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begleitete Dr. HEMPRICH den Herrn Consul DUMREICHER in's Kapuziner-Kloster.

An den folgenden Tagen wurden nun in europäischer Kleidung und bewaffnet wiederholte Excursionen nach der Feigeninsel (Ras ettin) gemacht, welches die Landzunge ist, worauf der Pallast des Pascha steht, und deren Pflanzenschmuck von dem dänischen Naturforscher FORSKÅL, welcher mit NIEBUHR reiste, sehr gerühmt wird. Es ward die 3 Stunden weit gen Westen gelegene Insel Marabut (Chersonesus des STRABO) besucht, wo wir bei den in ihrer Nähe befindlichen Brunnen Vegetation vermutheten. Die sogenannten Bäder der CLEOPATRA, die Cisternen, die Katakomben und das Meeresufer wurden, so wie alle nächste Umgebungen der Stadt, und einige wiederholt, besucht, und das Sammeln von Naturalien, Zubereiten, Trocknen, Aufbewahren, Beschreiben und Zeichnen derselben füllte reichlich unsere Zeit in den ersten Tagen. Nur einmal versuchte ein Araber-Knabe mit einem Steine nach uns zu werfen, ergriff aber sogleich die Flucht, als er bemerkte, dafs es unmittelbar Folgen für ihn haben würde. Bei einer der Excursionen, als wir eben auf Ras ettin mit Sammeln von interessanten Pflanzen eifrig beschäftigt waren, sahen wir einen europäischen General-Consul, welcher eben vom Pascha kam, in seiner Uniform auf einem Esel reiten, dem ein Janitschar in reicher türkischer Kleidung, einen Stab mit grofsem silbernen Knopf in der Hand, vorausging und ein arabischer Bedienter folgte. Die Scene hatte für uns etwas höchst Komisches. Er bemerkte uns, lenkte auf uns zu, und nach Wort und Grufs trabte er weiter zur Stadt, wohin auch wir bald folgten. Ein andermal begegnete uns der türkische Gouverneur der Stadt zu Pferde, welcher schon bei Sonnenaufgang dem Pallast des Pascha zu ritt. Drei arabische Läufer mit weissen Stäben liefen voraus und zwei zur Seite. Wir folgten derselben Richtung und mochten ihm wohl durch unsere grofse Pflanzenbüchse von weissem Blech so aufgefallen seyn, wie er uns. Beim Pflanzensammeln waren wir dem Pallast des Pascha immer näher gekom

men, und als wir eben im Begriff waren, mit gefüllter Büchse zurückzukehren, kam aus dem Eingang des Pallastes ein Commando auf uns zu, bestehend aus einem reich gekleideten Mamelucken und zwei arabischen Bedienten. Die Fragen des Mamelucken wurden von uns zwar wenig verstanden, allein aus seinen Gestikulationen und aus einzelnen uns schon bekannten Phrasen ging hervor, dass er vom Pascha selbst, welcher uns von fern gesehen, beauftragt sey, sich nach dem Zweck des grofsen cylindrischen Instruments zu erkundigen, welches wir bei uns führten. Die Worte Hakim, Hekme, Haschisch (Arzt, Wissenschaft, Kraut), welche wir bereits kannten und laut werden liefsen, befriedigten ihn einerseits. Unsre Abstammung, nach welcher er forschte und die wir mit dem Ausdruck Franki Prussiani ) bezeichneten, erklärte er sich mit den beiden. Arabern durch Suedesi (Schweden), und nachdem er sich noch über den Inhalt der unheimlichen grofsen Büchse selbst genügend belehrt hatte, verlangte er eine Probe von dem darin befindlichen, durch Moschus - Geruch ausgezeichneten Teucrium Iva, mit welchem ich ihm die medicinische Tendenz am besten versinnlicht hatte, um sie dem Pascha zu überbringen. Das Benehmen des Mamelucken zeigte viele Rücksicht, und wir traten dann ungestört unsere Rückkehr an. Dem Pascha selbst hatten wir uns, um ihn persönlich um seine Firmans zu ersuchen, noch nicht vorstellen lassen, indem wir die Ankunft des Herrn Generals abwarten wollten. Nach der Audienz des Herrn Generals, woran wir nicht Theil nahmen, reiste der Pascha bald nach Cahira ab. Zwei Jahre später lud uns der erste Minister, Herr BOGHOS JUSSUF, ein, um uns ihm persönlich vorzustellen, wobei wir Gelegenheit nahmen, für den

1) Der Name Preufsen war im Orient, wegen Mangel directer Schiffahrt, nirgends bekannt, obwohl es hie und da Consulate gab. Einige türkische Befehlshaber verdeutlichten sich unser Land durch den Namen Brandenburg, und wussten wohl auch von der Einnahme von Paris durch die Brandenburger, die Mehrzahl aber glaubten, es gebe blofs Einen König der Franken, dem der Sultan gewogen sey, und hielten BONAPARTE für einen Statthalter dieses Königs.

uns bis dahin in seinem Lande gewährten Schutz unsern Dank zu sagen.

Die Lebensgeschichte des merkwürdigen MEHEMED ALI PASCHA ist am ausführlichsten und richtigsten von Herrn MENGIN behandelt worden, welcher seit vielen Jahren in Cahira selbst die Materialien gesammelt hat. Wir lernten ihn daselbst kennen, und hörten, dass er vielseitig mit authentischen Beiträgen unterstützt worden ist. Da man andrerseits in Europa irrige Meinungen ausgestreut hat, so halte ich für nützlich, das was wir selbst im Lande hörten und sahen, als Bestätigung jener Nachrichten mitzutheilen, und somit die Zeit bis zum Antritt unserer Wüstenreise, wo bei vieler Bemühung und Zeitverlust nur wenig Interessantes vorfiel, auszufüllen. So sorgfältig die historischen Thatsachen von Herrn MENGIN auch gesammelt sind, so war man doch über die den Handlungen der Personen von ihm untergelegten Beweggründe nicht immer einverstanden, und es ist kein Zweifel, dafs die Lebendigkeit der Darstellung wohl zuweilen Farben nöthig gemacht, die dem Erzähler, nicht der Sache angehören 1).

Was das Aeufsere des Pascha anlangt, so ist es für Orientalen durch Lebhaftigkeit imponirend, keineswegs aber für Europäer, so wenig als Form und Ausdruck seines Körpers. Die wohl proportionirte Körperbildung von mittler Gröfse verräth durch kleine Gesichtsform seine albanesische Abkunft deutlich. Türken haben gewöhnlich einen grofsen Kopf und lange Gesichtsform. Ein kleines lebhaftes Auge giebt seinem Gesicht den Geist, welchen er besitzt. Das den Türken eigne Phlegma in der Körperhaltung fehlt ihm ganz, und obwohl er, schon der orientalischen Kleidung und Sitte halber, einem Europäer nicht eben sehr beweglich erscheint, so besitzt er doch eine verhältnifsmässige auffallende Lebhaftigkeit. Ich sah ihn nur sitzend und reitend.

1) Histoire de l'Egypte sous le Gouvernement de MEHEMED ALI par FELIX MENGIN; Paris 1823. Mit einem Atlas, enthaltend das Portrait des Pascha u. s. w.

Wollte man nun aber bei einem aufserordentlichen Manne etwas Auffallendes im Aeufsern für nothwendig halten, so könnte man es in der Einfachheit seiner Umgebung finden. Im Vorsaale zu seinem offnen Audienzzimmer befanden sich Crethi und Plethi, und zuweilen erhob sich ein so lauter Zwist und Lärm, dafs wir vergafsen, in der Nähe des Pascha zu seyn. In der neuesten Zeit hat er sich mit förmlicher Leibwache umgeben, die, als wir ihn sahen, ganz formlos, kaum bemerkbar vorhanden war. Die Soldaten, welche sich dort befanden, waren nachlässig, nur der Landessitte gemäss, bewaffnet und ohne Aufmerksamkeit. Seine Mamelucken schienen die einzigen Personen zu seyn, welche ihn als Leibwache umgaben, und diese vertraten mehr die Stelle der Bedienten. Die Eingänge, sowohl des äussern Pallastraumes, als die zum Divan, waren ohne alles Militair. Leute verschiedener Classen, selbst aus den niedrigsten, trieben sich auf den Treppen des Audienzsaales und im Vorsaale herum. Als wir von Herrn BOGHOS JUSSUF eingeführt wurden, begrüfste uns der Pascha, und jener das erste Dolmetscher-Amt verwaltende Minister lud uns ein, uns dem Pascha gegenüber auf den Divan zu setzen. Der Pascha sals im Kaftan auf seinem Divan am Fenster gegen den Hafen, hatte ein englisches Fernrohr neben sich, und rauchte aus einer türkischen langen Pfeife. Wir waren in Mamelucken-Kleidung mit rothem Djibé 1), Turban und langen Bärten, und es war natürlich, dass der Pascha, dem man von uns schon oft erzählt hatte, uns zuerst fragen liefs, wie wir uns in dieser Kleidung gefielen, und warum wir nicht unsere europäischen Kleider beibehalten hätten, dessen Gründe, um nämlich weniger die Neugierde und den Spott des arabischen Volkes zu erregen, Dr. HEMPRICH auseinandersetzte. Unser Dank für seine Schutzbriefe veranlasste die Frage, ob wir überall gut aufgenommen worden wären, und eben so nahe lag die Frage, ob wir edle Metalle

1) Djibé ist ein Oberkleid von leichtem wollenen Zeug, Kaschmir.

جب

im Lande beobachtet hätten, wogegen ich auf ein von uns in Dongola entdecktes nutzbares, reichhaltiges Eisenlager aufmerksam machte, mit der Bemerkung, dafs weder Aegypten noch Dongola auf unsern Wegen und in der Nähe des Nils Spuren von andern Metallen gezeigt hätten. Er liefs uns darauf durch Herrn BOGHOS sagen, dafs er unsre Anwesenheit in Alexandrien immer gern sähe, da er wohl wisse, dafs wir den Kranken immer unsern ärztlichen Rath mittheilten. Während des Gesprächs ward uns Kaffee präsentirt. Herr BOGHOS stand neben dem Pascha, und bei ihm auf demselben Divan safs NEDJIB EFFENDI, der Gesandte aus Constantinopel, welcher die jüngste, zweijährige Tochter des Pascha auf dem Schoofse hatte. Herr ISMAEL GIBRALTAR, der Admiral der Flotte, war ebenfalls zugegen, mischte sich zuweilen in das Gespräch und setzte sich ohne Ceremonie neben uns.

Eine so höchst einfache öffentliche Hofhaltung erwarten Europäer freilich nicht in einem türkischen Reiche. Ungezwungene Anspruchslosigkeit ist aber nicht blofs im Character MEHEMED ALI'S, sondern ist ein Character aller orientalischen Höfe, nur vielleicht Constantinopel ausgenommen, und die Einfachheit des Divans steht im Orient ganz gewöhnlich in grofsem Contrast mit der Pracht des Harems und dem verborgenen Reichthum und dem Ehrgeiz des Hauses.

Rücksichtlich der dasigen Etiquette erfuhren wir, dafs die Untergebenen des Pascha vor ihm stehen, und dafs er nur Personen von Distinction, Religionschefs und nicht in seinem Dienste stehende reiche Particuliers, so wie Europäer, durch den Dolmetscher sich auf den ihm gegenüber befindlichen Divan niedersetzen heifse. Mehr noch zeichnet er sie aus, wenn ihnen Kaffee präsentirt wird. Nur vertrauten und mit ihm in näherer Beziehung stehenden Personen von Auszeichnung, Consuln u. ähnl., lässt er eine Pfeife reichen, und die gröfste Auszeichnung wird denen zu Theil, die ihren Platz auf seinem Divan neben ihm angewiesen erhalten, wie Herr Gene

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