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artig die Literatur dieser Abtheilungen den wenigen Gesammtwerken und zerstreuten Abhandlungen über die übrigen Klassen gegenüber steht. Namentlich sprach ich meine Verwunderung darüber aus, dass die Hymenopteren mit ihrer zum Theil wunderbaren Lebensweise, Biene und Ameise haben ja das Interesse des Menschen von Alters her erregt, ungebührlich vernachlässigt worden sind, ein Unrecht, dass man erst in jüngster Zeit wieder etwas gut zu machen scheint. Die mir scheinenden Gründe dieser Thatsache habe ich in dem erwähnten Programm ebenfalls angeführt, wie namentlich die dürftige Literatur, in gleicher Weise die winzigen Formen und die Schwierigkeit der Präparirung vieler Hautflügler wenig für Anfänger einladend seien. Immerhin bleibt es räthselhaft, dass leichter zu behandelnde Gruppen, namentlich solche mit grösseren Repräsentanten z. B. die Bienen, im Verhältniss so wenige Liebhaber gefunden haben, da es doch genug Käfersammler gibt, die sich z. B. auf Staphylinen gar nicht eingelassen haben. Mir will es jetzt auch scheinen, als wenn ein allzugrosser Eifer, die Sammlung zu vervollständigen, zu tauschen und zu kaufen, wozu die übrigen Klassen wenig oder gar keine Gelegenheit bieten, viele der Käfer- und Schmetterlingssammler ergriffen habe, ein Jagen nach seltenen Exemplaren, eine ewige Sucht Varietäten ausfindig zu machen, um die Preise doppelt und dreifach höher stellen zu können. Man hat desshalb den Entomologen schon häufig, und wohl mit etwas Recht, den Vorwurf der Aeusserlichkeit gemacht, einer zu grossen Betonung der Färbung, eines Strebens, das als höchstes Ziel den lateinischen Namen ansieht; namentlich ist dies von Forschern geschehen, die der alten nur das vollkommene Insekt berücksichtigenden Systematik fremd, durch tiefere Studien der Entwickelung und Stammverwandtschaft einem anderen Ziele zustreben, die jedoch durch Ignoriren der durch mühsamen Fleiss errungenen Resultate unserer heutigen Entomologie ebensogut einseitig werden können. Ich frage einmal, wie viele von unseren Käfersammlern kümmern sich um den Verdauungscanal oder das Tracheensystem eines Carabus oder wohl um die Jugendzustände desselben und umgekehrt frage ich wie viele von solchen giebt es, die eine schöne anatomische Abhandlung geliefert, es aber blos bis zur Gattungsbestimmung des Thieres, das sie wochenlang unter dem Mikroskop hatten, gebracht haben.

Weismann sagt in seinem jüngsten Werk: Ueber die letzten Ursachen der Transmutationen p. 143 sehr richtig, dass Systematiker des alten Schlages seine Zeilen nicht ohne Grausen lesen

können. Auch ich glaube, dass ein altgeschulter Lepidopterolog mit seiner minutiösen Artkenntniss über die colossalen Schlüsse, die aus der geringen, obendrein lückenhaft bekannten Anzahl der Schwärmerraupen gezogen werden, etwas ungläubig den Kopf schütteln wird, aber verschliessen darf er sich nicht der neuen, gewaltigen Lehre; gerade er wird am besten prüfen und urtheilen können, denn erst genaue Artstudien und dann darwinistische.

Eine Sammlung soll nicht blos todt sein, sonst gewinnt die Frage, die ich einige Mal von Leuten, die meine Sammlung anschauten, gehört habe: Was machen Sie nun damit? etwas Geltung. Mit der strengen Systematik, die das todte Thier einzuschalten weiss, soll auch ein Thierleben verknüpft sein. Mustere ich meine Kästen, wo bei jedem Funde Ort und Datum vermerk t ist, dann zichen in meine Stube Thüringens Berge und Thäler vorbei und wenn es draussen stürmt und schneit, erinnere ich mich der Frühlings- und Sommertage vergangener schöner Jahre. Das mag weiter nicht wissenschaftlich sein, aber es macht mir meine Sammlung recht werth. Daher wohl der Widerwille, den jeder sinnige Entomolog gegen gekaufte, selbst getauschte Exemplare hat. Sie sind Fremdlinge in sciner Sammlung, wenn er sie auch nicht entbehren kann. Aber auch gar mancher Irrthum wäre vermieden worden, wenn nicht Thiere ohne alle sonstige Notiz, oft blos der Färbung nach, zusammengesteckt worden wären; gar mancher Streit wäre nicht entstanden, wenn Lebensweise, Zusammenfliegen der Geschlechter, Erscheinungszeit und Fundort, Berücksichtigung gefunden hätten, so mancher, die Synonymie verwirrende, lateinische Name wäre weggeblieben, wenn man constantere Merkmale benutzt hätte als blosse Farbe.

Eine Apis mellifica steckt in der Sammlung. Sieht man dem einfachen Thier in seiner braunen Färbung, die Flügel ohne Farbenglanz, an, dass eine ganze Bibliothek drüber geschrieben worden ist? Gerade die Hymenopteren sind es, wo noch manches Thier ein Einzelwerk verlangen könnte, da liegt noch ein weites Feld dem wissenschaftlichen Forscher offen; ein wunderbares Bild zeigt sich in den Bauwerken, sei es ganzer Thierstaaten, sei es einsam lebender Künstler; zahlreiche Räthsel liegen in dieser Sorge der Eltern für ihre Kinder, in dem Verkehr zwischen Wirth und Schmarotzer, in dem Treiben der winzigen Meuchelmörder, der Ichneumonen und ihrer Verwandten, der reizend zierlichen Braconiden und Pteromalinen. Das Thier selbst tritt zurück vor seinem Leben und Wirken, sein einfach dunkeles Kleid trägt den Sieg

davon über ein buntes Prachtgewand. Gegen solch wechselvolle Welt ist die Metamorphose eines Schmetterlings, so schön sie ist, etwas einförmig, ist der Lebenslauf eines Käfers, mit geringen Ausnahmen, ein ausserordentlich trister. Und doch wie wenig ist gethan auf diesem weiten Felde, verglichen mit den Arbeiten auf den übrigen Gebieten. Da liegt noch gar Manches unbebaut, gar Manches hat noch nicht die entomologische Taufe erhalten. Und da wo schon gearbeitet ist, muss noch viel nachgeholfen, verbessert und geordnet werden, denn es herrscht noch viel Confusion und Meinungsverschiedenheit, die leider oft in recht unliebsame, heftige und die Wissenschaft wenig fördernde Streitigkeiten ausartet. Selbst die grösseren Arten sind noch höchst unvollkommen bekannt und gesichtet, erfreuen sich zwar vieler Namen gewöhnlich, leider aber so vieler, dass man oft nicht weiss, wie das Thier eigentlich heisst. Die Bienen haben sich, wie leicht begreiflich, noch der meisten Liebhaber zu erfreuen gehabt, sind aber trotzdem noch so wenig durchforscht, dass ihr Studium mit Hülfe der vorliegenden Werke immerhin noch ein schwieriges ist. Gerade über die grössten Repräsentanten derselben, die Hummeln, herrschen, was die Begrenzung der Arten anbelangt, bis auf den heutigen Tag noch sehr verschiedene Ansichten, eine Erscheinung, die bei so grossen Thieren ziemlich auffallen muss und die, wie ich selbst erfahren habe, sogar Entomologen von Fach seltsam vorkam. Vieles wäre auch hier besser, wenn frühere Autoren besser beobachtet und nicht blos nach der Farbe Species aufgestellt hätten, was bei dem ausserordentlichen Variiren einiger Hummelarten deren Zahl natürlich unnöthig vergrössern musste. Da Thüringen, besonders die Umgegend von Gumperda reich an Arten ist und selbst die selteneren, meist kritischen Species stellenweis ziemlich häufig vorkommen, so glaube ich mir keinen Tadel zuzuziehen, wenn ich meine Beobachtungen über die in diesem Theil Deutschlands vorkommenden Arten des so schwierigen Genus veröffentliche.

Die Gegenden, wo ich gesammelt habe, sind der Reinstädter Grund bei Kahla und der Umkreis bis auf 3 und 4 Stunden Entfernung, das Saalthal zwischen Dornburg und Eichicht und viele der benachbarten Lokalitäten, der Zeitzgrund bei Stadt-Roda, der Orlagrund, die Gegend von Hummelshain, Fröhliche Wiederkunft und Neustadt; ferner die Gegend von Blankenburg, das Schwarzathal bis Schwarzburg, das entomologisch interessante Gebiet der sogenannten Höhedörfer bei Blankenburg, wie Braunsdorf, Ditters

dorf u. s. w., ferner die Hochebene zwischen Rudolstadt, Blankenburg und Stadtilm und die ganze Umgegend des letzterwähnten Ortes. Fernere Punkte habe ich nur auf gelegentlichen Touren berühren können. Sollte sich einer der Entomologen daran stossen, dass ich einige der Varietäten besonders benannt habe, so möge zu meiner Rechtfertigung dienen, dass ich es für gerathen halte, leicht umgrenzbare und regelmässig wiederkehrende Färbungen bei einem so ausserordentlich variabelen Genus wie Bombus der Kürze wegen mit Namen zu belegen.

Leider wurde ich bei meinen Beobachtungen in meiner engeren Heimath Thüringen so gut wie gar nicht unterstützt. Während Lepidopteren und Coleopteren hier schon manchen eifrigen Verehrer aufzuweisen haben, scheint sich sonst Niemand der missachteten Hymenopteren erbarmt zu haben. Nur der allen Coleopterologen wohlbekannte Herr Forstrath Kellner zu Gotha theilte mir einige Notizen über das Vorkommen der gewöhnlichen Hummelarten in der Nähe seines Wohnortes mit und spreche ich diesem hochbejahrten wackeren Entomologen hier nochmals meinen. Dank aus.

Höchst erfreulich und ehrenvoll war die Hilfe, die mir aus der Ferne zu Theil wurde. Vorliegende Arbeit würde weit mehr Mängel zeigen, namentlich würde ich mich nicht an eine genauere Kritik der Synonyma gewagt haben, hätte ich nicht die Meinungen einiger der bedeutendsten Hymenopterologen vergleichen können. Namentlich bin ich von folgenden Herren in höchst zuvorkommender Weise unterstützt worden: Herr Frederick Smith, Assistant Keeper am Brittischen Museum, dessen ausserordentlicher Güte ich es auch verdanke, dass mir sofort nach dem Erscheinen der 2. Auflage seiner „British Bees" von Seiten des Museums ein Exemplar überreicht wurde, sodass ich es in vorliegender Arbeit noch benutzen konnte; Herr Dr. Schiödte, Professor der Zoologie und erster Direktor des zoologischen Museums der Universität zu Kopenhagen; Herr Christian Drewsen zu Strandmöllen bei Kopenhagen; Herr Dr. Thomson, Professor der Zoologie an der Universität Lund in Schweden; S. Excellenz O. v. Burmeister-Radoszkoffsky, Kaiserlich Russischer General der Artillerie zu St. Petersburg; ebensosehr bin ich dem Präsidenten unseres Vereins Herrn Dr. C. A. Dohrn zu Stettin für die Zuvorkommenheit verbunden, mit der er mir bei Benutzung der Vereinsbibliothek behülflich war. Allen diesen hochzuverehrenden Herren sage ich hiermit nochmals meinen tiefgefühltesten

Dank. Herrn Dr. Kriechbaumer zu München, der wirklich aufopfernd mich aus dem reichen Schatz seiner Erfahrungen unterstützte, bitte ich, mir zu erlauben, ihm meinen Dank durch Widmung dieser Abhandlung auszudrücken. Sollten durch dieselbe dem fesselnden Studium der Hymenopteren einige neue, recht nothwendige Freunde zugeführt werden, so würde ich für meine Mühe entschädigt sein. Ich empfehle die Arbeit einer wohlwollenden Beurtheilung.

Ende Februar 1877.

Der Verfasser.

Literatur.

Die allgemeinen Werke, in welchen das Genus Bombus behandelt ist, sowie die wenigen Specialarbeiten über Hummeln, welche dem Verfasser dieser Schrift grösstentheils vorgelegen haben, sind chronologisch geordnet folgende:

Johannes Ray (Rajus), Historia Insectorum, Londini 1710. 4. (Er rechnet noch viele Neuroptoren zu den Hymenoptoren. Speciesnamen kennt er natürlich noch nicht. Die Hummeln stecken bei ihm unter dem Genus Bombylius.

Johann Leonhard Frisch, Beschreibung von allerley Insecten in

Teutschland. 13 Theile mit 273 Kupfert. Berlin 1730-1738. 4. René Antoine de Réaumur, Memoires pour servir à l'histoire des Insectes, tom. 6. Paris 1734-42. 4.

Johannes Swammerdamm, Bibel der Natur, worinnen die Insekten. in Klassen vertheilt etc. A. d. Holländ. Leipzig 1752. fol. mit 53 Kpfrt.

Johannes Antonius Scopoli, Entomologia Carniolica exhibens Insecta Carnioliae indigena. Vindobonae 1763. 8.

Carl v. Linné, Systema naturae in 13 Auflagen, die letzte von Gmelin. (Leipzig 1788-1793). Fauna Suecica in 2 Auflagen. Jacobus Christianus Schäffer, Icones Insectorum circa Ratisbonam indigenorum. 3 Bände mit 280 fein color. Kupfert. in 4. Regensburg 1779.

Johannes Christianus Fabricius, Systema Entomologiae. Flensburgi et Lipsiae 1775. 8. 8. Entomologia systematica. 4 voll. Hafniae 1792-99. 8. Systema Piezatorum, Brunsvigae 1804. 8. Otto Fridericus Müller, Fauna Insectorum Friedrichsdalina, sive methodica descriptio insectorum agri Friedrichsdalensis. Hafniae

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