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bei derselben leihen, oder was dasselbe ist, die mehr und grössere Beträge in kurzen oder fälligen Rimessen zur Besorgung des Incasso einschicken, als die Beträge sind, welche sie auf die Bank ziehen. Der Gewinn an solcher Kundschaft besteht hauptsächlich in dem Gewinn einer Provision oder der Commissionsgebühr. Die zweite Qualität besteht in solchen Personen, die Wechsel, welche einige Monate zu laufen haben, discontiren, aber zur Verfallzeit gehörig bezahlen, oder was dasselbe ist, die den Bankier beziehen und lange, aber gute Wechsel als Rimessen demselben einschicken, die also die Kasse des Bankiers schon in Anspruch nehmen. Der Gewinn an dieser Kundschaft besteht neben der Provision auch in der Differenz zwischen dem höhern Zinsfuss, den sie dem Bankier zahlen, und dem niedern, welchen er selbst vergütet. Endlich gibt es noch eine dritte Art der Kundschaft, die unter der Form von Discontirung kurzer Wechsel eigentlich langfristige Geldleihen aufnimmt, und die folglich nicht periodisch, sondern stets die Kasse des Bankiers in Anspruch nimmt. Diese Kundschaft besteht aus Personen, die stets ihre Wechsel umschreiben, prolongiren, oder die ihrem Bankier für die bezogene Summe nie genug Rimessen einschicken, ihn nie ganz ausbezahlen und stets bei ihm im Debet stehen. Diese Art Kundschaft muss gewöhnlich eine grössere Provisionsgebühr und einen höhern Zinsfuss als die zweite Art bezahlen.*)

Diese drei Arten der Kundschaften müssen den drei Arten der verzinslichen oder unverzinslichen Depositen der Bank entsprechen. Einer Bank, der man nur jeden Augenblick rückzahlbare Depósiten (Depositen on call) macht, kann schon die erste Art der Kundschaft genügen. Dagegen bedarf es zur Befriedigung der zweiten Klasse solcher Depositen, die der Bank selbst auf eine längere Zeit zugesagt

*) Courcelle-Seneuil a. a. O., Liv. III. Ch. II.

sind oder die ihr eine gewisse Zeit vorher gekündigt werden müssen. Die dritte Klasse der Kundschaft endlich kann nur durch das eigene oder Bankkapital befriedigt werden, oder durch solche Depositen, die der Bank selbst unaufkündbar sind.

Wenn eine Arbeitstheilung in der Creditbewilligung nöthig und nützlich ist, und wenn die Handelsbanken schon durch die Natur ihrer kurzfristigen Depositen auf die Creditver-. mittlung gegenüber dem Handelsstande angewiesen sind und ihn blos mit kurzfristigen Geldleihen versehen sollen, so sollte ihnen auch jede langfristige Geldleihe, eine jede Discontirung oder Beleihung langfristiger oder gar unkündbarer Werthpapiere fremd sein. Dies wird aber hin und wieder ausser Augen gelassen; nur zu oft lassen sich die Banken hinreissen, wenn sie viel müssiges Geld liegen haben, dass sie, um dasselbe fruchtbar zu machen, Staatspapiere damit beleihen, oder gar industrielle Actien zur Speculation ankaufen. Dies führt oft zu schweren Verlegenheiten, ja gar zur Insolvenz.

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Naturgemäss sind dagegen solche Nebengeschäfte der Handelsbanken, welche von dem Discontogeschäft unzertrennlich sind, oder wohlfeiler von dieser Anstalt als von jeder anderen besorgt werden können, z. B. die Besorgung von Incasso und Auszahlungen für Dritte, das ContocorrentGeschäft, das Depositengeschäft, wie auch das Girogeschäft. Weniger nothwendig mit dem Discontogeschäft verbunden ist schon das Münz- und Arbitragengeschäft, der Handel mit Edelmetallbarren u. s. w. Das Circulationsgeschäft oder die Banknotencirculation endlich ist kein Attribut der Handelsbanken und ist im geordneten Zustande nur ein von der Regierung den Staatsbanken übertragenes Privilegium. *)

Ein sehr wichtiges Nebengeschäft der Handelsbanken, welches ihre Bedeutung sehr erhöht hat, ist die Vermitt

*) Coquelin a. a. O. Ch. I. §. 2.

lung der internationalen Zahlungen durch den Verkauf und Ankauf auswärtiger Wechselbriefe. Die Bankiers, die dem inländischen Gläubiger seine Tratte auf das Ausland abkaufen und sie wieder dem inländischen Schuldner als das wohlfeilste auswärtige Zahlmittel verkaufen, sind hierdurch zu dem Pivot des internationalen Verkehrs geworden, und es gehört dieser Geschäftszweig ebenso naturgemäss in die Geschäftssphäre der Handelsbanken, als die Discontirung der Wechselbriefe. In dieser Branche sind sie wesentlich Kaufleute; sie kaufen und verkaufen das beste und wohlfeilste auswärtige Zahlmittel als eine besondere Art Waare, die Werthfonds, welche dadurch einen Markt und einen Marktpreis oder Wechselcurs gewinnen.

§. 44.

b. Von den Staatsbanken.

Banken, welche sich einzig und allein auf Creditgeschäfte mit der Regierung beschränken, gibt es nicht und kann es nicht geben, weil der Staat allein für die nöthigen grossen Bankmittel eine sehr ungenügende Kundschaft wäre. Wir nennen vielmehr Staatsbanken solche Disconto banken, welche in erster Linie die Unterstützung der Staatsregierung zum Zweck haben. Sie müssen mit gewaltigen Mitteln ausgerüstete Creditanstalten, insbesondere Discontobanken ersten Ranges sein und sind deshalb gewöhnlich Actienbanken.

Die Staatsbank, als die reichste aller Banken, ist zugleich der Bankier der Privatbanken; sie bildet das Geldreservoir derselben, weil sie, gleichwie das Comptoir d'escompte die Wechsel der Privaten, so die von diesem und ähnlichen Instituten discontirten Wechsel wieder discontirt. Durch ihre Vermittlung sind viele Privatbankiers im Stande, dem Handel und der Industrie Vorschüsse zu machen.

Als Aequivalent für die dem Staate zu leistenden Finanz

dienste haben die Staatsbanken das Recht der Notenemission. Es ist dieses Recht zwar nicht nothwendig ihr ausschliessliches Privilegium, denn in England durften alle Privatbanken bis zum Jahr 1844 Banknoten emittiren und sogar jetzt noch existiren dort einige Privatbanken, die dies Privilegium mit der englischen Bank theilen. In Frankreich haben vor dem Jahr 1848 viele Departementalbanken die Befugniss mit der Bank von Paris getheilt, und in den Vereinigten Staaten von Nordamerika steht von jeher die Notenemissionsbefugniss jedem Bankinstitut zu und das frühere Benefice der Staatsbank dort bestand blos in der unverzinslichen Disposition über 20 bis 30 Millionen Dollars Staatsdepositen. *) In Europa ist jedoch heutigen Tages fast allenthalben die Notenemission den Staatsbanken als Vorrecht und als Aequivalent für ihre dem Staate zu leistenden Dienste verliehen.

Den andern Banken und Bankiers gegenüber nehmen die Staatsbanken ungefähr dieselbe Stellung ein, wie der Grosshändler gegenüber dem Kleinhändler. Sie sind die Obervermiether und jene oft die Aftervermiether der disponibeln Gelder. Dazu sind sie befugt nicht allein durch ihr grosses Stammkapital, sondern auch durch die ihnen zur Verfügung stehenden Staatsdepositen, Cautionsgelder, Sparkassengelder,

*) In der neuesten Zeit hat man auch in Amerika die Freiheit der Notenemission zu beschränken und die Einheit derselben herzustellen gesucht. Nach einer Verordnung vom Jahr 1863 sollen die sich neu bildenden Notenbanken Nationalbanken sein, d. h. sie sollen ihre Banknoten gegen Hinterlegung eines gleichen oder grösseren Betrags in Staatsobligationen aus der Hand des Staatssecretärs empfangen, der 300 Millionen Dollar zu emittiren berechtigt sein soll. Den alten oder Staatenbanken hat man das Fortbestehen indirect dadurch unmöglich zu machen gesucht, dass man ihre Notenemmission der enorm hohen Steuer von 10 Procent unterwarf. In Boston sind deshalb fast alle früheren Staatenbanken verschwunden. (S. Wolowski in seiner Enquête, p. 167; auch v. Hock, Finanzgeschichte der Vereinigten Staaten von Nordamerika, S. 431.)

ganz besonders aber und im eminentesten Maasse durch ihr Privilegium der Banknotenemission. Das Uebergewicht des Reichthums ist freilich bei den Staatsbanken nicht überall gleich. Bonnet *) glaubt nicht, dass das Portefeuille der englischen Bank bedeutend stärker oder zuweilen auch nur so stark sei, als das der London and Westminster Bank, oder the Union, oder der Joint-Stock; jedoch gibt er zu, dass sie diesen als Reserve unter ausserordentlichen Umständen diene. In Frankreich, Deutschland u. s. w. ist das Uebergewicht der Staatsbanken ausser Frage. Und weil nun der Bankierstand oder die Handelsbanken die Kundschaft der Staatsbank bilden, und von dieser in einem gewissen Grade abhängig sind, so äussern sie ihre Zufriedenheit oder beklagen sich, je nachdem die Staatsbank den Discontosatz erniedrigt oder erhöht.

Man hat ihnen oft den Namen Circulationsbanken gegeben, weil sie allein das Recht besitzen, Banknoten in Circulation zu setzen; jedoch sind sie, wie im Eingang erwähnt, ihrem Wesen nach lediglich Disconto banken. Sie sind es in dem ganzen Umfange der Geschäftssphäre derselben, also in weiterer Ausdehnung auf das Incasso-, das Giro- und Contocorrentgeschäft u. s. W.; das Discontogeschäft ist sogar statutengemäss ihre eigentliche Wirksamkeit. Darum hat z. B. die englische Bank, als sie im Jahre 1839 von der französischen 2,500,000 Pfd. St. leihen musste, für nöthig befunden, um den Buchstaben der französischen Bankstatuten zu wahren, für die ganze geliehene Summe fingirte Tratten, von dem Bankhaus Baring auf französische Häuser gezogen, bei der französischen Bank zu discontiren. **)

Die Regierungen verfehlen jedoch nicht, diesen Anstalten von Zeit zu Zeit ihren Standpunkt, dass sie nämlich in erster

*) La banque de France. (In der Revue des Deux Mondes vom 1. December 1866', p. 593.)

**) Courcelle-Seneuil a. a. O., Liv. III. Ch. II. p. 175.

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