Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

194

pagnirt!" Dergleichen Lobeserhebungen machen Kopf und Herz zum hohlen Resonanzboden, so wie Inhalt und Instrumente das Leben zum Fiddelbogen und zur Fiddel machten. Man streichet und streicher. Da Capo! Ancora! Elender Zweck der zweck losesten Wirkung! Haben im Reiche Plutons die Danaiden eine traurigere Uebung?

„Der Künstler (sagt Petron, wenn wir ihn fers ner anwenden dürfen a) hat hiebei die geringste Schuld. Sie müssen mit Unsinnigen rasen. Wollen sie nicht, wie Cicero sagt, im Theater allein gelassen werden, so müssen sie es wie die Schmaroker macher, die, weil ihnen nach den Mahlen der Reichen lüstet, auf nichts so sehr denken, als den Anwesenden das Gefälligste zu sagen. Dies können sie nicht anders, als wenn sie ihren Ohren irgend nachstellen. Hängt nicht auch der Fischer eben Das an den Hamen, was den Geschmack der Fische reizet? Thut ers nicht,

a) Minimum in his Doctores peccant, qui necesse habent, cum insanientibus furere. Nam ni dixerint quae adolescentuli probent, ut ait Cicero, soli in scholis relinquentur; sicut ficti adulatores, cum coenas divitum captant, nihil prius meditantur quam quod putant gratissimum auditoribus fore; nec enim aliter impetrabunt, nisi quasdam insidias auribus fecerint. Sic magister, nisi tamquam piscator eam imposuerit hamis escam, quam scierit appe tituros esse pisciculos, sine spe praedae moratur in scopulo. Quid ergo est? Parentes objurgatione digni sunt, qui nolunt liberos suos severa lege proficeret,

Petron.

[ocr errors]

so sißt er hoffnungslos am Felsen. Wer ist also zu schelten? Die Eltern, die nicht wollen, daß ihre Kinder unter einem ernsten Gesez fortschreiten sollen." Wer für die Oper diese Eltern und Kin der sind, ist nach jedes Ortes Weise leicht zu erörtern. Klagt das allgelehrige und das allvergessende Pus blikum nicht an, als ob es nur für üppige Gefänge ein Ohr habe. Welch Stück unter Mozarts Come positionen ist in Deutschland öfter aufgeführt worden, als die Zauberflöte? Geschah dies ohne Ursache, ohne die doch nichts geschiehet? Nichts minder. So übel geleitet die Fabel, so übel gewählt die Worte feyn mögen, dem Unverständigsten schimmert der Ine halt der Fabel vor:,,Licht ist im Kampfe mit der Nacht; Jenes durch Vernunft, und Wohlthätigkeit, diese durch Grausamkeit, durch Betrug und Ränke wirs kend!" Auch die zwei Klassen höherer und niederer Gesinnung, in Bestrebungen und Liebe sind Allen bes greiflich. Und welche Gesänge blieben im Contrast diefer Scenen dem Publikum die werthesten? Gerade die immer erfreulichen, die moralischen, die edeln a). Wollet also nur ihr Eltern, daß eure Kinder unter einem ernsten Gefeß Fortschritte thun;" sie werden sie thun. Hängt gute Speise an den Hamen, ihr Fischer; die Fischchen (pisciculi) werden schon beissen.

a) Z. B. In diesen heilgen Hallen. Ein zartes Herz kann nicht betrüben. Wir wandelten durch Feuer und Flüten.

[blocks in formation]

Ein einzig- ausgestrichenes Wort beim Melodrama verbesserte Alles; das Wort: Divertissement." Das kostbarste Schau- und Hörspiel, ein zusams mengetragues Ideal aller Künste, das über die Natur selbst hinausgeht, dies zu einem Jnhalt: und wesenlosen Divertissement zu machen, ist Verrath ge gen die Natur, Kunst und Menschheit.

[ocr errors]

Selbst

amusiren kann es Euch nicht in seiner feel, und herzLosen Weise.,,Mein Bruder, (sagte jener zu lauter Amusemens eingeladne König) mein Bruder, der Kdnig hat mich zu Amusemens eingeladen; wann fans gen diese wohl an? Bisher habe ich mich nur ennuyiret." Er sprachs den Tag vor seiner Abreise reisete ab, unamusirt.

und

[ocr errors]

10.

Hånde I.

Das Oratorium und die Cantate.

Georg Friedrich Händel war ein Deutscher, 1684 zu Halle gebohren. In seiner zartesten Kindheit meldeten sich schon seine großen Anlagen zur Tonkunst, die nach geringer Unterweisung auf Clavier. und Orgel sich dergestalt auszeichneten, daß er in Weis senfels, wohin bald sein Vater ging, sodann in Halle, Hamburg, Berlin, bemerkt, und als Kind schon bewundert wurde. Er bildete sich unter Zachau, Buononcini, Agnello. Kaum fünfzehn Jahre alt ward er in Hamburg Director des Orchesters der Oper, und. componirte eine Almeria, eine Florinde, ging nach Italien, wo in Florenz, Venedig, Rom, Neapel Stücke von ihm mit Beifall gegeben wurden, und die berühmte Sängerin Victoria sich in ihn verliebte. Er kam zurück, trat zu Hannover in Kurfürstliche Dienste, ging über Düsseldorf, Holland, nach Eng land, wo er im glänzendsten Zeitraum der Königinn Anna mit einer Bewunderung empfangen ward, die ihn stolz, und wie die Britten sagen, oft hart und eigensinnig`machte. Er hatte das Glück für den Utrechter Frieden das Te Deum zu componiren, ges wann die Gunft des Adels, bald auch des Königes, schrieb prächtige Opern, und war eine Zeitlang der

[ocr errors]

Gott der musikalischen Bühne. Die Streitigkeiten und Partheien, die sich zwischen ihm und Buononcini, nachher mit Senesino, dann mit Porpora und Farinelli erhoben, über die man auch Swifts Sarcasmen kennet, brachten ihn nicht nur aus der Gunst der Großen, sondern auch um einen Theil seines Vermögens und seiner Gesundheit. Diese stellte ihm Aachen wieder her, und Drydens Alexanders Fest, das er nach seiner Rückkunft gab, schafte ihm nicht nur die Gunst der Nation wieder, (1736.) fons dern ward auch Ein Grundstein seines bleibenden Ruhmes: denn seine Opern und Sonaten find ver. hallet. Sein Alexandersfest dauret,

Den zweiten Grundstein legten die Oratorio's, die er in Gang brachte, weil er sie, wie sein Lebenss beschreiber sagt,,,dem augebohrnen Ernst der Engs lånder sehr angemessen erachtete.“ Sie sollten als dramatische Gespräche in Opernpracht aufges führt werden: dies ward aber, weil ihr Juhalt biblische Geschichte war, verboten. Ein glückliches Verbot, auch für die Kunst! denn nachhinkend der Oper hätte die Cantate ihren eigenthümlichen Charaks ter nie gewonnen, und schwerlich erschienen wåre sodann Håndels Messias. Dies große Stück, auf einfachen biblischen Worten beruhend, ist werth zu dauren, so lang Eine Saite gerührt, Ein Jnstrus ment angehaucht wird. Kält ward es zuerst in London, desto wärmer 1741 in Dublin empfangen; se't

« ZurückWeiter »