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Nasenlöcher. Hieran bietet die Speke-Gazelle (Gazella spekei BLYTH) einen gewissen Anklang. Sie hat auf dem Nasenrücken eine kissenartige Schwiele, die in Querwurzeln gelegt ist und vom Tiere durch Aufblähen der Nasengänge aufgetrieben werden kann. Beide Geschlechter sind damit versehen. Auch hier sind nach SCLATER und THOMAS 23) die Nasenbeine kurz und breit und kaum oder gar nicht in Berührung mit den Zwischenkiefern. Diese Tatsachen, welche die oben aufgestellte Bildungsregel durchbrechen, mahnen noch mehr zur Vorsicht bei Versuchen zur Wiederherstellung von Weichteilen bei Fossilien, als die Mißgriffe in den schon erwähnten und einem hernach zu behandelnden Falle.

Einen weiteren Zusammenhang der beregten Art glaubt LECHE 24) von dem Bau der Nase bei der Chiruantilope (Pantholops hodgsonii ABEL) ableiten zu können, die zwar keinen Rüssel, aber eine seitlich vor den Nüstern dick aufgetriebene Muffel hat*). Er sagt: „,Bei Pantholops ist das bei Gazella gut ausgebildete und freie Nasoturbinale zu einem einfachen Knochenblatt verkümmert, welches an der Sutur zwischen Nasale und Maxillare mit diesen Knochen verwächst. Bemerkenswerterweise ist das Nasoturbinale bei Saiga nicht reduziert. Der übrige Teil des Ethmoideum bei Pantholops ist, verglichen mit dem Verhalten bei Gazella, ebenfalls reduziert, während wie bei Saiga das Maxilloturbinale viel stärker ausgebildet ist als bei Gazella. Sonst haben die Nasensäcke keine Wirkung auf den Schädel ausgeübt". Indem LECHE noch darauf hinweist, daß bei Camelus dromedarius das Maxilloturbinale ebenfalls vergrößert ist, zieht er den Zusammenhang dieser Bildung mit der Atmung in verdünnter Luft, in der diese Huftiere leben, in den Bereich der Möglichkeit. Freilich bietet auch Alce ganz ähnliche Größenverhältnisse des ersten und zweiten Ektoturbinale wie Pantholops, ohne das sich die letztere physiologische Verknüpfung geltend machen ließe.

Wenn auch der Schädelbau des Elchs beweist, daß die Größe der Nasenöffnung nicht immer vom Vorhandensein eines wirklichen Rüssels abhängt, so wäre es doch völlig verkehrt, daraus 23) 1897/98, The Book of Antilopes, Vol. III, p. 126. 24) 1904, p. 35.

*) Es gibt noch keine Abbildung dieser sonderbaren Kopfgestalt; auch das Photogramm bei LECHE ist gar zu klein und undeutlich.

den umgekehrten Schluß zu ziehen, daß dieses Weichgebilde in gar keinem formenden Zusammenhang mit den stützenden Hartteilen stünde. Dafür geben die Vorkommnisse von der hier betrachteten Art in keinem Falle Berechtigung. Infolgedessen kann z. B. die Rekonstruktion des Kopfes von Moeritherium, dem ANDREWS eine Art Mittelding zwischen Tapir- und Elefantenrüssel gegeben hat, nicht für richtig erklärt werden 25). Mir ist ganz unbegreiflich, wie ANDREWS 26) von Moeritherium lyonsi ANDR. aussagen kann: „Die Nasalia waren klein und die Nasenöffnung sehr groß; die Form dieser Öffnung, im Verein mit den Gruben auf der Oberfläche der großen Intermaxillaria, weisen auf das Vorhandensein einer Art kurzen Rüssels hin". Vielmehr zeigen die von ihm gebotenen Bilder des Schädels in der Oberund Seitenansicht, daß die Nasenöffnung so klein ist wie bei nur wenigen Huftieren, da sie proximal nur wenig hinter den Eckzahn zurückreicht infolge ansehnlicher Länge der Nasenbeine und ausgedehnter Berührung mit den Zwischenkiefern. Nach Analogie mit den lebenden Säugetieren aller Ordnungen, insbesondere mit den Ungulaten, kann also Moeritherium nur ein Proboscideum ohne Proboscis genannt werden.

Zum Schluß möge betrachtet werden, wie sich die Rüsselgebilde selber nach ihrem Baue einteilen lassen und wie sie sich systematisch auf die Säugetiere verteilen. Nach den von BOAS gegebenen Anhaltspunkten sondern sich zunächst diejenigen Schnauzenverlängerungen ab, bei denen sich die Nasenknorpel bis in die Spitze hinein fortsetzen, sei es einheitlich oder in Schaltstücken, mit Verknöcherungen oder ohne sie. Von letzterer Zugabe hängt die Beweglichkeit ab, die sich z. B. beim Maulwurf und Schwein auf die äußerste Spitze beschränkt, beim Nasenbär und Bisamrüßler aber sehr weit geht. Diese Gestaltung kann Knorpelrüssel genannt werden. Auf die Länge der knöchernen Nasenöffnung und die Verkürzung der Nasenbeine hat sie keinen Einfluß. Soviel ich ermitteln konnte, haben die rüsseltragenden Marsupialia und Insectivora, sowie von den Ungulaten die Suidae nur den Knorpelrüssel.

25) 1908, Guide to the Elephants, Brit. Mus.; übernommen von ABEL, 1912, Palaeobiologie, fig. 428.

26) 1913, in: Philos. Trans. R. Soc., Vol. CXCVII, p. 113.

Bei dem anderen Typus, der Muskelrüssel heißen mag, ist das knorpelige Stützgerüst der Nase sehr verkürzt, namentlich in den seitlichen Wänden. Die röhrenbildenden Bestandteile schieben sich nach dem Hinterrande der Apertur zusammen; die zur Stütze der Nasenlöcher dienenden Alarknorpel oder Anhangsknorpel verschwinden ganz. Regelmäßig geht damit eine Verlängerung der knöchernen Nasenöffnung einher; sie wird einerseits erzielt durch Verlängerung der beteiligten Kieferknochen (Zwischenkiefer und Nasenfortsatz des Oberkieferbeins), andererseits durch Verkürzung der Nasenbeine, wodurch das Profil der Nasenöffnung einen immer spitzeren Winkel bekommt. Dieser Muskelrüssel ist in jedem Falle sehr beweglich. Die Verkümmerung der eigentlichen Nasenknorpel dürfte darauf zurückzuführen sein, daß die Nichtausbildung sekundärer terminaler Knorpelstäbe den starken Bewegungsmuskeln keine ausreichenden Anheftungspunkte gewährt, so daß die knöcherne Rüsselbasis als einzige Grundlage dienen muß. Da aber weit vorspringende Nasenbeine in ihren dünnen, schmalen und federnden Platten dem Muskelzuge zu schwachen Widerstand leisten, treten sie zurück, während die starken Kieferknochen sich vergrößern. Der Erweiterung des weichen Nasenquerschnitts entspricht die Auseinanderziehung dieser Knochen, wodurch auch den Muskeln breitere Ursprungsstellen verschafft verden.

Bei vergleichender Betrachtung gewinnt man den Eindruck, daß jede Vergrößerung des Nasenlumens oder der Muffel auch eine Vergrößerung im Querschnitte der Apert. pyrif. hervorbringt. Denn bei Budorcas (Textfig. 7) geht die übertriebene „,Ramsnase" gleich mit einer Verkürzung und Abspreizung der Nasenbeine Hand in Hand und Pantholops hat letztere im Vergleiche zu den verwandten Gazellen merklich kürzer. Bei den Kamelen ist die Apertur in die Länge gezogen, beim Pferde durch die etwas an Budorcas gemahnende Aufrichtung der freien Enden der Nasenbeine vergrößert. Mit Rüsselbildung darf, wie ausgeführt wurde, die Verlängerung der Oberlippe nicht zusammengeworfen werden.

In Rücksicht auf Fragen nach der Erwerbung und Vererbung funktioneller Umgestaltungen ist es der Beachtung wert, daß die Besonderheiten im Schädelbau von Rüsselträgern letzterer Form immer ein uneingeschränktes Artmerkmal bilden, d. h. sie sind in ganz dem gleichen Grade ausgebildet, gleichviel ob der Rüssel von Geburt an vorhanden ist oder mit dem Alter größer wird oder endlich nur beim männlichen Geschlecht in Erscheinung tritt.

Mit Muskelrüsseln versehen sind nur Ungulaten und Pinnipedier. Die Primaten (Rhinopithecus nasalis) möchte ich so lange von den echten Rüsselträgern ausnehmen, als bestritten werden muß, daß ihre Nasenverlängerungen aktiv beweglich sind und irgendwelche physiologische oder ethologische Bedeutung haben. Bei Rhinopithecus verdient das Stumpfnäschen schon morphologisch kaum die Bewertung als Rüssel, denn die Nasenlöcher haben anscheinend*) keinen erhöhten Sockel, sondern nur die Nasenspitze (im menschlichen Sinne) ist verlängert. Auch eine Rückbildung der Nasenbeine als Folge verstärkter Muskulatur ist nicht recht nachweisbar. Zwar bildet der erste Beschreiber MILNE-EDWARDS 27) einen Schädel mit völlig von den Maxillen verdrängten Nasalien ab; jedoch bemerkt er, daß sie in anderen Fällen wenigstens als sehr kleine Plättchen erhalten blieben, aber die Größe scheint nach den Abbildungen 28) sowohl von roxellanae als auch der übrigen Arten zu schwanken. Was Nasalis belangt, so kann ich mich den Äußerungen Wiedersheims 29) über dessen Nasenskelett nicht ganz anschließen. Wenn man die Schädelbilder bei JENTINK 30) und ELLIOT 31) betrachtet, so sind die Nasenbeine selbst beim alten Männchen kaum verkürzt und am Schädel eines sehr alten Weibchens**), die doch ebenfalls ansehnliche Gesichtszierden haben, finde ich sie eher größer als sie es bei einer ganzen Reihe von Semnopithecus-Arten sind Auch die Apertur ist verhältnismäßig nicht größer als etwa bei S. hosei, femoralis, obscurus aus der Inselheimat des Nasenaffen; sie ist nur scheinbar bei ihm höher, weil der Schädel von Nasalis überhaupt schmal ist. Auch die Verlängerung der Proc. ascendentes der Zwischenkiefer, wenn man nach dem auf S. 209 Gesagten darauf Wert legen will, schwankt sehr.

Somit muß ich wiederholen, daß die Nasenverlängerungen

*) Über die vier Arten des Genus ist erst außerordentlich wenig bekannt, die Nasenbildung nur von R. roxellanae und nur unvollkommen beschrieben, während von den übrigen nur über Schädel und Haarkleid Abbildungen und Berichte vorliegen.

27) 1868/74, Rech. Hist. Nat. Mamm. Tab. 37; p. 237. 28) Bei ELLIOT, D., 1913, A Review of the Primates, Vol. III, Tab. X, XI und „Extra Plate".

29) 1901, p. 581.

30) Tab. 3, 4.

31) Tab. XIII,

**) Mus. Dresden B 3372、

218 Arnold Jacobi, Die Rüsselbildung bei Säugetieren usw.

dieser beiden Affengattungen sich nicht ungezwungen mit den Rüsseln anderer Säugetiere parallelisieren lassen.

Die festgestellten morphologischen Erfahrungen gestatten es nur bei wenigen ausgestorbenen Huftieren, Rüssel zu vermuten, denn das Beispiel von Alce macht den Boden in den Fällen unsicher, wo die Anknüpfung an lebende Verwandte fehlt. Bei den Elephantidae darf man nach der Schädelbildung bei allen Gattungen Rüssel mit Sicherheit voraussetzen, bei den Palaeotheriinae, wie gesagt, nur bei einigen Arten. Für den merkwürdigen Wiederkäuer Siva therium erschließt MURIE 32) aus der Kleinheit der Nasenbeine und der mangelnden Verbindung mit den Kieferknochen eine Gesichtsbildung wie bei Saiga und läßt in dem rekonstruierten, malerisch-kühnen Bilde Alt und Jung mit entsprechenden Rüsseln auftreten. Endlich könnte noch Macrauchenia in Betracht gezogen werden, wo die Nasenapertur sehr in die Länge gezogen ist, aber doch die knöcherne Schnauzenspitze am meisten an Camelus erinnert; also brauchen nur die Lippen stärker entwickelt gewesen zu sein.

32) 1871, in: Geol. Mag., Vol. VIII, p. 442.

(Abgeschlossen Januar 1919.)

Verzeichnis mehrmals angeführter Schriften.

1908, BOAS, J., Bemaerkninger ved foerelaeggelsen af foerste del af BOAS u. PAULI,,,The Elephant's head" — in: Ofv. Kgl. Danske Vidensk. Selsk. Forhandl., p. 197-211, tab. 1-2.

1835, CUVIER, G., Rech. Oss. foss., 4me éd., Tome V, p. 46–50. 1870, GLITSCH, L., Über den Bau der Nase der Antilope Saiga Pall., in: Nova Acta Ac. Leop., Vol. XXXVI, Nr. 1.

1904, LECHE, W., in: HEDIN, S., Scientif. Res. Journ. Centr. Asia, Vol. VI, Nr. 1.

1870, MURIE, J., On the Saiga Antelope, Saiga tatarica (Pall.), in: Proc. Zool. Soc., p. 451-503.

1901, WIEDERSHEIM, R., Beiträge zur Kenntnis der äußeren Nase von Semnopithecus nasicus. Eine physiognomische Studie, in: Z. Morph. Anthr., Bd. III, S. 300-348, Tab. 21-23, 9 Fig. 1901 a, Ders., Nachträgliche Bemerkungen über den Semnopithecus nasicus und Beiträge zur äußeren Nase des Genus Rhinopithecus, ib., S. 576-582, 2 Fig.

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