Eine grössere Annäherung der Vertheilung der Zwischenmuskeln des Fusses zu denen der Hand, als bei dem von uns adoptirten Schema, kommt bei allen jenen Deutungen und Annahmen, die überdies theils gezwungen, theils geradezu unwahr sind, nicht zu Stande. Die bei den Mm. tibiales und ihren oberen Vertretern, wie die bei den Mm. interosseis hervorgehobenen Schwierigkeiten verschwinden, wie mir scheint, wenn man sich überzeugt, dass es eine ganze Reihe Homologe Muskeln an Hand und Fuss. Halbschematische Zeichnung. 11 und 1= M. tibialis anticus und extensor carpi radialis longus. 21 und 2 Insertion der am meisten medialen Sehne des ext. dig. comm. brev. pedis et manus. 31 und 3 Finger, welcher die Adductionsachse des Extremitätenendgliedes, sowie z wei interossei bicipites trägt. von Muskeln ist, welche sich zum 2. Finger der Hand genau so verhalten, wie ihre Homologa zum 1. Finger des Fusses. Dies aber wohl darum, weil den das Vorderende der Extremitäten bewegenden Muskeln nicht der bewegliche Daumen, sondern der feste Zeigefingerrand des Handskelets ähnliche Bedingungen bietet, wie ihren Analogis der Grosszehenrand des Fusses. Alle die hier in Frage kommenden Muskeln der Oberextremität liegen zur Linie rr (Fig. 17) genau so, wie die entsprechenden des Fusses zur Linie got. Die Verlegung des dem M. tibialis homologen Muskels auf den 2. Finger beruht nach meiner Annahme auf einer Anpassung behufs des Gebrauches. Würde der flexor und der extensor carpi rad. longus den Metacarpalknochen des Daumens ergreifen, so würden diese Muskeln nicht den carpus, sondern zunächst den Daumen bewegen. An dem Fusse dagegen, wo der hallux in festerem Schlusse den übrigen Zehen anliegt, wenden sich die den Fuss seitlich ablenkenden Muskeln wirksamer an die innerste Zehe1). Fanden wir die Insertion der Mm. tibiales an der Randzehe des Fusses, die Insertion ihrer Analoga aber einen Finger weiter in's Innere der Hand gerückt (1', 1, Fig. 17), so finden wir genau das Entsprechende betreffs der Lage der Ab- und Adductionsachse der Zehen und der Finger (3, 3): sie liegt bei'm Fusse bekanntlich im 2. Finger, bei der Oberextremität einen Finger weiter im Inneren der Hand, also im 3. Finger. Dort ist es die 2. Zehe, hier der Mittelfinger, welcher zwei m. interossei bicipites trägt, und wir finden nun durchaus keinen Grund, der 2.. Zehe das Recht, zwei bicipites zu tragen, zu bestreiten, um so weniger, als sie dieselben thatsächlich besitzt. Blicken wir zum Schlusse auf den M. extensor dig. comm. brevis pedis und den in der vorigen Abhandlung betrachteten oberen Vertreter desselben (2', 2), so zeigt es sich, dass ersterer seine am meisten medial gelegene Sehne an die erste Zehe schiebt, während die innerste Schne des ext. dig. brevis manus einen Finger weiter im Innern der Hand zurückbleibt: am Zeigefinger. Dort wurde dieselbe in einer verhältnissmässig grossen Zahl von Fällen beobachtet, am Daumen niemals. IV. Platysma myoides. Zu einer Musterung des in den Handbüchern über diesen Muskel Gesagten veranlasste mich die von Schülern immer und immer wieder 1) Ich lege auf diese etwas teleologisch klingende Argumentation umsoweniger den Hauptaccent, als ich die Verhältnisse nicht bei den mit frei beweglichem hallux versehenen Säugern verfolgen konnte und berufe mich vorzüglich darauf, dass es mehrere offenbar einander homologe Muskeln sind, welche von vorgebrachte Angabe, dass das Platysma ,,von der Fascię des grossen Brustmuskels", oder dass es von der clavicula", oder „von den Rippen" entspringe. In der That enthalten die Bücher über den Ursprung des platysma fast durchweg theils unbestimmte, theils unrichtige Angaben, nach welchen der,,in der Gegend der clavicula oder den oberen Rippen entstehende" Muskel leicht als „von der clavicula oder den Rippen entspringend" verstanden wird, während mehrere, zumal die neueren Lehrbücher (HYRTL, HENLE, LUSCHKA, QUAIN-HOFFMANN), den Muskel ausdrücklich von der Fascie des grossen Brustmuskels" entspringen lassen 1). Hand zu Fuss gegen die Ordnung der Fingernummern in völlig gleichmässiger Weise verstossen. Den Angaben MECKEL'S (Syst. d. vgl. Anat. III, 536) und theilweise eigener Anschauung entnehme ich, dass der M. extensor carpi rad. long. bei zahlreichen Säugern, wie beim Menschen, den 2. Finger besetzt, bei anderen aber den ersten, hier also völlig mit dem tibialis anticus übereinstimmt. An den 2. Mittelhandknochen geht der ext. carp. rad. long. beim Schweine; bei dem Murmelthier, Biber, der Ratte und bei vielen anderen Nagern sind beide extensores carpi radiales vorhanden und sie inseriren am 2. und 3. Metacarpus. Ebenso bei Didelphis. Insertion am 1. Metacarpus dagegen findet sich bei folgenden Thieren: beim Daman, wo beide extensores radiales vorhanden sind, gehen dieselben an die beiden ersten Mittelhandknochen; bei Ai, Ameisenfresser und Tatu geht der rad. long. mit zwei Sehnen an die beiden ersten Mittelhandknochen; bei den Monotremen geht der anfangs einfache Muskel mittelst drei Sehnen an die drei ersten Mittelhandknochen; ähnlich bei den Fledermäusen. ་ دو 1) Die erste jener zu Missverständnissen Veranlassung gebenden Angaben findet sich bei ALBINUS:,,Principium (m. latissimi colli) e tenuibus magnamque partem sparsis fasciculis constans, quo in pectore infra claviculam et in humero incipit" (Tabulae musculorum, XI, Fig. XVI, a) besteht aus dünnen, langen, in der Fetthaut liegenden Muskelfassern." (SOEMMERRING, Muskellehre, pag. 93).,, liegt unmittelbar unter der Fetthaut, an die er genau angeheftet ist; entsteht in der Brust- und Schultergegend mit einzelnen Bündeln etwas unterhalb dem Schlüsselbeine -" (MECKEL, Hndb. d. Anat. II, 470). ,,- ein sehr dünner Muskel, — — welcher schräg vom Schlüsselbein bis in das Gesicht hinaufsteigt Er entsteht mit zerstreuten Bündeln unterhalb des Schlüsselbeines ---“ (KRAUSE, Hndb. d. Anat. I, 374). Ursprung: die Brust- und vordere Schultergegend, vor dem M. pectoralis maj. und der 2. und 3. Rippe" (Bock, anat. Taschenbuch 1851, p. 154). „Die Fasern übergehen unten in das subcutane Bindegewebe (LANGER, Lehrb. d. Auat. 194). Lage von Muskelbündeln, welche über das Schlüsselbein und auf die Brust treten" (MEYER, Lehrb. d. Anat., 248). 1 Von den Angaben, welche das Platysma ausdrücklich von der Muskelfascie entspringen lassen, führe ich nur an: liegt dicht unter der Haut und entspringt an der vorderen Fläche der Brust in dem Zellgewebe vor dem Ich habe mich bemüht, ein Präparationsverfahren ausfindig zu machen, welches hier unzweideutigen Aufschluss giebt. Das Platysma entspringt vom Unterrande des Unterkiefers); sein unteres Ende heftet sich, wie ich den vorstehenden Angaben gegenüber berichtigen möchte, nicht etwa an das Unterhautzellgewebe, noch weniger an die Muskelfascie, sondern es inserirt dasselbe im eigentlichsten Sinne des Wortes an. die Haut der Infraclavicular- und Schultergegend. Die Sehnenfasern der einzelnen Bündel und Strähne, in welche das Platysma an der Insertionsgrenze sich zerspaltet, fliessen in die Bindegewebsbündel des corium ein, mit ihnen sich innig vermischend. Hierbei ist zu bemerken, dass der Muskel, indem seine obere (vordere) Fläche mit der sie bedeckenden Haut innig und unverschieblich verwachsen ist, nicht einfach vom Ursprunge nach der Ansatzstelle hin wirkt, sondern es wirkt derselbe auf die gesammte, dazwischenliegende Haut, dieselbe runzelnd und verschiebend 2). Dass dem so ist, zeigt sich bei folgendem Präparationsver 31 grossen Brustmuskel" (HILDEBRAND-WEBER, II, 370). entspringt vom subeutanen Bindegewebe der Brust und von der Fascie des grossen Brustmuskels in der Gegend der 2. Rippe -" (HYRTL, Lehrb. d. Anat. 11. Aufl., 400). "-entspringt aus den Bindegewebsfascien des pectoralis und deltoides" (HYRTL, Zergliederungskunst, 210). „Die Hauptmasse der Fasern entspringt aus der Fascie des M. pect. major und des M. deltoideus —“. „Die vom pectoralis entspringenden Bündel liegen dicht zusammen, die vom deltoideus entspringenden mehr zerstreut " (HENLE, Muskellehre, 105). „Die meisten seiner Bündel hängen mit der Binde zusammen, welche den M. pectoralis major und den vorderen Abschnitt des deltoideus überzieht" (LUSCHKA, Anat. des Halses, 161). „,- entspringt am oberen Theil der Brust von der Fascie der Mm. pect. major und deltoideus" (HOLLSTEIN, Lehrb. d. Anat., 5. Aufl. 286). Nur in Einer Angabe scheint der Muskel in der von mir gegebenen Weise aufgefasst zu werden, dies in einem älteren Werke, bei LAUTтH (Handb. d. pract. Anat. I, 1835, p. 154): die breiten Halsmuskeln „,,verlieren sich endlich in der Haut, welche den oberen Theil des grossen Brustmuskels und des Deltamuskels bedeckt." Ich zweifle nicht, dass hier der jene Muskeln deckende Theil der äusseren Haut, und nicht etwa die Fascie gemeint ist. Alle übrigen Autoren welche von einer „Anheftung" des Platysma an die Haut sprechen (Krause, HENLE, LUSCHKA) meinen damit nur die bekannte dichte Verklebung der vorderen Fläche des Muskels mit der Haut, und derselbe ist ihnen nur durch diese Beziehung ein „Hautmuskel"; sie lassen die weit kräftigere Anheftung der Endfasern (die eigentliche Insertion) nicht an die Haut, sondern an die Muskelfascie treten. 1) Gut dargestellt bei HEITZMANN, Anat. I, Fig. 39. 2) Eine gute Abbildung des thätigen (die Halshaut vom Kinne bis zum Iugulum in Querrunzeln ziehenden) Platysma giebt, nach einer Photographie DUCHENNE'S, DARWIN (Ausdruck der Gemüthsbewegungen, deutsch von V. CARUS, 312). fahren: Man durchschneide die Haut längs des Unterkieferrandes, das Platysma selbst nicht verletzend, und führe zwei weitere Hautschnitte längs des medialen und lateralen Randes des Muskels. Präparirt man nun den durch diese drei Schnitte umgrenzten Hautlappen nach abwärts sorgfältig vom Platysma los, so kommt man unterhalb der clavicula an eine nicht ganz geradlinige Grenze, längs welcher die Haut sich nicht weiter lüften lässt, falls nicht die Insertion des Mus Fig. 18. A. B Schematisches Profil des oben beschriebenen Präparates. a b c Kinn-, Hals- und obere Brusthaut, an welcher das Platysma bei 6 (Infraclaviculargegend) inserirt. Der obere Pfeil deutet die Richtung des ersten, sich möglichst auf dem Platysma haltenden Präparationsganges an; der untere Pfeil die Richtung des zweiten Ganges, welcher, die Fascie möglichst unberührt lassend, hinter das Platysma führt. B. Platysma myoides der rechten Seite nebst der Haut des Halses; Ansicht auf die hintere Fläche. C. Insertionsende des Platysma, p, durch den panniculus adiposus der Brust hindurch zur Haut tretend. kels, dessen Uebertritt zur Haut bei diesem Verfahren nicht zu verkennen ist, durchschnitten würde. Verlängert man nun die beiden Längsschnitte der Haut über das Gebiet des Platysma hinab, -den lateralen bis auf die Schulter, den medialen bis zur 4. Rippe-, die Enden beider Schnitte durch einen Querschnitt verbindend, und präparirt diesen Hautlappen nach aufwärts, das subcutane Bindegewebe möglichst vollständig auf der Muskelfascie sitzen lassend, so geräth man, sobald die Grenze erreicht ist, bis zu welcher bei der |