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wohnt, es als eine wichtige Pflicht der Geselligkeit anzusehn, das Gespräch nie fallen zu lassen. Ohne Zweifel ist auch diejenige Munterkeit des Geistes eine Vollkommenheit mehr, die dem Manne von Geschäften auch in seinen Erholungs. stunden eine gewisse Spannung, um andern angenehm zu wers den, erlaubt, ohne daß es der zu Ausrichtung seiner Arbeis ten nöthigen Anstrengung schade. Selbst die Begierde zu gefallen, wenn sie nicht die Schranken überschreitet, ist, ins dem sie den Menschen thätiger wacht zum Vergnügen andes rer beizutragen, ein Verdienst, das man ihm anrechnet. Auf der andern Seite ist es wahr, daß ein Mann, der vor dem Publilo auftritt, wie Zollikofer, und von der ganzen Gesellschaft, in der er lebt, Beifall und Dankbarkeit für seine gemeinnüßigen Arbeiten einerndet, leichter die kleinen Bes friedigungen des Ehrgeizes entbehren kann, welche ihm seine Fähigkeiten in engern Gesellschaften verschaffen würden, wenn er sich Mühe gåbe, sich darin zu zeigen. - Indessen, so wie dieser Zug des Charakters bei Zollikofern mit seinem übri gen gesammten Betragen verbunden war: so konnte man ihn ficher für das Zeichen eines ruhigen, über kleine Leidenschaft ten erhobenen Geistes halten, der nur dann sich lebhaft regt, wo er Absichten erreichen kann, und ruht, wo er nichts seiner würdiges zu erreichen hofft.

Es ist mir nicht leicht gelungen, an einem Manne den Fortschritt zur Vollkommenheit, in seinem Denken und in seinen Arbeiten, so wahrzunehmen, als bei Zollikofern. Es lag in ihm ein philosophischer Geift, eine Gabe feiner Beob, achtung in Sachen, die menschliche Handlungen und Fehler betreffen; eine richtige Urtheilskraft; die Fähigkeit seine Gedanken aufs deutlichste zu entwickeln; Anlage zum wahs ren guten Geschmacke in der Schreibart. Aber alle diese Fähigkeiten waren durch seine Erziehung nicht völlig ausger bildet worden. Seine Studien und seine Muster waren

nicht die vollkommensten gewesen. Die ersten Predigten',

welche

welche ich von ihm hörte, die selbst, welche das Publikum aus seinen frühern Jahren vor sich hat, enthielten noch viel entlehnte, nicht sehr durchdachte Begriffe, einen wort: reichen Ausdruck. Sie unterschieden sich immer von den ges meinen Aufsåßen dieser Art; aber sie fesselten noch die Aufs merksamkeit nicht, belehrten noch nicht in dem Grade, wie Zollikofer die Aufmerksamkeit fesseln und belehren fonnte. Aber wie sehr hob sich nicht Inhalt und Vortrag, der Geist und die Sprache seiner Predigten von Jahr zu Jahr. Wie viel reichhaltiger ist nicht, seit der Zeit, da ich zuerst nåher mit ihm bekannt wurde, und ihn also auch ge: nauer zu beobachten anfieng, sein moralischer Unterricht, wie viel gereinigter und gedrungener ist sein Styl geworden.— Diese Ausbildung feines Geistes hat bis auf die lehten Tage seines Lebens nicht aufgehört fortzugehen. Und wenn ich nicht irre: so sind die lehten Reden, deren Herausgabe er kurz vor seinem Tode veranstaltete, die vortrefflichsten unter allen.

In seinem moralischen Charakter war der Fortgang weniger merklich, weil er in der That hier schon früher der Vollkommenheit nahe war, welche seine Natur erreichen konnte, und weil überhaupt der Charakter eines Mannes, und dessen kleine Abänderungen andern Menschen nicht so deutlich in die Augen fallen, als die Saben seines Geistes. Indessen diejenigen, welche durch eine Reihe von Jahren auf Zollikofern aufmerksam gewesen sind, werden, glaube ich, gefunden haben, daß sein Ernst sich immer mehr und mehr mit Zärtlichkeit, seine strengen Grundsäge mit sanften Ges fühlen mischten: daß er alle ursprüngliche Soliditåt seines Charakters behielt, und zugleich immer gefålliger, angeneh. mer, munterer wurde.

Ein Volkslehrer ist nicht dazu bestimmt, die Wahrheiter von ihren ersten Elementen an zu untersuchen, sondern diel,

welche

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welche von allen vernünftigen Menschen anerkannt werden; oder sogleich anzuerkennen sind, als man ihren Sinn gefasst hat, und die zugleich praktisch nüßlich sind, vorzutras gen, ins Licht zu stellen, und ans Herz zu legen. Demohus erachtet ist der, welcher die Natur auch in ihren Tiefen er, forscht hat, wenn er davon mit einem nicht von Zweifelsucht umwölkten Gemüthe zurück kömint, am fåhigsten, die mehr auf der Oberfläche derselben sich offenbarenden Weisheitss und Tugendlehren mit Gründlichkeit, und unter den rechten Gesichtspunkten andern vorzutragen. Zollikofer vermied forgfältig in seinen Predigten alle für gemeine Fassungskraft, oder für die bei den meisten Zuhörern vorauszusekende Uebung im Denken, zu schwere Untersuchungen. Aber man erkennt an der Kraft und Klarheit, mit welcher er die pos pulären Materien der Sittenlehre vortrågt, daß er auch die ersten Gründe derselben durchdacht hatte. Er beunruhigt seine Zuhörer nicht mit Zweifeln, welche die Ueberzeugung des Ungelehrten immer erschüttern, auch wenn sie nicht ganz verstanden werden, da hingegen die Auflösung den Schaden nur dann wieder gut macht, wann sie völlig eingesehen wird. Aber daß seine eigene Einsicht in die Religion und Moral mit der Kenntniß der Schwierigkeiten, welche bei der Ers gründung derselben vorkommen, oder der Angriffe, welche sie von jeher erlitten haben, verbunden war, dieß zeigte er, ins dem er seinen Säzen diejenige Bestimmtheit im Ausdrucke, seinen Beweisen diejenige Bündigkeit gab, die nur die Folge einer vorhergegangenen Abwägung der Gründe und Gegeng gründe seyn kann.

Wenige Prediger haben vor ihm es gewagt, so specielle Verhältnisse, Pflichten, Fehler, Gewohnheiten, Vergnü gungen des häuslichen und gesellschaftlichen Lebens auf die Kanzel zu bringen: noch wenigere haben sie zugleich mit der Würde, mit der Fruchtbarkeit an wichtigen Belehrungen, mit einer so natürlichen Beziehung auf Religion zu behans

deln gewusst, als Zollikofer.

Seine Moral ist nicht das,

was man so oft von den Vorschriften der Männer seines Standes gesagt hat, gut für die Kanzel, aber unausführbar in der Welt, und unbrauchbar für das Leben. Er unters scheidet das Gute, was zu wünschen wåre, von dem Guten, was bei der gegenwärtigen Einrichtung der Welt, und unter folchen Umständen der Gesellschaft, zu erwarten ist; und giebt Anweisung, wie man dieses erreichen, und jenem fich nåhern könne. Das leichteste in der Sittenlehre ist, die Pflichten der Menschen im Allgemeinen zu finden, das schwerste ist, die Verschiedenheiten der Umstände aufzuzählen, durch welche diese Pflichten eingeschränkt werden, und die Hindernisse, die ihrer Ausübung im Wege stehn; das Eigenthümliche der verschiedenen Stände so zu kennen, daß man die besondern Neigungen, welche Personen aus jedem derselben haben, die Versuchungen, denen sie ausgesetzt sind, und die Bewegungsgründe, welche auf sie den meisten Ein bruck machen. voraus sehe, und seine Anweisungen nach dies sen Verschiedenheiten einrichte. Alle allgemeine Vorschriften machen wenig Eindruck. Zuerst sind sie zu bekannt, und werden deswegen schon obenhin angehört. Dann scheinen siè zu strenge: und wenn man einmal sieht, daß Ausnahmen davon gemacht werden müssen, so fångt man an, an ihrer Verbindlichkeit überhaupt zu zweifeln. Endlich sind der Fälle weniger, wo man recht lebhaft an sie erinnert wird. Hingegen zieht das, was genau auf unsre Sitten, Verfass sung, Lebensart paffet, als Gemählte der Welt, unsre Aufs merksamkeit an sich; es macht unser Gewissen mehr rege, ins dem es uns die Möglichkeit der Ausführung erkennen låsst; és findet endlich in jedem Tage so klare und schickliche Ans wendung, daß es ungerufen ins Andenken zurück kehrt. Biele von Zollikofers Predigten sind zugleich Schilderungen unserer Zeit und unserer Sitten. Er fannte und lehrte die Tugend nicht in abstrakto: sondern so wie sie an seinem Orte, unter den Menschen, vor welchen er auftrat, in diesem

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τινὸς ἀνάγκης τυχών με παρὰ σε δεομένην ἔτω καλῶν καὶ δι καίων μή πείθεσα δὲ τί φείδομαι τῆς ἐχάτης ἐλπίδας ; καὶ ταῦτ ̓ εἰπᾶσα προσπίπτει τοῖς ποσὶν αὐτὸ μετὰ τῆς γυναικός ἅμα καὶ τῶν τέκνων. ὁ δὲ Μάρκιος αναβοήσας. Οἷα εργασαι με, μῆτες! ἐξανίσησιν αὐτὴν, καὶ τήν δεξιὰν πιέσας σφόδρα Νενίκηκας, εἶπεν, εὐτυχῆ μὲν τῇ πατρίδι νίκην, ἐμοὶ δ ̓ ὀλέθριον. ἄπειμι γὰρ ὑπὸ σὲ μόνης ἡττώμενος. Τέτο δ ̓ εἰπῶς, καὶ βραχιο χέα τῇ μητρὶ καὶ τῇ γυναικὶ διαλεχθεὶς ἰδίᾳ, τὰς μὲν ἀπέ πεμψεν εἰς Ρώμην πάλιν, αὐτὰς δεομένας, τῆς δὲ νυκτὸς παρ. ελθέσης, απήγαγεν Οὐολάσκας, ὁ τὸν αὐτὸν τρόπον, ἐδ ̓ ὁμοίως διακειμένες άπαντας. οἱ μὲν γὰρ ἐμέμφοντο καὶ τὸν ἄνδρα και τὴν πρᾶξιν, οἱ δ ̓ ἐδέτερα, πρὸς διάλυσιν καὶ εἰρήνην οἰκείως ἔχοντες. ἔνιοι δὲ δυχεραίνοντες τὰ πραττόμενα, τὸν Μάρκιον ὅμως ἐ πονηρὸν ἐνόμιζον, ἀλλὰ συγγνωςον, ἐπικλαπέντα τηλέα καύταις ἀνάγκαις. αντᾶπε δ ̓ ἐδεῖς, ἀλλὰ πάντες ἄποντο, τὴν ἀρετὴν μᾶλλον αὐτὸ θαυμάζοντες, ἢ τὴν ἐξεσίαν.

Beisp. Samml. 8 B. 2. Abth.

Stepos.

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