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ermahnte uns, ja den sehr erhitzten Arabern etwas zur Beruhigung zu sagen, weil sie beim Vorwärtsgehen nach Derna sich als unsere Führer dem Zorne des dasigen Beg aussetzen würden, und für ihr Leben fürchteten, weshalb sie jedenfalls lieber uns verhindern würden, weiter zu reisen. Wir erwiederten, dafs hoffentlich unsere Araber sich wie Männer betragen und nicht furchtsam das Geschwätz der Caravanenleute für Wahrheit nehmen würden, dafs sie mit uns die Antwort auf die Briefe abzuwarten hätten und des Beg's halber ganz unbesorgt seyn könnten, da wir nur in gleichgültiger und freundlicher Absicht dahin gingen. Nachdem ihnen diese feste Antwort überbracht war, und sie lange berathschlagt hatten und einige Male gekommen und, ohne sich auszusprechen, wieder gegangen waren, trat endlich der Scheech zu uns in's Zelt, und begann damit, dass sie uns drängen müssten, entweder vorwärts, oder nach Siwa, oder nach Alexandrien zurückzugehen, weil sie keine Provision mehr hätten, und hier in der Nähe keine fänden. Er schlug vor, dafs wir ihm nach einem Lager ) jenseits der Grenze folgen sollten, von wo er so eben herkäme, und meinte, wenn wir dahin gute Geschenke mitbrächten, so würden wir ganz sicher seyn, und nach Derna kommen können. Dafs wir weder Geschenke geben würden, noch überhaupt vor Ankunft einer Antwort auf unsere abgesandten Briefe über die Grenze gehen würden, war ihm hinlänglich bekannt, und er hatte diesen Vorschlag offenbar nicht gethan, um uns dazu zu bewegen, sondern schon in der Voraussetzung, dafs wir ganz gewifs einen der beiden andern Vorschläge ergreifen müssten. Verschmitzt wich er jedem Ausweg aus, und suchte uns durch Vorstellung der mancherlei Gefahren, die wir zu besorgen hätten, zum Entschlusse des Umkehrens zu bewegen. Allein der gute Scheech OTMAN war nicht so schlau, dafs wir nicht seine Ränke hätten durchblicken können. Kurz zuvor hatte er uns im vertrau

1) Herr Prof. SCHOLZ nennt diefs Lager pag. 71. Aeseebraïdan.

lichen Gespräch erzählt, dafs er jene Tribus der Araber verlassen habe, weil er ihr, die eben nicht reich mit Vorräthen versehen war, nicht länger habe zur Last fallen wollen, und da wir mithin überzeugt waren, dafs all sein Vorgeben ungegründet sey, und er blofs Ränke schmiede, so beschlossen wir, auf seinen Vortrag weiter keine Rücksicht zu nehmen, und diesen Intriguen die Spitze zu bieten. Es ward ihm demnach durch den Dolmetscher erklärt, dass wir keinesweges weder zurück noch voreilig vorwärts gehen würden, und dafs es ihre Sache sey, sich Lebensmittel zu verschaffen, da sie von Anfang der Reise unseren Plan gekannt hätten. Habe jene Tribus solchen Ueberflufs an Lebensmitteln, so würden sie ja leicht einige der ohnehin müfsigen Kameele dahin absenden können, um sich dergleichen zu verschaffen. Was die Gefahr von Seiten der Araber beträfe, ward hinzugefügt, so hätten wir aufser unsern guten Waffen, die sie kennten, noch andere, die sie nicht kennten, und mit denen wir schon die Araber abhalten würden. Hierauf verliessen sie unser Zelt ohne Gegenrede.

Der 11te November verging ziemlich ruhig, und wir hielten nur für der Klugheit gemäfs, unsere Araber stets im Auge zu behalten. In einer dieser Nächte hörte ich, als ich eben selbst auf dem Posten stand, ein Geräusch in der Ferne, und weil es mir wie Fufstritte und lispelnde Menschenstimmen vorkam, so weckte ich ganz leise die ganze Gesellschaft sammt den Arabern, und rieth, die Waffen zur Hand zu nehmen. Wir forderten nun einige von den Arabern auf, sich nach jener Gegend leise hinzuschleichen, und zu beobachten, was es gebe. Auch sie waren der Meinung, dass es Beduinen wären, von denen ein Ueberfall zu befürchten sey, und die Ausgeschickten kamen bald zurück, und bestätigten es. Wir hielten unter diesen Umständen für's Beste, uns wohl mit Patronen zu versorgen und Jeder ein Pistol abzufeuern, um durch Anzeige unserer Wachsamkeit einem Angriff vorzubeugen. Die Wirkung unsers Feuers war so, wie wir es berechnet hatten, und am Morgen erzählten uns Araber der nahen Tribus, dafs sich neun fremde

Beduinen hatten sehen lassen, die sie selbst Räuber nannten, welche gewifs die Absicht gehabt hätten, uns zu überfallen.

Unser Patient brachte heut wieder Geschenke, etwas Kameelmilch und ein Dutzend Datteln, und verlangte dagegen einen Kaffee, ein Schnupftuch und die Milchschaale voll Reis. Dieser Zug ist für Araber sehr bezeichnend, und ist uns oft wieder vorgekommen. Das erste Mal hatten wir sein Milchgeschenk mit etwas Reis aufgewogen, und diefs war schon hinreichender Grund für ihn, es heut zu verlangen, und der einen Forderung sogleich noch ein paar andere anzuknüpfen. Wir liefsen ihn mit uns Kaffee trinken und gaben ihm etwas Reis, verbaten uns aber seine weiteren Geschenke. Eine Anzahl anderer Patienten beiderlei Geschlechts, die sich heut einstellten, und deren Krankheiten alle chronisch und nicht lebensgefährlich waren, sahen wir uns genöthigt leicht abzufertigen, weil zu besorgen stand, dafs man uns Tag und Nacht heimsuchen werde.

Am 12ten November machten unsere Araber einen neuen Angriff auf unsere Festigkeit. Sie erneuerten die früheren Vorstellungen und gestanden uns, dafs sie aus guter Quelle wüfsten, dafs die Antwort von Derna gewifs gar nicht oder nur sehr spät eintreffen werde. Der Beg von Derna sey über die Ankunft unserer militairischen Caravane sehr bestürzt, und habe deshalb um Verhaltungsbefehle an den Pascha von Tripolis geschrieben, von wo die Antwort zu uns erst in 40 Tagen kommen könne. Wir fertigten sie zwar mit dem alten Bescheid ab, hielten aber unter uns eine Berathung über unser Verhältnifs.

Ich und Dr. HEMPRICH waren in einem guten Theile unserer Hoffnungen getäuscht, da wir den naturhistorischen Character der Gegenden sich, selbst mit dem Katabathmus magnus, wenig ändern sahen, und der, also höchst wahrscheinlich auch für die Cyrenaica, allein fruchtbare Frühling noch ziemlich fern lag. Unser kleines, durch Transport und Stürme schon sehr beschädigtes Zelt gewährte vor Wind und Regen des nahen Winters ein schlechtes Obdach. Die

Bekleidung des Herrn Prof. LIMAN war gar nicht auf den nafskalten Winter berechnet. Es war höchst wahrscheinlich, dafs wir auf den Creditbrief des Herrn Generals in Ben Ghasi oder Derna kein Geld erhalten würden, und dafs im besten Falle die fanatischen oder habsüchtigen Araber dort, wo das Ansehen MEHEMED ALI's keinen Einfluss hat, uns wegen vorgeeilten Gerüchts im Sammeln und Beobachten sehr hinderlich werden würden. Endlich konnten wir aus mehrseitigen Nachrichten nicht zweifeln, dafs wirklich unsere Gesellschaft das Mifstrauen des Commandanten der Cyrenaica aufgeregt habe, und wir durften die Vorstellung unseres Scheech's, dafs jener Commandant nach Tripolis berichtet habe, und wir vor Ankunft seiner Verhaltungsbefehle nicht auf Antwort auf unsere Briefe rechnen könnten, mithin wenigstens 40 Tage an der Grenze mitten in der Wüste zu warten haben würden, nicht aufser Acht lassen. Von den 100 Tagen unseres mit den Beduinen abgeschlossenen Accords waren bereits 37 abgelaufen, und wenigstens eben so viel mussten wir auf den Rückweg rechnen, im Fall eine ungünstige Antwort von Derna einging; diefs hätte, selbst ohne absichtliche Verzögerung der Beduinen, die gewils nicht ausblieb, mit den 40 Wartetagen 114 Tage betragen, und unser Contract wäre demnach wenigstens 14 Tagereisen vor Alexandrien, also mitten in der Wüste abgelaufen, was uns dann ganz der Willkühr dieser Menschen nach allem Rechte Preis gegeben hätte. Wollten wir also nicht grofse Summen für unsere Auslösung, selbst bei einem ungünstigen Resultate riskiren, so war mit der bestimmten Ausmittelung einer so langen Verzögerung die Pflicht zur Rückkehr gegeben.

Um aber alles gethan zu haben, was noch mit Ueberlegung zweckmässig schien und aus Liebe zu dem schon mit so vielen Beschwerden und mancherlei Gefahren verfolgten Plane machten wir unseren noch standhaften Gefährten folgenden von ihnen auch angenommenen Vorschlag.

Wir wollten gleich morgenden Tages von hier aufbrechen und in Eilmärschen nach Siwa gehen, um wo möglich dort den Herrn

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General noch zu ereilen. Fänden wir den Herrn General, der wegen der Antiquitäten sich höchst wahrscheinlich daselbst aufhalte, so wollten wir ihn ersuchen, seine Geld-Anweisung, die er an den türkischen Gouverneur von Siwa hatte, für uns zu realisiren, und uns so mit baarem Gelde zu versehen. Im Beduinenlager bei Kasr eschdaebie sollte für den von Derna herkommenden Boten die Nachricht zurückbleiben, dass, wenn er oder ein anderer Beduin uns binnen 14 Tagen, von unserem Abmarsch an gerechnet, günstigen Bescheid nach Siwa brächte, wir ihm ausser dem gewöhnlichen Bakschisch (Trinkgeld) noch ein aufserordentliches von 20 Collonaten (60 Fl.) zusicherten. Träfe uns nun, die wir uns indess mit Geld, mehr Mänteln und wo möglich einem zweiten und besseren Zelte versehen hätten, der Bote dort noch an, so könnten wir mit weit mehr Sicherheit des Erfolgs, die zwar längere und beschwerliche, aber auch interessante Reise über Augila antreten. Wir verhehlten uns nicht, dafs dieser Plan eine üble Kehrseite habe, indem durch diefs Verfahren wahrscheinlich sowohl unsere Beduinen erführen, dafs wir Geld mit uns hätten, als auch zu erwarten stand, dafs sich das Gerücht in Siwa verbreiten und uns voreilen werde.

Der Vorschlag ward dessen ungeachtet angenommen. Heimliches Betreiben unserer Angelegenheit und Anschlagen des Zutrauens geheimer überlegener Kräfte, welches die Araber uns überall gezeigt hatten, gaben uns Hoffnung des Gelingens. Den folgenden Tag sollten die Anstalten zur Abreise getroffen werden.

Der Chef der nahen Araberhorde fragte heut bei uns an, ob wir der Tribus nicht auf ein paar Tage einige Nahrungsmittel leihen könnten, indem er stündlich seine Caravane aus Alexandrien zurück erwarte. Gar zu deutlich bemerkten wir aber, dafs diefs von unseren verschmitzten Arabern angestiftet war, um uns von der Unmöglichkeit zu überzeugen, dafs sie hier Victualien für sich auffinden könnten.

Unser Gefährte, Herr Dr. SCHOLZ, verhandelte heut wieder viel mit den Religionshäuptern der Araber-Tribus, tauschte Manu

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