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während sich das Maximum auf 15 erhob. An Exemplaren, von welchen man vermittelst eines Pinsels sorgfältig die adhärirenden Schlammtheilchen entfernt hat, gewahrt man schon bei'm ersten Blick, dass diese radienartigen Fortsätze theilweise nackt sind. Ihre Länge wechselt zwischen 2 und 5 Mm. Bald sind sie spindelbald cylinderförmig, bald erscheinen sie glatt oder varicös. Ihre Enden sind entweder spitz zulaufend oder kolbig angeschwollen, häufig dichotom oder gar dreitheilig und zuweilen zeigt der eine oder andere der Fortsätze in seiner Mitte Tendenz zur Ramification. Alle diese Variationen findet man meistens in einem Individuum vertreten (vergl. Fig. 1 der Tafel XIV). Mitunter sind im Protoplasma grössere Sandkörner, gleich jenen der Schale, eingebettet, immer aber finden sich in der Masse ihrer Oberfläche mikroskopische Partikelchen verschiedener Mineralien vor. Die von dem Schaalenrande entspringenden Röhren, welche diese ihrer grössten Länge nach nackten Fortsätze an ihrem Basal-Ende umschliessen, variiren gleichfalls in Länge. Man trifft solche, die sich kaum merklich über den Schalenrand erheben, während die Länge anderer den sechsten Theil des ganzen Durchmessers der Schale beträgt.

Lange und oft hatte ich diese sternförmigen Organismen betrachtet, ohne irgendwelche Bewegungs-Erscheinungen an ihnen wahrgenommen zu haben, bis endlich, als wir an einem kühlen Abende von einer Excursion heimgekehrt, einer derselben, welchen ich in einem flachen Uhrglase ruhig sich selbst überlassen und unter das Mikroskop gebracht hatte, seine Pseudopodien auf das Schönste entfaltete. Aber kaum hatte ich Zeit ihre Gestalt und die in ihnen stattfindende Protoplasmaströmung ordentlich zu studiren, als sie wieder eingezogen wurden und der Organismus regungslos, wie zuvor, liegen blieb. Wie gewöhnlich setzte ich mehrere der Uhrgläser mit je einer oder zwei Haeckelinen in ein grosses flaches Gefäss, dessen Wasser täglich drei bis vier Mal gewechselt wurde. Obschon ich die Protisten beinahe stündlich mit der grössten Vorsicht unter das Mikroskop brachte, ohne sie aus den Uhrgläschen zu entfernen, so konnte ich doch niemals BewegungsErscheinungen wahrnehmen. Die Organismen waren so zarter Natur, dass sie, kaum dem Meeresgrunde entnommen, auch sofort starben. Alle Versuche sie am Leben zu erhalten, scheiterten, ohne dass ich mir der Ursache bewusst wurde. Ich brachte Einzelne in eine grosse Schale, deren Boden mit rein gewaschenem Meeressande bedeckt war, ohne indess meine Bemühungen

von dem geringsten Erfolge begleitet zu sehen. Da meiner Ansicht nach alle äusseren Lebensbedingungen erfüllt zu sein schienen, konnte die Sterblichkeit nur noch in einer etwaigen Temperatur-Differenz zwischen dem Wasser auf dem Meeresgrunde, und demjenigen in den Gefässen, welche die Haeckelinen beherbergten, gesucht werden. So oft das Schleppnetz in die Tiefe gesenkt wurde, beobachteten wir auch gleichzeitig die Bodentemperatur der betreffenden Stelle, vermittelst eines MILLER-CASELLA'Schen Thermometers, die an den Fundorten der Haeckelina nie über 1207 Cels. betrug. Als ich, diese Verhältnisse in Betracht ziehend, ein Thermometer in die Gefässe stellte, die meine Protisten enthielten und in denselben die Quecksilbersäule auf 26o und darüber steigen sah, wurde mir die Ursache der Sterblichkeit sofort klar. Von nun ab wurde der Sand, wie er dem Schleppnetze entnommen war in grosse Gläser gebracht, die ich in den Eiskeller des Dampfers setzen liess und ich hatte die Freude, die Organismen am Leben erhalten zu können. Leider machte ich diese Erfahrung erst 2 Tage ehe ich Noank verlassen musste, wesshalb diese Zeilen nicht auf die Vollständigkeit Anspruch machen können, die ich im Stande gewesen wäre, ihnen unter günstigeren Verhältnissen angedeihen zu lassen. Ausserdem waren meine optischen Hilfsmittel für die vorliegenden Zwecke nicht ganz genügend, da ich mein Mikroskop bei Gelegenheit eines Schiffbruches verloren hatte und die Instrumente, die mir von der Fisch-Commission zur Verfügung gestellt waren, keine starken Vergrösserungen besassen.

Unterwerfen wir nun die Haeckelina einer genaueren Betrachtung. Die Form derselben, die lebhaft an Tinoporus baculatus (Montfort) var. australis ') erinnert, haben wir bereits kennen gelernt. Allein diese Aehnlichkeit ist nur eine äussere und gilt nur von dem Gehäuse, welches dort (bei Tinoporus) kalkig und vielkammerig, hier vorherrschend kieselig und einkammerig ist. Dort haben wir eine homogene Kalkschale, hier ein Gehäuse von dem Charakter desjenigen der Röhrenwürmer, dessen Struktur von dem Zufall abhängt und dessen Aussehen ein treues Bild des Bodens gibt, auf welchem der Organismus lebt.

Die Härte der Umhüllung hängt von dem Material ab, welches die Schale zusammensetzt. Je feinkörniger, dieses Material, desto

1) Introduction to the study of the foraminifera. By WILLIAM B. CARPENTER, WILLIAM R. PARKER and RUPERT JONES. Published by the Ray Society, London 1862. Tafel XV.

weicher ist die Schale, deren Härte mit zunehmender Grösse der hüllebildenden Bestandtheile wächst. Exemplare, die so weich sind, dass sie mit Leichtigkeit vermittels einer feinen Präparirnadel durchstochen werden können sind selten. Meist findet man solche, von deren Oberfläche die Spitze der Nadel oder des Skalpel knirschend abrutscht. Wir waren nicht in der Lage, in die Natur des Bindemittels, welches die einzelnen Körnchen vereinigt, einen näheren Einblick zu erhalten. Die Kittsubstanz ist in verdünnten Säuren und Alkalien leicht löslich. Meistens zerfällt die Schale in ihre körnigen Bestandtheile, nachdem sie 1/2 bis 1 Stunde in achtprocentiger Kalilauge oder in zehnprocentiger Salzoder Salpeter-Säure gelegen. Ihre Dicke richtet sich nach den sie zusammensetzenden Elementen, in welchen wir braune, gelbliche oder auch weisse Quarzkörner erkennen. Meistens bestehen die grösseren aus hellem Quarz, während die kleineren (oft ganz feines Pulver), welche wir zwischen den grösseren eingelegt finden eine dunkelbraune Farbe haben und undurchsichtig sind. Kohlenrauren Kalk fanden wir niemals unter den Bestandtheilen; wenigstens liess sich weder mit freiem Auge noch unter dem Mikroskop bei Zusatz von Säure ein Entweichen von Gasblasen erkennen. Nicht selten sah ich kleine Eisenpartikelchen (Magneteisen ?), die auf eine magnetische Präparirnadel übersprangen und nachdem sie in Säure gelöst waren, mit Rhodankalium die charakteristische Reaction gaben, oder winzige Steinkohlen- sowie Glaukonitkörnchen. Gewöhnlich trifft man die grössten Körner in der Mitte der Schale, doch sieht man zuweilen auch, dass die radienartigen Fortsätze derselben (Fig. 1 a) nur aus wenigen grossen zusammengekitteten Quarzfragmenten bestehen. Wie oben bemerkt wurde, sind diese Strahlen hohl und umschliessen theilweise die langen, nach aussen ragenden Protoplasma-Fortsätze. Dieselben sind von dunkelbrauner Farbe und können nicht in das Innere der Schale zurückgezogen werden; sie besitzen so wenig Contractilität, dass äussere Reize kaum eine Wirkung auf sie ausüben, dass selbst ein ziemlich starker Inductionsstrom kaum eine merkliche Aenderung ihrer Form herbeiführt. Dabei sind sie indessen nicht starr, sondern weich und biegsam, so biegsam, dass sie sich grösstentheils der Schale innig anschmiegen, sowie man einen der Organismen vermittelst einer Pincette aus dem Wasser nimmt. Von diesen Fortsätzen, und nur von ihnen allein, werden die Pseudopodien ausgestreckt und meistens sind es die freien Enden, welche dies thun. Da diese Fortsätze von bedeutender Dicke sind und

da ihnen ausserdem in der Mehrzahl der Fälle kleine Sandkörner anhaften, kommt die Anwendung eines Deckgläschens oder einer starken Vergrösserung völlig ausser Frage. Figur 2 unserer Tafel stellt einen Theil der Spitze eines jener Fortsätze in 120facher Vergrösserung dar. In ihr erblicken wir die tiefbraune Protoplasmamasse die an ihrem Rande von einer hellen Zone umgeben ist, welche die Pseudopodien entsendet. Dieselben sind entweder gerade oder wellenförmig geschlängelt; bald verlaufen sie isolirt oder sie gehen mit ihren Nachbarn Anastomosen ein, welche sich insularisch ausbreiten und zeigen die charakteristische Körnchenströmung. Diese Anastomosen resultiren nicht nur aus der Verbindung der Pseudopodien eines Armes unter sich, sondern man sieht auch, dass sich diejenigen verschiedener Arme zu einem gemeinsamen dichten Netzwerke vereinigen. Man ist im Stande, die Masse der Pseudopodien schon mit freiem Auge zu erkennen, ohne dabei indessen die einzelnen Fäden unterscheiden zu können. Hält man eine der entfalteten Haeckelinen in einem Uhrglase gegen das Licht, so bemerkt man, dass sie von einem milchweissen, opalisirenden Hofe umgeben ist, der gewisse Aehnlichkeit mit dem Byssus junger Mytilen hat, deren Schaalen sich eben zu bilden beginnen. Wie sich Mytilus mit einem Byssus an fremden Gegenständen festsetzt, so befestigt sich auch die Haeckelina vermittelst ihrer Pseudopodien an den Wandungen des sie beherbergenden Gefässes und kriecht einer Amoebe gleich an denselben umher. Direct haben wir an erwachsenen Individuen keine Locomotion beobachtet, aber wir bemerkten in einem Glascylinder, auf dessen Boden sich mehrere der Protisten befanden, eines Morgens ein Exemplar, welches während der Nacht, in etwa 8 Stunden, ohngefähr 15 Mm. in die Höhe gekrochen war. Dabei war dasselbe nur mit zweien seiner Fortsätze befestigt und stand horizontal auf der Wandung des Gefässes mit einer grossen Axe in der Richtung derjenigen des Cylinders, was bei der beträchtlichen Grösse und Schwere des Exemplars eine bedeutende Adhäsionskraft voraussetzt.

Ausser den eigentlichen Pseudopodien sieht man zwischen den Varicositäten einzelner Arme noch Protoplasmanetze ausgespannt (Fig. 3), in welchen man deutliche Körnchenströmungen wahrnimmt und die nicht eingezogen werden, wenn man den betreffenden Arm mit einer Nadel reizt, bei welcher Gelegenheit die Pseudopodien selbst verschwinden. Der optische Ausdruck dieses Protoplasmanetzes ist nicht verschieden von dem der Pseudopodien.

Ebenso wie diese Letzteren Diatomeen und andere kleine Organismen umschliessen, gewahrt man auch in diesen Netzen Fremdkörper, die den Haeckelinen als Nahrung dienen. Oft ragen diese Netze, auf welche wir weiter unten noch zurückkommen werden, weit über den Contour des Armes hervor und lassen sich in vielen Fällen recht gut mit freiem Auge als dünner, membranartiger Anhang erkennen. Zerzupft man Theile der frei nach aussen ragenden Arme und bringt dieselben unter das Mikroskop, so sieht man ein schmutzigbraunes Protoplasma mit dunkleren Körnchen von unregelmässiger Gestalt und dazwischen gelagerten äusserst zahlreichen Fremdkörpern, als Sand, Diatomeengehäusen u. s. w. Die Letzteren sind oft in so grosser Menge vorhanden, dass das ganze Gewebe aus ihnen zusammengesetzt scheint. Im Inneren des von der Schale umgebenen Protoplasma findet man dieselben weit spärlicher, so dass es den Anschein hat, als liege hier schon eine gewisse Differenzirung vor, als hätten die Arme die Function der Nahrungsaufnahme und Weiterbeförderung der nährenden Säfte übernommen.

Um die Hauptmasse des Protoplasma, welches im Inneren des Gehäuses liegt, zur Anschauung zu bringen, muss man die Organismen öffnen. Reinigt man eine Haeckelina, so weit dies möglich ist, von den ihr anhaftenden Sandtheilchen, indem man sie gelinde zwischen Daumen und Zeigefinger reibt und führt man alsdann vermittelst einer scharfen Scheere einen raschen Schnitt durch die Schale, so erblickt man das Protoplasma in Form von 3 bis 5 klebrigen, gelblichen Fäden, die an der Scheere haften bleiben. Bei etwa 400maliger Vergrösserung (Fig. 4) betrachtet, erscheint dasselbe, im Gegensatze zu der Substanz der Fortsätze, als weissgraue Masse mit lappigen, scharf contourirten Rändern. In derselben eingebettet liegen kleine, runde oder längliche Körnchen 1) von etwas dunklerer Farbe als die Matrix; ausserdem gewahrt man noch weit grössere, stark lichtbrechende Körperchen, die sich vielleicht als Fett-Tröpfchen erweisen dürften, sowie äusserst spärliche Diatomeengehäuse. Nicht selten sah ich, in dem Protoplasma eingebettet, Kugeln von etwa 12- bis 15fachem Durchmesser der soeben erwähnten stark lichtbrechenden Körperchen, deren gelbliche Hülle sich als aus mehreren Schichten bestehend erwies

1) Ich muss bemerken, dass ich nicht in der Lage bin, hier absolute Maasse anzugeben, da ich nicht in dem Besitze eines Mikrometers war, als diese Untersuchungen angestellt wurden.

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