Imagens da página
PDF
ePub

Alles übrige liefert. Dabei tritt jedoch insoweit noch eine Differenzirung ein, als ein Theil des Ectodermes als Mesoderm einen gewissen Grad von Selbständigkeit erlangt. Die Genese beider Keimblätter lässt uns sowohl das Stadium der einschichtigen Blastosphaera wie das der Gastrula vermissen. Indem die Ectodermzellen die Entodermzellen umwachsen, entstehen zwei concentrische Hohlkugeln, deren Verbindung erst in sehr später Zeit durch Wucherungen des Ectodermes und Verwachsungen derselben mit dem Entoderm hergestellt wird. Ich habe das gleiche Verhalten auch an Cyclas beobachtet und dieser Umstand macht mich zu einigen Zweifeln geneigt gegen die Angaben RAY-LANKESTER'S und E. HAECKEL'S, nach welchen die Gastrula nicht nur bei Cyclas, sondern überhaupt bei den Mollusken sehr allgemein verbreitet vorkommen solle. Sicher scheint die Gastrula bei den Süsswasser-Pulmonaten beobachtet zu sein, wogegen die übrigen Angaben jedenfalls mit einiger Vorsicht aufzunehmen sein dürften.

Gehen wir nunmehr über zur genaueren Betrachtung derjenigen einzelnen Punkte, hinsichtlich deren meine Untersuchungen besonders neue, oder von den bisherigen Angaben abweichende Resultate ergeben haben. Wir werden dieselben in folgender Reihenfolge behandeln: 1) Das Velum, 2) Mantel und Schale, 3) den Fuss, 4) das Nervensystem, 5) den Geschlechtsapparat.

1) Das Velum.

Der Nachweis des Vorhandenseins eines rudimentären Velums bei den Embryonen der Landpulmonaten scheint mir von besonderem Interesse zu sein. Einmal ist die Beachtung dieses Factum wichtig für die Systematik. Der Mangel des Velum in der Ontogenie bildete für die Pulmonaten eines der wichtigsten Kennzeichen, durch welches sie den anderen Ordnungen der Gastropoden gegenüber als eine eigene, scharf geschiedene Abtheilung sich charakterisirten. Dieses Merkmal fällt nun hinweg und das Velum muss als ein allen Ordnungen der Gastropoden gemeinsam zukommendes Organ betrachtet werden. Den Uebergang zu dem cataplastischen Zustande des Velum bei den Pulmonaten bildet seitens der mit einem so mächtigen Velum begabten Prosobranchien Paludina, bei welcher dasselbe bekanntlich schon eine bedeutende Rückbildung erlitten hat.

Das Velum von Helix entspricht nach seiner Stellung über dem Munde ganz den Vorstellungen, welche man sich von

einem verkümmerten Velum im Voraus machen konnte (vergl. Figur 7, 12 und 13 ). Die Deutung desselben wird gesichert durch den Umstand, dass es flimmert, während alle umgebenden Theile der Cilien entbehren. Unsere Auffassung stützt sich daher ebensowohl auf die Gestalt dieses keiner anderen morphologischen Deutung fähigen Organes, wie auf seinen auffälligen Flin:merbesatz und auf seine Lage. Auf diese zuverlässigen, an das Verhalten der Prosobranchien sich eng anschliessenden Beobachtungen gestüzt wird es gestattet sein, die bisher gemachten Versuche, das Velum als ein auch den Pulmonatenembryonen zukommendes Organ nachzuweisen, einer Kritik zu unterziehen, resp. sie als nicht zutreffend zu erweisen. Zuerst hat wohl R. LEUCKART diesen Versuch gemacht, indem er bemerkte'): ,,dass die Lippenwülste der Pulmonaten morphologisch den Segellappen der übrigen Gasteropoden entsprechen, scheint mir besonders durch das übereinstimmende Verhältniss, in welchem dieselben zum Fusse stehen erwiesen."

Unabhängig davon ist neuerdings dieselbe Deutung an den Embryonen von Limnaeus versucht worden.

E. RAY-LANKESTER 2) hat in einer Abhandlung über die Entwickelungsgeschichte der Limnaeen die bekannten Theile anders wie bisher aufgefasst. Den ringförmigen Wulst, den man als den Mantelrand zu betrachten pflegt, erklärt RAY-LANKESTER, nachdem er ihn mit Cilien besetzt gefunden 3), für die erste ringförmige Anlage des Velum (S. 367). Im weiteren Verlaufe der Entwickelung lässt er daraus die grossen zur Seite des Mundes stehenden ,,subtentacular lobes" entstehen (S. 381), aus welchen dann knospenförmig die Tentakeln hervorsprossen. Limnaeus biete dadurch ein ganz auffälliges Verhalten, durch welches er sich wesentlich von allen übrigen Mollusken unterscheide, indem seine vela nicht Larvenorgane, sondern Theile vorstellten, welche weiter wachsend noch am erwachsenen Thiere jeder Zeit mit unbe

.

[ocr errors]

1) R. LEUCKART, Ueber die Morphologie u. die Verwandtschaftsverhältnisse der wirbellosen Thiere. 1848. S. 142 Aum. 2. Vergl. auch BERGMANN u. LEUCKART, Vergl. Anatomie u. Physiologie. 1855. S. 670 u. 671.

2) E. RAY-LANKESTER, Observations on the development of the i ond-snail (Lymnaeus stagualis) and on the Early Stages of other Mollusca. Quaterly Journal of microscop. science. New Series No. LVI. London, Oct. 1871. S. 365-391.

3) Sollten diese nur auf dem Ringwalle, nicht auch auf einem grossen Theile des übrigen Körper stehen?

waffnetem Auge erkenntlich seien. Es sind dies eben jene „subtentacular lobes", welche nach seiner Ansicht zugleich die Homologa des Räderapparates der Rotiferen sein sollen (S. 367).

Haben die Limnaeen, wie wohl anzunehmen, wirklich auch ein rudimentäres Velum, so wird dasselbe keinesfalls mit den von RAY-LANKESTER dafür angesehenen Theilen etwas zu thun haben, sondern eher dem Velum der Heliciden gleichen. Näheres lässt sich jedoch hierüber nicht sagen, bevor nicht erneute Untersuchungen diesen Punkt ganz speziell berücksichtigt haben werden. Ganz dasselbe gilt natürlich von den Untersuchungen GANIN'S') über die Entwickelung der Wasser-Pulmonaten. Er betrachtet zwei Wülste die rechts und links zur Seite des Mundes stehen als die Hälften des Velum. Es ist wohl allen diesen Angaben gegenüber nicht überflüssig, nochmals zu bemerken, dass sie nichts zu thun haben mit dem hier nachgewiesenen wirklichen rudimentären Velum, welches von den bisherigen Beobachtern übersehen wurde. Was jene Forscher als Velum deuteten, hat also in Wahrheit zu ihm keine Beziehung, wie das gleichzeitige Vorkommen des Velum und jener Lippenwulste bei den Heliceen genugsam beweist.

Die Lehre von den rudimentären Organen, die Dysteleologie wie E. HAECKEL sie treffend bezeichnet, gilt mit Recht als einer der stärksten Beweise für die Wahrheit der Abstammungslehre, sie ist, wie HAECKEL (Gen. Morph. II, S. 267) bemerkt,,,geradezu der unmittelbare Tod aller Teleologie". Immerhin ist nicht zu verkennen, dass nicht für alle rudimentären Organe in gleicher Weise ihre Zwecklosigkeit oder Unzweckmässigkeit sicher erweisbar ist. Gar viele derselben leisten, sei es im ausgebildeten Thierkörper, sei es während der Entwickelung desselben noch andere Dienste, als die, welche wir in der Regel nur berücksichtigen, indem uns so leicht die Hauptleistung eines Organes als seine einzige erscheint. Ganz besonders werden daher diejenigen rudimentären Organe unser Interesse fesseln müssen, bei welchen der teleologischen Spekulation jeder Ausweg verlegt ist. Solche Bei

1) GANIN, Beitrag zur Lehre von den embryonalen Blättern bei den Mollusken. Nach dem Referat von HOYER in HOFMANN und SCHWALBE's Jahresbericht I, 1873. S. 358. Diese GANIN'sche Arbeit wird hier keine weitere Berücksichtigung finden, da ihre Ergebnisse so wenig mit allem übereinstimmen, was bisher über Lymnaeus und Cyclas Entwickelung bekannt geworden, dass man bis auf etwaige Bestätigung zu einigem Misstrauen berechtigt ist, umsomehr, da meine eigenen Untersuchungen an Cyclas mich zu einer Bestätigung der bisherigen Ansichten führten.

spiele wird gerade die Ontogenie uns leichter liefern können. Selten aber liegt das Verhältniss in solcher Klarheit vor, wie in dem hier mitgetheilten Falle. Das Velum der Heliciden ist ein embryonales Organ, welches, bald wieder zu Grund gehend, zu keiner Zeit irgend welchen physiologischen Werth besitzt. Es ist viel zu klein, um auf die Ortsbewegung des Embryo einen Einfluss üben zu können, es ist überhaupt ein höchst entbehrliches und überflüssiges Gebilde. Wenn aber mit aller Gewalt jedes Organ, folg

lich auch dieses rudimentäre Velum einen Nutzen und Zweck haben muss, so kann der Zweck des letzteren nur der sein, den modernen Zoologen als eine Leuchte zu dienen auf dem dunklen Gebiete der Phylogenie der Pulmonaten, als ein Hinweis auf ihre Abstammung von marinen, während der Ontogenie mit einem mächtigen Velum ausgerüsteten Mollusken.

2) Mantel und Schale.

Der Mantel legt sich nicht in seiner ganzen Ausdehnung gleichmässig an, sondern er entsteht am aboralen Pole als eine kleine Ectodermwucherung, die sich erst während des weiteren Wachthums des Embryo so beträchtlich vergrössert. Schon sehr frühe schnürt sich die am aboralen Pole gelegene Partie des Ectodermes, indem sie sich schild buckelförmig vorwölbt (Fig. 8 mt), durch eine flache Furche von dem übrigen Körper etwas ab. Von oben gesehen erscheint diese Partie wie ein ovaler Schild, der von einem hellen und einem dunkleren Hofe umgeben ist. Diese schildförmige Ectodermverdickung ist die erste Anlage des Mantels, welcher rasch weiterwächst, indem sein peripherischer Theil, derselbe welcher von der Ringfurche begrenzt ist, sich immer weiter über den Körper ausbreitet, resp. ihn umwächst. In dem centralen ältesten Theile entsteht von der obersten Epidermislage verdeckt, die zarte durchsichtige Schale, welche schon sehr früh durch Einreissen ihrer zarten Decke frei wird. Unsere Figuren 9 und 14 s werden dieses Verhältniss hoffentlich klar machen.

Die Mantelanlage hat in neuester Zeit zu einem eigenthümlichen Missverständniss Anlass geboten. Die betreffenden Angaben, gleichfalls in der schon citirten Abhandlung RAY-LANKESTER'S enthalten, sind für Jeden, der nicht die staunenswerthe Unkenntniss und zugleich die zügellose Phantasie des Autors jener wunderbaren Abhandlung besitzt, so unfasslich und der Widerlegung unwerth, dass nur der Umstand mich veranlasst sie überhaupt zu

berücksichtigen, dass RAY-LANKESTER für die Bestätigung seiner Ansichten ausdrücklich an die Erfahrungen späterer Schriftsteller über Pulmonatenentwickelung appellirt. RAY-LANKESTER hält nämlich die Byssusdrüse der Acephalen resp. ihr Sekret nicht nur für die erste Anlage des Schalenligamentes der Muscheln, sondern er lässt sie auch bei Limnaeus unter der Schale, beziehungsweise dem Mantel existiren, Grund genug für ihn, um nun die innere Schale von Limax mit ihr, seiner ,,Shell-gland" für homolog zu erklären (S. 371). Ich würde nie auf den Gedanken gekommen sein, dass mit jener ,,Shell-gland" die Byssusdrüse gemeint sei, hätte er nicht eine ziemlich treffende Abbildung von dem Embryo eines Pisidium gegeben. Da ich mich selbst längere Zeit mit der Entwickelungsgeschichte von Cyclas und Pisidium befasst habe, halte ich mich hierin einigermaassen zum Urtheilen für berechtigt. Das was nun an jenem Pisidiumembryo (Fig. 1 S. 368) RAY-LANKESTER für die Shell-gland erklärt, ist dasselbe, was seit langer Zeit als die Byssusdrüse bezeichnet wird, eine Drüse, die RAYLANKESTER nicht einmal dem Namen nach kennt (sic)! Die Byssusdrüse der Acephalen und ihrer Embryonen ist aber ein Organ, welches durchaus an den Fuss gebunden ') erscheint, so dass der Versuch, sie mit auf dem Rücken der Muscheln und Gastropoden gelegenen Theilen in Beziehung zu setzen gar keiner Widerlegung bedarf. Welche Organe es in Wahrheit sind, die RAY-LANKester so sehr in die Irre geführt haben, vermag ich nicht zu sagen, da ich mich nicht selbst mit der Ontogenie der Limnaeen befasst habe. Nach den Abbildungen aber, welche er selbst, sowie LEREBOULLET 2) von Limnaeusembryonen gegeben, ist das was LANKESTER als die Shell-gland auffasst identisch mit dem Rectalkegel (tube rectal) LEREBOULLETS. Sollte dieses Organ nicht vielleicht die Anlage der Zwitterdrüse darstellen?

Jedenfalls bedarf RAY-LANKESTER'S Annahme, dass die Schale von Limax, weit davon entfernt derjenigen von Limnaeus zu entsprechen dem Byssusfaden der Lamellibranchien-Embryonen homolog

1) Wie das Verhältniss bei den Najadenembryonen steht, ist noch nicht recht ersichtlich. Hier ist durch den frühzeitigen Eintritt der Embryonen in das freie Leben das Auftreten der Byssusdrüse in eine ungewöhnlich frühe Zeit der Ontogenie auf dem Wege der embryonalen natürlichen Zuchtwahl verlegt. Den Nachweis der Byssusdrüse gab ich in den ,,Sitzungsberichten der naturf. Gesellschaft zu Leipzig" Nr. 1. April 1874. S. 3 ff.

2) Annales des sc. nat. IV. Sér. Zoolog. Tome XVIII 1862. p. 142 u. 144. Pl. 12 Fig. 47 und 49 g.

« AnteriorContinuar »