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reiches, aber erwünschtes Bild, während im Süden, Westen und Norden das Meer sich in den Himmel verlor. Die Seekrankheit war noch erträglich, und die gespannte Aufmerksamkeit, in welcher wir bisher gewesen, und das Gefesseltseyn an die freie Luft des Verdeckes hatten besonders gestern einen entschiedenen vermindernden Einfluss darauf gehabt. Am meisten war Dr. HEMPRICH afficirt, am wenigsten Dr. SCHOLZ.

Am Sten August waren wir in Ansicht der gebirgigen Inseln Lissa, St. Andrea und Lesina. Wir liefsen Lissa zur Rechten, Lesina zur Linken, dann fuhren wir zwischen der mit Strandfichten dicht bewachsenen Insel Curzola und Lagosta. Widriger Wind und hochgehendes Meer hielten uns lange vor der in der Zwischenzeit durch unterirdisches furchtbares Getös bekannter gewordenen Insel Meleda ), und gaben uns den ersten Begriff der verstimmenden Seekrankheit. Nachmittags am 10ten hatten wir die Breite von Ragusa erreicht, in dessen Nähe (bei 4 Seemeilen Entfernung) der Wind Insecten vielerlei Art auf unser Schiff führte. Wir sammelten mitten im Meer 38 verschiedene Arten 2).

Der Capitain hatte die Absicht, seinen Geburtsort, Castel nuovo, am Eingange des Canals von Cattaro (in der Bocca di Cattaro), zu besuchen. Am Mittag des 11ten warfen wir Anker vor Castel nuovo. Der auf 2 Tage angegebene Aufenthalt in der

1) PAUL PARTSCH Bericht über das Detonations - Phänomen auf der Insel Meleda. Wien, 1826.

Ein Benedictiner-Mönch, IGNAZIO GIORGI, hat zu beweisen gesucht, dafs der Apostel PAULUS an dieser Insel, nicht auf Malta, Schiffbruch gelitten habe, weil Kaiser CONSTANTIN diese Meinung hatte, weil keine Schlangen auf Malta seyen, und weil PAULUS, nach der Apostelgeschichte, sich damals im adriatischen Meere befand. - Dagegen war PAULUS bei Anfange des Sturms nahe bei Creta, der Sturm war aus Osten, (es ist zweifelhaft, ob südost oder nordost, da der Windes - Name Eugoxauder sonst nicht vorkommt), und er fuhr mit einem alexandrinischen Schiffe von da nach Syracus ab. Die grössere Wahrscheinlichkeit ist für Malta, obwohl beide Inseln Maxírn hiefsen.

2) Es waren 74 Individuen: Lepidoptern 2, (Noctua suffusa und Sphinx stellatarum), Coleoptern 24, Hemiptern 3, Hymenoptern 9, Neuroptern 4, Diptern 32, keine Orthoptern.

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Bocca dehnte sich, Anfangs wegen der Heimathsfreuden des Capitains, dann wegen widriger Winde und Windstille, bis zur Ungeduld in die Länge. Erst am 23sten August verliefsen wir den Canal zur Fortsetzung der Reise 1).

Voll Sehnsucht nach einem fernern Lande verlebten wir so 12 Tage am Fulse des Monte negro, dem südlichen Endpunkte der europäischen Civilisation am östlichen Festlande des adriatischen Meeres, jedoch waren nur 5 Tage zu Excursionen in's Land anwendbar, und die Schwierigkeit der Communication zwischen dem Lande und dem Schiffe, auf welchem letztern wir die Nächte zubringen mussten, raubte viele Zeit.

Der Eindruck, welchen Dalmatien von der See aus macht, ist verschieden von jenem Illyriens. Ein schroffes, wohl nahe an 3000 Fufs hohes, kahles Gebirge lehnt sich dicht an's Meer, und seinen Fufs bedecken wellenförmige Hügel, deren grüne Bekleidung durch zerstreut liegende Wohngebäude angenehm unterbrochen wird. Die Gegend erinnert an den Karst bei Triest, doch ihre Gebirge sind höher und kahler.

Der Vater des Capitains hatte das Schiff des seit 15 Jahren abwesenden Sohnes von weitem erkannt und kam entgegen an Bord, ihn zu begrüssen. Um frei in's Land zu gehen, war es nöthig, sich zuerst bei der österreichischen Sanitäts - Commission zu melden. Hühner und Kinder promenirten einträchtig im Kleide der Natur im Büreau des Commandanten, und die Zahl der Actenstücke zeigte, dafs der Schweifs des Angesichts ihm bei seiner Tafel erlassen sey. Angegriffen von der Seekrankheit und ermüdet durch Aufsteigen an der steilen Berglehne bei drückender Hitze, segneten wir den Stempel der Civilisation in Castel nuovo, die Caffeteria, welche uns Trauben, Kaffee und Wasser mit Eis zur Erfrischung bot.

Dr. HEMPRICH, durch sechstägiges heftiges Erbrechen in Folge

1) Wer eine rasche Ueberfahrt von Triest nach Aegypten beabsichtigt, mufs kein Schiff eines Dalmatiers besteigen, weil diese regelmässig an der dalmatischen Küste wochenlang verweilen. Wer die Seekrankheit fürchtet, thut wohl, eins zu wählen.

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der Schiffskrankheit stark angegriffen, ruhte etwas aus, während ich mit Herrn SOELLNER naturhistorische und Herr Dr. SCHOLZ seinen wissenschaftlichen Zwecken angemessene Excursionen in die nächsten Umgebungen von Castel nuovo machten. Um eine grofse Menge dort einheimischer Formen von Naturkörpern zu übersehen, war die Jahreszeit ungünstig, denn seit dem Monat Mai (also seit 3 Monaten) war kein Regen gefallen, und ein Naturforscher mufste in die Klagen der Eingebornen stimmen. Dessen ungeachtet sprach sich der Character der Gegend deutlich aus, denn umsonst war es, wenn wir aus einer unwillkührlichen Scheu vermeiden wollten, auf Myrten und Lorbern zu treten, und wenn wir lastenweis diese ehrwürdigen Lieblinge uralter Dichtkunst mit Cypressen als Brennholz auf Eseln forttragen sahen, so war es eine an Mitleid und Unwillen grenzende Empfindung, die sich uns aufdringen wollte. Die Gegend war nicht was wir suchten, der allgemeine Eindruck war der einer Armuth an Vegetation, aber wir durften uns nur zum Anschauen der Einzelheiten herabneigen, um Freude und Begeisterung aus dieser südlichen Natur zu schöpfen, welche die Träume unsrer Jugend versinnlichte.

Um Uebersicht einer grössern Landstrecke zu gewinnen, beschlossen wir, mit einer Barke bis an's innere Ende des Canals nach der Festung Cattaro zu fahren, und erwarteten, bei der Rückkehr von der zweitägigen Excursion, das Schiff zur Abreise bereit zu finden. Eine Barke mit 4 Rudern, welche der Vater des Capitains, Herr LAZARO DUCOVICH, uns besorgt hatte, führte uns am 12ten August den Canal hinauf. In mancherlei Krümmungen tritt dieser, meist nur einige Büchsenschüsse breit, in's Land zwischen die sich gleich bleibenden Kalkfelsen, und bildet einige kleine Halbinseln. In 3 Stunden ist von Castel nuovo sein Ende mit einer Barke zu erreichen. Kleine Ortschaften liegen in geringen Entfernungen an seinem Rande und geben den Character von Wohlhabenheit ihrer Bewohner, die freilich wenig Bedürfnisse haben. In Dominica, an der rechten Seite des Canals, ward zu Mittag Brod,

Käse und Wein eingenommen. Ein dasiger Färber, ein für die Gegend sehr gebildeter Mann, zeigte uns eine Mineraliensammlung, welche, sonderbar genug, fast lauter schlesische und sächsische Stücke enthielt, die mit deutschen, französischen und italienischen Etiquetten versehen waren. Er hielt diese ausländischen Steine in hohem Werth.

Zu Cattaro, wohin wir gegen 3 Uhr Nachmittags gelangten, ward von Seiten der Dogana unsere Pflanzenbüchse revidirt, nach welchem Ceremoniel wir auf den kahlen Berg stiegen, der die Stadt beherrscht und die Festung trägt. Der von noch höhern, nicht weit entferntern Punkten überragte, im Osten der Stadt aufsteigende Felsen war schwer zu besteigen, schroff, heifs und glatt, dazu ganz vegetationslos. Kaum zu rechnen waren einige sparsam und kümmerlich wachsende Pflanzen, eine Wolfsmilch, ein Pfefferkraut und das europäische Heliotropium mit einigen Steinflechten. Wir nahmen eine Probe des Felsens von seiner Spitze und sahen dabei ein auf der andern Seite in einem tiefen und engen Kessel liegendes Montenegriner Dörfchen. Bei der Rückkehr in die einzige schlechte Locanda 1) des Ortes umringte man uns, und während ich die gesammelten Naturalien in Sicherheit brachte, mufste Dr. HEMPRICH sich etwas Zeit abmüfsigen, Recepte gegen allerlei Krankheiten zu schreiben. Gegen Abend veranlasste das Zurückfordern der Pässe eine vielfache Bemühung, Die Abendunterhaltung mit andern Anwesenden dauerte bis 12 Uhr Nachts und gab uns Gelegenheit, mehrere Details über den Character der Eingebornen und über Landeseigenthümlichkeiten zu erfahren.

Am folgenden Tage ward die Rückkehr begonnen. Es war Festtag, und besonders der Wirth in Dominica nahm sich heute

1) Mira sunt secreta hominum! Per totam Aegyptum latrinae culinarum partem efficiunt porta quidem carentem, discretam tamen. Est igitur cur Petronius dicat, non bene olere posse, qui in culina habitent. Nusquam vero hominum ista secreta magis in aprico et importuna offendimus, quam in Dalmatiae, olim romanae, urbe Cattaro, ubi non alius locus his officiis vacabat, nisi foveola ipsissimis solis natibus apta in pariete culinae mulieribus in coquendis assandisque cibis occupatis, pertinacissimis repletae.

in seinem an Brust und Waden mit Blech bepanzerten Anzuge und silberreichen Waffen gar stattlich aus. An mehreren Stellen, wo wir im Vorüberfahren frische Vegetation bemerkten, ward angehalten und diese untersucht. Um 11 Uhr kamen wir wieder in Castel nuovo an und setzten unsern Weg zum Bord des Schiffes fort, wo das Trocknen, Untersuchen und Aufbewahren der gesammelten Naturalien unsre Thätigkeit in Anspruch nahm.

Da die Abreise noch verschoben ward, so besuchten wir an den folgenden Tagen sowohl das südliche, als nördliche Ufer der Bucht bei Castel nuovo bis zur türkischen Grenze. Auf einer der Excursionen begegnete uns ein Montenegriner, deren gewöhnliche Titel bei den Bocchesen waren: Ladri assassini maledetti (verfluchte Räuber und Mörder). Aus Durst folgten wir Beide der Einladung in sein nahes Haus, wo seine Frau uns freundlich empfing und mit einem Gläschen Liqueur und frischen Trauben bewirthete. Grofse Einfachheit und Reinlichkeit umgaben uns. Sie sprachen schlecht italienisch, wir auch, und so ward die Unterhaltung durch etwas Schwierigkeit interessant und cordial. Als sie hörten, dafs wir Aerzte wären, waren sie, wie sich erwarten liefs, Beide krank, und diefs Verhältnifs brachte noch mehr Vertraulichkeit. Der Mann erzählte, dafs er sonst Schiffscapitain gewesen und die Welt viel gesehen habe. Zum Belege dafür zeigte er uns mit freudigem Eifer ein englisches Caper-Patent ) von Malta, welches auf seinen Namen ausgestellt war, aber sich nicht eben eignete, seinen Credit bei uns zu vermehren. Klagen über die trockne Witterung, welche die Jahresernte vernichte, und Fragen und Verwunderung über unsre sonderbare Beschäftigung gaben Stoff zur Unterhaltung von Seiten der Frau. Beim Abschied wurden wir mit der gutmüthigen Ermahnung entlassen, doch nicht zu tief in die Berge zu gehen, weil es dort Ladri und Assassini gebe. Wir dankten für freundliche Aufnahme und guten Rath, machten bemerklich, dafs

1) Erlaubnifsschein, Seeräuberei gegen mit England befeindete Mächte zu treiben.

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