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IV.

Zug durch die libysche Wüste bis zum Katabathmus minor.

Am 6ten October gegen Abend kam der Herr General mit der Haupt- Caravane in Dscheile an. Wir entliefsen unsern alten braven Scheech ACHMED mit einem Geschenk, und empfingen mit einem Grufs aus allen Gewehren die neuen Gefährten. Von nun an standen wir mit unter der Obhut des HADJ ENDAUI ABU DAHEB, eines reichen Beduinen-Oberhauptes und Günstlings des Pascha, von dem er mit dem rothen Burnus (Purpurmantel) bekleidet war, welchen er auf der Reise mit sich führte.

Die Gesellschaft bestand nun:

aus dem Herrn General MENU V. MINUTOLI,

zwei Italienern, welche Herr v. MINUTOLI in Alexandrien
zur Beihülfe im Zeichnen und Vermessen alter Denkmäler
angeworben hatte, den Herren GRUOC und BOLDRINI,
aus einem europäischen Kammerdiener, einem arabischen Koch
und Reitknecht des Herrn Generals,

aus einem französischen Renegaten, der ein Mameluk im Dienst
des Pascha und verpflichteter Dolmetscher der ganzen Cara-
vane war, Namens IBRAHIM (sonst BASILE),

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aus Herrn Dr. SCHOLZ mit einem arabischen Bedienten; ferner aus dem Dr. EHRENBERG, dem Dr. HEMPRICH, ihrem Gehülfen, Herrn SOELLNER, und dem syrischen Dolmetscher JUSSUF;

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endlich aus dem Beduinen-Chef HADJ ENDAUI, dessen Schwager OTMAN, nebst anderen seiner Verwandten, unter denen einer MUHAMMED hiefs, zwei Sclaven und etwa dreissig freien bewaffneten Beduinen aus verschiedenen Stämmen. Ueberdiels hatte HADJ ENDAUI eine seiner Frauen nebst deren pockenkranken Bruder bei sich, welche auf Kameelen in Palankins getragen wurden. Fünf Pferde, deren eins dem Herrn General, eins dem Araberchef und drei dessen Verwandten gehörten, waren bei der Caravane.

Ueberhaupt bestand die Gesellschaft aus neun Europäern und als zehnter galt unser französischer Syrier, aus drei Fellah - Arabern und dreissig und einigen Beduinen. Die Zahl der contractmässigen Kameele war ein und vierzig, die Zahl der contractmässigen Beduinen fünf und zwanzig. Ueberzählig waren: der Chef der Beduinen als verantwortlicher Beschützer der Caravane, dessen Verwandte, Bediente und Sclaven, und die zum Transport der Subsistenz Mittel für die gesammten Beduinen nöthigen Thiere.

Noch am Abend der Ankunft der grofsen Caravane bei uns, begannen die Unannehmlichkeiten, so wie auch Herr v. MINUTOLI im Augenblick des Abmarsches aus Alexandrien noch mit vielen unvorhergesehenen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt hatte. HADJ ENDAUI, welcher gern von uns noch eine gröfsere Anzahl Kameele bezahlt genommen hätte, erklärte nämlich, er könne unsere Kisten gar nicht laden, weil sie zu schwer seyen, und wenn wir auch kleinere Kisten anschafften, so könne er doch unsere Effecten nicht auf zehn Kameele bringen. Auf diese bestimmte, leicht zu durchschauende Erklärung erwiederten wir durch unsern Dolmetscher eben so bestimmt, dafs wir die Kisten schon von Kameelen hätten tragen gesehen und wüssten, dass nicht nur zehn, sondern acht kräftige Kameele hinreichten, all' unser Gepäck fortzuschaffen; wolle er unsere Effecten laden, wie sie wären, und könne er dafür bürgen, sie unbeschädigt mit seinen gegen den geschlossenen Contract jungen und schwachen Kameelen fortzubringen, so wollten wir mitrei

sen, widrigenfalls würden wir sogleich nach Alexandrien zurückkehren. Der Herr General, als er die Debatten erfuhr, erklärte seinerseits, dafs er allein auch nicht reisen werde und überhaupt lieber umkehren wolle, als sich diesen täglichen Weitläufigkeiten aussetzen. Jetzt stimmte HADJ ENDAUI einen gelinderen Ton an, und versprach, unsere Sachen auf zehn Kameelen zu transportiren, wenn wir alles Schwere aus unseren Kisten nehmen und aus Alexandrien Stricke und Packsättel, um sie aufzuladen, wollten kommen lassen. Um dem Streiten ein Ende zu machen, ward eingewilligt, und der Dolmetscher IBRAHIM ging alsbald nach Alexandrien ab, um das Nöthige zu besorgen.

Da unser Verhältnifs zu diesen bewaffneten Beduinen demnach kein sehr vertrauliches war, so schlugen wir vor, dafs sämmtliche Europäer, mit Inbegriff der Dolmetscher und mit Ausschlufs des Herrn Generals, durch die Dauer der Nacht von heut an abwechselnd eine militairische Wache von zwei Stunden übernehmen sollten. Wir mit unserem Gehülfen SOELLNER wollten den Anfang machen, und von 10 Uhr Abends bis 4 Uhr Morgens jeder unsere zwei Stunden wachen; um 4 Uhr sollte geweckt und ein Kaffee bereitet werden, damit die Araber nicht durch uns gehindert würden, jedesmal zu Aufgang der Sonne das Laden der Kameele beendet zu haben und die Caravane in Marsch zu setzen. Obwohl wir eine gute halbe Stunde vom Meer entfernt zwischen Sandhügeln lagen, so fing ich doch während meiner Nachtwache zwei grofse Seekrebse (Ocypoda ceratophthalmus) ), deren Geräusch in der Nähe mich aufmerksam gemacht hatte.

Am 7ten Morgens begann nun das Umpacken. Die Lebensmittel, welche wir in Koffen (Säcken von Dattelblättern) verwahrt hatten, wurden in härene Säcke gepackt. Pulver, Blei, Pppier, Apo

1) In so grofser Entfernung vom Wasser halten sich Seekrebse höchst selten auf, obwohl mehrere von ihnen mehr Zeit ihres Lebens auf dem Lande dicht am Meere, als im Wasser zubringen.

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theke mussten, so viel wir uns auch sträubten, aus den Kisten in die Säcke wandern. Eine Koffe mit Kohlen und ein Reservefälschen mit Spiritus waren bei den zehn Ladungen nicht mehr unterzubringen und mussten zurückgesandt werden. Nach Mittag kamen die Sättel und Stricke von Alexandrien an, und nach 2 Uhr setzte sich die Caravane in Marsch. Immer deutlicher trat nun schon im ersten Augenblick der Bekanntschaft die Ungefälligkeit unserer Araber hervor. Als es galt, die Schläuche mit Wasser zu füllen, meinten sie, diefs sei nicht ihre, sondern unsere Sache. Statt uns das Zelt abbrechen und unsere Effecten ordnen zu helfen, wie unsere vorigen Begleiter thaten, mutheten sie uns noch zu, selbst beim Aufladen der Kameele mit Hand anzulegen. Des Nachts schliefen sie alle, und überliefsen es uns, für uns und sie zu wachen. Wollten wir uns auf die Kameele setzen, nachdem wir uns müde gegangen, so thaten sie als verständen sie uns nicht, und verspotteten uns; einer der schwarzen Sclaven des Scheechs wagte sogar, auf unsern Dolmetscher, als dieser auf unser Geheifs ihm nachdrücklich das Kameel anzuhalten befahl, die Flinte anzulegen, die ihm zum Glück ein anderer sogleich aus der Hand rifs. Wir beschwerten uns beim Chef, und der Herr General forderte ebenfalls Genugthuung. HADJ ENDAUI erklärte, dafs er den Sclaven wolle todtschiefsen lassen, was natürlich nur in Drohung verwandelt wurde, mit der Erklärung unsererseits, dafs bei ähnlichen Fällen wir uns selbst unserer Waffen bedienen würden. Diese wenigen Züge genügten, um uns zu zeigen, dafs wir mit anderen Menschen zu thun hatten, als die ersten waren; dessen ungeachtet durfte diess Benehmen des Sclaven die Gesellschaft nicht abschrecken, die Reise fortzusetzen, da es von den Beduinen selbst gemifsbilligt wurde, unser Wille bisher doch im Allgemeinen immer noch befolgt worden war, und wir mit einiger Geduld unseren Zweck erreichen zu können noch hoffen durften.

Da wir spät abgereist waren, so endigte unser heutiger Marsch schon nach drei Stunden an einer Cisterne mit schlechtem Wasser,

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welche die Araber Suaniet Matar oder Suaniet Suaedi Matar ( Sol-salziges Regenwasser zum Tränken der Kameele) 1) nannten. Das Wasser war unangenehm, etwas salzig, aber trinkbar.

مطر

Den 8ten um 6 Uhr brachen wir auf, und erreichten nach sechs Stunden Marsch den Thurm der Araber und Abusir, wo wir, da in der Nacht ein Bote aus Alexandrien dem Herrn General die Nachricht von Herrn Prof. LIMAN'S Ankunft und dessen Entschlufs, sich noch an die Caravane anzuschliefsen, gemeldet hatte, einen Tag zu verweilen beschlossen. Im Gärtchen bei Bir Krehr, wo wir heut wieder vorbeizogen, waren einige Melonen gereift, die der Herr General kaufte. Westlicher trafen wir ein Lager von Arabern, die in der Zwischenzeit von unserer ersten Excursion sich angesiedelt hatten.

Den 9ten verweilten wir in Abusir, um auf Herrn LIMAN'S Ankunft zu warten. Wir beschäftigten uns, unsere Sammlung der Naturkörper dieser kargen Gegend zu vervollständigen, und das bisher Gesammelte wohl zu verpacken. Ueberdiels malte ich einige Thiere aus der Familie der Spinnen, da diese beim Aufbewahren Form und Farbe verlieren. Der Thurm der Araber, ein aus Quadern aufgeführtes Gebäude ohne sichtbaren Eingang und ohne innere Höhlung, auf Katakomben ruhend, war, nebst einem weitläufigen, ebenfalls aus Quadern aufgeführten Tempel in geringer südlicher Entfernung von ihm, der Gegenstand der Untersuchung, Messung und Aufzeichnung unserer Gefährten. Es ist wohl keinem Zweifel mehr unterworfen, dafs diese Ruinen, deren Form in dem Atlas zur Reisebeschreibung des Herrn Generals MENU treu abgebildet ist, zur alten Stadt Taposiris magna gehören. Von den 36 Marmorsäulen, die zu PoCOCKE'S Zeit 2) ein Gentleman daselbst gesehen haben wollte, fanden wir keine Spur. Einige Capitäler dorischer Säulen von Kalkstein liefsen den Ursprung des

1) Herr GRUOC schreibt Suaniet - Sueb - Mathar.

2) POCOCKE I., pag. 10.

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