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hierdurch erst die Tragweite der verschiedenen Auffassungen der Geschlechstsäcke als Organe oder Personen ersichtlich wird. Würden nicht durch sie die Medusen auf verschiedene Individualitätsstufen gestellt und somit nothwendiger Weise auch ihre Phylogenie in verschiedener Weise hergeleitet werden, so könnte es schliesslich unwichtig und beinahe nur als Geschmackssache erscheinen, ob man die mit Geschlechtsproducten erfüllten Säcke der Medusen als „Gechlechtsorgane" oder Gechlechtspersonen bezeichnen will.

Die Auffassung Allman's hat zuerst viel Gewinnendes. So besonders wegen der Uebereinstimmung der Erklärung von „Geschlechtsorganen" und sprossenden,,Geschlechtsthieren" als morphologisch gleichwerthige Individuen mit der zur allgemeinen Anerkennung gelangten für gleiche Verhältnisse bei den Hydroidpolypen, so auch wegen des scheinbar ganz gleichartigen Baus eines Theils der sogenannten sporosacs an Blastochemen mit den sessilen Gemmen an Hydroid polypen.

Es fragt sich nun aber vor Allem, ob die morphologischen Verhältnisse wirklich in ähnlicher Weise, wie bei den Hydroidpolypen, eine solche Auffassung unterstützen. Sie müssen entscheiden, ob man berechtigt ist, eine Homologie zwischen den sessilen Medusoidgemmen der Polypen und den Geschlechtsorganen von Medusen anzunehmen.

Entgegen den ausdrücklichen Worten Gegenbaur's 1), welcher die völlige Gleichartigkeit der Sexualorgane sämmtlicher Craspedoten betont und darauf hinweist, dass sie nirgends etwas Anderes, als einfach Geschlechtsproducte erzeugende Gewebestrecken der Medusen seien, will Allman an den im Verlauf der Radiärkanäle auftretenden Organen ein von dem der übrigen ganz verschiedenes Verhalten erkennen, was ihn berechtigt, sie im Gegensatz zu den letzteren als wirkliche Blasten gleich den sessilen Gemmen der Hydroid polypen anzusehen.

Die grösste Aehnlichkeit mit sessilen Medusoidgemmen erreichen die Genitalien (sporosacs Allman) bei Eucopiden Ggb.

Allman selbst hat als typisches Beispiel eines,,sexual zooid“ (,,sporosac budding from a radiating canal") ein Geschlechtsorgan der Obelia geniculata gewählt (Fig. 10). Dasselbe erscheint in der That z. B. dem „adelocodonic gonophore" einer Hydractinia echinata (Fig. 7) sehr ähnlich. Die ganze Form

1) Zeitschr. f. wissensch. Zool. 1857, p. 238 nebst Anm.

eines gestielten Bläschens, der durch eine zapfenartige Verlängerung des Entoderms gebildete ,,spadix" mit centraler Cavität, die äussere Wandung des Sackes (dem nur bei der Obelia geniculata die Muskellage der Hydractinia fehlt), die den Hohlraum des Säckchens ausfüllenden, den Spadix auf mancherlei Weise zusammenpressenden Eier Alles stimmt überein. möchte nach der Vergleichung der Fig. 7 und 10 Allman's die Annahme der morphologischen Gleichwerthigkeit der beiden Gemmen wohl plausibel erscheinen.

So

Nun gibt aber L. Agassiz von den noch nicht völlig entwickelten Ovarien seiner Eucope diaphana, die ich mit Hincks für identisch mit der europaeischen Ob. geniculata halte, eine Abbildung 1), die sie nur als unbeträchtliche Auftreibungen der Radiärkanalwand erscheinen lässt. Dasselbe gilt für die mit Ob. geniculata sehr nahe verwandte Eucope fusiformis Al. Agassiz, deren langgestreckte Ovarien ähnlich denen der Thaumantiaden fast die ganze Länge des Radiärkanals einnehmen. 2) Und weiter: Eine mit der Allman'schen Zeichnung ganz übereinstimmende Abbildung giebt Gegenbaur ) von den Ovarien seiner Eucope thaumantoides. Dieselben sollen gestielte, mit einer langen, sackförmigen Ausstülpung des Radiärkanals versehene Bläschen sein. Dagegen erscheinen die Ovarien seiner Euc. campanulata und affinis als nichts Anderes, wie „Geschlechtsproducte erzeugende Wände" der Radiärkanäle, während sich das Kanallumen nur unbeträchtlich erweitert hat.

Ich selbst fand die jüngeren Geschlechtsorgane der Clytia Johnstoni Alder, mit der die drei Gegenbaur'schen Medusen augenscheinlich identisch sind, gleichfalls nur als einfache, halbrundliche, mit Eiern erfüllte Aussackungen, welche den graden Verlauf des Radiärkanals nur wenig beeinflussten.

Ganz ähnlich werden sie auch von Str. Wright4) gezeichnet. Ist nun anzunehmen, dass ganz nah verwandte Medusen so verschieden geformte Geschlechtsorgane haben, dass die einen ihre Auffassung als Blasten sehr begünstigen, während die andern nichts aufweisen, was für eine solche Annahme sprechen könnte? Sollte etwa doch Eucope diaphana L. Ag. und Obelia

1) Contributions. 1862. IV. Pl. XXXIV, F. 9 a.

2) N. Am. Acalephae, p. 98, F. 133.

3) Zeitsch. f. wissensch. Zool. 1857. T. X.
4) Proceedings etc, Vol. I, 1858. Pl, XIX, F. 4.

geniculata L., Eucope thaumantoides Ggb. einerseits, Eucope affinis, campanulata Ggb. und Clytia Johnstoni Ald. andrerseits differente Species sein?

Oder sollten an einer und derselben Meduse verschiedene Ovarialformen vorkommen?

Die Vergleichung einer Anzahl Ovarien der Obelia dichotoma und Obelia geniculata in verschiedenen Stadien der Entwicklung beantwortet diese Fragen in allereinfachster Weise:

Der „spadix" ist, wie schon oben betont, eine mechanische Erweiterung des Radiärkanallumens, verursacht durch die in der Kanalwand selbst sich bildenden grossen Eier.

Das Lumen des Radiärkanals wird durch ihre an verschiedenen Stellen ungleich starke Entwicklung, sowie durch ihre verhältnissmässig bedeutende Schwere aus seiner ursprünglichen Lage gepresst, herabgezogen und erweitert, so dass zuletzt eine sackförmige Ausstülpung, ja sogar ein gestieltes Bläschen vom Canalhohlraum ausgehen kann. Die Entstehung eines Spadix ist also keine Sprossbildung, wie bei den knospenden Medusoidgemmen und Medusen (Entodermzapfen der Magenanlage), sondern vielmehr ein ganz mechanischer, passiver, secundär durch das Gewicht und den Druck der sich entwickelnden Eier bewirkter Vorgang. Das Erste, was an den jungen Ovarien auftritt, sind die Eier, das Zweite erst der Spadix, während bei einem Sexualblastus zunächst seine gesammte Körperanlage, Exodermauftreibung und Entodermzapfen mit centraler Cavität, und später erst, wenn er einen gewissen Grad von Ausbildung erreicht hat, die Sexualproducte entstehen.

Nur an den männlichen Organen der Medusen bildet sich von Anfang an (cf. auch Eucope diaphana A. Agassiz) 1) eine kleine Ausbuchtung des Radiärkanalhohlraums, deren Bedeutung oben anzugeben gesucht ist.

Solche Ausstülpungen der Radiärkanäle, wie sie bei den Eucopiden Ggb. an den Geschlechtsorganen vorkommen, können aber auch unabhängig von der Bildung der Sexualproducte auftreten, und dies giebt die Erklärung für die Entstehung einer zweiten Art anscheinend blastenähnlicher Genitalien.

Bei der Gattung Polyorchis A. Agassiz 2) (Melicertum Eschsch.) ist der ganze Verlauf der Radiärkanäle mit alternirenden, langen

1) N. Am. Acalephae, p. 84, F. 121.

2) Ibid., p. 119, F. 179, 180.

Aussackungen (von Eschsch. für Fangfäden gehalten) 1) besetzt, von denen einige besonders lange, am Magengrunde gelegene in ihren Wandungen die Eier erzeugen. Wollte man diese letzteren nach der Theorie Allman's als sprossende Sexualpersonen erklären, so läge absolut kein Grund vor, nicht ebensowohl sämmtliche übrige Aussackungen als Blasten zu bezeichnen.

Die ganze Meduse müsste also als ein aus hunderten von Personen zusammengesetzter Cormus angesehen werden. Viel einfacher und ungezwungener ist es doch, anzunehmen, dass, ganz in derselben Weise, wie bei allen übrigen Medusen, deren Geschlechtsproducte im Verlauf der Radiärkanäle entstehen, auch hier einfach eine Stelle der Radiärkanalwandung Eier erzeugt, und uur in Folge der eigenthümlichen Form der Kanäle auch die Ovarien die Form langer, frei herabhängender Säcke bekommen haben.

Bei der Gattung Olindias Fr. Müller 2) sind sämmtliche, hier sogar verästelte Aussackungen mit Eiern erfüllt. Es findet hier also nur einfach eine Ausdehnung des Eier erzeugenden Theils des Radiärkanals statt, genau so, wie bei den grade verlaufenden Radiärkanälen der Thaumantiaden in Bezug auf die Genitalien der Eucopiden. Die ramificirte, schlauchartige Form der Ovarien ist auch hier nur eine Folge der Kanalform und nicht ihrer Blastennatur. Reduciren sich dagegen die Aussackungen der Radiärkanäle auf die Stelle am Magengrunde, wo die Geschlechtsstoffe entstehen und wo eine grosse Ausdehnung der Radiärkanalwandung um sich teleologisch auszudrücken -- behufs Erzeugung recht vieler Sexulproducte stets zweckmässig bleibt, so kann die an Trachynemiden beobachtete Ovarialform entstehen. 3)

Weit weniger noch als dergleichen bläschen- oder sackförmige, auf kleine Strecken des Radiärkanals centralisirte Genitalien haben die der übrigen von Allman als Blastochemen bezeichneten Medusen Anspruch auf den Werth als Blasten. Am nächsten schliessen sich an die der Eucopiden der Form nach die der Thaumantiaden und Aequoriden an, zu welchen die langgestreckten Ovarien von Campanulina acuminata überleiten. Im Bau stimmen sie mit denen der Eucopiden überein, nur dass sie hier viel

1) System der Acalephen, p. 105.

2) Troschel's Arch. f. Nat. 1861.

3) A. Agassiz, N. Am Acalephae, F. 78, 81.

weniger centralisirt erscheinen und als lange, schmale Taschen den Verlauf des Radiärkanals begleiten. Diese besonders von L. Agassiz) beschriebene Ovarialform fand ich bei Campanulina wieder, deren Ovarien im gefüllten Zustand von einem „spadix" keine Spur sehen lassen, und als einfache, mit Eiern erfüllte und durch sie mannichfach ausgebuchtete Säcke längs der Radiärkanäle verlaufen.

Schon bei Thaumantiaden Ggb. (z. B. bei Cosmetira punctata Hckl. 2), Gonionemus vertens A. Ag.) 3) legen sich die langgestreckten Ovarien durch seitliche Einbiegungen zu krausenförmig gefalteten Bändern zusammen, und diese Bildung leitet zu der von Allman bei Tima als typisch für ihre Blastochemennatur hervorgehobenen Form über. Solche krausenförmigen Genitalien haben besonders charakteristisch Tima Bairdii Johnst. und Tima formosa A. Ag. Dagegen ist die Form der Ovarien bei anderen, und so auch bei den beiden von mir gefundenen Timen mit der der Thaumantiaden übereinstimmend.

Diese Krausenform, welche sich bis zu dem Anschein einer langen Reihe alternirend vom Radiärkanal abgehender Säckchen steigern kann, halte ich demnach ganz wie die einfache Sackbildung bei Eucopiden Ggb. - für eine secundäre, mit einer Sprossbildung in keinem Zusammenhang stehende Erscheinung, mechanisch verursacht durch die reichliche Entwicklung der Eier, (ähnlich geformte Hoden scheinen noch nicht beobachtet zu sein). Die auf eine kleine Stelle des Radiärkanals beschränkten Sexualtaschen der Obelien können sich nicht gut zusammenfalten und sacken sich daher mehr und mehr aus, während derartig langgestreckte Ovarialsäcke, wenn das Gesammtvolum der sie erfüllenden Eier im Verhältniss zur Länge des Radiärkanals zu gross wird, in ähnlicher Weise die sich seitlich gegeneinander verschiebenden Eier umgeben, wie ein den langen Darm begleitendes, dabei aber von einer verhältnissmässig nur kurzen Basis ausgehendes Mesenterium.

Am allerwenigsten Grund für die Allman'sche Auffassung scheinen die Geschlechtsorgane der Geryoniden zu geben, und grade auf sie musste sich in Rücksicht auf ihre Individualitätenfrage ein lebhaftes Interesse concentriren. Allman selbst erklärte

1) Contributions. 1862. IV. Pl. XXXI, F. 3 (Tiaropsis). 2) Jenaische Zeitschr. f. Med. u. Naturw. I.

3) N. Am. Acalephae, F. 200.

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