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Selbst

Ein einzig- ausgestrichenes Wort beim Melodrama verbesserte Alles; das Wort: Divertissement.“ Das kostbarste Schau- und Hörspiel, ein zusams mengetragues Ideal aller Künste, das über die Natur selbst hinausgeht, dies zu einem Inhalt- und wesenlosen Divertissement zu machen, ist Verrath ges gen die Natur, Kunst und Menschheit. amusiren kann es Euch nicht in seiner feels und herzs Losen: Weise. „Mein Bruder, (fagte jener zu lauter Amusemens eingeladne König) mein Bruder, der Köz nig hat mich zu Amusemens eingeladen; wann fans gen diese wohl an? Bisher habe ich mich nur ens nuyiret." Er sprachs den Tag vor seiner Abreise reisete ab, unamusirt.

und

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Das Oratorium und die Cantate.

Georg Friedrich Händel war ein Deutscher, 1684 zu Halle gebohren. In seiner zartesten Kindheit meldeten sich schon seine großen Anlagen zur Lonkunst, die nach geringer Unterweisung auf Clavier und Orgel sich dergestalt auszeichneten, daß er in Weis, senfels, wohin bald sein Vater ging, sodann in Halle, Hamburg, Berlin, bemerkt, und als Kind schon bewundert wurde. Er bildete sich unter Zachau, Buononcini, Agnello. Kaum fünfzehn Jahre alt ward er in Hamburg Director des Orchesters der Oper, und componirte eine Almeria, eine Florinde, ging nachh Italien, wo in Florenz, Venedig, Rom, Neapel Stücke von ihm mit Beifall gegeben wurden, und die berühmte Sängerin Victoria fich in ihn verliebte. Er kam zurück, trat zu Hannover in Kurfürstliche Dienste, ging über Düsseldorf, Holland, nach England, wo er im glänzendsten Zeitraum der Königinn Anna mit einer Bewunderung empfangen ward, die ihn stolz, und wie die Britten sagen, oft hart und eigensinnig machte. Er hatte das Glück für den Utrechter Frieden das Te Deum zu componiren, gez wann die Günft des Adels, bald auch des Königes, schrieb prächtige Opern, und war eine Zeitlang der

Gott der musikalischen Bühne. Die Streitigkeiten und Partheien, die sich zwischen ihm und Buonons cini, nachher mit Senesino, dann mit Porpora und Farinelli erhoben, über die man auch Swifts Sarcasmen kennet, brächten ihn nicht nur aus der Gunst der Großen, sondern auch um einen Theil feines Vermögens und seiner Gesundheit. Diese stellte ihm Aachen wieder her, und Drydens Alexanders Fest, das er nach seiner Rückkunft gab, schafte ihm nicht nur die Gunft der Nation wieder, (1.736.) sons dern ward auch Ein Grundstein seines bleibenden Ruhmes; denn seine Opern und Sonaten find vers hallet. Sein Alexandersfest dauret.

Den zweiten Grundstein legten die Oratorio's, die er in Gang brachte, weil er sie, wie sein Lebensbeschreiber sagt,,,dem angebohrnen Ernst der Engs Länder sehr angemessen erachtete." Sie sollten als dramatische Gespräche in Opernpracht aufges führt werden: dies ward aber, weil ihr Juhalt biblische Geschichte' war, verboten. Ein glückliches Verbot; auch für die Kunst! denn nachhinkend der Oper hätte die Cantate ihren eigenthümlichen Charaks ter nie gewonnen, und schwerlich erschienen wäre sodann Håndels Messias. Dies große Stück, auf einfachen biblischen Worten beruhend, ist werth zu dauren, so lang Eine Saite gerührt, Ein Instrus ment angehaucht wird. Kalt ward es zuerst in Lons don, desto wärmer 1741 in Dublin empfangen; seit

1743 ist es in London, und überall die daurende Trommete von Händels Ruhm geworden und geblieben.

Seit 1751 war Händel blind, und blieb es nach schmerzlichen Operationen; 1759 starb er, acht Tage nach der Aufführung seines lehten Oratoriums, bei welchem er noch gegenwärtig war. In der Wests minster Abtei ward er begraben, wo ihm auf sein Verlangen und auf seine selbsteigne Kosten ein Denkmahl errichtet wurde. Die großmüthige Nas tion, die den Fremden so hold ist, vergaß auch hier bei einem Manne, der fünfzig Jahre in ihr gelebt, für sie gearbeitet, und ihrer Tonkunst unläugbar den ihr angemessensten Schwung gegeben hatte, fie vergaß auch auf Håndels Grabe des Deutschen (German's) nicht. In Schlafrock und Pantoffeln fißt er nachläßig da, die Lyra in seiner Hand, unter ihm die Flite; glücklicherweise Shakespear gegenüber.

Händels Charakter war in Tugenden und Fehlern Charakter der Tonkünstler. „Besaß er Stolz, sagt sein Brittischer Biograph, a) so war sein Stolz einförmig; er war nicht heute ein Tyrann, und mors gen ein Sclave, nicht hier ein Tadler, und dort ein Schmeichler. Seine Unabhängigkeit behauptete er in Umstånden, in welchen andre sich eine Ehre dars aus würden gemacht haben, unterthänig zu seyn. Er

a) Gentleman's Magaz. 1760. April, Mai.

war freigebig, selbst in seiner Armuth; als er reich ward, bedachte er seine alten Freunde. Schon als ein Knabe schickte Er seiner Mutter Geld zu, da sie sich verbunden achtete, ihn zu unterstüßen; an die Witwe seines alten Lehrmeisters Zachau, als er hörte, daß fie Mangel litt, sandte er mehr als Einmal Geschens ke. Den größesten Theil seines ansehnlichen Vers mögens hinterließ er seiner Schwester Tochter; seine musikalischen Schriften vermachte er Herrn Smith, von welchem die Oratorio's stets fortgesetzt werden." Und so 'ruhe, gewaltiger Mann, der mit seinen Tdnen einen Cherub vom Himmel hätte herabzwingen mögen! Ruhe auf deinem Brittischen Grabe in Schlafrock und Pantoffeln aus; die Lyra aber in deis ner Hand, die Flöte, und jedes deiner Instrumente verhalle nie dem nordischen Europa.

Da in Einem der vorigen Stücke vom Melodrama die Rede war, so mögen wir Håndels Andenk n nicht besser ehren, als wenn wir von der Gats tung reden, die Er so hoch empor brachte, dem

Oratorium und der Cantate.

Wie unterscheidet es sich vom Melodrama?

Specifisch; als eine reine Gattung, die ins Mes lodrama nicht überlaufen darf.

Ju griechischen Drama begleiteten Töne das Spiel,

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