Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

de Percel, oder Fresnoy scheint indeß hierüber niche lange verlegen gewesen zu seyn; er macht gleich mit den pros saischen Dichtungen der Griechen den Anfang, obgleich diese gewiß wohl eben so unzähliche Borgånger haben mochten, als Fie bisher Nachfolger hatten. Hier, wo nicht Vollständigkeit der Literatur, sondern nur kurze Würdigung der bekanntesten und besten Schriftsteller dieser Art unser Zweck ist, bleiben wir gleichfalls an dieser Gränze stehen.

II.

Griechen.

Lucian.

[ocr errors]

S. B. VI. S. 123. - Einige Werke dieses wißigen und phantasiereichen Kopfes find das Einzige, was uns aus dem wirklich klassischen Zeitalter an romanhafter Dichtung, in Prose vorgetragen, noch übrig ist. Daß es ehedem an mehrern dergleichen nicht fehlte, sieht man schon aus dem, was bei den Alten von den milesischen Fabeln und ihs ren Verfassern erwähnt wird, Bon jenen wissen wir indeß nur im Allgemeinen, daß sie verliebten und oft bis zur äuß sersten Anzüglichkeit muthwilligen Inhalts waren; und von diesen war Aristides aus Milet der berühmteste; wir ha ben indeß seine Erzählungen weder in der Urschrift mehr, noch in der von einem römischen Geschichtschreiber Sisenna verfertigten lateinischen Uebersetzung. Sehr wahrscheinlich aber ist die Manier dieser Fabeln noch in einigen Werken Lucian's zu erkennen, bei denen er jedoch auch andre Vors gånger hatte, z. B. den Antonius Diogenes, von dessen Liebesgeschichte und Reisen des Dinias und der Ders cyllis man einen Auszug beim Photius finder. Auch ein gewisser Lucius von Patras gehört in diese Klasse von Schriftstellern, obgleich, wie es scheint, nicht zu den glücks lichsten. Seine Verwandlungen der Thiere in Menschen,

aber auch mit mis Lucian erzählt, nach Theffalien ges

die er mit allzutreuherziger Leichtgläubigkeit erzählte, gab dem Lucian zu seiner Dichtung, Lucius, oder der Esel, Gelegenheit, die mit überaus viel Laune, lesischer Ausgélassenheit, geschrieben ist. er sey, um die Zauberkunft zu erlernen, reist. Hier habe er eine junge Zauberin gebeten, ihn in eis nen Vogel zu verwandeln; sie habe ihm aber die Gestalt eis nes Esels gegeben, ohne daß diese Verwandlung auf seine Geisteskråfte gewirkt håtte. Und nun meldet er die mannig. faltigen Schicksale, die ihn in dieser Lage trafen, bis er ends lich auf einen Schauplaß geführt wurde, wo er Rosen fand, die er fraß, und deren Genuß ihm wieder zu seiner, menschs lichen Bildung verhalf. - Apulejus hat in seinem goldnen Esel diese geistvolle Erzählung nachgeahmt und weiter ausgesponnen.

Auch die beiden Bücher wahrer Geschichte von Lucian gehören hieher, die aber, wie er gleich Anfangs selbst erklärt, nichts weniger als wahre, sondern lauter erdichs tete Begebenheiten enthalten, deren Erdichtung und Zusams menstellung mit Fleiß übertrieben und abentheuerlich gewandt ist. Seine Absicht gieng, wie er selbst sagt, dahin, Dich, ter, Geschichtschreiber, und selbst Philosophen zu verlachen, die so dreist Fabeln für Wahrheiten ausgeben, und von ents legenen Ländern denen, die sie nie besucht haben, alle mögs lichen Wunder und Lügen aufbinden. Ktesias und Jams bulus waren es vornehmlich, deren Geschichtserzählungen Lucian parodiren und im lächerlichen Lichte zeigen wollte.

Heliodor.

Von den Lebensumstånden dieses Schriftstellers, des vors züglichsten unter den noch vorhandnen sogenannten Erotis fern der Griechen, wissen wir, aus den Nachrichten des Kirchenhistorikers Sotrates nur, daß er im vierten und

[ocr errors]

D

zu Anfange des fünften Jahrhunderts gelebt habe, und Die schof zu Trikka in Thessalien gewesen sey. Seine 'A. Tina, welche die Geschichte des Theagenes und der Charitlea enthalten, schrieb er in seinen jüngern Jahren. Ich weiß sie nicht besser, als mit den Worten ihres treßlichen deutschen Uebersetzers, Meinhardt, zu würdigen: „In diesem Werte," sagt er, sieht man eins von den mehr delikaten als feurigen Genies, deren zarte Einbildungstraft, die sich gleichsam nur mit Blumen nåhrt, deren mehr fein als stark empfindendes Herz und gelafsnere Seele' vorzüglich in der Matur die Gegenstände fasst, die der anmuthigsten Farben fåhig sind, oder nach dem Modell ihres eignen lieblichen Idee als sie umbildet, und in ihre Farben gekleidet zurückgiebt. Diese Eigenschaften sind es ohne Zweifel, die Racine'n in seiner Jugend in diesem Nomane das ausserordentliche Vers gnügen gegeben haben, das uns allemal Bücher geben, in denen wir uns selbst finden, und das bei ihm so lebhaft war, daß es ihn bewegen konnte, nicht nur diesen Roman, wie bekannt ist, auswendig zu lernen, sondern sich auch seine Fabel zum Subjecte seines ersten tragischen Versuchs zu wähe Len. Aber zuin Unglücke sieht man an unserm Heliodor, neben diesen liebenswürdigen Eigenschaften auch hin und wies der Spuren von dem Geschmack der Sophisten, der Art von Gelehrten unter den Griechen, die aus dem Unterrichte der reichen Jugend ein Gewerbe machten, die durch ihren Stand. in die Nothwendigkeit gesetzt, zu gefallen, durch Künsteleien in der Aufführung, in der Philosophie, und in der Beredtfamkeit, oft den Beifall erhielten, den man dem einfachen Genie und der bescheidenen Tugend versagte, und die beson ders um die Zeit, da der Geschmack auch unter den Römern anfieng zu fallen, an die Stelle der natürlichen Schönheiten und, der edeln Simplicitắt, die uns in den åltern Schriftstel hern der Griechen so sehr einnehmen, den gehäuften Schmu& und die Schminke der falschen Beredtsamkeit einführten. Man weiß, daß in den Perioden des Geschmacks diese dieje

[ocr errors]

nige ist, durch die er zuerst von der Höhe seiner Vollkommens heit hinab sinkt, wenn es nicht etwa gar Völker giebt, die von der Stufe des Schlechten oder des, Mittelmäßigen, ges rade seitwårts einen Sprung auf diese lehte thun, ohne die höchste zu ersteigen. Man sieht in dem Werke Hes liodor's die Spuren des sophistischen Geschmacks von Zeit zu Zeit in gesuchten Antithesen, in rhetorischen Deklamatios nen, in allzu blühenden Beschreibungen. Aber neben diesen Fehlern findet man auch eine Menge natürlicher Schönheiten von höherer Art, und in weit größerer Anzahl, als bei al len den andern griechischen Romandichtern, von denen Hea liodor sich noch rühmlicher durch die reine Tugend unters scheidet, die sein Buch so oft einschårft, und nie einen Au genblick verlækt. Die Erfindung und die Anlage seiner Fabel find durchaus bewundernswürdig. Oft ausserordentlich und wunderbar, ohne die Wahrscheinlichkeit zu verlieren, was nåmlich nach den Vorurtheilen der damaligen Zeit Wahrs scheinlichkeit war, stark in einander geflochten, ohne sich zu verwirren, mit der feinen Verwickelung, die allmählich, durch unerwartete Wendungen, aber ohne Schwierigkeit, sich wies der auflöst, und das Ende des Fadens bis zur völligen Ents wickelung verborgen hålt, befriedigt und reizt sie zugleich die Neugier des Lesers vom Anfang bis zum Ende. Die Chas raktere der Personen sind mit großer Kunst und Richtigkeit ans gegeben und erhalten, und machen einen angenehmen Kons trast untereinander. Theagenes und Charitlea, die der Autor einander åhnlich haben wollte, selbst in der Tapfers keit, sind doch durch den Unterschied der Geschlechter, die Bescheidenheit und das weibliche Sanfte der Einen, und die männliche Kühnheit und Hiße des Andern, sehr fein abges stuft. Der atheniensische Leichtsinn und die Furchtsamkeit des Knemon, der standhafte Edelmuth und die Tapferkeit Des Thyamis, die schlaue Klugheit des guten alten Kalas firis, die Schwachheit des weichherzigen Charifles, die List der verrätherischen Cybele, die Wollust und die Graut

[blocks in formation]

ist

samkeit der Demanete und der Arface, diese, nebst vèr, schiedenen andern Charakteren sind alle nach der Natur ges shildert, und oft mit kleinen, gemeiniglich unbemerkten, Zů gen angegeben, die nur das Genie trifft. Die lasterhafte Liebe der beiden letztern, von denen diese den herrschsüchtigen Charakter einer persischen Prinzessin, jene den einschmeichelm den schlauen Charakter einer Athenerin, beständig behauptet, selbst auch die Thorheit der phantastischen Ist as und ihres unglücklichen Anbeters, kontrastiren sehr gut mit Chart tlea's tugendhafter Liebe, und haben den Charakter ber wahren Liebe, deren Schilderung vermuthlich die Hauptabs ficht des Verfassers gewesen. Seine Manier zu erzählen ist vortreflich. Er weiß meistens die unnüßen Umstände wegzui lassen, und diejenigen, so klein sie auch seyn mögen, mit gros Ber Richtigkeit zu wählen, die das Bild lebhafter und volls ständiger machen können. Daher glaubt man auch im Lesen bet allen den Begebenheiten, die er beschreibt, gegenwärtig zu seyn. Sollten auch die Sitten und Meinungen seiner Personen einige Leser zuweilen befremden, so müssen sie sich erinnern, daß es Personen aus sehr entfernten Zeiten und Ländern sind. Eben dadurch ist dieser Roman noch besonders schåßbar, daß er uns eine Menge treuer Gemälde von der Denkungsart, den Gebräuchen, den Vorurtheilen, dem Pris vatumgange dieser alten Völker giebt, und uns oft mitten unter sie versetzt. Nur die Entwickelung der Fabel scheint uns nicht so glücklich zu seyn, als uns ihre vorhergehenden Theile sie erwarten liessen. Sie ist zu sehr gedehnt, zu sehr mit unnüşen ünd wenig interessanten Umstånden überladen.“

Achilles Tatius.

Das Zeitalter dieses Schriftstellers ist ungewiß; vers muthlich aber lebte er im dritten oder vierten Jahrhunderte. Auch von seinen Lebensumstånden ist uns eben so wenig aufs

behals

« ZurückWeiter »