdehnung seines fruchtbaren Bodens verträgt und als seine productiven Natur- und Menschenkräfte die Erzeugungsthätigkeit zu unterstützen vermögen. Auf einer fruchtbaren Insel kann nicht mehr Saatfrucht verwendet, können nicht mehr Bäume gepflanzt, nicht mehr Heerden geweidet werden, als ihrem Areal entspricht. Auf der Insel Island kann schon wegen des geringen Maasses der productiven Wirksamkeit der Naturkräfte das Nationalkapital nicht ausgedehnt werden. Selbst in grossen und fruchtbaren Ländern wird deshalb auf den Bergspitzen, wo Thier- und Menschenkräfte weniger anwendbar sind, weniger Kapital als in den fruchtbaren Ebenen angewendet.

Ganz andere Factoren bestimmen die Entwicklungsgrenze der Unternehmerkapitalien. Diese können sich blos durch Werthansparungen und wollen sich blos des Kapitalgewinnes wegen vermehren. In neuen Colonien daher, wo die Bodenrente noch gering und das Zinseinkommen mässig, wo überhaupt das müssige Geldeinkommen Einzelner noch unbedeutend ist, ist auch die Sparfähigkeit der Einzelnen noch gehemmt und werden die Unternehmerkapitale nicht so leicht sich vermehren oder vergrössern können, als in Ländern alter Kultur, wo entgegengesetzte Verhältnisse obwalten. Ausser der vergrösserten Werthansparung bestimmt auch noch die Grösse des Kapitalgewinnes die Vergrösserung

und Vermehrung der Unternehmerkapitale. Wenn der Unternehmer keinen, oder nur einen sehr kleinen Gewinn von seinem Kapitale erntet, so wird sein Spartrieb gering sein und die Kapitalbildung ebenfalls gehemmt erscheinen. Dieser letztere Umstand namentlich ist es, welcher der allzu grossen Vermehrung der Unternehmerkapitale in den altcivilisirten Ländern Europas entgegensteht. Wenn nämlich die Werthkapitale sich dort allzu sehr anhäufen, so wird gleichzeitig die Concurrenz der Unternehmer in jedem einzelnen Gewerbszweig vermehrt und dadurch der Güterpreis in allen gedrückt, was gleichbedeutend mit einer Verminderung des Kapitalgewinnstes ist. Ist diese nun einmal eingetreten, so nimmt der Reiz der Kapitalansparung und hierdurch die Ueberfülle der Unternehmerkapitale von selbst wieder ab. (Siehe K. II. §. 20.)

Hieraus geht nun hervor, dass das Ansparen können und das Ansparenwollen die zwei directen Regulatoren sind, durch welche die Grenze der Grössenentwicklung der Unternehmerkapitale sich bestimmt. Nun bietet aber der Gang der Geldwirthschaft das Charakteristische dar, dass wenn auch schon bei allzu grosser Bevölkerung der fruchtbare Boden zu eng wird und die erschöpften Güterbasen eine weitere Ausdehnung des Nationalkapitals nicht leicht zulassen, doch das Unternehmerkapital noch immer sich weiter auszudehnen strebt und auch wirklich eine Zeitlang fort und fort sich vermehrt. Schliesslich jedoch wird die beschränkte Ausdehnung des Nationalkapitals nothwendig der Ausdehnung des Unternehmerkapitals Einhalt gebieten, weil unter solchen Umständen die Unternehmerkapitale sich nur auf Kosten des Kapitalgewinnes, d. h. nur durch eine Profitreduction vermehren können, was auf die Länge nicht angeht. Dergestalt nun wird die Grenze des Natural kapitals neben den beiden directen Regulatoren des Ansparen

könnens und des Ansparen wollens, zum in directen Regulator der Vermehrung oder Verminderung der Unternehmer kapitale. (Näheres hierüber §. 20.)

§. 9.

C. Das Leihkapital.

Natur des Leih- oder Rentnerkapitals.

Als Kapital überhaupt muss auch das Leihkapital ein stets sich vernichtender, oder abnutzender, oder sich veräussernder Werth- oder Güterstamm sein, der sich stets selbst wieder ergänzt, der ein Einkommen schafft und auf diese Weise eine nie versiegende Nahrungsquelle zu werden vermag. Aus diesem Grunde erscheint dem Rentner ein Darlehen, weil es ein veräusserter Werthstamm ist, der zur Verfallzeit wieder zurükkehrt, also sich selbst wieder ergänzt und der zugleich einen Zins abwirft, als Leihkapital. So erscheinen auch zu vermiethende Hausmöbel oder Maskenkleider als ein sich abnutzender Güterstamm, der sich stets wieder selbst erzeugt, da in dem Miethpreis, neben dem Mietheinkommen, jene Werthabnutzung wieder vergütet wird.

Die Vernichtung, Wiederergänzung und Einkommenerzeugung geht jedoch bei dieser Kapitalart anders, als bei dem Natural- und Unternehmerkapital vor sich. Die periodische Vernichtung des Nationalkapitals geht nur durch einen Productionsdienst vor sich; die des Unternehmerkapitals durch einen Productions- oder Erwerbdienst; die des Leihkapitals aber stets durch einen Leih-, Mieth- oder Pachtdienst. Bei dem Naturalkapital geht deshalb auch die periodische Kapitalvernichtung auf die einzige Weise einer thatsächlichen Zerstörung von Productionsgütern vor sich; bei dem Unternehmerkapital aber müssen gewöhnlich alle drei Vernichtungsweisen zugleich vorkommen. So z. B. vernichtet der Färbermeister den Theil seines Kapitals, der in Alaun,

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