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aber jetzt die Ausscheidung der Gallertsubstanz, welche an Dicke mehr und mehr zunimmt. Die ursprünglich in einer continuirlichen Schicht untereinander liegenden Ectodermzellen werden von ihr auseinandergedrängt, wobei sie sich in zwei die Gallertsubstanz von beiden Seiten deckende Epithelien ordnen. Anfangs sind die Zellen noch ziemlich hoch, schliesslich werden sie aber zu zarten, platten Epithelzellen reducirt (Taf. IV, Fig. 18 a, b, c). Der Marginalstrang ist also eine directe Fortsetzung der umbrella und nur dadurch von ihr differenzirt, dass hier die Ectodermzellen in ihrer ursprünglichen Lage, Gestalt und Mächtigkeit erhalten bleiben. Uebrigens haben die jungen Lizzien bei ihrer Lösung eine noch wenig entwickelte umbrella und wird die Hauptmasse der Gallertsubstanz erst später abgeschieden.

Auch die charakteristische Bildung der Mundgegend hat unterdess begonnen. Der Rand der becherförmigen Vertiefung an der Spitze des Magens zieht sich in vier Zipfel aus (Taf. IV, Fig. 14), jeder derselben theilt sich noch einmal in zwei, welche sich zu Mundarmen verlängern und an ihrer Spitze die dicken Nesselkapselbüschel differenziren. Nesselkapseln finden sich jetzt nicht nur am Magen und den Tentakeln, sondern über die ganze umbrella zerstreut. Der Durchbruch des Mundes erfolgt kurz vor der Loslösung. Zuweilen stösst dabei die junge Meduse einen Theil des in ihrem Magen befindlichen, der proliferirenden Meduse entnommenen Chylus durch den Mund aus, eine Eigenthümlichkeit, welche durch die überreichliche Füllung ihres Gastrovascularsystems bedingt ist. Wahrscheinlich erfolgt auch jetzt der Durchbruch der Velaröffnung.

Nun beginnt sich die zusammengeknäuelte Knospe lebhaft zu contrahiren. Der dicke, hohle, aus Ectoderm und Entoderm gebildete Strang, welcher sie mit dem Magen der alten Meduse verbindet, wird dünner und dünner und zieht sich bisweilen zu einem langen pedunculus aus. (Bei den Knospen der Bougainvillia ist er von Anfang an lang und mit einem geringelten Polyparüberzug bedeckt.) Schliesslich reisst das Exoderm, die umbrella der Knospe trennt sich vom Magenepithel der alten Meduse. Nur das Entoderm stellt noch einen verbindenden Strang dar, welcher auch bei der freigewordenen Meduse noch immer die umbrella zu durchsetzen pflegt (Taf. IV, Fig. 22).

Die junge Meduse strebt sichtlich, nicht nur sich von der alten abzuschnüren, sondern auch ihre ineinandergeknäuelten und in stark contrahirtem Zustand befindlichen Tentakel zu entrollen,

die zusammengezogene umbrella auszubreiten. Dass der Knäuel der Tentakel so fest zusammenhält und erst mit grosser Anstrengung gelöst werden kann, dass er überhaupt die ganze Entwicklung hindurch wie eine compacte Masse zusammenklebt, obgleich er doch von keiner äusseren Hülle umgeben ist, erkläre ich mir durch eine noch nicht überall vollständige Trennung der ursprünglich continuirlichen, durch Spaltung um die einzelnen Entodermfortsätze gesonderten Ectodermzellen.

Zuletzt faltet sich der Medusensprössling mit einen plötzlichen Ruck, wie eine aufbrechende Blüthe, auseinander und entrollt seine sich augenblicklich zu beträchtlicher Länge ausdehnenden sechszehn Tentakel (Taf. IV, Fig. 21). Kurz darauf reisst auch der haltende Entodermstrang, und die junge Meduse schwimmt davon, bereits beschwert mit den ihren Magen ringsum besetzt haltenden Tochtersprossen.

Bei der jungen Lizzia octopunctata löst sich der anfangs noch durch den Entodermal fortsatz mit der umbrella verbundene Magen sehr bald von dieser los, während bei anderen Medusen diese Trennung erst später oder überhaupt nie erfolgt. Das durch die reichliche Knospung sehr erhöhte Gewicht des Magens wird hierbei nicht ohne Einfluss sein.

III. Zur Tectologie der craspedoten Medusen.

Nachdem die verwickelte und wichtige Streitfrage über die Sexualverhältnisse der Hydroidpolypen vor Allem durch die eine Theorie des Generationswechsels begründenden und durchführenden Arbeiten von Steenstrup) und Gegenbaur 2) eine glückliche Lösung gefunden hatte, machte sich in Kurzem eine ähnliche, noch jetzt ungeschlichtete Meinungsverschiedenheit in der Auffassung der geschlechtlichen Natur der Medusen geltend. Auch diese Frage fällt in das Gebiet der Tectologie oder der Lehre von den morphologischen Individualitätsstufen, deren hohe Bedeutung zuerst von Haeckel ausführlich dargelegt worden ist. 3)

1) Om forplantning og udvikling i di lavere dyrklasser. Kjöbenhavn, 1842. Uebersetzt von Lorenzen.

2) Zur Lehre vom Generationswechsel etc., 1854.

3) Generelle Morphologie Bd. I. Monographie der Kalkschwämme, 1872. I, p. 89 ff.

Der Streit über sexuelle und esexuelle Polypen und ihre verschiedenartigen, von den Autoren aufgezählten, oft scheinbar höchst abweichenden und fremdartigen Fortpflanzungsweisen 1) war durch die Erkenntniss der Homologie aller Gonosome von der einfachsten, kugeligen Gemme bis zur frei werdenden, hoch differenzirten Meduse und ihres Werthes als Personen (Morphologische Individuen dritter Ordnung, blasti und prosopa) beendet worden. Sämmtliche Gonosome werden hiernach als die durch Sprossung entstandenen Geschlechtsthiere eines Stockes (cormus) angesehen, dessen Personen durch Arbeitstheilung zur Ausübung verschiedener, spezieller Functionen differenzirt sind.

Nun war aber bei den ganz allgemein für sexuelle Personen geltenden Medusen in einer ganzen Reihe von Fällen eine Erscheinung beobachtet worden, welche Ehrenberg 18362) noch eine ,,contradictio in adjecto" genannt hatte, die Sprossung junger Medusen an gleichzeitig geschlechtsreifen Thieren. 3)

1) Cf. besonders van Beneden, Recherches sur l'embryogénie des Tubulaires. Mém. de l'acad. roy. de Belgique, XVII, 1848.

*) Acalephen des rothen Meeres, p. 50, 59.

*) Proliferirende Craspedoten:

I. Am Magen:

Cytacis pusilla. Keferstein und Ehlers, Zool. Beiträge, 1861, T. I, F. 24, 25. XIII, F. 8, 9.

Cytaeis tetrastyla. Soulayet, Voyage de la Bonite 1836-37. Atl. Zooph. Pl. II.

Lizzia octopunctata. Sars (Cytaeis), Fauna littoralis Norvegiae, 1846, T. IV, F. 7-13 (mit Tochtersprossung) Forbes, British Medusae, 1848, Pl. XII, F. 3.

Lizzia blondina. Forbes, British Medusae. Pl. XII, F. 4.

Kölliker, Würzburger naturw. Zeitschr. V. 1864.

Lizzia sp. (?). Allman, Tubularian Hydroids, p. 82, F. 36.
Lizzia sp. Claparède, Zeitschr. f. w. Z. X. 1860. T. XXXII.

Cf. Metschnikoff, Zeitschr. f. wissensch. Zool. XXIV. 1874, p. 17. Podocoryne carnea. Sars, Fauna littoralis Norv. T. I u. II.

Krohn, Troschel's Archiv 1851, p. 267.

Bougainvillia mediterranea. Busch, Beobachtungen über Ana

tomie etc. 1851.

Sarsia gemmifera. Forbes, British Medusae. Pl. VII, F. 2.

Sarsia clavata. Keferstein, Untersuchung über niedere Seethiere, 1862, T. II, F. 1, 2.

Sarsia sp. Allman, Tubularian Hydroids, p. 82, F. 37.

Dysmorphosa fulgurans. L. Agassiz, Contributions Acalephae. 1849, p. 163, F. 259 – 60,

Der Gedanke musste nahe liegen, es möchte vielleicht auch bei den Medusen das, was man bisher für Geschlechtsorgane gehalten hatte, einen gleichen morphologischen Werth wie ihre sich lösenden Sprossen haben; es möchten die anscheinend geschlechtlichen Medusenpersonen Stöcke mit einzelnen Geschlechtsthieren sein.

Den ersten Anstoss zu einer solchen Deutung hat 1856 Leuckart gegeben. Derselbe sagt von von den sackförmig von

II. Am Magenstiel:

Cyclogaster gemmascens. Haeckel, Jenaische Zeitschr. I. 1864, p. 342.

III. An den Radiärkanälen (Ovarien): Thaumantias multicirrata (Tiaropsis). Sars, Fauna littoralis Norvegiae, 1846. Eucope gemmigera(?). Keferstein, Untersuchungen über niedere Seethiere, 1862. T. II, F. 9. „Bei einer völlig ausgebildeten Qualle dieser Art, mit reifen Ovarien, befand sich im Grunde der Glocke, ich habe nicht genau notirt, an welcher Stelle, ob am Magen oder den Radiärkanälen, eine bräunliche, mit langen Cilien besetzte Quallenknospe, die sich in ganz regelmässiger Weise aus den beiden Bildungshäuten des Mutterthiers bildete" (p. 28). Ob dies wirklich eine Knospe war, erscheint fraglich, da die Flimmerung, wie anderwärts (s. o.) auf eine parasitische, aus einem Ei entstandene junge Meduse deutet.

IV. Am Ring gefäss:

Eleutheria dichotoma. Krohn, Wiegmann's Archiv. 1861.

=

Clavatella prolifera. Allman, Tubularian Hydroids. Pl. XVIII, F. 5. Herpusa ulvae (?) (mit Tochtersprossung). O. Schmidt, Brehm, Illustr. Thierleben. VI. p. 993.

Staurophora laciniata L. Agassiz, Mem. Amer. Academy IV. Pl. VII.

V. An der Tentakelbasis:

Sarsia prolifera. Forbes, British Medusae. 1848. Pl. VII, F. 3.
Busch, Beobachtungen über Anatomie etc. 1851.

Coryne fritillaria. Steenstrup, Om forplantning etc. 1842.
Syncoryne (?) sp. Allman, Tubularian Hydroids, F. 38.

Hybocodon prolifer. L. Agassiz, Contributions. 1862. IV. Pl. XXV (mit Tochtersprossung).

VI. An den Tentakeln:

Diplura. Greene, Nat. hist. Rev. 1857. Vol. IV.

VII. An parasitischen Larven:

Cunina octonaria. Haeckel, Geryoniden, p. 143.

Cunina rhododactyla Metschnikoff, Zeitschr. f. wissensch. Zool. Cunina proboscidea XXIV. 1874.

}

Angaben über flimmernde Knospen im Gastrovascularsystem s. o,

den Radiärkanälen am Magengrunde sich entwickelnden Geschlechtsorganen der Aglaura Peronii 1):,,Ob man diese Geschlechtsorgane auch vom morphologischen Standpunkt mit den Geschlechtsorganen der übrigen Medusen vergleichen darf, will ich dahingestellt sein lassen. Ich muss gestehen, dass sie auf mich einen anderen Eindruck machen. In Anbetracht der Erfahrung, dass der Magen bei einer Anzahl der nacktäugigen Medusen die Bildungsstätte für eine Knospenbrut abgibt, möchte ich unsere Anhänge für Knospen halten, die, statt zu einer vollständigen, individuellen Entwicklung zu kommen, in ihrer primitiven Form verharren und nach Art der Geschlechtskapseln bei den Hydroiden mit Eiern oder Samenkörperchen sich anfüllen. Unsere „Geschlechtsorgane" würden dann als Geschlechtsthiere zu betrachten sein und zwar als sessile Gechlechtsthiere, die mit ihrem Mutterthiere eine polymorphe Colonie zusammensetzen."

Der Hauptvertreter der in diesen Worten bereits klar ausgesprochenen Auffassung ist Allman.2) Derselbe erklärt diejenigen Medusen, deren Geschlechtsproducte im Verlauf der Radiärkanäle entstehen, für esexuelle,,Blastochemen", ihre Geschlechtsorgane für durch Sprossung erzeugte Personen oder Zooiden. Diese bilden zusammen mit den sprossenden Medusenknospen eine Generation und unterscheiden sich von letzteren ganz in derselben Weise, wie die sessilen Gemmen der Polypen von den sich lösenden Medusen wesentlich nur dadurch, dass sie als blasti sessil bleiben und nicht, wie jene, als prosopa selbstständig werden. Die übrigen Medusen, welche die Geschlechtsstoffe in der Magenwand erzeugen, stellt Allman den Blastochemen als direct sexuelle ,,Gonochemen" gegenüber.

Durch eine solche Auffassung wird den als Blastochemen bezeichneten, bisher als Personen betrachteten Medusen ein höherer Individualitätswerth, der echter Cormen gegeben. Und zwar hoch differenzirter, also phylogenetisch schon sehr alter cormen, da einzelne der den Stock zusammensetzenden Personen einzig und allein die sexuellen Functionen übernommen (,,destined for the sexual reproduction of the colony" Allm. p. XIV) und sich dem entsprechend zu „,sporosacs" aus- resp. rückgebildet haben.

Es ist wichtig, stets diesen Punkt im Auge zu behalten, da

1) Beiträge zur Kenntniss der Medusenfauna von Nizza. Troschels Arch. f. Nat. XXII, p. 13.

2 Tubularian Hydroids. 1871-72.

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