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mit Eifer für die fernere Aufnahme desselben arbeiten; Arbeits samkeit und Fleiß werden sich ermuntert fühlen; der Erfins dungsgeist wird erweckt werden; die Nahrungsmittel werben vermehret, der Dürftige wird zur Erleichterung des Staats sich selbst seinen Unterhalt verschaffen, und die Seinigen wiederum zu nüßlichen Gliedern desselben auferziehen können; überall werden sich neue Quellen des Seegens hervorthun, und der große Seegen, der auf dem Lande ruhen wird; — kein Seufzer, ‹Die Gerechtigkeit erhöhet ein Volk,

Aber, M. 3. alle Vorstellungen von dem glücklichen Einfluß dieses allgemeinen Wohlwollens werden allemal nur ein Spiel unsrer Einbildung seyn, woran wir uns vielleicht ergohin, wodurch wir auch vielleicht gerührt werden, wozu wir uns vielleicht auch, so lange die Vorstellung lebhaft ist, entschließen; aber unsre Entschließung wird nie zur Thätigkeit kommen, sie wird in leeren Worten und Wünschen sich vers lieren, und unser Land wird die gepriesenen Folgen vergeblich erwarten, so lange wir nicht zugleich von dem höhern Geiste einer allgemeinen Liebe zur Ordnung und zur Tugend beseelt find, und dieser Geist die Herrschaft über unsre Leidenschaft ten nicht bekommen hat. Diese gewissenhafte Ehrerbietung für die Tugend ist der einzige wahre Grund der åchten Mens schenliebe, und ohne diese ist alles, was wir Menschenliebe und Patriotismus nennen, nichts als prächtige leere Worte. Wahres Wohlwollen und unbeherrschte Leidenschaften können unmöglich beisammen seyn. Denn wo sollen die edlen groß müthigen Gesinnungen, die die allgemeine Wohlfahrt und die Menschenliebe erfodern, ihre Wirksamkeit hernehmen, so lange die Unersåttlichkeit der Begierden jenen alle Nahrung entzieht? Alle unordentliche Leidenschaften verengen das Herz, und machen das an sich zärtlichste hart und empfinds lich. Und wenn wir uns auch von den besten und edelsten Trieben belebt fühlen, so wird jener Unersåttlichkeit, unsrer Großmuch allezeit die Mittel aus den Hånden stehlen, die

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wir der Wohlfahrt des Nächsten oder des Vaterlandes gewiss met hatten, und diesen nichts als leere großmüthige Wünsche übrig lassen. Diese ernsthafte und allgemeine Hochachtung für die Tugend muß also unsre sinnlichen Leidenschaften erst beherrschen, ehe die Gesellschaft, worin wir uns befinden, von unserm Wohlwollen die wohlthätigen Wirkungen fich versprechen kann. Wenn aber diese fittsame Regelmäßigkeit der herrschende Geist eines Volks ist, und Mäßigkeit, Ords nung und Zucht die ersten heiligen Pflichten in den Famillent find, worauf die Jugend gleich zuerst gebildet, und gegent die Verführung gesichert wird: dann wird die göttliche Kraft der Tugend, die fie unmittelbar vom Himmel hat, auf alle Stånde und auf alle öffentliche und Privatgeschäfte allemal thren sichern gesegneten Einfluß haben: da hergegen ohne sie, die Sünde mit ihrem unglücklichen Gefolge von Unmäßigs keit, Unenthaltsamkeit, Leichtsinn und Verschwendung, das gesegneteste Land verwüßten, und die ergiebigsten Quellen ers schöpfen muß, die allen Ständen ihren nåhrenden Zufluß ers theilen könnten. Öhne Tugend können zwar auch gewisse wohlgewählte Anstalten ihre Wirkung haben. Die schönen Künste tönnen herbet gerufen, die Industrie kann erweckt, Handel und Gewerbe können erweitert werden, und einen größern Zufluß von Reichthum verursachen. Aber der Stegen wird dennoch fehlen. Die schönen Künste werden den Leicht, Finn nur so viel mehr reißen, der vermehrte Handel wird der Heppigkeit nur so viel mehr Nahrung zuführen, der Reich, thum wird die Unmåßigkeit und Verschwendung nur so viel unersåttlicher machen, und den Untergang des Landes so viel eher beschleunigen. Die Tugend ist die Gesundheit des. Staats, und hat ihren Einfluß auf den ganzen Körper. Sie belebt, fie nåhret, sie stårkt alles, sie hålt alle Theile die stärkern und schwächern, in ihrer gehdrigen Verbindung und Wirksamkeit, und beffert die zufälligen kleinen Unordnungen ohne fremde Hülfe, bloß durch ihre innere gute Natur. Aber bei einer herrschenden lasterhaften Sinnlichkeit sind alle Ber mühun,

mühungen, ein Land in Flor zu bringen, oder nur von seis nem Untergange zu retten, vergebens. Das Laster hat auf alle Theile seinen tödtlichen Einfluß; es entkräftet die wohlt thårigsten Anstalten, vergifter die edelsten Säfte, greift alle Nerven des Staats an, und der Staat stirbt entweder an Enttråftung, oder in Convulsionen, Denn was einzelne Personen, einzelne Häuser und Familien glücklich oder unt glücklich macht, das befördert auch den allgemeinen Flor oder ben Untergang eines Landes.

palding.

Johann Joachim Spalding, Oberkonsistorialrath zu Berlin, geb. au Triebsees, 1714. Den Namen dieses würdigen, bells Denkenden, sanften und verdienstvollen Mannes, und eine Probe feiner mußterhaften Kanzelvortedge, sehe ich hier gleich nach seines verewigten, vertrauten Freundes Namen und Probe mit defto größerm Vergnügen, da der edle Greis nicht nur noch feines fødten Lebens, fondern auch einer seltnen Heiterkeit und Thätigkeit des Geistes zu genießen fortfdhrt. Ueber alle feine Schriften verbreitet fich licht, Faßlichkeit, Gefühl und Eleganz in einem sehr vorzugs fichen Grade; und feine Predigten leisten das ganz, was er selbst in seinem lehrreichen Buche, über die Nugbarkeit des Predigts amts und deren Beförderung als wesentlichste Eigenschaft der Kanzelvorträge fodert. ,,Man könnte, sagt er, das eigentliche charakteristische Merkmal einer guten und ihrem Zwecke gemdken Predigt darein feßen, daß der erste dadurch erregte lebhafte Ges Dante, ganz von dem Herzen gefühlt, der fevn müsste: Wie wahr ist das! Und nachher vielleicht je später nachher, desto bess fer tönnte die zweite Empfindung sich dußern: Wie schön ist das gesagt!" In seiner 1786 gedruckten Predigt, von der Einigkeit in der Religion, heifft es unter andern :

Vor allen Dingen lasset uns ja der wahren wünschenswürs digen Religionseinigkeit durch eine liebreiche vertragsame Dulk bung beförderlich seyn, und zu dem Ende bei uns selbst und bei andern auf alle Weise dahin ftreben, daß der unselige Geist des Hasses und der Feindschaft gegen unsern Nächsten wegen nicht gleicher Glaubensmeinungen und Glaubensber

tennts

Lenntnisse immer mehr unter den Chriften vertilget werde. Es ist für ein gutes Gemüth eine der traurigsten Empfins dungen in der Welt, zu sehen, wie die Menschen sich von jeher in diesem Stücke zu einem so ganz verkehrten Sinn und Verfahren haben können hinreissen lassen. Sie halten

das für eigentliche, zur Seligkeit nothwendige Uebereinstim mung in der Religion, daß andere auch durchaus mit ihnen in den Vorstellungen von Kirchenlehren, in der Benennung nach einer und derselben Kirchenparthei, in den bei ihnen gewöhnlichen Ausdrücken und Formeln über gewisse Glaus bensmaterien, so gar wohl in dem Gebrauch von einerlei äußerlichen gottesdienstlichen Ceremonien, bei welchem Allem sich doch nicht der geringste schädliche Einfluß einer solchen Verschiedenheit, 'weder zur Verschlimmerung noch zur trosts |losen Beunruhigung menschlicher Seelen denken låsst, einig seyn müssten; und wo sie das nicht finden, wo sie sich zum Theil auch nur von andern einen blinden Argwohn und Vers dacht der Irrgläubigkeit gegen Jemand beibringen lassen, von welcher fir selbst im Grunde nichts verstehn, da er erlauben Sie sich schon bloß deswegen den bittersten gehåßigsten Widers willen gegen einen Jeden, der anders, als sie glaubt oder spricht. Der ist dann in ihren Augen ein von Gott selbst gehaßter und verworfener Mensch, und so wird er auch ohne Bedenken von ihnen als ein Feind behandelt, weil sie ihn für einen Feind Gottes halten.

So die heiligen Bande der Liebe und Eintracht unter Menschen zu zerreissen, so, unter dem Vorgeben des Eifers, für die Religion und reine Lehre, zu hassen, zu krånken, zu verfolgen, das ist die äußerste Schändung und Veruns ehrung, die jemal dem Christenthum und dem sanftmüthigen, liebreichen Stifter desselben zugefügt werden kann. Denn wenn irgend etwas der Billigkeit im Urtheilen, die uns in dem Evangelium Jesu Christi so dringend und als eine wes fentliche Frucht unsers Glaubens empfohlen wird, augens scheinlich widerspricht, so ist es Haß um Meinungen willen

gegen

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gegen Andere, an beren Herzen und Wandel wir doch sonst nichts Böses zu finden wissen. Es ist die äußerste, Veckehs rung aller Begriffe, aus bloßen, von keinem Einflusse will kührlicher Neigungen und Vorsäge herrührenden, Meinun gen des Verstandes, durch welche an und für sich der Mensch weder besser noch schlimmer, und an seiner Seele weder glücklicher noch unglücklicher wird, eigentliche Tugenden oder Sünden zu machen; so dagegen gesinnet zu seyn, und sie so zu behandeln, als wenn sie unmittelbar Verdienst oder Schuld bei sich führeten. Und wenn freilich, auch bet einer an sich unschädlichen Meinung, die Gesinnung und Absicht dessen, der sie hat, unrecht und strafbar seyn mag, wer uns ter uns Menschen wird sich doch, ohne hinlängliche Beweise `aus den Reden und Handlungen unsers Nächsten, und also ohne das göttliche Vorrecht der Herzenstunde, heraus nehmen können, leidglich aus dem, was uns in seiner Dens kungsart irrig dünkt, auf ein unlauteres oder verderbtes Herz zu schließen, und von ihm zu sagen: darum, weil er über diesen oder jenen Saß, der zur Religion gerechnet wird, nicht so denkt, wie ich und die von meiner Parthei, darum muß er, aus Gleichgültigkeit und Leichtsinn, die Wahrheit nie mit Ernst gesucht, oder, aus Eitelkeit und Neuerungs sucht, sie mit Fleiß aus den Augen geseßt, oder wohl gar mit bösem Willen, und zur vorsäglichen Begünftigung einer lasterhaften Freiheit, bei sich unterdrückt haben; darum muß er ein schlechter strafwürdiger Mensch seyn? Wie viel lieblose argwöhnische Gemüthsart gehöret nicht erst dazu, um so zu urtheilen, da doch Verschiedenhelt im Denken und allenfalls wirklicher Irrthum in unzählichen Fällen, aus ganz andern und weit unschuldigern Ursachen entstehen kann? Gott allein kennet und richtet in solchen Fällen, wo es uns an äußerlichen Erkenntnißgründen und Anzeigen fehlt, das Innere des Menschen, und wenn er da die uns verborgenen Quellen seis ner irrigen Meinungen unrein und strafwürdig findet, fo wird dem Irrenden dies Gericht des Allwissenden schwer ges

nug

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