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Sitzungen der Berliner Gesellschaft

für das

Studium der neueren Sprachen.

123. Sitzung vom 13. März 1866. Herr Michaelis sprach über den Uebelstand der englischen Bezeichnung ea für ē, i und ě, und die Möglichkeit der Beseitigung desselben. Den dritten Laut betreffend, rechtfertigt sich das Beibehalten des ea aus keinem der 12 von Mätzner (I, 100) aufgeführten Ursprünge, und phonetisch lässt sich für mean, meant und read, read gegenüber cleave, cleft und lead, led oder sleep, slept, bleed, bled, nichts anführen, was den Unterschied rechtfertigte. Dasselbe gilt von sonstigen Ableitungsendungen: welth (v. weal); brekfast (v. break), derth (v. dear) müssen mit demselben Recht geschrieben werden wie width (v. wide), theft (v. thieve) u. s. w.: und von einsylbigen Wörtern mit einfacher Schlussconsonanz: nur led (Blei) und bred (Brot) wäre naturgemässe Schreibung. Noch naturwidriger ist die diphthongische Sehreibung, wo der kurze Laut in offner Sylbe stehen soll, wie in weather, feather: wobei nebenbei die Richtigkeit des „,offen" noch sehr zu beanstanden ist. - Für das Etymologische ist mit ea für keins der romanischen Wörter mehr gewonnen als mit ě, womit dieselben auch im 13. bis 15. saec. geschrieben wurden; selbst in realm gehört das a nur der Ableitungssilbe des zu supponirenden regalimen an: ebenso wenig für die germanischen mit kurzem Wurzellaut; für die aus dem langen (eà, eò, a und â) ist doch auch das ĕ die angemessenere Bezeichnung der Kürzung. Respectable etymologische Gründe liessen sich allein für deaf, threat, lead, death, head anführen, welche ags. eà hatten; hier aber würde der phonetische Grund, dass faktisch doch das kurze e unwiederbringlich eingetreten ist, zu def, deth u. s. w. mit Nothwendigkeit zwingen. Ueber die Bezeichnung „,offne Sylbe" in weather u. A. erhob sich eine kuze Discussion, an der sich die Herren Mahn, Strack und Beneke betheilig ten. Herr Mahn sprach über die Etymologie der Flussnamen Oder und Weser die Form Viadrus für den erstren ist moderne Erfindung. Die älteste Autorität ist Ptolemaeus, er schreibt den Namen Oviados

und diese Form entspricht genau dem Ursprung aus dem armorikan. gwaz, Strom, Bach, da das moderne z dem älteren d, und gw einem ursprünglichen uu, w entspricht. Urform sei vad, skr. und, madidum esse; die spätre Form ist durch littauischen oder germanischen Einfluss modificirt: adura aus celtischem dur, a ist Rest des celtischen Artikels. Die Weser nennt Strabo Βίσουργις, Ptolemaeus Οὐίσουργος. Die älteste deutsche Form Wisuraha scheint entstanden aus celt. uisg Wasser und surgis (vgl. Zorge im Harz; Sorgues in Frankreich u. A.) aus skr. sru, fliessen, so dass srulach (für sruthlach) = rinsing, u. d. Stamm „fliessendes Wasser" bedeutet; aha ist deutscher Zusatz mit der Bedeutung Wasser.

Herr Märker zeigte eine Horazübersetzung von Frhrn. v. Nordenfycht an; der Verfasser ist der Meinung, dass durch den gewöhnlichen Unterricht dem Lernenden aller Geschmack am Dichter benommen werde: um nun die Lebensweisheit desselben dem Leser zugänglich zu machen, werden mancherlei moderne Begriffe und Sprachwendungen eingeführt: dergleichen, nicht ganz ungeeignet für leichtere Gattungen, Liebeslieder u. dergl., verwischt doch zu sehr den antiken Gedanken. Wir sollen uns beim Lesen einer Uebersetzung eben in ein Fremdes versetzen, es soll uns dadurch ein neuer Gesichtskreis geöffnet werden. Im Prosodischen kommt der Verfasser den von ihm selbst aufgestellten Forderungen nicht nach, indem er Wörter wie „Deine" u. A. als Pyrrhichien braucht. Es wird eine Schrift von Herm. Goll überreicht, die Frage behandelnd, ob für höhere Bürgerschulen die Einführung des Lateinischen nothwendig sei. Von Ihrer Majestät der Königin ist dem Stipendienfonds ein Beitrag von 5 Friedrichsd'or zugegangen. Vorgelegt wurde durch Herrn Michaelis der Jahrgang 1865 des Phonetic Journal.

124. Sitzung vom 27. März 1866. Herr Schönberner sprach über das Verhältniss der Geberdensprache zur Lautsprache. Aufgabe der Zeichensprache ist es, Gedanken nicht für das Ohr, sondern für das Auge vernehmbar zu machen. Diese Sprache ist neben der Lautsprache von den ältesten Zeiten her in Gebrauch gewesen, und hat ihre Schriftsprache in den Hieroglyphen. Sie ist auf der ersten Stufe sehr weitläuftig und ausführlich, macht aber analog der Lautsprache einen verkürzenden und abschleifenden Process durch: zu der Darstellung des bloss Sinnenfälligen und Concreten kommt der Ausdruck durch analoge Zeichen, die nicht mehr der realen Natur entsprechen sollen, die, wo sie Abstractes ausdrücken sollen, willkürlich, ohne innern Zusammenhang mit dem sinnlich Natürlichen sind (entsprechend der Priester- und demotischen Schrift neben den Hieroglyphen). Auf die Entwicklungsstufen der Geberdensprache übergehend, wies Hr. Sch. drei Stufen nach die erste, unmittelbarer Erguss des Gefühls in Blick, Haltung, Gesichtsausdruck; sie ist allgemein verständlich und angewandt, Archiv f. n. Sprachen. XXXIX.

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auch in der Kunst (Mimik), reicht aber nur für den Ausdruck der Gefühle aus. 2. Die Geberde als Begleiterin der Rede; auch sie kann nur aus dem Gefühle zum Gefühle reden. 3. Als selbständiger Ausdruck von Gedanken malt sie Zeichen in die Luft. Sie bedient sich durchweg elliptischer Redeweise, und bedarf conventioneller Zeichen, die, wenn nicht erlernt, unverständlich sind. Der Taubstumme hat die Sprache der ersten Stufe im höchsten Grade; er ahmt jeden Gefühlsausdruck sehr gut nach, doch hängt diese Sprache natürlich sehr von subjectiven Auffassungen ab. Auch die mit conventionellen Zeichen systematisch hergestellte, bei uns gelehrte Sprache der Taubstummen entbehrt mit Nothwendigkeit der Bezeichnung für die Beziehungen der Begriffe, d. h. muss sich auf den Ausdruck von Substantiv, Adjectiv und Verbum beschränken: für sie syntaktische und grammatische Verbindungen zu finden, ist sehr schwer. Dagegen hat man in Frankreich eine Geberdensprache erfunden, welche zu jeder Begriffsbezeichnung ein Zeichen für das grammatische Verhältniss zufügt, was die Sprache sehr umständlieh und schwierig macht. Andrerseits erreicht der Taubstumme bei uns durch sorgfältigen Unterricht die Fähigkeit, schriftlich über grammatische und syntaktische Verhältnisse mit Klarheit zu gebieten, ja französisch und englisch zu correspondiren. Auf Aufforderung des Vorsitzenden sprach der Vortr. das Vaterunser in der Taubstummensprache vor, erläuterte die Zeichen und gab eine Reihe interessanter Notizen über den Unterricht und über die geistige Fähigkeit der Taubstummen. Herr Friedberg stellte im Gegensatz zum Vortr. die Behauptung auf, dass Taubstumme mit regelmässig gebildetem Gehirne zur Fassung und zum Ausdruck aller Abstractionen fähig wären: es käme nur darauf an, ihm in Zeichen die Worte für die Abstractionen genügend deutlich zuzuführen, um ihn zu gleicher Fertigkeit zu bringen wie den Vollsinnigen; ein Zusammenwirken des Lehrers mit dem Arzte sei erforderlich. Herr Sch. wies dagegen aus der Erfahrung nach, dass das Fassen abstracter Begriffe den meisten Taubstummen unüberwindliche Schwierigkeiten bereite. Erscheinungen wie Laboureux de Fontenaye seien Ausnahmen. Gegen die Aeusserung, dass in der Heilkunde auf dem Gebiet der Gehörskrankheiten viel Charlatanerie herrsche, protestirt Hr. Friedberg, indem er darauf hinweist, dass beim Mangel einer physiologischen Basis noch keine richtige therapeutische Behandlung erwartet werden könne. Hierauf erörterte Hr. Bandow über einige Stellen aus Dickens' Cricket on the Hearth. Für die Bibliothek wurde der Bericht des russischen Ministeriums der Volksaufklärung übergeben, und von Hrn. Friedberg wurden Mittheilungen des Comités der Boppstiftung in Paris und Venedig gegeben.

125. Sitzung vom 12. April 1866. Die ganze Sitzung wurde durch die Discussion über die Frage eingenommen, wie die Aussprache des Englischen am besten zu lehren. Veranlasst durch den von Hrn.

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