Imagens da página
PDF
ePub

erkundigten, ob sie auch ein gutes Trinkgeld (Bakschisch) bekämen, kauerten sich um uns herum, nahmen am Kaffeetrinken selbstthätig Theil, verschmähten aber dabei den ihnen sonst sehr angenehmen Zucker. Sogleich nach dem einfachen Frühstück wurden die Kameele, welche des Nachts im Kreise um uns her gelagert waren, beladen, und wir marschirten 5 Stunden lang weiter, bis Bir Krehr oder Schaduhf, einen Ort, wo ein paar Brunnen von 3-4 Fuss Tiefe ein an Geschmack häfsliches, schwefelhaltiges, sonst aber trinkbares Wasser boten, und bei dem sich ein alter Beduin niedergelassen und ein durch eine ziemlich künstliche Wasserleitung mit dem Schöpfapparat (Schaduhf) zu befruchtendes Gärtchen angelegt hatte. Neben dem Gärtchen schlugen wir unser Zelt auf, und schossen einige am Brunnen sich aufhaltende wilde Tauben 1), die wir, mit Reis gekocht, zum Mittagsmahl bestimmten. Da die Gegend Trinkwasser bot und ergiebig schien, so beschlossen wir, hier dem bisher sehr karg gewesenen Lande etwas für unseren Zweck Interessantes abzutrotzen. Der erste Chamäleon, zwei Arten von Gecko und ein Seps waren die Beute der ersten Excursion an Amphibien; auch erfreuten uns eine Anzahl Insecten und cryptogamischer Pflanzen. Die besonders dazu geeigneten Instrumente, durch Anschlagen und Schütteln der Sträuche grofse Mengen von Insecten in wenigen Minuten zu fangen, waren hier nicht anwendbar, wo es nur wenige und blätterlose dornige Sträuche gab, denen man es schon aus der Ferne ansah, dafs in ihnen sich kein Insect verborgen halte. Nur das Umwälzen von Tausenden von Steinen, welche als Geröll die südlichen, den See Mareotis begrenzenden Hügel bedeckten, gab die gewordene Ausbeute, denn unter diesem suchten die Thiere Schutz vor der Tageshitze.

Den 25sten blieben wir an diesem Orte, welcher noch mehr zu liefern versprach, zum Theil auch, um uns von dem Eindruck, welchen die Sonne auf unsere unbedeckten Körpertheile gemacht

1) Columba domestica und C. testaceo-incarnata Forsk.

hatte, zu erholen. Wir Alle, am meisten aber unser Gehülfe SOELLNER, litten am Nacken, an den Armen und an den Schienbeinen gleich von dort angebrachten Senfpflastern. Ich und er litten lange an den dadurch entstandenen Geschwüren. Eine andere Unannehmlichkeit zeigte sich hier auch schon. Die Schuhe nämlich verletzten durch ihre scharfe, vortretende Sohle wechselsweis die nackten Knöchel, und jedes Aufritzen der schon ohnehin durch die Tageshitze rosenartig entzündeten Oberhaut verursachte bei uns ebenfalls Geschwüre, was jedoch bei Dr. HEMPRICH weit weniger der Fall war. Leider waren diese gelben Mogrebinen-Schuhe, obschon sie überdiess leicht Sand und Steinchen aufnahmen, dringend nöthig, wegen des oft in schneidend scharfe Kanten zerborstenen Gesteins, dem die dünnen Sohlen der türkischen Schuhe weit weniger widerstehen. Wir machten hier eine Excursion nach den Dünenhügeln des Meeres nördlich, und eine andere nach dem Ufer des See's Mareotis südlich. In der Nähe des letzteren stiefsen wir auf eine kleine, mit Dattelpalmen umgebene Moschee, welche das Grab eines Heiligen bezeichnet, und auf LEAKE'S Karte von Aegypten Kherrair Mosque heifst. Hier schossen wir einige Vögel. Der Abend gab eine nicht unbeträchtliche Ausbeute von kleinen Phalänen, welche wir mit einer Laterne anlockten.

Noch bleibt Einiges zu sagen übrig über die Beduinenfamilie, in deren Nähe wir uns gelagert hatten. Der Alte war ein kräftiger Mann mit silberweissem Haar, und wohnte ganz allein in dieser Gegend mit drei ihm gehörenden schon alten Frauen, in einer von Dattelzweigen und Durrastroh gebauten Hütte, welche nur von drei Seiten geschlossen war, und im Innern nicht aufrecht zu stehen erlaubte. Er war ganz nackt, nur um die Lenden trug er ein Stückchen zerrissenes Wollenzeug, und eine zerrissene wollene Mütze (takie &ÿU), deren Farbe bewies, dafs seine Frauen das Waschen nicht besonders liebten, deckte den Kopf. Die Frauen waren mit einem Stück sehr schmutziger Leinwand, welches sie um den Körper und über den Kopf geschlagen hatten, bekleidet, und hüteten mit langen Dat

telstäben die Heerden. Der nackte Alte war nämlich Besitzer von vielen Kameelen, Rindern, Eseln, 700 Schafen und einigen hundert Ziegen. Er selbst schöpfte mit einem an einer Stange befestigten, mit einem Gegengewicht versehenen Korbe Wasser zur Bewässerung des schon erwähnten kleinen Gartens, worin er Durra (Sorghum vulgare), Tabak (Nicotiana Tabacum) und Melonen baute. Unmittelbar am Brunnen hatte er einen durch den Garten schief ablaufenden Damm angebracht, und auf diesem erhöht einen Kanal, aus dem das Wasser durch Oeffnungen, die er nach Belieben mit der Hand öffnete, oder durch Erde schlofs, bald hier bald da den Boden überzog. Ausser einer Flinte und einer halben Kürbifsschale zum Trinken sahen wir bei ihm weder Waffen noch Geräth. Einige in der Hütte befindliche Lappen von wollenem Zeug schienen des Nachts zur Decke zu dienen. Die am Kinn blau gemalten Frauen blieben immer in der Ferne, und bei nöthigen Verabredungen winkten sie dem Alten, zu ihnen hinzukommen. Sie hatten das Gesicht nicht bedeckt, zogen aber, wenn wir auf den Excursionen in ihre Nähe kamen, einen Zipfel der den Kopf bedeckenden Leinwand vor den Mund, ohne sich zu entfernen. Ihre Speise bestand aus frisch, auf erhitzten Steinen gebackenem Brod und etwas Milch, jedoch war in der dürren Jahreszeit für uns, ausser einem kleinen Geschenk, keine Milch zu haben. Die kümmerliche Dürftigkeit dieses Nomadenlebens hatte durch den harmlosen GesichtsAusdruck des Alten bald für uns einen ehrwürdigen Anstrich gewonnen. Die scheinbare Dürftigkeit war Bedürfnifslosigkeit, und unsere Umgebungen weckten in uns die lebhaftesten Erinnerungen aus der patriarchalischen Zeit.

Am 26sten brachen wir des Morgens auf und marschirten vier Stunden weiter nach Westen bis Abusir, an die Ruinen der alten Stadt Taposiris magna, zu deren Linken wir uns auf der Höhe lagerten. Der Thurm der Araber war von uns rechts in der Entfernung einiger Büchsenschüsse.. Ueber das Ende des See's Mareotis waren wir schon beträchtlich hinaus, und es erschien in

der Ebene südöstlich ziemlich fern. Die Gegend war dicht um uns felsig. Gegen Nord und Nordwest waren Hügel von weissem Dünensande, und südlich hatten wir das wasserlose Bett des Mareotis, welches einen Salzsumpf bildet. Westlich ging die Gegend in demselben Character weit fort, den wir von Alexandrien bisher erfahren hatten. Aeufserst kärgliche und einförmige Vegetation gab uns wenig Frucht für viele Mühe. Mehrere Excursionen in die Ferne, nach verschiedenen Richtungen, zeigten uns weit weniger verschiedene Naturkörper, als das Durchsuchen der Erdhöhlen und Umwälzen von Steinen in der Nähe des Zeltes. Beduinen-Araber gab es hier nicht, und wir beschlossen, um weniger Unkosten zu haben, unsere Begleitung und Thiere bis auf ein Kameel, den Scheech und zwei Araber zu entlassen, und die Ankunft des Herrn Generals, welcher dieselbe Richtung nehmen musste, mit den für uns bestimmten neuen Kameelen hier im Zelte abzuwarten. Die Araber aber weigerten sich, sich zu trennen, und behaupteten, dass kaum sie alle hinreichend seyen, uns vor Räubereien und Angriffen der überall herumstreifenden Beduinen zu schützen. Der alte Scheech, der unser Zutrauen gewonnen hatte, schlug vor, dass wir bis el Achterie wieder zurückgehen sollten, wo er dann allein hinreichend sey, uns Sicherheit zu geben, indem er mit der nächsten AraberTribus daselbst befreundet sey. Da wir die Ausbeute bei Abusir nicht der Kosten werth hielten, die das Rückhalten der Kameele und Araber verursachte, und in der Umgegend bei Dscheile und Marabut doch noch auf eine Anzahl neuer Naturalien rechnen konnten; da wir dann ferner eine leichtere Communikation mit Alexandrien hatten und allerlei kleinen Bedürfnissen noch abhelfen konnten, so ward nur ein Tag, der 27ste, zum Aufenthalt bei Abusir bestimmt. Als die Araber erkannten, dafs wir den Entschluss zur Rückkehr fest gefafst hatten, so erklärten sich einige, aus Furcht, ihr Trinkgeld zu verlieren, bereit, in unsern ersten Plan einzugehen und den Aufenthalt mit uns zu wagen. Allein wir hatten uns indessen noch mehr von der Unfruchtbarkeit der Gegend bei Abu

sir überzeugt und blieben beim Beschlufs der Rückkehr in die Nähe von Marabut. Am Tage der Ankunft in Abusir (26. September) überfiel uns ein Regenschauer mit Nordwestwind. 28sten mit Sonnenaufgang traten wir die Rückkehr an.

Am

In Bir Krehr fanden wir heut das Wasser ganz schmutzig und untrinkbar. Der entgegenkommende Alte meldete uns, dafs dief's absichtlich gemacht sey, weil eine der Frauen einer in der Nähe befindlichen Beduinenfamilie sich nach ihrer Niederkunft darin gereinigt habe 1). Kurz zuvor begegnete uns ein plötzlich hinter den Dünenhügeln hervortretender Trupp bewaffneter Beduinen, der sich gerade auf uns zu bewegte. Sie fragten nach dem Zweck und Ziel unserer Reise, worauf ihnen Scheech ACHMED die nöthigen Antworten gab. Ohne uns im geringsten zu beleidigen, liefsen sie uns weiter ziehen. Da wir vorher in weiter Ferne Niemand erblickt hatten, und diese bewaffneten Araber plötzlich in weniger als Schussweite bei uns hinter einem der Dünenhügel hervortraten, so sahen wir daraus ein, dafs es nicht überflüssig, sondern sehr nothwendig sey, die Waffen zur Vertheidigung stets bereit zu haben. Besonders auffallend war es, dafs diese Beduinen sogleich auf uns zueilten und uns so traulich die Hand drücken wollten, als wären sie alte Bekannte von uns. Wir suchten zwar alles Mifstrauen zu verbergen, aber gewarnt von unserm Führer nahmen wir daraus die Lehre, dafs kurze Waffen, Pistol und Dolch, sehr wesentliche Begleiter eines Wüstenwanderers seyn müfsten. Wir marschirten den ganzen Tag lang fort denselben Weg zurück, auf welchem wir gekommen waren, und erreichten am Abend mit ermüdeten Kameelen und selbst ermüdet die Brunnen von Dscheil el Achterie. Ich hatte unterweges auf einen Schufs vier Stück

1) Nicht häufig findet sich jemand an Brunnen der Wüste, der dergleichen Fälle den Reisenden meldet, und nur selten übergeht man Brunnen, ohne ihr kostbares Gut, das frische Wasser, zu kosten und mit dem alten zu vertauschen, das man schon Tage lang in Lederschläuchen bei sich getragen. Man fühle, wie unangenehm dergleichen Erfahrungen für Anfänger im Reisen in Afrika sind.

« AnteriorContinuar »