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sipho giftiges Sekret produziert wird. Es ist meines Dafürhaltens ohne weiteres einleuchtend, daß auch der Kloakensipho einen Verteidigungsapparat haben muß, weil er den gleichen Angriffen, wie der Atemsipho, namentlich durch mikroskopisch kleine Wesen, ausgesetzt ist. Diese können ebenso gut in den einen wie in den anderen Sipho eindringen bezw. einzudringen versuchen und müssen hier wie dort unschädlich gemacht werden.

Und was für die Siphonen, das gilt mutatis mutandis für den Branchialraum, dessen ventraler Schutz durch den Randwulst gebildet wird.

Ich habe die von mir gefundenen histiologischen Details im Zusammenhange dargestellt und absichtlich, um den Überblick nicht zu erschweren, unterlassen, auf diejenigen Arbeiten dabei Rücksicht zu nehmen, welche über dieselben Arten in der Litteratur vorliegen. Dieses Versäumnis soll jetzt nachgeholt werden.

SHARP (43) hat bei Venus mercenaria, V. verrucosa, Tapes decussata und Petricola pholadiformis zwar keine komplizierten Augen, wie WILL (49), wohl aber Pigmentzellen gesehen, welche als lichtempfindlich, als „retina cells" von ihm gedeutet werden. Worauf diese Auffassung basiert, welche physiologischen Thatsachen diese Erklärung aufnötigen, darüber läßt sich SHARP nicht näher aus. Ihm genügt es vollständig, daß gewisse Epithelzellen pigmentiert sind und einen breiten cuticularen Saum haben, um sie zu Sehzellen zu stempeln. Ich hätte diese in sich haltlosen Angaben, die noch dazu auf ganz oberflächlichen Beobachtungen beruhen die Drüsen an der Sipho-Außenfläche brauchte SHARP, als für seine Zwecke nebensächlich, nicht zu erwähnen, aber zeichnen mußte er sie, wenn seine Abbildungen naturgetreu sein sollten gar nicht weiter kritisiert, wenn dieselben nicht von ernsten Forschern als Beweise für die allmähliche, phylogenetische Entwickelung der Augen aus einfachen Pigmentzellen wiederholt citiert worden wären. Nach meinen eigenen Untersuchungen muß ich sagen, daß SHARP nur eine nicht bestreitbare Thatsache mitgeteilt hat, nämlich daß bei Muscheln Pigmentzellen vorkommen, und diese war schon vor ihm bekannt. Alle übrigen Angaben dieses Forschers sind absolut irrig und wertlos.

Der zweite Histiologe, welcher die Siphonen und den Mantelrand der Veneriden einer Analyse unterworfen hat, ist ROULE in seiner Arbeit,,Recherches histologiques sur les mollusques lamellibranches" (37). Er beschreibt die Siphonen von Tapes decussata

und den Mantelrand von Tapes aurea (pg. 37 und ff. 1. c.). Seine Angaben über die Verteilung der Muskeln in den Siphonen decken sich völlig mit den meinigen; seine sonstigen Untersuchungsergebnisse aber, abgesehen von dem hier nicht näher interessierenden Nachweise, daß eine direkte Wasseraufnahme nicht statt hat, stehen zu den meinigen in denkbar schärfstem Gegensatze.

Auf der Außenfläche der Siphonen von Tapes findet er ein cylindrisches Epithel, in welchem zerstreut Becherzellen vorkommen sollen, und außerdem stäbchenförmige Gebilde, welche sich durch Fibrillen von granuliertem Aussehen mit zahlreichen großen Zellen vereinigen. Letztere sollen unterhalb des epithelialen Belages in der Bindesubstanz gelegen sein, durch Fortsätze untereinander anastomosieren und so ein engmaschiges Netz bilden. Stäbchen, Fibrillen und Zellen färben sich nach ROULE intensiv sowohl in Bismarckbraun als auch in Eosin-Hämatoxylin (ROULE hat letztere Färbung nach der RENAUT'schen Methode ausgeführt). Die Zellen sind bi- und multipolar, die stäbchenförmigen Gebilde sind varikös und zeigen, wie die Fibrillen, zahlreiche kleine Granulationen. Die Zellen sind nach ROULE Ganglienzellen, die zu einem subepithelialen Plexus vereinigt sind, die stäbchenförmigen Körper, die im Epithel liegen, sind Nervenendapparate (,,terminaisons tactiles") und also sind, was ROULE allerdings nicht sagt, aber was aus seiner Darstellung von selber folgt, die beide Gebilde verbindenden Fibrillen Nervenfasern. In den Nervenendapparaten kommen keine Kerne vor, wenigstens ist es eine seltene Ausnahme, daß man in ihnen welche antrifft.

Wenn man sich der Darstellung erinnert und die Figur betrachtet, die ich selber von der Außenfläche der Siphonen von Tapes gegeben habe (Fig. 33), so wird es klar, daß wir beide dasselbe gesehen haben, daß jedoch ROULE diejenigen Bildungen für nervöser Natur hält, die ich als Mucindrüsen bezeichnet habe (Fig. 33 md). ROULE erscheint zwar seine Deutung außer allem Zweifel, ich aber muß sie für völlig verfehlt halten. Zunächst ist es höchst auffallend, daß jenen Forscher die Abwesenheit der Kerne in den taktilen Endapparaten nicht stutzig gemacht hat. Wohl citiert er FLEMMING's erste Arbeit über die Histiologie der Muscheln, doch hat er dieselbe offenbar nicht sorgfältig genug studiert, sonst hätte ihm nicht entgehen können, daß nach FLEMMING für die taktilen Endapparate, i. e. für die Pinselzellen, nicht bloß das Vorhandensein eines Kernes, sondern auch dessen besondere Lagerung charakteristisch ist.

Doch auch abgesehen davon ist die Deutung, die ROULE giebt, vollständig irrig. Wie der Autor selber sagt, färben sich die fraglichen Bestandteile der Sipho - Außenfläche in Bismarckbraun sehr intensiv. Und das ist eine Eigenschaft, welche weder Sinneszellen, noch namentlich Ganglienzellen zukommt. Wer nur irgendwie eine Erfahrung darüber besitzt, in welcher Weise die physiologisch verschiedenen Zellen des Metazoenkörpers auf die einzelnen Farbstoffe, besonders die Aniline, reagieren, der muß die ROULE'sche Erklärung verwerfen. Ob man Sublimateisessig, wie ROULE, oder Pikrinsalpetersäure, wie ich, oder irgend ein beliebig anderes der gebräuchlichen Fixationsmittel verwendet, ist gleichgiltig das Plasma der Ganglienzellen, die Nervenfasern und Nervenendapparate färben sich in Anilinen gar nicht oder nehmen nur ein zartes Kolorit an. Hätte ROULE die sogenannten Ganglienzellen dieser Gegend mit den wirklichen Ganglienzellen, wie sie sich im Siphonerven zahlreich genug vorfinden, verglichen, so würde ihn der erste Blick belehrt haben, daß hier eine tinktorial und darum auch physiologisch von den Ganglienzellen unterschiedene Zellart vorliegt. Der Einwand dürfte wohl kaum gemacht werden, daß die periphere, zwischen Nervenstamm und Endapparat eingeschaltete Ganglienzelle ein von der mehr central gelegenen verschiedenes Färbungsvermögen besitzt; histiologisch bleibt Ganglienzelle Ganglienzelle, wo sie auch immer im Körper vorkommen möge.

Ein anderes Moment, was ROULE hätte stutzig machen sollen, ist die beträchtliche Dicke der Fibrillen, welche Zellen und stäbchenförmige Körper miteinander verbinden (Fig. 33). So dick, so in die Augen springend sind die Nervenendfibrillen leider weder bei den Acephalen, noch den Mollusken überhaupt. Im Gegenteil, dieselben sind so zart und fein, so überaus schwierig zu erkennen, daß es der größten Aufmerksamkeit und der besten und stärksten Linsen bedarf, um sie überhaupt in dem Gewirr der Fäden von Bindegewebsfibrillen zu unterscheiden.

Und als letztes Moment gegen die nervöse Natur der betreffenden Bildungen spricht ihre von ROULE ganz richtig hervorgehobene grobe Granulierung. Das ist ebenfalls eine Struktureigentümlichkeit, welche Ganglienzellen, Nerven und Nervenendapparaten durchaus abgeht. Ganglienzellen sind stets sehr zart granuliert, Nervenfasern und Nervenendzellen aber gar nicht.

Die Gebilde sind also sicher nicht nervös, sie können vielmehr nur drüsiger Natur sein, denn nur Drüsenzellen, und zwar

Mucindrüsenzellen, zeigen das Vermögen, sich intensiv in basischen Anilinen zu färben.

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Nunmehr kann sich auch ROULE nicht wundern, daß die stäbchenförmigen Gebilde - das sind die in den interepithelialen Lücken mündenden Drüsenausführungsgänge in den Papillen so spärlich sind, ja in deren Spitze ganz fehlen, oder, wie der Autor meint, daß die Papillen arm an solchen Nervenendapparaten seien. Die Papillen sind reich an Pinselzellen, nur zeigen letztere im mikroskopischen Schnittbilde ein anderes Verhalten, als ROULE glaubte (cfr. Fig. 32 und 33).

ROULE hat ferner in dem Epithel der Innen- wie der Außenfläche der Siphonen Becherzellen gesehen. Das ist entschieden ein Irrtum, denn Becherzellen färben sich meistens, wenn sie nämlich mucinhaltig sind, in Bismarckbraun so intensiv, wie die Drüsenausführungsgänge; nicht mucinhaltige kommen aber sicher nicht

vor.

Hat so ROULE eine Drüsenform, welche in den Siphonen vorkommt, völlig verkannt, so hat er die amorphen Tropfenmassen überhaupt nicht erkannt. Und doch geben die von ihm benützten Färbungsmethoden, namentlich Eosin-Hämatoxylin, so klare, scharfe Bilder derselben, daß sie eigentlich nicht gut zu übersehen sind. Daß dies bei ROULE dennoch der Fall gewesen, ist, glaube ich, auf das von ihm verwandte Fixationsmittel zurückzuführen. Sublimat, so vorzüglich es sonst ist, ist zum Studium histiologischer Verhältnisse bei Muscheln wie bei Mollusken überhaupt nach meinen Erfahrungen unbrauchbar, weil es nicht genügend schnell in die Tiefe der Gewebe eindringt. Daß ROULE nicht sonderlich konserviertes Material untersuchte, geht, wie mich bedünken will, aus seinen Abbildungen hervor, die mir vielfach den Eindruck erwecken, als wären seine Objekte stark gequollen gewesen.

VIII. Tellinacea.
(Fig. 34-38.)

Untersucht wurden Donax trunculus L., Psammobia vespertina Lam., Tellina nitida Poli und Tellina planata L.

A. Allgemeines.

Psammobia vespertina besitzt zwei vollständig getrennte Siphonen von milchweißer Farbe, von denen der Atemsipho stets

weiter ausgestreckt werden kann, als der Analsipho. An ihren freien distalen Enden tragen sie in den meisten Fällen 6, selten 8 kurze kegelförmige Papillen, die gleich weit voneinander entfernt stehen und den Siphonenenden ein mauerzinnenartiges Aussehen verleihen. Von jeder Papille aus geht durch die ganze Länge der Siphonen auf deren Außenfläche eine weiße, scharf markierte Linie, die bei Lupenbetrachtung leicht prominent erscheint. Diese Linien, 6 bezw. 8 an Zahl in jedem Sipho, können als Rippen der Siphonen bezeichnet werden.

Der in seiner ganzen Ausdehnung offene Mantelrand dieser Species ist mit einer leicht zerreißlichen Epicuticula bedeckt, die von bräunlicher Färbung ist. Hat man dieselbe abgezogen, so treten sehr kurze kegelförmige Papillen zu Tage, welche in einer Reihe und ziemlich weit voneinander entfernt stehend sich auf der Innenfalte des Randes finden. Ein Randwulst ist nicht vorhanden.

Die makroskopisch wahrnehmbaren Einzelheiten der Siphonen und des Randes von Tellina nitida weichen ein wenig von denen von Psammobia ab. Die Siphonen, welche ebenfalls völlig getrennt sind und von denen der branchiale bedeutend länger ist als der Analsipho, haben an ihren distalen Öffnungen kegelförmige Papillen, welche in viel größerer Zahl sich finden, als bei Psammobia. Dagegen kommen Rippen auf der Außenfläche der Siphonen nicht vor. Der Mantelrand, dessen Epicuticula sehr zart ist, ist in seiner ganzen Ausdehnung vom vorderen Schließmuskel ab bis zu den Siphonen offen. Nach außen von letzteren und von denselben durch ein relativ breites Thal getrennt, findet sich eine vom Mantelrande her kommende Falte, welche nach dem Rücken des Tieres hinzieht und hier mit der der Gegenseite verwächst. Von vorn bis hinten ist die Innenfalte des Randes in wie viele derselbe sich spaltet, läßt sich makroskopisch nicht erkennen mit kleinen Papillen besetzt, die dem Rande bei Betrachtung mit bloßem Auge ein gezähneltes Aussehen verleihen. Ein Randwulst fehlt wie bei Psammobia so auch hier.

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Die ganz gleichen Verhältnisse, wie bei Tellina nitida, finden sich bei Tellina planata und Donax trunculus.

Über die Nervenverteilung ist folgendes anzumerken: Das Visceralganglion von Psammobia vespertina ist an seinem vorderen Ende in zwei konische Verlängerungen ausgezogen, von denen jederseits das Cerebrovisceralkonnektiv entspringt. Seitlich geht von dem Ganglion jederseits der Kiemennerv ab. Nach hinten

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