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III.

Probe-Excursion zur Reise in die libysche Wüste.

Am 23sten September um 11 Uhr zog ich mit zehn Kameelen und

sechs sie geleitenden Arabern, dem syrischen Dolmetscher und unserm Gehülfen, Herrn SOELLNER, in Beduinentracht zum westlichen Thore Alexandriens hinaus. Der berittene Beduinenchef Scheech ACHMED SCHREBEHR aus der Tribus Djimeat, unser Führer und verantwortlicher Beschützer, erwartete noch in der Stadt den Dr. HEMPRICH, welcher in Eil noch einige Briefe abfertigte, und geleitete ihn dann der Caravane, die indefs vor Bir makebaebi ) und Dscheil el Achterie 2) oder Marabut vorüber

1) Bir Makebaebi ist eine gemauerte Cisterne, in welche man hinabsteigen kann, im Thal zwischen der Nekropolis und dem See Mareotis, eine Stunde von Alexandrien westlich.

2) Dscheil el Achterie oder Dscheile lachterie ist eine doppelte Reihe kleiner und zwei grofse, 10 Fufs tiefe, gemauerte Brunnen nahe am Meer, welche ein klares, sehr liebliches Wasser liefern, und vor Durchführung des Canals zum alten Hafen den dort ankernden Schiffen von hoher Wichtigkeit waren. Die Reisenden und dortigen Europäer nennen diesen sonst culturlosen Ort Marabut, allein dieser Name gehört einer kleinen, mit Ruinen alter und neuerer Zeit versehenen Felsen-Insel nördlich von da im Meer an der Landspitze, welche den Hafen westlich schliefst, und bei welcher wir eine ins Meer versenkte Kanone fanden. Da die Araber, von welchen wir die Namen arabisch schreiben lassen wollten, dieselben nicht kannten, die Beduinen aber, die sie kannten, nicht schreiben konnten, so hielten wir es für unnütz, unsre Orthographie mit einer andern zu vertauschen. Marabut pafst genau auf die Lage des alten Chersonesus bei Alexandrien, welches, nach STRABO, von der Stadt 70 Stadien entfernt in Westen liegen soll, und ist später der Aufenthalt eines muhamedanischen Einsiedlers gewesen.

gegangen war, nach. Ohne beunruhigt zu werden durchschritten wir in unserer Verkleidung die wegen der Todesfeier eines Heiligen von frommen Muhamedanern sehr bevölkerte Strafse am Thore von Alexandrien, und an einem Brunnen hatten selbst zwei derselben gleichzeitig dem Dr. HEMPRICH ihr Gefäls zum Trinken angeboten. Nach der Vereinigung bei Dscheil el Achterie marschirten wir zusammen noch eine Stunde Weges gen West, und lagerten uns am Abend zwischen schneeweilsen, von Dünensand gebildeten, mit Statice) bewachsenen Hügeln. Der tiefe und lockere Sand erlaubte nicht, das Zelt aufzuschlagen, und da wir von der Einwirkung der Sonne und der Fusswanderung ermüdet und noch nicht hungrig genug waren, um nach dem Kochgeschirr zu greifen, so dienten einige, in Alexandrien gekaufte, europäische Aepfel und etwas Schiffszwieback zur Mahlzeit des Tages. Zwar hatten wir unterweges einigemale versucht, uns auf die Kameele zu setzen, allein die Bewegung und das Reiben unserer nackten Füsse an dem rauhen Sattel waren so empfindlich unangenehm, dafs wir lieber zu Fufs gingen, wozu andererseits unsere Beschäftigung mehr hinzog. Wir erbeuteten im Vorüberziehen einige Pflanzen, Insecten und auch einige Vögel. Die Araber erboten sich, des Nachts zu wachen, und so erwarteten wir, in unsere Matrosenmäntel gehüllt, unter freiem Himmel die erste Wüstennacht. Das Thermometer war am Mittag nicht über 28° Reaumur gestiegen, und während der Nacht hatte ein starker Thau unsere Hüllen durchnäfst; die Temperatur der Luft hatte sich vor Sonnenaufgang auf 16° herabgesetzt.

Mit Anfang der Morgendämmerung des zweiten Tages ward durch unsere Beduinen vom Stamm eines alten Feigenbaumes, der aus einer Katakombenhöhle jener Hügel hervorragte, die den See Mareotis begrenzen, ein Feuer angezündet und ein schwarzer Kaffee bereitet. Die dienstwilligen Araber, welche sich nur wiederholt

1) Es war besonders Statice monopetala L. mit Statice pruinosa L., erstere vorherrschend.

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erkundigten, ob sie auch ein gutes Trinkgeld (Bakschisch) bekämen, kauerten sich um uns herum, nahmen am Kaffeetrinken selbstthätig Theil, verschmähten aber dabei den ihnen sonst sehr angenehmen Zucker. Sogleich nach dem einfachen Frühstück wurden die Kameele, welche des Nachts im Kreise um uns her gelagert waren, beladen, und wir marschirten 5 Stunden lang weiter, bis Bir Krehr oder Schaduhf, einen Ort, wo ein paar Brunnen von 3-4 Fufs Tiefe ein an Geschmack häfsliches, schwefelhaltiges, sonst aber trinkbares Wasser boten, und bei dem sich ein alter Beduin niedergelassen und ein durch eine ziemlich künstliche Wasserleitung mit dem Schöpfapparat (Schaduhf) zu befruchtendes Gärtchen angelegt hatte. Neben dem Gärtchen schlugen wir unser Zelt auf, und schossen einige am Brunnen sich aufhaltende wilde Tauben 1), die wir, mit Reis gekocht, zum Mittagsmahl bestimmten. Da die Gegend Trinkwasser bot und ergiebig schien, so beschlossen wir, hier dem bisher sehr karg gewesenen Lande etwas für unseren Zweck Interessantes abzutrotzen. Der erste Chamäleon, zwei Arten von Gecko und ein Seps waren die Beute der ersten Excursion an Amphibien; auch erfreuten uns eine Anzahl Insecten und cryptogamischer Pflanzen. Die besonders dazu geeigneten Instrumente, durch Anschlagen und Schütteln der Sträuche grofse Mengen von Insecten in wenigen Minuten zu fangen, waren hier nicht anwendbar, wo es nur wenige und blätterlose dornige Sträuche gab, denen man es schon aus der Ferne ansah, dass in ihnen sich kein Insect verborgen halte. Nur das Umwälzen von Tausenden von Steinen, welche als Geröll die südlichen, den See Mareotis begrenzenden Hügel bedeckten, gab die gewordene Ausbeute, denn unter diesen suchten die Thiere Schutz vor der Tageshitze.

Den 25sten blieben wir an diesem Orte, welcher noch mehr zu liefern versprach, zum Theil auch, um uns von dem Eindruck, welchen die Sonne auf unsere unbedeckten Körpertheile gemacht

1) Columba domestica und C. testaceo-incarnata Forsk.

hatte, zu erholen. Wir Alle, am meisten aber unser Gehülfe SOELLNER, litten am Nacken, an den Armen und an den Schienbeinen gleich von dort angebrachten Senfpflastern. Ich und er litten lange an den dadurch entstandenen Geschwüren. Eine andere Unannehmlichkeit zeigte sich hier auch schon. Die Schuhe nämlich verletzten durch ihre scharfe, vortretende Sohle wechselsweis die nackten Knöchel, und jedes Aufritzen der schon ohnehin durch die Tageshitze rosenartig entzündeten Oberhaut verursachte bei uns ebenfalls Geschwüre, was jedoch bei Dr. HEMPRICH weit weniger der Fall war. Leider waren diese gelben Mogrebinen-Schuhe, obschon sie überdiefs leicht Sand und Steinchen aufnahmen, dringend nöthig, wegen des oft in schneidend scharfe Kanten zerborstenen Gesteins, dem die dünnen Sohlen der türkischen Schuhe weit weniger widerstehen. Wir machten hier eine Excursion nach den Dünenhügeln des Meeres nördlich, und eine andere nach dem Ufer des See's Mareotis südlich. In der Nähe des letzteren stiefsen wir auf eine kleine, mit Dattelpalmen umgebene Moschee, welche das Grab eines Heiligen bezeichnet, und auf LEAKE'S Karte von Aegypten Kherrair Mosque heisst. Hier schossen wir einige Vögel. Der Abend gab eine nicht unbeträchtliche Ausbeute von kleinen Phalänen, welche wir mit einer Laterne anlockten.

Noch bleibt Einiges zu sagen übrig über die Beduinenfamilie, in deren Nähe wir uns gelagert hatten. Der Alte war ein kräftiger Mann mit silberweissem Haar, und wohnte ganz allein in dieser Gegend mit drei ihm gehörenden schon alten Frauen, in einer von Dattelzweigen und Durrastroh gebauten Hütte, welche nur von drei Seiten geschlossen war, und im Innern nicht aufrecht zu stehen erlaubte. Er war ganz nackt, nur um die Lenden trug er ein Stückchen zerrissenes Wollenzeug, und eine zerrissene wollene Mütze (takie ), deren Farbe bewies, dafs seine Frauen das Waschen nicht besonders liebten, deckte den Kopf. Die Frauen waren mit einem Stück sehr schmutziger Leinwand, welches sie um den Körper und über den Kopf geschlagen hatten, bekleidet, und hüteten mit langen Dat

telstäben die Heerden. Der nackte Alte war nämlich Besitzer von vielen Kameelen, Rindern, Eseln, 700 Schafen und einigen hundert Ziegen. Er selbst schöpfte mit einem an einer Stange befestigten, mit einem Gegengewicht versehenen Korbe Wasser zur Bewässerung des schon erwähnten kleinen Gartens, worin er Durra (Sorghum vulgare), Tabak (Nicotiana Tabacum) und Melonen baute. Unmittelbar am Brunnen hatte er einen durch den Garten schief ablaufenden Damm angebracht, und auf diesem erhöht einen Kanal, aus dem das Wasser durch Oeffnungen, die er nach Belieben mit der Hand öffnete, oder durch Erde schlofs, bald hier bald da den Boden überzog. Aufser einer Flinte und einer halben Kürbifsschale zum Trinken sahen wir bei ihm weder Waffen noch Geräth. Einige in der Hütte befindliche Lappen von wollenem Zeug schienen des Nachts zur Decke zu dienen. Die am Kinn blau gemalten Frauen blieben immer in der Ferne, und bei nöthigen Verabredungen winkten sie dem Alten, zu ihnen hinzukommen. Sie hatten das Gesicht nicht bedeckt, zogen aber, wenn wir auf den Excursionen in ihre Nähe kamen, einen Zipfel der den Kopf bedeckenden Leinwand vor den Mund, ohne sich zu entfernen. Ihre Speise bestand aus frisch, auf erhitzten Steinen gebackenem Brod und etwas Milch, jedoch war in der dürren Jahreszeit für uns, ausser einem kleinen Geschenk, keine Milch zu haben. Die kümmerliche Dürftigkeit dieses Nomadenlebens hatte durch den harmlosen GesichtsAusdruck des Alten bald für uns einen ehrwürdigen Anstrich gewonnen. Die scheinbare Dürftigkeit war Bedürfnifslosigkeit, und unsere Umgebungen weckten in uns die lebhaftesten Erinnerungen aus der patriarchalischen Zeit.

Am 26sten brachen wir des Morgens auf und marschirten vier Stunden weiter nach Westen bis Abusir, an die Ruinen der alten Stadt Taposiris magna, zu deren Linken wir uns auf der Höhe lagerten. Der Thurm der Araber war von uns rechts in der Entfernung einiger Büchsenschüsse. Ueber das Ende des See's Mareotis waren wir schon beträchtlich hinaus, und es erschien in

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