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den Arthropoden hat bereits GEGENBAUR die Homologie der ,,Schalendrüse" der niederen Crustaceen (und der ,,grünen Drüse" der Decapoden) mit den Urnieren der Würmer nachgewiesen. Die Tracheaten haben dieses Excretions-Organ ganz verloren und an seine Stelle sind die Malpighischen Röhren des Darmcanales getreten. Wenn man die Urniere in dieser Weise ursprünglich (phylogenetisch) als eine ausscheidende Hautdrüse auffasst, so erklärt sich auch ihre ursprüngliche oberflächliche Lage beim Vertebraten-Embryo. Sie wird hier jedenfalls vom oberen Keimblatt abzuleiten sein, entweder direct vom Hornblatt, oder indirect, durch Zellen des ,,Axenstranges", welche vom Hornblatt in das Hautfaserblatt eingewandert sind.

Das Hautmuskelblatt oder das Hautfaserblatt (die ,,Fleischschicht" von BAER, die Hautplatten und Urwirbelplatten von REMAK) ist als Ganzes in seiner ursprünglichen einfachen Anlage wahrscheinlich bei allen sechs Metazoen - Stämmen, oder doch wenigstens bei den fünf Phylen der Bilaterien, homolog. Vermuthlich ist dasselbe bei den Würmern ebenso wie bei den Zoophyten (Hydra u. s. w.) aus dem oberen Keimblatte entstanden und hat sich von den Würmern auf die vier höheren Thierstämme vererbt. Als die beiden primitivsten Spaltungsprodukte desselben sind das Corium und der Hautmuskelschlauch zu betrachten, die beide wohl innerhalb der fünf höheren Phylen (der Bilaterien) desselben Ursprungs, also homolog sind. Auch die Rumpfmuskeln der Wirbelthiere gehen aus diesem Blatte hervor.

Nicht homolog sind dagegen die Skelet-Systeme in den verschiedenen Thierstämmen. Sowohl die inneren Skeletbildungen der Zoophyten, als diejenigen der Echinodermen und der Wirbelthiere, obwohl alle drei aus dem Hautfaserblatt zu entstehen scheinen, sind völlig verschiedene Bildungen, für jedes Phylum eigenthümlich. Das Haut-Skelet der Würmer und Arthropoden, welches bloss eine chitinisirte Ausscheidung der Epidermis (der sogenann

J. MÜLLER genauer beschriebene weite Canal zu deuten, welcher jederseits in der Hautfalte des Bauches (unmittelbar an der Aussenfläche der Sexual-Drüsen) verläuft und sich hinten zu beiden Seiten des Porus abdominalis nach aussen öffnet. (Eine zweite, vordere Oeffnung in die Mundhöhle ist problematisch.) Wenn die Vergleichung dieses Hautcanales von Amphioxus (Fig. 40 auf J. MÜLLER'S Taf. I) mit der Urniere der Wirbelthiere und dem ähnlichen Excretions-Organe der Würmer richtig wäre, so würde damit eine sehr interessante Verbindung zwischen den beiden letzteren Organen hergestellt und zugleich die Entstehung des Urnieren-Ganges der Vertebraten aus dem äusseren Keimblatt erklärt sein.

ten Hypodermis oder Chitinogen - Membran) ist, sowie die Kalkschalen der Mollusken (ebenfalls Exsudate der Epidermis) kommen hierbei gar nicht in Betracht.

Das Coelom oder die Leibes höhle, die ursprüngliche „Pleuroperitoneal - Höhle", welche den Protozoen, Zoophyten und den Acoelomen (Plathelminthen) gänzlich fehlt, ist sicher bei den Coelomaten und den vier höheren Thierstämmen homolog. Ueberall entsteht sie als Spalt zwischen den beiden Muskelblättern und hat sich offenbar von den Coelomaten, den blutführenden Würmern, auf die vier höheren Thierstämme vererbt. Hiergegen ist diese Homologie nicht durch die Vergleichung mit der Segmentations-Höhle zu begründen, aus der KowALEVSKY das Coelom hervorgehen lässt (vergl. oben S. 27). Ursprünglich ist das Coelom mit einer Flüssigkeit gefüllt, welche ihres indifferenten Characters halber als Haemolymphe oder Haemochylus bezeichnet werden kann. Aber schon bei den höheren Würmern differenzirt sich diese Ernährungsflüssigkeit in zwei verschiedene Bestandtheile, in den farblosen Chylus oder die Lymphe, welche die Leibeshöhle erfüllt, und in das gefärbte Blut, welches in dem geschlossenen Gefässsystem circulirt. Dieselbe Differenzirung kehrt auch bei den Wirbelthieren wieder.

Das Darmmuskelblatt oder das Darmfaserblatt (die ,,Gefässschicht“ von BAER, die Darmfaserplatten und Mittelplatten von REMAK) scheint in dem Stamme der Zoophyten theils (bei den Spongien und niedersten Acalephen) ganz zu fehlen, theils (bei den höheren Acalephen) in eigenthümlicher Form sich zu entwickeln. Bei den Acoelomen beginnt sich dasselbe bereits als ,,Darmmuskelschlauch" auszubilden und hat sich von diesen auf die höheren Würmer (die Coelomaten), von letzteren auf die vier höchsten Thierstämme vererbt. Es steht Nichts im Wege, eine allgemeine Homologie desselben innerhalb dieser fünf Thierstämme (der Bilaterien) anzunehmen.

Das Blutgefäss-System als Ganzes, welches sich im Zusammenhang mit dem Coelom entwickelt hat, ist demnach ebenfalls innerhalb der fünf höheren Thierstämme zu vergleichen. Die Frage jedoch, in wie weit die einzelnen Theile desselben und namentlich das Herz homolog sind, ist sehr schwierig zu entscheiden. Nach der scharfsinnigen Vergleichung von GEGENBAUR ist das Herz der Arthropoden und Mollusken einem Abschnitte des dorsalen, hingegen das Herz der Ascidien und Vertebraten

einem Abschnitte des ventralen Hauptgefässstammes der Würmer ursprünglich homolog.

Das Darmdrüsenblatt, welches als epitheliale Auskleidung des Darmcanals und seiner drüsigen Anhänge in dem ganzen Thierreiche (nur die Protozoen ausgenommen) von den Spongien bis zu den Vertebraten sich constant erhält, ist sicher überall homolog; überall direct aus dem Entoderm der Gastrula abzuleiten. Allerdings ist KowALEVSKY neuerdings zu der Annahme gelangt, dass das Darmdrüsenblatt der Insecten hiervon eine Ausnahme bilde und vielmehr als eine eigenthümliche Neubildung sui generis zu betrachten sei (Embryologische Studien an Würmern u. s. w., 1871, S. 58). Diese Ansicht erscheint mir nicht stichhaltig. Wenn irgend ein Organ bei allen sechs Metazoen - Phylen homolog sein kann, so ist es sicher der Darmcanal mit seinem auskleidenden Epithelium, dem Darmdrüsen - Blatt. Hingegen ist die Frage von der Homologie der Darmmündungen, Mund und After, zur Zeit noch ganz dunkel, und nur so viel sicher, dass die Mundöffnung nicht überall dieselbe ist. Die ursprüngliche Mundöffnung der Gastrula, der Urmund oder das Prostoma scheint sich nur auf die Zoophyten und vielleicht auf einen Theil der Würmer vererbt zu haben. Sie scheint sich noch in dem Rusconischen After der Vertebraten zu wiederholen. Hingegen sind die Mundöffnungen der Vertebraten, der Arthropoden, der Echinodermen, eigenthümliche Neubildungen, und sicher nicht dem Urmund homolog.

7. Die phylogenetische Bedeutung der ontogenetischen Succession der Organ-Systeme.

Die gesetzmässige Reihenfolge, in welcher bei den verschiedenen Thierstämmen die Organ - Systeme während der Ontogenese nach einander auftreten, gestattet uns nach dem biogenetischen Grundgesetze einen sicheren Schluss auf die historische Reihenfolge, in welcher sich die thierischen Organ-Systeme während des langen und langsamen Laufes der organischen Erdgeschichte nach einander und aus einander entwickelt haben. Diese paläontologische Altersfolge der Organ-Systeme, wie sie sich a posteriori aus den Thatsachen der Ontogenese empirisch ergiebt, entspricht im Grossen und Ganzen vollständig den Vorstellungen, welche man sich darüber a priori durch physiologische Reflexion und durch philosophische Erwägung der Causal-Momente bilden könnte.

Zunächst ergiebt sich aus der Vergleichung der Gastrula, und des ihr entsprechenden zweiblättrigen Keimzustandes bei den

verschiedensten Thierstämmen, dass bei den ältesten Metazoen, den Gastrae aden, sich in erster Reihe zwei primäre OrganSysteme gleichzeitig differenzirten: das innere Darm-System und das äussere Decken - System. Die ursprüngliche, ganz einfache Magenhöhle oder der Urdarm der Gastra e a ist in der That das älteste Organ des Metazoen-Körpers; gleichzeitig aber mit seiner Entstehung ist die Sonderung der beiden Zellenschichten seiner Wand vor sich gegangen; des inneren ernährenden Epitheliums (des Gastral - Blattes oder Entoderms) und des äusseren deckenden Epitheliums (des Dermal-Blattes oder Exoderms).

In zweiter Reihe bildeten sich (bei der Mehrzahl der Metazoen?) Elemente des Skelet-Systems aus, und zwar im Exoderm, wie uns die Spongien lehren. Obgleich bei den Schwämmen die beiden primordialen Keimblätter (allgemein ?) in ihrer ursprünglichen Einfachheit erhalten bleiben und kein drittes Keimblatt sich aus ihnen entwickelt, finden wir dennoch bei Vielen derselben in dem verdickten Exoderm ein sehr entwickeltes und mannichfach differenzirtes Skelet-System vor. Ja schon die Protozoen bilden sehr allgemein schützende und stützende Skelettheile. Es braucht nicht hinzugefügt zu werden, dass im Uebrigen das Skelet-System bei den verschiedenen Thierstämmen verschiedenen Alters und polyphyletischen Ursprungs ist.

In dritter Reihe bildeten sich gleichzeitig Nervensystem und Muskelsystem aus. Die schönen Untersuchungen KLEINENBERGS über die Ontogenese der Hydra haben uns über die gleichzeitige Entstehung dieser beiden Organ-Systeme belehrt, die in der innigsten Wechselwirkung sich befinden. Das höchst interessante Neuromuskel - System der Hydra führt sie uns unmittelbar in statu nascenti vor Augen. Die aus dem Exoderm der Hydra entwickelte Neuromuskelzelle zeigt uns die Functionen beider noch in einem einzigen Individuum erster Ordnung vereinigt. Erst mit deren Trennung, mit der Arbeitstheilung derselben in Nervenzellen und Muskelzellen treten die beiden Organsysteme sich selbständig gegenüber. Wirkliche Muskeln im strengsten Sinne des Begriffes giebt es daher erst bei denjenigen Thieren, wo es auch wirkliche Nerven giebt, und umgekehrt. Wie die Acalephen uns zeigen, ist zunächst nur das dermale oder parietale Neuromuskel-System aus dem äusseren Keimblatte entstanden. Wahrscheinlich unabhängig davon ist erst später in ganz analoger Weise das gastrale oder viscerale Neuromuskel-System (Darmmuskeln und Darmnerven) aus dem

Darmdrüsenblatte entstanden. Es spricht Nichts bis jetzt gegen die Annahme, dass das viscerale Nerven-System unabhängig von dem parietalen entstanden ist; das erstere ebenso im Zusammenhang mit dem Darmmuskelblatt, wie das letztere mit dem Hautmuskelblatt.

In vierter Reihe hat sich das Nieren-System oder das Excretions - System entwickelt, dessen physiologische Bedeutung für den Thier - Organismus im Allgemeinen grösser ist, als diejenige des jüngeren Blutgefäss-Systems und des damit verbundenen Coeloms. Diese Auffassung wird gerechtfertigt durch die Plathelminthen, welche noch kein Coelom und Blutsystem, wohl aber Urnieren (Excretions-Canäle) besitzen; ferner durch die allgemeine Verbreitung derselben durch die ganze Thierreihe, und endlich besonders durch das frühzeitige Auftreten der „Urnieren" im Embryo. Aus Allem ergiebt sich, dass wir es hier mit einer sehr alten und wichtigen Organisations-Einrichtung zu thun haben, die schon bei den Acoelomen vor der Entstehung des Blutsystems und des Coeloms existirte, und sich von da aus auf die höheren Thierstämme vererbt hat.

In fünfter Reihe erst hat sich nach dem Nieren-System das Blutgefäss-System mit dem Coelom entwickelt. Wir haben bereits gezeigt, dass diese beiden Theile in untrennbarem Zusammenhange stehen, und dass die wahre Leibeshöhle oder das Coelom geradezu als der erste Anfang des Gefäss-Systems zu betrachten ist. Erst nach eingetretener Entwickelung des Darmfaserblattes bildete sich mit seiner Ablösung von dem anhaftenden Hautfaserblatte zwischen diesen beiden Muskelblättern eine Höhle, welche sich mit dem durch die Darmwand transsudirenden Chylus füllte. Das war das Coelom in seiner einfachsten Gestalt und erst später hat sich dieses Haemochylus- System oder primordiale Urblut - System in zwei verschiedene Saftsysteme differenzirt, in das Lymphsystem und das eigentliche Blutsystem ').

1) Eine sehr abweichende Auffassung des Coeloms und des Blutsystems., sowie des Nieren-Systems hat RAY-LANKESTER in dem mehrfach citirten Aufsatz entwickelt (Annals and Mag. of nat. hist., Mai 1873). Derselbe hält diese beiden Organ-Systeme für identisch und meint, dass die ,,Excretions - Organe oder Wassergefässe" der Acoelomen den ersten Anfang einer Leibeshöhle bilden und dass demnach dieses Coelom von Anfang an nach aussen geöffnet ist. Nach meiner Ansicht hingegen ist das Coelom primär geschlossen, erst später und unabhängig von dem älteren Urnieren - System entstanden. Die Verbindung Beider wäre demnach secundär. Die Ontogenese der Bilaterien scheint mir RAY-LANKESTER'S Auffassung zu widerlegen.

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