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Unsere bisherige östliche Richtung verlassend, brachen wir am 4ten December gegen 10 Uhr von Bir Lebuk in der Richtung nach Alexandrien auf. Unsere Beduinen kannten leider den Weg nicht, und konnten also auch uns keine Auskunft über Brunnen geben. Aus der Berechnung unsrer Märsche ging indefs hervor, dafs wir von hier bei nördlicher Richtung unseres Weges nach höchstens 3 Tagen nicht weit von Alexandrien an's Meer kommen müfsten, und da dort die Beduinen die Brunnen genau kannten, so ward der Weg nach Compass und Himmelsgegend regulirt, um dorthin zu gelangen.

Die Gegend des Wadi Lebuk fing beim Fortrücken unserer Caravane gen Norden bald an, den salinischen Character der Oase zu verlieren, erhob sich allmälig etwas, und wurde mehr sandig und steinig, je nachdem wir in Tiefen oder auf Erhöhungen hinzogen. Den hohen Wüstenabfall, welchem entlang wir von Siwa her gezogen waren, sahen wir in der Ferne zur Linken westlich, und gegen Mittag erstiegen wir mehrere Hügel, zwischen und auf denen viele versteinerte Palmen- und Dicotyledonen-Stämme zerstreut lagen, deren einige wir gern, so schön wie sie waren, in die vaterländischen Museen gebracht hätten, die aber sich weder durch Wunsch noch durch Kameele fortbewegten. Ich sah Stämme von 4 bis 5 Fufs Länge, welche zuweilen an noch andere in der Nähe befindliche Stücke passten, und mit diesen Baumstämme von bedeutender Länge darstellten. Aestige Dicotyledonen - Stämme mit deutlicher Rinden-Substanz waren überraschend schön erhalten, aber nie zeigten die Palmenstämme eine Spur von der schuppigen Rinden - Substanz. Mehrere der gröfseren Palmenstämme hatten die Araber als Wegzeichen aufgerichtet. Allmälig höher steigend kamen wir nun in eine hüglige Gegend, die ganz den Character der Küste bei Hamam und Abusir zeigte, und mit ihr erschienen auch die lange vermissten dort angetroffenen Pflanzen wieder. Nachmittags sahen wir vor uns zwei isolirte Berge, genannt Schellem es Schimet, gerade in der Richtung des Weges, der sich dann mehr links wendete.

Wir hatten uns während des Marsches des Trunkes enthalten,

und beschlossen, die ganze Nacht hindurch fortzueilen, um die Kranken sobald als möglich an einen Ort zu bringen, wo sie einige Ruhe und weniger schädliche Einwirkung haben könnten. Vier Stunden nach Sonnenuntergang wurden unsere Araber in der dunkeln Nacht auf Geräusch aufmerksam, und erkannten Männer in der Nähe. Es war nothwendig, immer auf den schlimmsten Fall gefasst zu seyn, und so wurden diese anfangs wieder für Räuber gehalten. Unsere kranken, auf die Kameele befestigten Gefährten forschten ängstlich nach dem Vorfall, und wurden mit: es ist nichts beruhigt, während wir uns schlagfertig machten. Die Araber suchten unsre Umgebungen auszukundschaften, und kamen bald mit der halbfreudigen Nachricht wieder, dass hier in der Nähe hinter einem Hügel eine vielleicht friedliche Tribus gelagert sey, deren Feuer sie sähen. Die Männer hatten sich zurückgezogen, aber wir waren in der Richtung ihres Lagers und erreichten es nach etwa zwei Stunden. Die Art unserer Aufnahme schien unsern Arabern anfangs nicht günstig, weil das Oberhaupt, obwohl Hunde unsere Ankunft verriethen, nicht alsbald entgegen kam; doch geschah diefs nach einiger Zeit. Unsere erste Frage an die Nomaden war: wo und wie weit von hier Wasser sey. Sie nannten es noch weit, indem sie das ihre zehn Stunden weit hergeholt hatten, aber versprachen, uns einen Schlauch guten Wassers von dem ihrigen mitzutheilen, und brachten ihn alsbald, wofür wir ein Geschenk gaben. Da hiermit unserem ersten Bedürfnisse abgeholfen war, so lagerten wir uns auf einer kleinen Anhöhe in der Nähe dieses Lagers, um unseren Kranken etwas Ruhe zu gönnen, und ihnen eine leichte Reissuppe zu bereiten. Ein Schaf war nicht zu erhalten.

Der Ort hiefs Ker el-kade 1), die Araber-Tribus nannte sich Schirere 2). Die Beduinen erzählten, dafs sie von uns schon viel

1) Herr SCHOLZ nennt den Ort, pag. 18., Wadi gar el madi, wahrscheinlich ist er zu schreiben Karet el kade.

2) Herr SCHOLZ schreibt Dschireire, und hat noch den Namen Schaibije einer andern Tribus hier in der Nähe aufgezeichnet, pag. 18.

sprechen gehört hätten, und dafs vor Kurzem die Rede gewesen, dafs wir bei einem Ueberfall Alle um's Leben gekommen.

Um nicht wieder in Wassermangel zu gerathen, mussten wir am folgenden Tage weiter eilen. Wir hatten nun durch die Beduinen über die Richtigkeit des eingeschlagenen Weges nach Alexandrien Gewissheit erhalten und zogen über Thäler und Hügel ohne besondere Auszeichnung mit dem Character der Gegend bei Ha-. mam. Wir passirten einen zur Linken gelegenen isolirten Berg mit arabischen Grabmälern um 2 Uhr Nachmittags, und lagerten uns mit Sonnenuntergang in einer steinigen Ebene, in der wir bereits fünf Stunden lang nördlich fortgezogen waren. Der Ort hiels Kaschm el Heise (Kasr el Heyet DROVETTI). Kleine Gaben von Ipecacuanha, welche wir unseren Kranken seit vorgestern und gestern reichten, war die einzige Medicin, die wir unter den so übeln Umständen uns anzuwenden getrauten; allein ihr Zustand verschlimmerte sich immer fort, das heifst, ihre Lebenskraft nahm ab in dem Maafse, als das ununterbrochene Fieber an Intensität zunahm. Da wir nur eine Tagereise bis zum Taubenbrunnen (Bir Hamam) haben sollten, so machten wir, obwohl selbst sehr zweifelnd, Hoffnung, dass eine längere Ruhe ihnen bald die Gesundheit wiedergeben werde.

Da wir seit unserer Abreise von Siwa kein Fleisch gegessen hatten, so versuchten die Gesunden heut ein Gericht gekochte Wüstenschnecken, die uns zu Millionen umgaben und nicht übel schmeckten; doch war unsere Lage zu wenig geeignet, Experimente an unserer Gesundheit zu machen, als dafs wir uns an diesem Gericht der Beduinen und des syrischen Dolmetschers hätten satt essen mögen. Für die Kranken ward eine leichte Mehlsuppe bereitet.

Am 6ten marschirten wir in gleicher fast genau nördlicher, nur ein wenig nordöstlicher Richtung weiter in der Ebene fort, und gelangten nach 24 Stunden in ein in dieser Richtung befindliches flaches Thal, in welchem wir zwei Beduinen und frisch mit Gerste besäete Getreidefelder antrafen, und von dessen Höhe wir das er

sehnte Meer bei Abusir sehen konnten. Zur Linken lagen uns Beduinengräber. Von dem Thale stiegen wir noch tiefer hinab in ein anderes sehr breites, von Osten nach Westen laufendes Thal, welches die Fortsetzung des Thales der Natronsee'n seyn soll, und an dessen uns gegenüber befindlichen Rande die Brunnen Hamam liegen. Wir bedurften in langsamen Kameelschritt mehr als eine Stunde, um den andern Rand des Thales in etwas schiefer Richtung zu erreichen, und trafen in der Mitte desselben eine grofse Schaf- und Ziegenheerde. Da etwas Fleisch für uns Alle grofses Bedürfnifs war, so liefsen wir alsbald durch die Beduinen um ein Schaf unterhandeln, allein der Hirt wollte keins verkaufen, obschon er deren über 1000 Stück vor uns hertreiben mochte. Da wir glaubten, dafs der Nomade blofs aus Besorgnifs, kein Geld zu erhalten, sich weigere, uns ein Schaf abzulassen, so warfen wir ihm einen spanischen Thaler zu. Dessen ungeachtet bestand er auf seiner Weigerung; allein die Beduinen nahmen ein Schaf zum Abendessen in Beschlag, liefsen den Thaler liegen, und hörten nicht weiter auf seine Einwendungen.

Zwei Stunden vor Sonnenuntergang (gegen 5 Uhr Nachmittags) erreichten wir die langersehnten Brunnen, die unseren Kranken neues Leben und uns Erholung bringen sollten. Um nicht von den täglich hier zu tränkenden Viehheerden der nahen Araberhorden belästigt zu werden, schlugen wir unser Zelt eine Viertelstunde westlich von dem Brunnen auf der Anhöhe auf, und schickten sogleich die Araber ab, um die Schläuche mit frischem Wasser zu füllen. Den Kranken ward ein nach den Umständen bequemes Lager bereitet, und dann überliessen wir sie der zu hoffenden Einwirkung der ungestörten Lebenskraft. Leider war ihre Körperschwäche sehr grofs, und die ihnen bis dahin gegebene Medicin fruchtlos gewesen; desto erfreulicher aber war es, als wir am folgenden Tage

den 7ten December bei Beiden die Symptome der Krankheit sehr gemässigt fanden. In der Hoffnung, dafs ein Aufenthalt von

einigen Tagen am Brunnen bewirken werde, den Gefährten die Weiterreise bis Alexandrien weniger angreifend zu machen, hielten wir für zweckmässig, einen Boten abzusenden, um uns in Alexandrien ein Lokal zum Unterkommen in einem Hause vorzubereiten. Hr. BOLDRINI übernahm es selbst, mit einem Araber nach Alexandrien heut vorauszureiten und alle Einrichtung zur besten Aufnahme der Kranken zu treffen.

Leider verfolgte uns das Unglück. In der Nacht vom 7ten zum Sten trat Regen ein, und mit ihm verschlimmerte sich der Zustand unserer Kranken wieder bedeutend. Da auch Herr Dr. SCHOLZ wegen Unpässlichkeit sich der Nachtwache mit anzunehmen Bedenken trug, die sowohl wegen der Nähe des von Beduinen sehr besuchten Brunnens, als hauptsächlich wegen der Bedürfnisse der Kranken unumgänglich nöthig und mehr als gewöhnlich anstrengend war, so lag die ganze Last der Nachtwache und Krankenpflege auf mir, dem Dr. HEMPRICH und dem syrischen Dolmetscher. Die Araber waren weder willig noch brauchbar, uns zu helfen, und waren mit ihren eigenen Kranken beschäftigt. Um aber unsere unglückliche Lage auf's höchste zu steigern, vermehrte sich am Morgen der Regen so stark, dafs er das ganze innere Zelt und das Lager der Kranken unter Wasser setzte, und der Sturm drohte, jenes ganz umzuwerfen, da die Pflöcke in dem oben zu lockern, in geringer Tiefe aber felsigen Boden nicht mehr fest halten wollten. Es blieb zuletzt nichts übrig, als dafs wir Gesunde uns dem Regen Preis geben, und, die Stelle der Zeltpflöcke vertretend, mit unseren Händen die Hauptleinen des Zeltes aufserhalb erfassen mussten, damit nicht durch Umwerfen desselben die ganze Bedeckung der Kranken und alle unsere Effecten durchnäfst würden. Einige Araber, wovon die Mehrzahl sich unter ihr Gepäck verkrochen hatte, standen uns in so fern bei, als sie mit unseren Hacken und Spaten einen Graben um das Zelt her machten, in welchem die grösste Wassermenge Abzug haben sollte, was etwas, aber nur wenig half.

Nicht ohne Schauder denke ich an diesen Tag in der Wüste,

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