Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Lieferungscontracten und Zeitkäufen, wo erst später die Lieferung und die Zahlung erfolgt. Dass aber derartige Verträge Creditgeschäfte sind, geht daraus hervor, dass Lieferungsscheine wie Schuldscheine verkauft und übertragen werden und wie solche circuliren. Darum müssen auch oft Lieferungs- wie andere Schuldverträge durch Faustpfänder garantirt werden. Die Agens de change verlangen von dem Speculanten in Werthpapieren gewöhnlich, dass er seine Kaufaufträge oder Lieferungsversprechen durch Hinterlegung von andern Werthpapieren unterstütze.*)

Der Lohn oder die Zinszahlung für Creditgeschäfte enthält verschiedene Bestandtheile der Vergeltung; entweder vergütet er blos den entbehrten Gewinn, oder auch den erlittenen Schaden, oder drittens den eventuellen Verlust des geliehenen Werthes. Wer z. B. einem reichen Bankier Geld leiht, der empfängt im Zins blos die Vergütung des entbehrten Gewinnes, den er selbst mit dem Gelde hätte machen können; der Zins aber, den der arme Geldbedürftige dem Pfandhause bezahlt, ist nicht blos eine Vergütung für den entbehrten Gewinn, sondern auch eine Entschädigung für die verursachten Pfandaufbewahrungskosten; der Rheder endlich, der auf Bodmerei Geld entlehnt, bezahlt in dem hohen Zinsfuss seinem Gläubiger nicht blos den entbehrten Gewinn, sondern auch die erlittene Gefahr eines eventuellen Verlustes seines Kapitals durch Unglück oder durch Untreue. Darum war in früheren Jahrhunderten, wie heute noch bei

*) In Beziehung der Garantieleistung bei Waarenlieferungs-Verträgen erwähnt Took, dass bei der im Jahr 1839 entstandenen Theespeculation (weil damals ein Krieg mit China bevorstand) solide Geschäftsleute in der Lage waren, ohne die Bedingung eines Depositums kaufen zu können, „wogegen von Leuten, die als Speculanten bekannt ,,waren, verlangt wurde, dass sie 2 Pfd. Sterl. für jede Kiste im Voraus bezahlten, um jeden wesentlichen Preisunterschied zu decken." (S. Mill, Buch III. Kap. XII. §. 5.)

[ocr errors]

dem Aventürhandel, der Seezins sehr hoch, so z. B. in Athen 24 Procent.*)

Endlich können die Creditgeschäfte entweder freie, oder, wie etwa bei Zwangsanlehen, gezwungene sein. Im letzteren Falle werden Anlehen erpresst, die man auf rechtlichem Wege nicht erhalten würde. Wie verwerflich die Zwangsanlehen sowohl in ökonomischer als auch in rechtlicher und selbst in financieller Hinsicht sind, ist von verschiedenen Financiers hinlänglich dargethan.**) Solche Zwangsoperationen schöpfen dabei nicht allein ihre Zahlmittel aus den Circulationskapitalien, also da, wo sie der Nation am wenigsten entbehrlich sind, sondern sie müssen auch dadurch nothwendig ihre Finanzquelle und den Staatscredit untergraben. §. 34.

Arten der Creditgeschäfte.

Wenn man auf den Gegenstand der Leihe Rücksicht nimmt, so zerfallen die Creditgeschäfte in Waaren-, Geldund Acceptations-Creditgeschäfte.

1) Die Waaren-Creditgeschäfte sind gemischter Natur; sie enthalten immer noch ein anderes Geschäft. Gegenstand des Credits ist immer das, was für die Waare im eben bezeichneten weitern Sinne zu zahlen ist, meist ein Kaufpreis, der Werth dessen, was creditirt wird. Der ertheilte Credit ist also eine Werthleihe. Das Creditgeschäft ist dabei zwischen Handelsleuten nur ein accessorisches; sein Motiv ist der gehoffte Handelsgewinn, sowohl bei dem Creditor, als bei dem Schuldner.

2) Der Geldcredit oder das Darlehen ist dasjenige, bei welchem ein Werth in der Form von Geld geliehen wird und der Schuldner in der nämlichen Werthform sich entlastet.

*) Böckh, a. a. O. Buch I. §. 23.

**) Nebenius, a. a. O. S. 315-323.

Solche Creditgeschäfte kamen früher auch unter der Form eines Kaufs, wie beim Rentenkauf, vor.

3) Der Acceptations-Credit, d. h. derjenige, wo der Creditgeber weder Waare noch Geld, sondern seinen eigenen Credit dem Creditbedürftigen zur Disposition stellt, damit dieser darauf hin Geld oder Waare erhalte. Nur da, wo der Hauptgläubiger sich direct und zunächst an dem Acceptanten, als Selbstzahler, halten kann, dergestalt, dass er gar nicht auf die Zahlungsfähigkeit des eigentlichen Schuldners zu reflectiren braucht, ist die Bürgschaft im commerciellen Verkehr von eingreifender Wirksamkeit.*)

Bei derartigen Creditgeschäften werden Assecuranzdienste und keine Leihdienste geleistet und nur eine Provision und kein Zins dafür bezahlt (§. 12).

Weil das Geld keine Früchte wie der Boden trägt, betrachtete man eine lange Zeit in Deutschland die Zinsnahme von Geldleihen als ungerechtfertigt. Als der Verkehr sich mehr entwickelte und das Darlehen Bedürfniss wurde, suchte man das Zinsverbot durch verschiedene Vertragsformen zu umgehen; aber Kirche sowohl, wie bürgerliche Gesetzgebung versperrten alle dahin zielenden Auskunftsmittel, theils durch schwere Strafandrohungen, wie die der Excommunication und der Verweigerung des kirchlichen Begräbnisses, theils durch Verbote gewisser Vertragsformen, welche als verschleiertes Zinsversprechen angesehen werden sollten.

Doch führte zuletzt die Nothwendigkeit zu Auskunftsmitteln, wodurch Darlehen unter anderer Gestalt, ohne förmliche Umgehung des Zinsverbotes, nutzbringend für die Darleiher wurden. Dahin gehören:

1) Die Pfandnutzung (Antichrese), nämlich die, dem durch Unterpfand gesicherten Gläubiger eingeräumte Befugniss,

*) Hübner, Die Banken, S. 93.

das Pfandobject bis zur Rückzahlung des Darlehens zu benutzen, insbesondere die Früchte davon zu beziehen. Dergleichen Verträge machten Gross wie Klein, Unterthan wie Landesherr, Geistliche und Laien; oft waren landesherrliche Hoheitsrechte, ja die Herrschaft selbst Object solcher antichretischen Sicherheit.*) Diese Verträge wurden, so sehr auch darin eine Umgehung des Zinsverbotes lag, bald gesetzlich erlaubt, jedoch, als die Sache im Verlaufe der Zeit in wahren Wucher ausartete, dahin geregelt, dass man die Nutzung in dem antichretischen Vertrag auf das Maass der bei dem Rentenkauf üblichen Annuität begrenzte, oder was dasselbe ist, man liess den Pfandvertrag nur gelten, wenn das Pfand denselben Werth wie das Darlehen hatte; also eine indirecte Anerkennung eines allgemeinen Zinsfusses und der Zinszahlung.

2) Die Grundleihe, die Erbleihe. Als im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert das Gewerbe sich von der Scholle löste und die Handwerker sich in den Städten ansiedelten, da bedurften sie des städtischen Eigenthums, namentlich der Wohnhäuser. Umgekehrt wurde den in den Städten angesiedelten Freien ihr Grundbesitz auf dem platten Lande zur Last. So entstand das Bedürfniss des Grundbesitzes in den Städten und ein Ausgebot der Grundstücke auf dem platten Lande. Der Uebergang erfolgte durch den Erbleihvertrag, wobei die Gegenleistung in einem Erbzins bestand. Wer nun im Stande war, für Geld Häuser oder Grundstücke kaufen und sie als Erbleihe hingeben zu können, der machte sich meistens indirect seinen Geldbesitz zu einer Geldeinkommenquelle. Später kam es sodann auch vor, dass der geldbedürftige Grundbesitzer direct zu dem Kapitalisten ging, ihm seinen Grundbesitz für Geld verkaufte und gleichzeitig sich dasselbe Grundstück als Erbleihe zurückgeben

*) Max Neumann, Geschichte des Wuchers in Deutschland, Кар. V.

[ocr errors]
[ocr errors]

liess; also mit offener Umgehung des Zinsverbotes, indem hier nicht mehr, wie bei der Pfandnutzung, für das geliehene Geld ein Naturalzins, sondern ein Geldzins bezahlt wurde.

3) Der Rentenkauf erscheint als ein vollkommenes Geldcreditgeschäft, denn hier ist das Geldeinkommen unzweideutig nicht, wie bei der Grundleihe, Aequivalent des Gebrauchswerthes eines geliehenen Grundstücks, sondern des geliehenen Geldes.

Auf diese Weise nun machte sich der Geldcredit allmählich geltend, bis er endlich im 16. Jahrhundert selbst von den Reichsgesetzen gebilligt und als legitim von ihnen anerkannt wurde.

§. 35.

A. Der Waarencredit insbesondere.

Der Waarencredit ist die älteste und nützlichste aller Creditarten; nützlich besonders, indem er die Consumtion nicht wegen augenblicklichen Geldmangels in Stockung gerathen lässt, und die nationale Production durch Unterstützung der Unternehmer mit Circulationskapital im Gange erhält; indem er ferner den internationalen Handel befördert und neu angebaute Länder emporbringt. Ohne Waarencredit müssten die Handelsvölker, wie einst der Hansabund, um ihre Waaren absetzen zu können, im Auslande noch eigene Factoreien und Comptoirs unterhalten. In neu emporkommenden Ländern hebt der Waarencredit auch die Productionskraft, weil jede Waarenimportation eine Waarenexportation involvirt.

Der Waarencredit umfasst alle Güterarten, Güterformen, alle Arten Werthpapiere und Dienstleistungen. Der Hergang der fortschreitenden Kapitaliengüter-Circulation von dem ersten Rohstofferzeuger bis zum Consumenten des complicirten Fabrikats ist bekannt (§. 25). Die Güter erscheinen

« ZurückWeiter »