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ihre Consommés à la Cardinale, ihre C-les d'agneau frites nicht ausstehen. Lieber Herr »Pastor, wir müssen bedenken, daß wir »Deutsche sind. Wir können uns zwar die »guten französischen Brühen gefallen lassen, »aber unsere Speisen felbst müssen ächt deutsch »seyn. Ich weiß was in allen deutschen Pro: »vinzen das Beste ist. Wenige Leute verster »hen z. B. hier zu Lande, was eine pommerische große Mürane Ellen lang, oder »eine Flinder von der Insel Hela, oder ein »berlinischer Sander für Dinge sind, die habe »ich sonst posttäglich bekommen. Aber jet "Herr Pastor, jest ist alles aus! Ich habe »mir im vorigen März aus Hanau eine kalte »Pastete, und aus Frankfurt am Maŋn einen »gewürzten Schwartenmagen. kommen lassen, den haben die preußischen Husaren bey Fulda aufgefangen; welcher Teufel soll denn auch »denken, daß die Kerle schon im März aus »den Winterquartieren seyn werden? Jm vo »rigen Oktober sollte ich Krammetsvögel vom »Harze bekommen, die hatten sich die Luck »nerischen Husaren wohl schmecken lassen, Im Februar habe ich Fasanen aus Böhmen, vers fchrieben, ja! wenn nicht die Gräniger bei

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»Wilsdruf gestanden hätten! Die Franzosen machens nicht besser. Meine westphälische »Schinken, und den Champagner, worin ich »fie wollte kochen lassen, haben sie im vori= n Monate in Bielefeld geplündert. Da •»sieht mans klar, daß es ihnen mehr um die »westphälischen Schinken, als um den west »phälischen Frieden zu thun ist. Ich ließ mir »Kaviar aus Königsberg kommen, da haben »>die Russen die Post beŋ Kößlin angehalten, und ihn ben Kolberg auf die Flotte gebracht. »Ich möchte nur wissen, was mein Kaviar »auf der Flotte zu thun hätte, ich habe niez >>mals ein Korn davon zu kosten bekommen. »Jest habe ich aus Sonnenburg Krebse rer»schrieben, Herr Pastor, dies sind die schön>>sten Krebse an Größe und an Geschmack; »aber die werden wohl die Schweden speisen, »>denn das Frankfurtische Staats- Ristretto »schreibt, sie würden nächstens in Berlin seyn. »So sind wir allenthalben mit Feinden um. »geben, die uns uns alles wegnehmen. Kein » Wunder wenn wir schon ganz ausgehun= »gert find!<< Indem er das ́ fagte, kam der Kammerdiener, und fragte, ob es Sr Hochz gräflichen Gnaden gefällig wäre, das Früh

stück zu sich zu nehmen. »Ja,« sagte der Graf, und gebt noch ein Couvert für den

Herrn Pastor. Sie müssen wissen, fuhr er sfort, daß ich meinen Küchenzettel zu Mit»tage und Abend selbst mache, aber das Früh »stück zu wählen überlasse ich meinem Koche; »der sinnet denn, mir jeden Tag etwas neues »zu machen: das ist mir unerwartet und ́reizt »ein wenig den Appetit. Wir wollen einmal »sehen, was wir heute zum besten haben. »Aha! einen Kapaun und mit Trüffeln ges »füllt, nicht übel, hier haben Sie Herr >>Pastor!« Hiemit legte er dem Sebaldus ein Stück vor, und nun ging weiter kein Wort aus seinem Munde, so daß Sebaldus, nachdem er ein paar Bissen verzehrt hatte, Zeit genug bekam, seine und seiner Familie Noth vorzutragen. Der Graf schüttelte da bey den Kopf, sagte mit vollem Munde man= ches Hm, und brach endlich aus: »Herr Pa: aftor, ich wüßte nicht wie ich Ihnen helfen "follte, die Zeiten sind gar zu elend. Ja! »>wenn die preußischen Einfälle nicht wären! >>Stellen Sie Sich nur vor, daß gestern der »Rittmeister, der eine Meile von hier auf »Postirung stehet, sechzehn Stück Rothwild

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»>pret in meinem Holze hat schießen lassen, »und noch dazu meistens Riecken. Da möchte ́»man vergehen, jezt in der Sehzeit.« · Ses baldus versicherte Se Gräfl. Gnaden, daß er von Ihnen keine weitere Unterstüßung perlangte, als nur Dero hohes Vorwort beŋ dem Konsistorialpräsidenten, damit er nicht aus der Pfarre geworfen werde. >>Ja so!« verseßte der Graf, »mein Vorwort wollen »>Sie haben? Ich bedaure, daß ich Ihnen das »>mit nicht dienen kann, denn ich komme jezt »gar nicht mehr nach der Stadt; sehen Sie, »man ißt da gar zu erbärmlich, zumal beym »Präsidenten, dem komme ich in meinem Le»ben nicht wieder. Er hat mir vor einem »>halben Jahre eine Zwiebelsuppe und darin >>kleine nürnberger geräucherte Würste vorges "fest, ich begreife gar nicht, wie eine mensch, >>liche Kreatur sich mit so etwas nähren kann. »Nein, Hr. Pastor, bleiben Sie heute Mite. »tag bey mir, nur auf ein Gericht Gernges "»sehn, aber das doch besser seyn soll, als ein »Traktament beym Präsidenten.« Sebaldus entschuldigte sich damit, daß er heute noch zu Hause seyn müsse. »>Nun, so bedaure ich, »daß ich Sie nicht bey mir sehen kann. Lex.

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>>ben Sie wohl, Herr Pastor, meinen Em»pfehl an die Frau Liebste.« Sebaldus stand nach also erhaltenem Abschiede voller Verwir rung auf, machte drey oder vier Bücklinge, griff dem Grafen nach dem Schlafrockzipfel, der ihn aber zurück schlug, und dafür den Pastor umarmte, der ganz verwirrt über diese gräfliche Gnade, wieder Bücklinge vorwärts und rückwärts zu machen anfing, so daß er nicht wußte wie er zur Thüre hinauskam, und da er hinaus war, nicht wußte ob er freudig oder betrübt seyn sollte.

Indeß nach kurzer Zeit fing die Betrüb: niß wieder an die Oberhand zu gewinnen. Er sah nur allzuwohl ein, daß er ist alle Hofnung verloren hätte, von seinen Gönnern einige Hülfe zu erlangen, und wanderte traurig nach Hause. Aber wie groß war sein Entseßen, da er sein Haus von einem andern eingenommen, seine Familie in einer fremden Hütte, seine Frau und seine jüngste Tochter auf dem Krankenbette, und seine älteste Loche ter ganz in Thränen zerfließend antraf! Er sank trostlos auf eine Bank nieder, stand nach einigen Minuten auf, umarmte seine Frau und feine Kinder. »Ich bin nicht so glücklich

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