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und relative Gröfse der Körper hat, so wird man trotz aller Erfahrung zuweilen sehr getäuscht. Man kann eben sowohl ein auf einer fernen Anhöhe befindliches Kameel für einen Vogel, als umgekehrt einen nahen Vogel eine Zeit lang für ein fernes Kameel halten. Mit Gazellen und Kameelen täuscht man sich ebenfalls sehr leicht, und nicht selten habe ich auch einen unbedeutenden kleinen Stein auf dem scharfen Rande einer Anhöhe eine Zeit lang für ein grosses Thier oder einen Menschen gehalten.

Unser Marsch wurde heut wieder 20 Stunden lang fortgesetzt, und die Kameele mehr als gewöhnlich angetrieben. Am Abend wurden nur die Lasten gewechselt, und den Kameelen etwas Durra gereicht. Wir fanden heut während des Marsches einen Platz, wo sich Kameele gelagert haben mussten, und darauf eine hölzerne Keule, welche wir für das Instrument zum Befestigen der Zeltpflöcke des Herrn Generals erkannten, und wodurch wir dessen frühere Anwesenheit auf derselben Stelle erfuhren.

Gestern Nacht sowohl als heut stürzte unser Dolmetscher mehreremale vom Kameel, weil er vor Müdigkeit sich nicht des Schlafs enthalten konnte, und einmal selbst mit dem Kopfe zuerst auf den felṣigen Boden. Er klagte über Kopfweh, und wir fürchteten sehr, dafs es böse Folgen für ihn haben würde, die aber nicht eintraten.

An ein Kochen von Essen war heut und gestern nicht zu denken. Wir afsen harten Schiffszwieback und trockene Datteln oder rohe Zwiebeln, den Durst löschte stinkendes Wasser.

Am 18ten, zwei Stunden nach Sonnenaufgang, wurde der Marsch in südlicher Richtung fortgesetzt. Dreiviertel Stunden zogen wir noch auf einer grofsen Ebene hin, und dann öffnete sich vor uns die Aussicht auf ein merkwürdig zerrissenes Land, bei dessen Anblick unsere Araber eine kindische Freude bezeigten, und sie benachrichtigten uns, dafs diefs der Eingang zur Oase von Siwa sey, und dafs mithin nun bald unsere Beschwerde ein Ende haben werde. Wir hatten nur noch einen Schlauch mit Wasser; unsere Besorgnifs war mit Anschauen dieses in tiefe Schluchten zerspaltenen Lan

des verschwunden. So wird ein Quell mit frischem Wasser zum höchsten Ziel des menschlichen Wunsches, so die Oase zum Paradies.

Kurz vor dem ersten Abfall des Wüstenplateau's ermahnten uns die Beduinen, hier uns wohl zu bewaffnen und bereit zu halten, weil gewöhnlich in diesen Schluchten die Caravanen von Räubern beobachtet und, wenn sie sich unvorbereitet zeigten, überfallen würden. Sie selbst fingen an zu tirailliren, setzten neue Steine auf ihre Flinten, und suchten sich einen wirksamen Schufs zu sichern. Einige vor uns und zur Seite befindliche Gräber von Erschlagenen, auf welche sie uns aufmerksam machten, gaben ihren Ermahnungen Nachdruck, und so bereiteten auch wir uns zur Nothwehr vor. In sieben dicht auf einander folgenden Terrassen stiegen wir allmählig und vorsichtig von der Hochebene zwischen sonderbar grotesken Felsenwänden durch viele Krümmungen binnen sechs Stunden in das Oasenthal hinab, dessen Palmen uns endlich aus der Ferne entgegenblickten. Nachmittags gegen 2 Uhr erreichten wir einen mit Palmen umgebenen Quell, dem unsere Kameele mehr sich zustürzten, als zueilten, und von hier war noch zwei Stunden Entfernung bis zum Ort Siwa el kbir. Fast 5 volle Tage hatten die Kameele bei rastlosem Marsch und schwerer Last gedurstet.

Scheech OTMAN und Herr LIMAN ritten nun zu Pferde voraus nach Siwa, und Herr BOLDRINI begleitete sie zu Fufs, während wir mit der Caravane langsam folgten 1). Sogleich beim Eintritt in die Festung hatte man die Herren LIMAN und BOLDRINI zurückgewiesen, und den Scheech bedroht, ihn sammt den mitgebrachten Christen zu arretiren. Bei unserer Ankunft fanden wir sie noch vor dem Thore. Wir hörten nun, dafs der türkische Gouverneur mit dem Datteltribut nach Masr (el Cahira) abgegangen sey, und dafs die Imams in seiner Abwesenheit das Regiment führten. Der

1) Unterweges schofs Herr SOELLNER einen weifsen Reiher, in dessen Kropfe sich glücklicherweise eine neue Fischart aus dem Sonnenquell fand (Poecilia Hammonis).

Herr General war vor zwei Tagen eiligst abgereist, weil seine Anwesenheit zu blutigen Auftritten Anlafs gegeben hatte, und ein längerer Aufenthalt für ihn sehr gefährlich gewesen wäre. Wir versuchten, auf diese Nachrichten, welche alle unsere Hoffnungen gleich an der Schwelle niederschlugen, durch Producirung unseres Firmans mittelst des Dolmetschers uns wenigstens eine friedliche Aufnahme zu bewirken, allein die Häupter wiesen den Dolmetscher ebenfalls aus der Stadt zurück, und erklärten, dafs sie von Christen nichts wissen wollten, und dafs wir hätten mögen einen Firman des Sultans oder Soldaten und Kanonen mitbringen, wenn wir von ihnen etwas hätten erlangen, ihr Gebiet durchsuchen oder zeichnen wollen. Sie setzten hinzu, dass wir, wenn wir in unserem Zelte an dem anzuweisenden Orte ruhig bleiben würden, wie andere Reisende, einige Tage ausruhen und bei ihnen Datteln essen könnten, dafs sie aber auf Jeden schiefsen würden, der sich vom Platze entferne. Somit waren denn alle Hoffnungen für uns verloren, sowohl die merkwürdige Gegend zu untersuchen, als auch unsere Reise nach Derna fortzusetzen. Die erbitterten Religionsoberhäupter hatten sogar den Einwohnern bei Geldstrafe verboten, in unsere Nähe zu kommen, und wir erhielten nur verstohlen einige Lebensmittel aus der Stadt und einige Nachrichten über das Land. Erschöpft von der anstrengenden Wüstenreise blieben wir fünf Tage in der Ringmauer des Fruchtmagazins von Siwa, und versuchten, da man den Dolmetscher gar nicht mehr annahm, durch unsere Araber zu unterhandeln, wurden aber, sey es durch den unbiegsamen Fanatismus der Imams, sey es durch die Bosheit unserer eigenen Araber, jedesmal abgewiesen.

Herrn Dr. SCHOLZ überliefsen wir das Ausforschen einiger Einwohner, dessen Resultate er in seiner Reisebeschreibung mitgetheilt hat. Herr Prof. LIMAN war kränklich, zeichnete jedoch verstohlen eine Ansicht der Stadt Siwa kbir und versuchte mit Herrn BOLDRINI, theils durch Ueberredung theils durch Geldversprechungen, einige uns näher gekommene Einwohner zu bewegen, sie heimlich

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des Nachts zu den Ruinen zu führen. Alles war umsonst, und Leute, welche aus Gewinnsucht Lust gehabt hätten, uns zu führen, erklärten die Sache für zu lebensgefährlich für beide Theile. Dr. HEMPRICH litt wieder sehr an rheumatischem Zahnschmerz, so dafs ich mich endlich genöthigt sah, auf sein dringendes Verlangen, unsere Zahn-Instrumente auszupacken, und ihm einen scheinbar gesunden Backenzahn auszunehmen. Er war sogleich von seinem Uebel befreit, und leitete die Verhandlungen mit den Imams und den Arabern wieder. Ueberdiefs suchten mehrere, wegen eingetretener Krankheit hier zurückgebliebene Mogrebinen, die theils an Wechselfiebern, theils an vernachlässigten und noch frischen Schufswunden litten, welche sie beim Ueberfall ihrer Caravanen in der Nähe von Siwa erhalten hatten, unsere Hülfe, und beschäftigten größstentheils den Dr. HEMPRICH. Ich selbst zog mich, um nicht bemerkt und gestört zu werden, in's Innere, des Zeltes zurück, und stellte das Microscop in einer kleinen Oeffnung auf, um die Eigenthümlichkeit der in dem stagnirenden modrigen Wasser einer in unserer Nähe befindlichen Wasserrinne existirenden Infusorien anhaltend zu beobachten, deren ich elf Arten auffand. Revision der Naturalien, tägliches Umlegen gesammelter Pflanzen in trocknes Papier, Insectenfang in der Nähe des Zeltes waren anderweitige Beschäftigungen für uns Beide und unsere Gehülfen.

Da man uns und auch unseren Arabern von allen Seiten grofse Abneigung zeigte, die sogar so weit ging, dafs man es anstössig fand, dafs wir wegen der heimlichen Bedürfnisse einen sonst nicht eben eleganten, etwas entlegenen Ort besuchten, und uns nöthigte, um ungestört zu seyn, eine Grube in der Nähe des Zeltes zu graben und einen Verschlag darüber aufzurichten, so hielten wir einen längeren Aufenthalt für verlorene Zeit, und da auch das uns zu Gebote stehende Trinkwasser einen übeln Geschmack hatte und salzhaltig war, so hatten wir bei längerem Aufenthalt nur dessen schädliche Wirkung auf unsere angegriffene Gesundheit zu erwarten und bereiteten uns schon am 21sten November zur Abreise und

zur Rückkehr nach Aegypten vor. Wir kauften demnach einige uns nöthige Lebensmittel, besonders Butter und Früchte ein, indem es sowohl sehr schöne und grofse Datteln, als besonders grofse Granatäpfel gab. Kaum sahen unsere Beduinen diese Einkäufe, als sie uns sogleich erklärten, sie liefsen keine neue Lasten auf ihre Kameele legen, und würden uns verlassen, sobald wir noch irgend etwas einkauften. Obgleich wir ihnen vorstellten, dafs seit unserem Abmarsch aus Alexandrien sich unsere Lasten durch Verbrauch der Victualien schon um das Zehnfache dessen, was wir jetzt zusetzten, vermindert hätten, so blieben sie doch hartnäckig uns entgegen und verstärkten ihre Drohung. Nur der junge Scheech MUHAMMED zeigte hier bei dem offenbaren Unrecht seinen natürlich guten Sinn und nahm sich unserer an. Leider hatte er zu wenig Ansehen, und musste deshalb selbst Mifshandlungen von einigen der störrigsten erfahren. Sobald wir diefs sahen, liefsen wir ihnen durch den Dolmetscher in bestimmten Ausdrücken bekannt machen, dafs wir aller ihrer Einwendungen ungeachtet einkaufen würden, was wir nöthig glaubten, und dafs, wenn sie uns verlassen wollten, der Weg ihnen offen stehe. Die Extreme fanden, wie sich vom Character unserer Araber erwarten liefs, rasch ihren Ruhepunkt in der Mitte, und der Streit war geschlichtet. Zur Erleichterung

unsrer Excursionen kauften wir hier einen Esel als Reitthier.

Der folgende Tag war eine Mittwoch, und die Araber weigerten sich abzureisen, weil diefs ein unglücklicher Tag sey, an dem keine Caravane aufbreche.

Wir erhielten noch durch unsere Beduinen die Nachricht, dafs ein Trupp von 40 Berittenen der Caravane des Herrn Generals bei Siwa nachgeeilt sey, um sie zu überfallen, dieselbe aber verfehlt habe, und unser Führer Scheech OTMAN beschlofs deshalb, unsere Nachtlager immer etwas entfernt von der Strafse zu halten, und rieth unterwegs des Nachts kein Feuer und keine Laterne anzuzünden, um nicht diese noch in der Nähe herumstreifenden Räuber anzulocken.

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