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mit achter lucianischer Laune geschrieben, von ähnlicher Tens denz, und ein wirksames Heilmittel wider die Ansteckung schwärmerischer Köpfe, und eitler Vorspiegelungen geheimer Gesellschaften. Von ihm sind auch die meisten Feens und Geiftermåhrchen in der zu Winterthur, 1786 bis 89, in drei Bånden, unter der Aufschrift, Dschinnistan, ers schienenen Sammlung; Erzählungen, die alle ihre frühern Mitschwestern weit hinter sich zurücklassen.

v. Haller.

Ohne Zweifel würden die ausnehmenden Verdienste dieses unvergeßlichen Gelehrten nichts von ihrem Glanze vers lieren, wenn die Vergessenheit völlig kritischen Grund håtte, in welche seine drei politischen Romane, die er gegen das Ende seiner schriftstellerischen Laufbahn schrieb, gerathen zu seyn scheinen. Wenn man aber auch an diesen drei Wers ten: Usong, Alfred, Fabius und Kato, nicht den anziehenden äußern Reiz findet, der Werken dieser Art gewöhnlich mehr Beifall verschafft, als ihr innerer Gehalt; so sollte man sich dadurch noch nicht zur Verkennung ihres eigentlichen Zwecks und wirklichen Werths berechtigt halten. Das gerechteste Urtheil über diese Arbeiten fällt ein einsichts voller Kunstrichter bei Gelegenheit der leßtern: *) „Usong und Alfred find politische Romane, die zu den besten und vollkommensten ihrer Gattung gehören. Ihr Plan ist mit einer leichten und schönen Einfalt geordnet; die Begebenhei ten find auf das natürlichste an einander gereihet; die Chas raktere find ungemein abstechend und vollständig gezeichnet; die Reden und Handlungen auf das richtigste nach den Ges sinnungen der handelnden Personen abgemessen; und die Sprache hat einen Adel, eine Stärke und Kürze, die wir

*) N. Biblioth. b. sch. W. B. XVII, S. 216,

bet

Bei mehr deutschen Prosaisten zu finden dußerst wünschten. Und was vermissen denn also einige scharfsinnige Kritiker noch an diesen Romanen? Etwa eine gewisse Lebhaftigkeit in den Schilderungen der finnlichen Gegenstånde? ein glåns des, spielendes Kolorit in den Beschreibungen der verschiedes nen Bendungen von Empfindung und Leidenschaft? ein ges wisses Auffallendes in Sprache und Bildern? eine Laune des Dialogs? Allein, hatten sie auch Recht, alles dieses aus einer besondern, fast möchten wir sagen, individuellen Klasse von Romanen in das Ideal eines Romans zu übers tragen, und nun nach diesem Ideal die Romane des Hrn. . H. zu beurtheilen? Haben politische und moralische Ro mane nicht vielleicht eine wesentliche Verschiedenheit, die jene Tadler könnten übersehen haben?" u. f. f. Bei dies fer Gelegenheit wird dort dieser Unterschied überaus lehrreich aus einander gesetzt. Der leßte dieser Romane, Fas bius und Rato, ist bloß historisch, aber auch so betrachs tet, musterhafte Geschichtserzählung, unterwebt mit den reifsten Gedanken und edelsten Bemerkungen, Vielleicht

wäre die Wirkung dieser Werke weit größer, und ihre Lesung weit allgemeiner geworden, wenn sie während der gegenwärs tig herrschenden politischen Stimmung des Publikums er schienen wåren. Es finden sich in ihnen viele jeßt mehr zur Sprache gebrachte Gegenstände, deren Erörterung desto uns partheitscher war, da Zeitumstånde und neuere Vorfälle, oder partheiische Rücksichten und Meinungen, keinen Eins fluß auf sie hatten; desto mehr aber verdienen sie auch von dem unbefangnen Wahrheitsforscher wieder zur Hand ges nommen zu werden.

Nicolai

Friedrich Nicolai, Buchhändler, und um die deutsche Literatur und Kritik, långst verdienter Gelehrter zu

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Berlin; geb. daselbs, 1733. Belehrung und Unters haltung, Ernst und Laune, sind im feltnen Grade in seinem Leben und Meinungen des Herrn Magisters Sebaldus Nothanker vereirigt; und vielleicht giebt es wenige neuere Dichtungen, die im Stillen vortheilhafter auf Beschẳmung der Schwäche und Unvernunft, auf die Dåmpfung des geiftlichen Stolzes und unduldsamer Hårte, und auf die Abstellung mancher literarischer Mißbräuche ges wirkt haben, als dieser. Um aber dieser Wirkung nicht zu verfehlen, bedürfte es auch des vorzüglichen Maaßes von Menschenkunde und vorgängiger scharfer Beobachtung der vielfachen Wendungen und Kunstgriffe, deren sich Frommes lei und Vorurtheil, Dünkel und Selbstgefälligkeit, zur Vers larvung ihrer wohren Gestalt, und zur Erreichung ihrer eigennüßigen und selbstsüchtigen Zwecke bedienen. Mit dies sem vollen Besiße seines Stofs, und aller zu seiner Behands lung beitragenden Hülfsmittel, verbindet der Verfasser die Gabe, für jedes seiner Gemålde das zweckmäßigste Kolorit zu treffen, den Ton seiner Erzählung nach Erforderniß und We viel der Gegenstände abzuåndern, das Belachenswerthe durch Witz und treffenden Spott in sein gehöriges komisches Licht zu stellen, und, wenn es Noth thut, Herz und Ge fühl lebhaft zu bewegen, und in der angeregten Empfindung zu unterhalten. Ungeachtet mancher nähern Beziehung auf die Zeitperiode, in welcher dieser Roman erschien, und auf manche jeßt anders gewordne Vorfälle und Sitten, die allers dings die damalige Wirkung des Buchs verstårkten, bleibt doch immer noch allgemeines Interesse genug darin, um est für jede Zeit und für jeden gebildeten, auf mehr als leeren Zeitvertreib ausgehenden Leser, anziehend und unterhaltend zu machen. Mehr von Zeit und Umständen Abhängiges haben seine Freuden des jungen Werthers, aber heilsam und nicht ohne guten Erfolg war die ihnen eingelegte Satire auf den damaligen Unfug aufbrausender Köpfe, die allen Regeln und Beschränkungen der Sprache und des Geschmacks

Geschmacks Trog boten.

Die Manier des Nothankers,

nur noch mehr zum Satirischen und Komischen hinauf ger stimmt, findet man wieder in der Geschichte eines diks ten Mannes, worin drei Heirathen und drei Körbe, nebst viel Liebe. Die treffende Wahrheit

und Natur, die man auch hier in den Charakteren, Hand, lungen und Reden wahrnimmt, verrathen überall den Schriftsteller,

Qui mores hominum multorum vidit et urbes. Der moralische Zweck dieser Dichtung ist unverkennbar, und vornehmlich wider Leichtsinn, Unthätigkeit und Unbestimmts heit des Willens in den frühern Jahren des Lebens gerichtet, die nur allzu oft mächtige Hindernisse des spåtern Glücks und Lebensgenusses werden. Je herrschender jene Fehler in unserm Zeitalter sind, desto heilsamer war ihre lebendige Schilderung mit Wiß, Spott und Laune, die in diesem Romane reichlich strdmen, und sich nicht selten auf andre Gebiete der Untugend und Thorheit ergießen, die mit jenem zusammen grånzen. Uebrigens konnte es die Absicht des Verfassers wohl nicht seyn, das Studium der kritisch - praktis schen Philosophie selbst durch seine gelegentlichen Ausstelluns gen und Anspielungen, sondern nur ihren Mißbrauch, lächerlich zu machen.

v. Göthe.

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S. 6. VII, S. 636. In seinen Leiden des jungen Werthers besigen wir eins der herrlichsten Meisterstücke der deutschen Prose, eine schäßbare, nahrhafte Frucht des achten Genies, der wärmsten Empfindung, und der lebendigsten Darstellung. In der neuen Ausgabe der Göthischen Schriften hat dieß Wert', sowohl durch Wegs laffungen, als Abänderungen und Zusäße, noch mehr Volls endung erhalten. Der Sittlichkeit gefährlich und den Eins gebungen

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gebungen des Selbstmordes beförderlich, kann es nur denen scheinen, die den wahren Gesichtspunkt der ganzen Darstels lung verkennen, der vielmehr auf Warnung und Abschrekt kung von einem zu grånzenlosen Nachhange der Empfindsamkeit und schwärmerischen Liebe gerichtet war. Lessing hatte indeß wohl nicht Unrecht zu wünschen, daß der Verfasser, dessen große Talente er ungemein schäßte, ein paar Winke Darüber gegeben hätte, wie Werther zu einem so überspanns ten und abentheuerlichen Charakter gekommen sey, und wie ein anderer Jüngling, dem die Natur eine ähnliche Anlage gegeben, sich davor zu verwahren habe. Denn ein solcher, fagt er, dürfte die poetische Schönheit leicht für die moras lische nehmen, und glauben, daß der gut gewesen feyn müsse, der unsre Theilnehmung so start beschäftigt. Und das war er doch wahrlich nicht. *) Mit Ungeduld

wartet jeßt das deutsche Publikum auf ein neues Werk Dieser Art von diesem seinem Lieblingsschriftsteller, welches unter der Aufschrift: Meißter Albrecht's Lé hr jahre, angekündigt ist.

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Dusch.

Als prosaischer Schriftsteller zeigte sich dieser treffliche Lehrdichter in seinen jüngern Jahren minder vortheilhaft; seine Moralischen Briefe zur Bildung des Her zens hatten einen zu blumenreichen und geschmückten Auss druck; und der reinere Geschmack ließ ihnen Gerechtigkeit wiederfahren, wenn er sie vergaß. Aber in der Geschichte Karl Ferdiner's, die zuerst in sechs Theilen erschien, wusste er sich Geschmack und Kritik wieder auszusöhnen; sie gehört gewiß zu der bessern Klasse deutscher Romane, von Seiten der Erfindung sowohl als der Einkleidung, und hat

*) Sämtliche Schriften, Th. XXVII, S. 65.

noch

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