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Stücke mit genauestem Eingehen nach strengster Methodik verfolgt und eine grosse Anzahl fortgepflanzter Druckfehler nachgewiesen sind, gegenüber meiner in demselben Jahre erschienenen Ausgabe der drei ältesten Bearbeitungen von Goethe's Iphigenie, wo nicht allein die Veränderungen, welche dieses Stück vom ersten Entwurf bis zum Erscheinen in der ersten Sammlung der Schriften erlitten, mitgetheilt und gewürdigt sind, sondern auch S. 178-180, 184-186 die späteren Abweichungen bis zur Ausgabe letzter Hand verzeichnet werden. Auch habe ich in dem angezogenen Aufsatze S. 233-236 kurz das Verhältniss der einzelnen Ausgaben zu einander erörtert und so „das seltene Missgeschick" dargelegt, welches den Goethe'schen Text „von Anfang bis zur letzten Hand des Dichters verfolgt hat." Bernays hat das Ergebniss meiner Forschung S. 13—15, 63 mitgetheilt, ohne meiner Entdeckung mit einem Worte zu gedenken, nur äussert er, „für die forschenden Freunde des Dichters sei es längst kein Geheimniss, welches Uebel die vierbändige Göschen'sche Ausgabe angerichtet." Auf dieses Unrecht von Bernays hinzuweisen, war ich wohl berechtigt; einen Dank dafür, wie Schöll fabelt, habe ich dafür von Seiten des Herrn Bernays nicht verlangt. Dieser hat das Verdienst, nicht nur des Nachweises, dass hiernach noch manche Stellen in Goethe's Werken hergestellt werden müssen, sondern auch der folgereichen Entdeckung, dass Goethe bei der ersten Ausgabe seiner Schriften die durch Druckfehler entstellten Hamburgischen Nachdrucke zu Grunde gelegt hat, wodurch viele Druckfehler sich bis heute fortgepflanzt haben. Mit Recht durfte ich diese Entdeckung als Abschluss meiner eigenen früheren bezeichnen; denn, wenn ich nachgewiesen hatte, wie die Druckfehler der vierbändigen Göschen'schen Sammlung und der beiden folgenden Ausgaben der Werke in die letzter Hand sich fortgepflanzt, so ging Bernays weiter und wies dasselbe Verhältniss der ersten Ausgabe der Werke zu den dabei zu Grunde gelegten Hamburgischen Nachdrücken nach. Diese Entdeckung lag vor den Füssen, wie das bei so manchen bedeutenden Entdeckungen der Fall; das Glück und die eifrige Beschäftigung mit Goethe's "Werther" liessen Herrn Bernays sie machen, und ich bin weit entfernt, ihm dieses Verdienst schmälern zu wollen.

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Dass Herr Schöll meiner Behauptung widerspricht, ist nur zu natürlich; meine Aufstellung in jenem Aufsatze habe vielmehr die Entdeckung gehindert, wagt er im Ernste zu behaupten. Wer die Düntzer'schen Thesen annahm, dem war geradezu der Weg zu der Entdeckung abgeschnitten, die Herr Düntzer nun als ihren Abschluss in Anspruch nimmt. Gleich der Anfang des Aufsatzes nimmt das, was Goethe in Briefen von seinen und seiner Freunde Durchsicht der zur ersten Sammlung bestimmten Werke gesagt hat, für gleichbedeutend mit den Druckrevisionen, so dass gefolgert wird, „für manche Stellen sei nicht zu entscheiden, ob eine Abweichung von der früheren Lesart dem Setzer oder dem Dichter zufalle."" Das ist wieder eine böswillige Entstellung! Ich habe nichts weniger gethan, als die Druckrevisionen mit der Durchsicht der einzelnen Werke verwechselt; in meinen Worten liegt das gerade Gegentheil, und zum Ueberfluss habe ich noch auf meine Schrift über Götz und Egmont verwiesen, wo das Verhältniss genau erörtert ist. Ebensowenig habe ich gefolgert, was Herr Schöll mich folgern lässt. Meine Worte lauten: „Auch Clavigo und Stella wurden genau durchgenommen, doch hier gelang es eben so wenig, eine durchgängige Gleichförmigkeit zu erreichen; einzelne Druckfehler stellten sich ein, und an manchen Stellen ist nicht zu entscheiden, ob eine Abweichung von der frühern Lesart nicht eine unwillkürliche, die dem Setzer, nicht (oder ist Druckfehler) dem Dichter zufällt." Also nur um Clavigo und Stella handelt es sich an jener Stelle, und meine Behauptung hatte vor der Entdeckung von Bernays, dass so viele abweichende Lesarten aus dem zu Grunde gelegten Nachdruck stammen, ihre Richtigkeit. Aber Scholl fährt fort: „Damit schliesst Herr Düntzer die Möglichkeit eines Dritten aus, dessen Wirklichkeit Bernays entdecken müsste, um Herrn Düntzer's Kritik nicht abzuschliessen, sondern zu widerlegen." Ich hatte nachgewiesen, dass aus den zu Grunde gelegten Ausgaben zahlreiche Druckfehler sich fortgepflanzt; auf demselben Wege kam Bernays zu seiner Entdeckung, und weil ich diese nicht gemacht, soll ich ihm den Weg dazu abgeschnitten haben. „Und dass Herr Bernays die Höflichkeit gehabt hat, dies ohne Nennung des Widerlegten zu thun (als ob es sich nicht vielmehr

darum handelte, dass er meine wirkliche Entdeckung verschwiegen!), vergibt ihm Herr Düntzer mit der Beschuldigung des Verdienstes, der Vorarbeit nicht gedacht zu haben. Düntzer nannte dort die erste Sammlung „die mit Sorgfalt bearbeitete und durchgesehene Ausgabe in acht Bänden," welchen Unterricht Bernays dahin abschliesst, dass er sie grösstentheils aus den fehlerhaften Hamburgischen Nachdrucken geflossen unwidersprechlich darthut." Herr Schöll übergeht, dass ich diese Ausgabe so nenne im Gegensatze zur vierbändigen, dass ich ausdrücklich hervorhebe, dass sie „an manchen Ungleichheiten und mehr oder minder erheblichen Druckfehlern leiden." Wenn Bernays nachweist, dass diese Druckfehler bei den Jugendwerken meist aus den zu Grunde gelegten Nachdrucken geflossen, so wird dadurch eben die Frage nach der Grundlage unseres in der Ausgabe letzter Hand überlieferten Textes abgeschlossen, nicht die von mir gewonnenen Ergebnisse widerlegt. Es ist wohl kaum in der Geschichte der Wissenschaften der absonderliche Fall vorgekommen, dass man einem eine Entdeckung als eine Sünde angerechnet, so dass man ihre Verschweigung als Höflichkeit betrachtet, weil ein Späterer durch eine weitere Entdeckung sie vervollkommnet hat. Doch was wäre Herrn Schöll's Verbissenheit unmöglich!

Meine Bemerkung, jene Entdeckung, die ich im angeführten Aufsatze dargelegt, hätte nicht unerwähnt bleiben sollen, wird als ein unbefugtes Verlangen von Dank abgefertigt, und mir selbst dagegen Undank vorgeworfen. „Herr Düntzer hat eine Anzahl kritischer Data (in jenem Aufsatze) angeführt, die ihm erst der Recensent der Düntzer'schen Ausgabe im „Literarischen Centralblatt" aufgewiesen hat, ohne jedoch diesen Recensenten zu nennen, geschweige ihm zu danken, vielmehr hatte Herr Düntzer fünf Jahre vorher in seiner Defension (!) „über die neue Octavausgabe in Goethe's Werken" diesen seinen Zurechtweiser urtheilslos, verleumderisch und dessen Correcturen abgeschmackte Schlimmbesserungen genannt, trotzdem dass er mit demselben Athem die Richtigkeit der von ihm „aufgestochenen" Druckfehler anerkennen und in Folge dessen seiner Ausgabe mit vielen Cartons nachhelfen musste." Auch hier sind gröbste Unwahrheit und Entstellung die geheimrüthlichen Waffen!

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Es ist nicht wahr, dass mir jener Recensent „kritische Data" geboten; die von mir gegebenen sind aus einer mir vorliegenden viel grösseren Sammlung, die ich eigenhändig aus Goethe's Werken ausgezogen, herausgegriffen, und wenn hier eine oder die andere Stelle sich finden sollte, deren auch jener Recensent gedacht hat, so ist dies Zufall oder sie sind absichtlich gewählt, um den Behauptungen jenes Recensenten entgegenzutreten, wie bei der Lesart abgeweihet, deren Vertheidigung Herr Schöll sich zur Ehre rechnen würde, wenn sie ihm angehörte. Dass jener Recensent hämisch und urtheilslos sei, habe ich nicht allein behauptet, sondern durch zahlreiche Beispiele bewiesen. der einem solchen Treiben einzig gebührende Dank. Die Gehässigkeit jenes Mannes ein Dresdener wurde mir als Ver

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fasser genannt ging so weit, dass er meine Versicherung, mit dem vierten Bande beginne mein Antheil an jener Ausgabe, obgleich sie in einer von der Cotta'schen Buchhandlung eingeleiteten und genehmigten Schrift sich findet, für eine Unwahrheit zu erklären sich erfrechte. Ganz derselben böswilligen Gehässigkeit macht sich hier Schöll schuldig, wenn er jene Ausgabe für meine Ausgabe erklärt und mir die Druckfehler derselben aufbürdet, welche die Cotta'sche Buchhandlung durch Cartons weggeschafft oder doch zur Anzeige gebracht hat. Meine ausdrückliche Erklärung in dem von ihm angezogenen Schriftchen, dass ich von der Buchhandlung nur den Auftrag erhalten, die Ausgabe in vierzig Bänden mit der von Goethe selbst zuletzt besorgten zu vergleichen, aber mich darauf nicht beschränkt, sondern auch eine Masse älterer Druckfehler durch das Zurückgehen auf die ältesten Drucke entfernt und für gleichmässige Rechtschreibung und eine richtige Satzzeichnung viel Sorgfalt verwandt, dass ich aber keinen Einfluss auf den Druck gehabt und auch die Cartons mir erst nach dem Abdrucke zugekommen das hat Schöll absichtlich übergangen. Ich habe mich nie als Herausgeber jener Ausgabe dargestellt, sondern nur einen beschränkten von mir darauf geübten Einfluss zugestanden, sie selbst nur als einen grossen Schritt zu einer des Dichters völlig würdigen erklärt, die in so kurzer Zeit, wie die mir zugemessene war, nicht habe geleistet werden können. Das war noch weniger bei der in 30 Bänden 1857 erschienenen Aus

gabe der Fall, deren Druckbogen aber von mir durchgesehen worden. So weise ich denn jene Aeusserungen Schöll's als eine seiner vielen böswilligen Entstellungen zurück. Mit jenen Druckfehlern habe ich nichts zu schaffen, und ich habe aus dem Vollen geschöpft, so dass ich jenem Recensenten nichts zu entnehmen brauchte.

Wenn nun Schöll nach der sophistischen Wendung: „Düntzer's Dankforderung (?) ist ganz so völlig ungerechtfertigt, als es Herrn Düntzer's Undank gegen jenen Recensenten war," zu der Behauptung sich versteht: „Düntzer's Aufsatz gibt keinen beweisenden und begrenzenden Unterricht über die Filiation der Textverderbnisse, so dass eine Consequenz für die Textherstellung gezogen würde; im Gegentheil, er verficht den Widerspruch gegen diese Consequenz als kritische Massregel," so ist dies wieder ein Streich ins Blaue. Das Verhältniss der einzelnen Ausgaben zu einander habe ich scharf bezeichnet, Herr Bernays hat dafür nicht das Geringste mehr gethan, nur bei der dritten Ausgabe der Werke hat er sich ein Bild des Correctors gemacht, das mir sehr verzeichnet scheint, da er diesem manches als Verbesserung zuschiebt, was in der Nachlässigkeit des Setzers seinen ersten Grund hat. Schöll aber geht in seiner Unbesonnenheit so weit, dass er die Behauptung aufstellt, Goethe habe selbst in den späteren Ausgaben nichts verändert, da es „notorisch sei, dass er die durchgehende und definitive Revision Freunden anvertraut habe." So etwas konnte nur der zu behaupten wagen, der in der Geschichte des Goethe'schen Textes ganz unerfahren ist. Freilich beruft er sich auf Goethe's Aeusserung in der Ankündigung letzter Hand, man werde in dieser wenig geändert finden, da er, wie aus Vergleichung aller bisherigen Ausgaben zu ersehen wäre, an seinen Productionen von jeher wenig zu ändern geneigt gewesen, weil ihm das, was zuerst gelungen, in der Folge zu bessern niemals gelingen wolle. Schöll, der nach Art pfiffiger Sachwalter aus dieser Stelle nur das anführt, was für ihn zu sprechen scheint, übersieht völlig, dass es sich hier von bedeutendern Umänderungen, nicht von einzelnen stilistischen Verbesserungen handelt. Dass in den spätern Ausgaben fast bei allen einzelnen Werken Aenderungen sich finden, die unmöglich ohne Wissen und Geneh

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