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sich von ihr aus nach zwei verschiedenen Richtungen hin entwickelt.

Die letztere Annahme scheint mir manche Gründe für sich zu haben. Denn der lange Weg vom wenig differenzirten, festsitzenden Polypen bis zur hochausgebildeten, freischwimmenden Meduse wird wesentlich abgekürzt durch die Annahme einer Mittelform.

Es scheint mir nicht unberechtigt, ein Wesen als Stammform anzunehmen, welches die Charaktere beider Formen in möglichst neutraler Weise in sich vereinigt. Von dieser können sich dann durch die Wirkung der Arbeitstheilung und durch verschiedene Anpassung hier die einen, dort die andern in specieller Weise ausgebildet haben. Viel schwieriger ist um die durch fortgesetzte, weitgehende Arbeitstheilung sehr different gewordenen Siphonophorenpersonen hier, wo es sich um die Grundformen handelt, fortzulassen zu verstehen, wie sich aus dem Polypen allmählich die Meduse, oder umgekehrt entwickelt hat, als die Entstehung beider aus einer zwischen ihnen stehenden, die Basis für zwei divergente Organ-Entwicklungsreihen gewährenden Form.

Eine solche scheint sich mir aber in einer gastrula darzubieten, deren Wandung unter Betheiligung beider primären Keimblätter etwa in der Mitte zwischen oralem und aboralem Pol in eine Anzahl nicht scharf getrennter, sondern mit ihren Basen zusammenfliessender Fortsätze ausgezogen ist. Die erste Anlage dieser Fortsätze kann man sich, in der Weise, wie es schon von Koch angegeben hat 1), als eine anfangs solide Wucherung des Ectoderms vorstellen, welche sich an einigen Stellen stärker hervorwölbte und hier eine Ausbuchtung des auskleidenden Entoderms zur Folge hatte.

Diese Urform muss dabei, wie alle Gastraeaden und alle heutigen Zoophyten, bereits sexuell differenzirt gewesen sein. 2) Und zwar werden sich, den bei Hydromedusen gemachten Beobachtungen zufolge, die Eier aus Entoderm-, die Samenfäden aus Exodermzellen entwickelt haben. Der gonochoristische Charakter aller Hydromedusenpersonen 3) macht auch die geschlechtliche

1) Jenaische Zeitschr. f. Nat. VII. 1873.

2) Cf. Haeckel, Gastraea-Theorie, p. 219.

3) Hydra scheint allein hiervon, wie überhaupt von der Esexualität aller Hydranthen eine Ausnahme zu machen. Jedoch weist bei ihr die scheinbare Entstehung der Eier aus dem Exoderm auf eine äusserste Reduction sprossender Geschlechtsthiere hin (cf. Gegenbaur, Grundriss der vergl. Anat. 1874, p. 119, Claus, Grundzüge der Zoologie. 1876, p. 218).

Die

Trennung bei ihrer speciellen Stammform wahrscheinlich. ihr jedenfalls sehr ähnliche Stammform aller Acalephen muss dagegen noch hermaphroditisch gewesen sein.

Schliesslich sind der Stammform noch die für alle Acalephen durchweg charakteristischen Nesselzellen ') beizulegen. Ueber den Hauptsitz derselben wird man kaum zweifelhaft sein: da, wo sie am leichtesten und meisten die Beute berühren können, da, wo sie bei so vielen Hydroidpolypen dichte Knöpfe bilden, an den sich ringsum ausbreitenden Armenden.

Die Frage nach der Natur der Stammform spitzt sich nun aber dahin zu, ob dieselbe frei oder festgeheftet war.

Nimmt man überhaupt eine Intermediärform als Ausgangspunkt an, so kann man sich nur für das Erstere entscheiden. Denn eine definitiv festgesetzte Form würde sofort zum echten Polypen werden.

Mit dem gänzlichen oder theilweisen Verschwinden der Gastraea-Ectodermgeisseln begann die Stammform sich mittelst ihrer Arme fortzubewegen, vielleicht auch vorübergehend mit dem aboralen Pole festzusetzen. Von diesem Verhalten aus lässt sich wiederum nach der einen Seite hin die definitive, lebenslängliche Festsetzung der Polypen, nach der andern die freiere Beweglichkeit der Medusenformen ableiten. Ausser dem intermediären Charakter einer solchen Lebensweise ist es aber auch ein anderer Grund, dessentwegen ich für die Annahme einer freien Hydromedusenstammform sprechen möchte, und den ich gleich erwähnen

werde.

Zunächst muss die Frage beantwortet werden, ob für die Möglichkeit der einstigen Existenz einer derartigen Stammform empirische Erfahrungen sprechen. Es wird stets die Wahrscheinlichkeit einer hypothetisch construirten Urform erhöhen, wenn sich unter den noch jetzt lebenden Descendenten solche finden lassen, welche das in der Phantasie entworfene Bild möglichst getreu wiedergeben.

Und in der That finden wir eine noch jetzt existirende, der angenommenen in den Hauptsachen entsprechende Indermediärform in der merkwürdigen Eleutheria (Quatrefages und Krohn). Wenn diese Ocellen besitzt, und die vom progaster ausgehenden, in Tentakel verlängerten Hohlräume durch einen

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Ringkanal verbunden sind, so sind dies, wie Hincks hervorhebt 1), secundäre, durch Anpassung nach der medusoiden Richtung hin erworbene Complicationen. Auch bei den sprossenden Medusen bildet sich der Ringkanal erst spät durch Zusammenfliessen ursprünglich völlig getrennter Kanalhohlräume.

Die Eleutheria ist eine so augenscheinliche Zwischenform, dass sie, obwohl gewöhnlich als „Meduse" ihres Polypen, der Clavatella prolifera Hincks 2), bezeichnet, von Hincks doch mit vollem Recht „a free polypite" genannt wird. Man braucht nur den Stiel, der die Eleutheria-Sprösslinge mit der Clavatella verbindet, persistiren und die erwähnten secundären Organe fehlen zu lassen, so erhält man eine reguläre Polypenform, welcher sich diejenigen Polypen unmittelbar anschliessen, deren Tentakelbasen, wie bei Clavatella und Campanulina, durch eine Membran verbunden sind. Denkt man sich dagegen den schwachen Umbrellaransatz zwischen Aboralpol und Cirkelkanal verlängert und die Gallertsubstanz entwickelt, so ergibt sich die Form einer wahren Meduse. 3)

Auch die exceptionelle Lage der Geschlechtsproducte bei der Eleutheria spricht für ein Bewahren ursprünglicher, bei den Leptomedusen durch Anpassung abgeänderter Verhältnisse.

Die reifen Eier liegen bei ihr bekanntlich am Apicalpol zwischen der äusseren Bedeckung und der Magenspitze (zwischen Exoderm und Entoderm, Krohn). Durch eine einfache interradiale Verschiebung der Entwicklungsstelle der Eier nach abwärts gegen die Mundöffnung hin gelangt man zum Sitz der Geschlechtsorgane bei Oceaniden Ggb. Bleibt sie höher an den Umbiegungsstellen der Radien in den Magengrund, wobei sich diese zugleich mit der Bildung eines Gallertzapfens als ,,Magenstiel" ausdehnen, und breitet sie sich von da in die Radien aus, so entspricht dieses Verhalten dem Sitz der Genitalien bei Geryonopsiden, reducirt

1) British-Hydroids, p. 72: „The only additional elements besides are the circular canal and the ocelli, which may be regarded as simple organs of sense and the natural accompaniments of a free and independent existence."

2) Ob die Eleutheria dichotoma Qu. Ann. d. sciences nat. XVIII von der Eleutheria Krohn, Wiegmann's Archiv. 1861, Clavatella prolifera Hincks wirklich verschieden ist, erscheint noch zweifelhaft. Jedenfalls sind beide ganz nah verwandte, bis auf kleine Einzelheiten gleich gebaute Formen.

3) Ueber die Homologie der Radiärkanäle mit Tentakelhohlräumen cf. Hincks, p. XXXIII.

sie sich auf die Radien, so ergiebt sich dadurch der bei Eucopiden, Thaumantiaden und Aequoriden.

Der Sitz der Genitalien bei Eleutheria ist also als ein Centrum zu betrachten, von welchem aus durch radiale oder interradiale, in Folge der Entwicklung einer festen Gallertscheibe nöthig gewordene Verschiebungen sich die differenten Lagen derselben bei den übrigen Leptomedusen ableiten lassen.

Dass in den Radiärkanälen die Eier nicht in der oberen, sondern in der unteren Hälfte ihres Querschnittes entstehen und nicht gegen die umbrella, sondern die subumbrella hin austreten, wird durch die Verwachsung der Radiärkanäle mit der umbrella und den Widerstand der stark entwickelten, der Eleutheria, gleich der Stammform noch fehlenden Gallertsubstanz leicht erklärlich.

Nicht nur die Morphologie, sondern auch die Lebensweise der Eleutheria trägt den intermediären Charakter, welcher der hypothetischen Stammform zugeschrieben wurde. Sie ist frei beweglich, kriecht jedoch gewöhnlich langsam und unbehülflich auf den Meerespflanzen umher, es fehlen ihr noch die ausgiebigen Locomotionsorgane, vor Allem die entwickelte Schwimmglocke der umbrella, welche sich die Medusen phylogenetisch im Kampf um's Dasein erworben. Man findet sie aber auch nicht selten mit dem aboralen Pole festsitzend und so vorübergehend eine Existenz führend, welcher sich die Polypen für Lebenszeit angepasst haben.

Dem Einwurf, dass mit einer kriechenden Fortbewegungsweise der Stammform sich bald eine bilaterale Symmetrie geltend gemacht haben würde, könnte man entgegnen, dass auch die kriechende Eleutheria nicht bilateral symmetrisch ist, und dass etwaige Anfänge zur Ausbildung bilateraler Symmetrie bei der Stammform, vielleicht als stärkere Ausbildung eines Antimers, bei den Descendenten durch Anpassung an die sessile Lebensweise, resp. die den Medusen eigenthümliche Art der Fortbewegung, wieder verwischt werden konnten. Die letztere ist nichts als ein Aufschnellen von unten nach oben, ohne bestimmte seitliche Richtung. Eine solche wird nur durch die Strömung des Wassers gegeben. Uebrigens existiren in der That einzelne bilateral symmetrische Medusen (Steenstrupia, Euphysa, Hybocodon s. u.). Von den Siphonophorenpersonen sind viele bilateral symmetrisch.

Von Koch1) spricht für die Annahme einer sessilen, poly

1) L. c.

poiden Stammform, aus der die Medusen secundär abzuleiten wären, weil letztere sich nur schwer mit anderen Thierklassen verknüpfen liessen.

Aber auch durch die Annahme einer der entworfenen ähnlichen Intermediärform wird den nahen, morphologischen Beziehungen der Hydroiden zu Schwämmen und Korallen (zu welch letzteren besonders die Milleporen überleiten) kaum weniger Rechnung gtragen.

Der Hauptunterschied der von v. Koch angenommenen Stammform und der, die ich befürworten möchte, liegt nur in der sessilen gegenüber der freien Lebensweise. Und dem entsprechend wird die Deduction des Stammbaums der Zoophyten hauptsächlich nur darin verschieden, dass die Festsetzung der im Uebrigen gleichen Urformen erst später angesetzt wird. Nämlich erst für die speciellen Stammformen der Spongien, Korallen und Hydroiden, während aus der Annahme einer festsitzenden Hydromedusenstammform ein Festsitzen bereits der Urform der gesammten Acalephen und somit auch aller Zoophyten folgert.

Bei ersterer Annahme können auch die freien Siphonophoren und Ctenophoren 1) (vielleicht auch ein Theil der Medusen ohne Polypengeneration?), sowie die nur ganz lose angehefteten Lucernarien direct ohne Unterbrechung durch eine sessile Zwischenform aus einer Reihe freier Stammformen abgeleitet werden.

Für die freie Lebensweise der Hydromedusenstammform möchte ich nun aber besonders auch deshalb sprechen, weil sich mit dieser Annahme erklären lässt, warum gerade nur die sexuell differenzirten Personen vieler Hydroidenstöcke frei werden und sich im hohem Grade ausbilden.

Die Hydromedussenstammform, sexuell differenzirt, wie jetzt nur noch ein Theil ihrer Nachkommen, vermehrte sich daneben durch Sprossung, wie noch jetzt die Polypen, zum Theil auch die Medusen unter ihnen wieder, falls man sie wirklich eine Meduse nennen will, ihrem Charakter entsprechend auch die Eleu

1) Die Ctenophoren möchte ich wegen ihres Hermaphroditismus, des Fehlens von Stockbildungen unter ihnen, und ihres ganz eigenthümlichen promorphologischen Charakters, in Folge dessen sie den achtstrahligen Alcyonarien durch ihren Bau näher verwandt sind, als den vierstrahligen Hydromedusen" (Haeckel, Gener. Morphol. I, p. 484), als eine schon früh abgezweigte Klasse der Acalephen halten,

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