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curven für Venen, Gummi, Eisen o. a. vorhanden zu sein, wenn wir von den Anfangsstadien einstweilen absehen. Da aber weder W. Weber's, geschweige denn meine eigenen Untersuchungen über den zeitlichen Verlauf der Nachwirkung in den ersten Secunden und Secundentheilen genau genug sind, so ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass, bei Anwendung feinerer Methoden, auch hier für die allerersten Anfänge der Zeitcurve eine nach unten convexe Strecke sich ergäbe.

Die Aehnlichkeit in den übrigen Theilen der beiden CurvenArten spricht dafür. Das Elasticitätsgesetz wäre dann für Raum und Zeit dasselbe. - Jedenfalls besteht ebenso wenig eine Proportionalität zwischen der Ausdehnung und Belastung bei constanter Zeit, wie das bisher allgemein angenommen wurde, als eine Proportionalität zwischen Ausdehnung und Zeit, bei constanter Belastung, wie sie noch Gauss angenommen hat.

VI.

Wenden wir uns zum Schluss speciell wieder zu den Venen! Aus den Versuchen geht hervor, dass ihre Elasticität eine geringere ist, als die vieler anderer organischer Substanzen, z. B. Muskel, Nerv u. a. Sie dehnen sich also bei gleicher Belastung und sonst gleichen Bedingungen auf die Grösseneinheit mehr aus, als viele andere Bestandtheile des Organismus. Die Ausdehnbarkeit ist eine grosse, die Elasticität resp. der Elasticitätscoefficient ein kleiner. Eine andere Frage, gegenüber dieser quantitativen, ist die nach der Vollkommenheit der Elasticität, nach der qualitativen Beschaffenheit. Hierher gehört vor Allem die Untersuchung über die Elasticitätsgrenze, die Bestimmung der grösstmöglichen Belastung, welche die Vene obne jeglichen merkbaren Schaden, ohne bleibende Störung ihrer elastischen Eigenschaften ertragen kann. Ich glaube, aus meinen Untersuchungen das Resultat ableiten zu können, dass die Elasticitätsgrenze sehr weit hinausliegt, dass die Venen sehr grosse Belastungen ertragen, ehe ihre Elasticität leidet. Es scheint übrigens diese Grenze für die verschiedenen Venen nicht dieselbe zu sein; ich sage „es scheint", deshalb weil ich keine genauen Volumbestimmungen habe, die als Grundlage für die Feststellung der Grösseneinheit dienen müssten. Ich kann deshalb nur die bei den einzelnen Venen experimentell gefundenen Zahlen für die

Maximal-Belastungen und -Ausdehnungen vergleichen, nach denen eine vollständige Zusammenziehung der Venen in allerdings oft sehr langer Zeit eintrat, - Ausdehnungen also, die, soweit nachweisbar, die Elasticität intact gelassen hatten. Eine allgemeine Giltigkeit dieser Zahlen beanspruche ich insofern nicht, als erstens sehr beträchtliche Schwankungen nach Alter, Habitus, Individuum vorkommen und es ferner selbst bei einer bestimmt gegebenen Vene aus höheren Gründen, die bereits oben entwickelt wurden, praktisch so gut wie unmöglich ist, abzuwarten, ob dieselbe vollständig wieder auf ihre frühere Länge zurückgeht. Deshalb können die Zahlen, wie sie z. B. Braune gegeben hat (1. c. S. VIII u. IX) ebenso wie die von mir gefundenen Werthe nur als allgemeiner Anhalt dienen. Variiren dieselben doch so, dass man gewiss einige sehr kleine und sehr grosse Zahlen ausser Acht lassen muss! Ich stelle die von Braune und mir gefundenen Werthe hier übersichtlich zusammen; I-V sind die von Braune, A-C die von mir untersuchten Cadaver, alle 8 nach dem Lebensalter geordnet; die Zahlen zeigen die Verlängerung in Procenten an, bis zu welcher die Elasticität vollkommen war, resp. bis zu welcher eine Abnahme der Elasticität in erkennbarer Weise nicht stattfand. Meine eigenen Zahlen sind meist Minimalwerthe, da die Elasticitätsgrenze nicht immer erreicht wurde.

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Meine Zahlen, die alle von normalen Leichen mittleren Alters stammen, schwanken relativ wenig. Die für Saphena am Unterschenkel, und Cephalica angegebenen Zahlen von Leiche A sind Minimalangaben. Im Uebrigen finden sich überall Werthe von 50-60%, die mit einem grossen Theil von Braune's Zahlen gut übereinstimmen. Unterschiede für bestimmte Venen aus diesen wenigen Versuchen festzustellen, erscheint verfrüht; es hat allerdings den Anschein, als wenn die Venen der oberen Extremität elastisch mehr leisteten, als die der unteren, tiefe Venen mehr wie Hautvenen. Dieser Punkt ist gewiss interessant, aber wie gesagt, ausserordentlich schwierig für die Untersuchung. Er wird in späteren Mittheilungen von der histologischen Seite beleuchtet werden. Jedenfalls sind wir aber doch durch die vorliegenden Versuche zu dem Satze berechtigt: Venen von normalen, nicht zu alten Personen können, ohne dass die Elasticitätsgrenze überschritten wird, bis mindestens 50% ausgedehnt werden. Eine Verlängerung um 40% wird höchst wahrscheinlich, wenigstens bei Extremitätenvenen, niemals diese Grenze auch nur berühren. Dass bei Krankheiten und im Alter die Elasticitätsgrenzen sehr viel enger gezogen sind, zeigen die mannigfachen Störungen der nervösen Circulation, die oft bedenklichen anatomischen Veränderungen, welche wiederholtem oder dauerndem Ueberschreiten dieser Grenze nachfolgen. Wenn man das ganze Heer der hierher gehörenden Krankheiten in's Auge fasst, so ergiebt sich die praktische Wichtigkeit der Elasticitätsgrenze und ihre möglichst genaue Bestimmung für verschiedene Venen, Lebensalter, Krankheiten von selbst.

Selbstverständlich ist nun vor allen Dingen die Frage zu untersuchen, in welchem Grade die Venen innerhalb des ruhenden und des sich bewegenden Körpers in Bezug auf Elasticität beansprucht sind. Hier ist zu unterscheiden die Beanspruchung in der Längsaxe und im Querschnitt, also die Ausdehnung in der Länge und diejenige in der Dicke. Was zunächst die Längenausdehnung betrifft, weise ich auf die schönen Untersuchungen von Braune hin, denen ich aus eigener Erfahrung noch Einiges hinzufügen möchte. Bei der Herausnahme von Venen aus der Leiche stellte ich vor und nach der Durchschneidung der Gefässe Messungen an, die sehr bedeutende Differenzen ergaben. Nehmen wir die kleinere Länge, nach der Herausnahme, als Anfangslänge und die grössere, vor der Durchschneidung, als Aus

dehnung, analog den obigen Belastungsversuchen, so fand sich z. B. bei der Saphena magna an Leiche C:

An Fuss und Unterschenkel: 440 Mm. vor, 380 nach Durchschneidung, oder, letzteres als Anfängslänge gesetzt, eine Ausdehnung um 15,8%, nach meinen Belastungsversuchen einer Belastung von 4,0 Gramm entsprechend.

Am Oberschenkel ergab sich für dieselbe Vene: 310 und 250 Mm., oder Ausdehnung um 24,0%, gleich einer Belastung von fast 8,0 Gramm.

Versuchsreihe IV: 8,0 Gramm Belastung-25,0%,

Versuchsreihe VII: 8,0 Gramm Belastung=24,7 % Ausdehnung.

An Leiche D (kräftiger Mann, Mitte der 30., Selbstmörder) betrug die Länge der Saphena vom Malleolus bis zur Einmündung, bei gestrecktem Hüft- und Kniegelenk 866 Mm., fünf Minuten nach der Durchschneidung 675 Mm, also 191 weniger. Dies ergiebt (675 als Anfangslänge) eine Ausdehnung um 28,3 %, gleich einer Belastung von fast 10 Grammen (nach Reihe IV und VII).

An Leiche E mass die 4 Mm. breite Cephalica vom Handgelenk bis zur Mitte des Oberarms 385 Mm. vor, 310 nach der Durchschneidung, macht 41,3% Ausdehnung, Belastung von

=

.

=

ca 20 Grammen. (V. R. II: 19,0 Gramm =41,5 %; V. R. VIII: 20,0 Gramm 42,3 %.) Die Leiche lag in gewöhnlicher Rückenlage, Hüftgelenk ganz, Ellenbogen und Handgelenk fast ganz gestreckt, im Fuss rechtwinklich gebeugt. Derartige Versuche habe ich auch noch an anderen Venen, aber noch nicht in solcher Anzahl angestellt, dass ich brauchbare Mittelwerthe angeben könnte. Deshalb hier nur diese Beispiele. Soviel steht aber bereits fest, dass die Venen fortdauernd gespannt sind, auch bei gebeugten Gelenken; nur der Grad der Spannung ändert sich, er sinkt aber nie bis auf Null herab, ganz abgesehen noch von der Spannung im Querschnitt, durch den Blutdruck. Die Venen sind somit fortdauernd auf Zug beansprucht, haben permanent die Tendenz, sich zusammenziehen, zunächst in der Längsaxenrichtung; aber meist auch in der Richtung senkrecht zu derselben, wie ich mich bei der Loslösung der Venen aus der Umgebung überzeugt habe.

Aus diesen Thatsachen folgt Mancherlei, was theoretisch und praktisch wichtig ist. Das Zurückgehen der Vene in der Längsrichtung bei Entlastung bedarf einer gewissen Zeit, ebenso wie die definitive Längenausdehnung bei Belastung. Die Entlastung

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kann eintreten als Entspannung bei der Herausnahme eines Stückes aus der Continuität vollständige Entlastung, bis auf das halbe Eigengewicht bei hängender Vene- oder als unvollständige Entlastung bei der Beugung der Gelenke. Diesem Mehr oder Weniger von Belastung muss jedesmal eine bestimmte Länge der Vene entsprechen, bei Belastungsänderung muss also Längenänderung eintreten. Es ist nur die Frage: hat die Vene jedesmal die Zeit, um der veränderten Belastung nachzukommen? Kann nicht, bevor die neue Gleichgewichtslage erreicht ist, eine Spannung in entgengesetztem Sinne dazwischen treten? Auf die erste Frage ist,,Nein" auf die zweite ,,Ja" zu antworten. Bei nur einigermassen schnellen und ausgiebigen Bewegungen unserer Extremitäten ist es absolut unmöglich, dass die Vene kraft ihrer Elasticität im Gleichgewicht zwischen Spannung und Ausdehnung bleibe. Bei sehr kleinen Bewegungen oder sehr langsam vor sich gehenden ist es möglich; sobald aber nur einer dieser Factoren, die Zeit oder die Belastung, einigermassen in's Gewicht fällt, d. h. die Zeit gering und die letztere erheblich wird, muss ein Missverhältniss eintreten. Wir haben dann eine latente Spannung, die eine positive und negative sein kann, wir würden die Venen in allen möglichen Stadien der elastischen Nachwirkung antreffen müssen, wenn wir ihren momentanen Zustand direct erforschen könnten falls es eben nicht eine besondere Einrichtung im Organismus gibt, welche der Elasticität der Vene zu Hülfe kommt. Diese Function haben, wie ich das hier nur kurz andeute, die Muskeln der Wandung. Eine specielle Begründung und Anwendung dieses Satzes auch in Bezug auf den Druck der Blutsäule im Innern der Vene, muss einer besonderen Abhandlung über die Structur der Venenwandung vorbehalten bleiben.

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Sehr störend wirken die besprochenen Verhältnisse bei Versuchen, wo es, wie bei den meinigen, auf eine genaue Bestimmung der Anfangs länge ankommt. Sehr bald nach der Herausnahme ist das gar nicht möglich, da die Herstellung des Gleichgewichtes nach der Entspannung geraume Zeit erfordert, zumal bei Venen, die in der Leiche über die mittlere Spannung hinaus gedehnt waren. Die Vene ist dann also noch in der Verkürzung begriffen und müsste eigentlich abgewartet werden, bis diese vollendet ist. Das ist vielleicht nicht immer geschehen, obwohl es mög

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