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sei, keiner ausdrücklichen Zurückweisung. Es ist im Gegentheile die Pulmonatenschale anfangs eine innere, und es ist daher auch morphologisch wie genetisch die Schale von Helix und Limnaeus derjenigen von Limax gleichzusetzen. Bemerkenswerth ist nur das frühe Freiwerden der Schale, die schon in einem Stadium wie es uns durch Figur 10 repräsentirt wird frei zu Tage liegt. Es scheint mir indessen immerhin sehr wünschenswerth, dass die Genese der Pulmonaten- und Prosobranchien - Schale noch genauer verfolgt werde.

Die Schale ist von Anfang an rechtsgewunden, d. h. also der üblichen Terminologie zufolge ihre Mündung liegt rechts, wenn man sich die Schale mit der Spitze nach oben, der Basis nach unten und mit nach vorne gewandter Mündung vorhält. Welches Prinzip man bei der Schalen-Terminologie zu Grunde legen will, ist eigentlich ganz gleichgültig. Wenn ich, anderweitigen Bestrebungen ') gegenüber, an dem in der Systematik üblichen Gebrauche festhalte, so veranlasst mich ausser praktischen Gesichtspunkten dazu noch eine andere Erwägung, die merkwürdiger Weise so wenig bekannte oder beachtete Thatsache nämlich, welche bei allen Pulmonaten sich bestätigt, dass bei den rechtsgewundenen Schnecken rechts die Oeffnungen des Geschlechtsapparates, sowie After, Ureter und Athemloch ausmünden, während bei linksgewundenen Schnecken alle diese Oeffnungen an der linken Seite gelegen sind. Die Mehrzahl der Pulmonaten ist rechtsgewunden, nur Physa, Planorbis und Clausilia sind (von wenigen anderen einzelnen Species abgesehen) unter den Schnecken unserer Fauna linksgewunden und daher erklären sich denn wohl auch die zahlreichen unrichtigen Angaben, vor allem das Uebersehen des soeben angeführten Verhaltens. Dasselbe ist so auffällig und constant, dass ich in ihm auch die Ursache für die Windungsverhältnisse der Schneckenschale suchen. möchte. Die ungleiche Vertheilung der Eingeweide bei den Pulmonaten, und die dadurch bedingte Asymmetrie des Körpers ist das bestimmende Moment für die Windungsverhältnisse ihrer Schale. Man würde mir entgegnen können, dass, wie meine eigenen Untersuchungen lehrten, die Windungsrichtung der Schale schon zu einer Zeit ent

1) KEFERSTEIN's Versuch, die LISTING'schen Termini: dexiotrop und laeotrop einzuführen, welche den von uns benutzten gerade entgegengesetzt sind, hat die hergebrachte Terminologie nicht zu verdrängen vermocht. (Vergl. BRONN, Klassen u. Ordnungen d. T. III, 2 S. 301 ff.)

schieden sei, wo der ganze Geschlechtsapparat noch einen feinen fadenartigen Strang darstelle, wo er also noch nicht wie späterhin einen Einfluss auf die Gestaltungsverhältnisse des Körpers ausüben könne. Allein man muss sich dagegen auch vergegenwärtigen, dass nicht nur der Geschlechtsapparat, sondern auch Mastdarm, Lunge und Niere jenes Verhalten aufweisen. Sehr instructiv zur Demonstration dieser Verhältnisse ist das Genus Ancylus, in welchem von den 2 bei uns vorkommenden Arten die eine A. fluviatilis Müll. das Athemloch und die anderen bezeichneten Oeffnungen auf der linken, die andere A. lacustris Linn. sie auf der rechten Seite besitzt, und wo die kleine napfförmige Schale dann auch bei jener links-, bei letzterer rechtsgewunden ist. Auffälliger noch und sicher ein sprechendes Argument für meine Ansicht ist die Beobachtung, dass bei den abnomer Weise linksgewundenen Exemplaren von Helix pomatia auch alle jene Oeffnungen auf der linken Seite liegen, wie durch häufig wiederholte Untersuchungen sicher constatirt wurde1). Existirt aber demnach ein unverkennbarer Causalnexus zwischen der durch das Verhalten der Eingeweide bedingten Asymmetrie des Körpers und der Windungsweise der Schale, so ist es doch sicherlich rationeller, ersteres Moment für das primäre und maassgebende zu halten. Es könnte scheinen, als sei diese Annahme unbestritten, da ja Jedermann in der Schale ein Product des Mantels sieht, das natürlich auch in seiner Form von der Gestaltung jenes abhängig sein müsse. Allein die Frage lautet auch nicht, ob die Gestalt der Schale von der des Mantels abhänge, sondern, warum die Windungen des Mantels und damit auch der Schale das eine Mal eine linksläufige das andermal eine rechtsläufige Spirale bilden. Als die Ursache davon nun sehe ich jenes beschriebene Verhalten der Eingeweide an, das mir bisher zu wenig gewürdigt, resp. vielfach auch übersehen worden zu sein scheint.

Mehrfach hat man auch versucht, die Ursache der Windung von Mantel und Schale in äusseren auf beide gemeinsam einwirkenden Momenten zu suchen. Als ein solches sah man mit J. G. CARUS die Richtung der Rotation des Dotters oder Embryos an. So bestechend auf den ersten Blick diese Ansicht scheinen könnte, so einfach ist sie zu widerlegen durch die Frage, warum denn nicht immer diese gleiche Ursache dieselbe Wirkung habe. Ob

1) J. H. MARTIN, Neues systematisches Conchylien-Cabinet. Fortgesetzt durch J. H. CHEMNITZ. Bd. IX. S. 11.

Bd. IX, N. F. II

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wohl sie ebenso rotiren, haben doch Limax sowohl wie die Lamellibranchien nicht jene Spiralwindung erlangt. Auch ist die Rotationsrichtung durchaus keine constante. LEREBOULLET) hat gezeigt, dass sie bei Limnaeus zwar in der Regel von rechts nach links, häufig jedoch auch in umgekehrter Richtung vor sich gehe. Er bemerkt z. B. S. 128:,,Le plus souvent, c'est vers la gauche que la rotation se fait. Quelquefois cependant, assez souvent même, c'est vers la droite que le déplacement s'opère." Diese Beobachtungen sprechen nicht gerade für die von LEReboullet (S. 176) weiterhin vertretene Ansicht, dass die Rotationsrichtung diejenige der Schale bestimme. Er bemerkt hierüber z. B. S. 190: „La spire de la coquille s'enroule peu à peu suivant la direction du mouvement qu'exerce l'animal, c'est-à-dire de droite à gauche."

Nach den hier mitgetheilten Daten über das Rotiren der Limnaeusembryonen und nach dem Hinweise auf das Rotiren der zweischaligen Lamellibranchien embryonen dürfen wir wohl den Versuch, die Windungsverhältnisse der Schale mit der Rotationsrichtung des Embryo in Beziehung zu setzen als gescheitert ansehen, und nur um so mehr unsere oben gegebene Erklärung für zutreffend halten.

3) Der Fuss.

Der Fuss entsteht, wie schon oben hervorgehoben wurde, als ein unpaares, bauchständiges zapfen- oder zungenförmiges Gebilde durch die mediane Verschmelzung zweier lamellöser Ectodermwucherungen Fig. 8f, er ist mithin nicht als eine einfache Verdickung der Bauchseite des Körpers anzusehen, sondern als eine Neubildung. Nur die Basis derselben wird indessen zum Fusse, wogegen aus der äusseren Partie die contractile Schwanzblase hervorgeht. Hinsichtlich der letzteren sei noch bemerkt, dass deren Name eigentlich hier nicht zutreffend erscheint, indem das betreffende Organ keine Blase, sondern eine einfache Hautfalte darstellt, einen grossen aus zwei Platten zusammengesetzten Lappen2). GEGENBAUR betrachtet die Schwanzblase als die embryonale Kieme, wie ich nach meinen Erfahrungen annehmen muss, mit

1) LEREBOULLET, Embryologie du Limnée des étangs. Annales des sc. nat. IV. Sér. Tome XVIII. 1862. p. 147; auch p. 138: der embryo rotire: ,,le plus souvent vers la gauche; dans beaucoup d'oeufs cependant, vers la droite."

2) Durch das Auseinanderweichen derselben würden wir die wirkliche Blase von Limax erhalten.

vollem Recht. Allerdings beweist das GEGENBAUR'sche Experiment') durch Ueberziehen der Eier mit Lack die Embryonen zu tödten, zunächst nur, dass überhaupt ein respiratorischer Gaswechsel stattfindet, nicht aber, dass die Schwanzblase das Athmungsorgan ist. Letzteres wird indessen erwiesen durch die von mir gemachte Beobachtung, dass der Embryo mit seiner grossen flächenhaft ausgebreiteten Schwanzblase lebhaft an der Innenseite der Eischale umherkriecht. Da ich ausserdem fand, dass schon in sehr früher Zeit, wo das Gefässsystem kaum angelegt ist, ein sehr mächtiger Gefässstamm in die Schwanzblase eintritt und hier sich verzweigt, so wird man in der That letztere als eine embryonale Kieme ansehen dürfen. Dazu ist es wohl auch für den Stoffwechsel nicht ganz bedeutungslos, dass durch den nachgewiesenen Ortswechsel des Embryo dieser mit einem grösseren Theile seiner Umgebung in Beziehung tritt, wie ja auch der Nutzen der Rotationen des Embryo, als deren Fortsetzung dieses Umherkriechen erscheint, kaum ein anderer sein dürfte.

Ueber die Auffassung des Fusses bei den verschiedenen Abtheilungen der Mollusken bestehen uoch immer sehr widersprechende Ansichten. An die Stelle der HUXLEY'schen bekannten Deutung hat neuerdings GRENACHER 2), in dem ebenso geistvollen wie gründlichen Abschnitte: ,,zur Kritik der morphologischen Theorieen des Cephalophoren- und Cephalopodenfusses" seiner Cephalopodenentwickelungsgeschichte eine andere minder künstliche Auffassung gesetzt, welche zugleich unseren jetzigen Anschauungen über die Verwandtschaftsverhältnisse Rechnung trägt. Wir können hier nicht auf die Einzelheiten der angezogenen Abhandlung eingehen, müssen aber hevorheben, dass GRENACHER'S Ansicht durch die vorliegenden Untersuchungen volle Bestätigung findet. Der Fuss der Pulmonaten ist in der That ein „Protopodium" 3). Ueber die Genese des letzteren bemerkt GRENACHER (S. 466): ,,Das Protopodium tritt ganz allgemein als ein unpaares, auf der sog. Bauchseite hinter der Mundöffnung gelegenes medianes Gebilde auf, das bald höckerartig, bald zapfenförmig, bald zungenoder zipfelartig erscheint und, wenn eine gedeckelte Larvenschale

1) C. GEGENBAUR, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Landgastropoden. Zeitschr. f. wiss. Zoologie. 1851. III. S. 408.

2) H. GRENACHER, Zur Entwickelungsgeschichte der Cephalopoden. Zugleich ein Beitrag zur Morphologie der höheren Mollusken. Zeitschr. f. wiss. Zoologie. XXIV. 1874. S. 419-499.

3) GRENACHER a. a. O. S. 465.

zur Ausbildung kommt, auf seiner aboralen Fläche den Deckel trägt." Dass diese Angabe wörtlich auf die Genese des HelixFusses stimmt, bedarf keiner Erwähnung. Besondere Modifikationen sind hier nur geboten durch das Uebergreifen der basalen Theile des Fusses auf den Körper in Form zweier Lamellen und durch die Umbildung der Spitze desselben in die Schwanzblase.

4) Das Nervensystem.

In keinem Gebiete der Biologie haben sich unter dem Einflusse der Descendenzlehre grössere innere Umwandlungen vollzogen, als in dem der vergleichenden Anatomie. In der That ist diese unter den Händen GEGENBAUR'S eine ganz andere Wissenschaft geworden. Ziel und Weg haben sich geändert, seit das biogenetische Grundgesetz das Fundament der vergleichenden Anatomie geworden. So fruchtbar aber auch der Einfluss des Darwinismus auf die vergleichende Anatomie gewesen, so ist doch die Zeit seiner Einwirkung, zumal bei der geringen Zahl der Mitarbeiter eine zu kurze, als dass schon alle Zweige des Thierreiches in gleicher Weise davon Nutzen gezogen haben könnten. Während die vergleichende Anatomie der Wirbelthiere so gewaltige Aenderungen erfahren hat, stehen die Mollusken und speziell die Gastropoden noch auffallend zurück. Mit richtigem Takte hat GEGENBAUR') nicht angestanden die Vergleichung der einzelnen Abschnitte des centralen Nervensystems der Cephalophoren als eine ihrer empirischen Unterlage harrende anzusehen". Und wenn auch KEFERSTEIN 2) bemerkt:,,zu einer speziellen Beschreibung des Nervensystems der Prosobranchien fehlen leider fast alle genaueren Vorarbeiten" so darf dieser Ausspruch ruhig auch auf die Pulmonaten ausgedehnt werden. Nur so erklärt sich die unbestrittene Herrschaft, deren noch immer die alte Darstellung von der Anordnung der Ganglien bei den Mollusken sich erfreut. Die drei Paare der Hirn-, Fuss- und Mantel-Ganglien sollen in ihrer Lagerung und Verbindung charakteristisch sein für den Typus der Mollusken. Nun ist ja ohnehin der Typenlehre durch den Darwinismus der Boden entzogen, und wenn man auch zunächst noch nicht geneigt scheint, sie fallen zu lassen, so sind doch nur Gründe

1) C. GEGENBAUR, Grundzüge der vergleichenden Anatomie. II. Aufl. Leipzig 1870. S. 506.

2) Dr. H. G. BRONN'S Klassen und Ordnungen der Weichthiere. Fortgesetzt von W. KEFERSTEIN. III, 2. S. 966.

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